[Debatte-Grundeinkommen] [Genugfueralle] Katja Kipping und Björn Böhning zum BGE bei Stern.de

Joerg Drescher iovialis at gmx.de
Mi Jun 27 13:44:40 CEST 2007


Hallo Gregor (und sonstige Interessierte),

wenn Du meinst, ich würde im BGE die Rettung der Welt sehen, hat meine
Aussage bzgl. der "Dummheit" einen wahren Charakter. Wenn ich etwas nicht
verstehe und grundsätzlich ablehne, hat das in meinen Augen sehr viel mit
"Dummheit" zu tun. Anders ist es, wenn ich Argumente für das Abzulehnende
habe. Dazu sollte ich aber erstmal das Abzulehnende begreifen. Selbst Katja
Kipping sagt, daß BGE nicht gleich BGE sei - es gibt viellerlei BGE-Ideen
und jede davon hat gewisse Fürs und Widers.

Ich beschäftige mich nicht seit gestern mit dem BGE, sondern seit einigen
Jahren - doch selbst heute lerne ich noch hinzu. Was aber mit jemanden, der
sich noch nie mit der BGE-Idee beschäftigt hat, weil er sie grundsätzlich
ablehnt? Das Gegenteil von "vorbehaltlos an Neues herangehen" nenne ich
"Dummheit". Aber ich glaube manchmal, daß viele an dieser "Dummheit"
festhalten wollen und sich gar nicht auf Neues einlassen. Dies aus Angst,
ihren "status quo" zu verlieren und umdenken zu müssen.

Du sprichst von "sehr vielen Gründen gegen das BGE" - ich bitte Dich, mir
wenigstens ein paar davon zu nennen. Um ehrlich zu sein, habe ich auch bei
manchen Punkten Bedenken in Bezug auf das BGE - aber das liegt nicht an der
BGE-Idee, sondern an einem (begründeten) mangelnden Vertrauen in Menschen.
Dieses "mangelnde Vertrauen" rührt von der angesprochenen "Dummheit". Ich
halte sie für weitaus gefährlicher, als schlüssige Argumente.

Um weiter auf Deinen Beitrag einzugehen, will ich auf Dein "bessergestellt"
antworten: Du scheinst zu verkennen, daß es tatsächlich Menschen gibt, die
gewisse Probleme "besser" verstehen können, als andere. Ich will mich nicht
dazu zählen, sondern vielmehr ausdrücken, daß nicht jeder Mensch über die
gleiche "Intelligenz-Gabe" verfügt. Warum gibt es sonst in der Schule nicht
in Mathematik für alle die gleichen Noten? Warum tun sich manche einfach,
Probleme zu lösen? Warum haben manche sogar Spaß daran, solche Aufgaben zu
lösen? Ich halte es auch für unangebracht, jemanden als "sich besser
stellen" zu bezeichnen, der über diese (Intelligenz)Gabe verfügt...
Vielleicht haben wir es wieder mit "Dummheit" (in oben genanntem Sinn) zu
tun? Ich empfehle in diesem Zusammenhang, sich einmal mit "Hochbegabung" zu
beschäftigen.

Zuletzt noch die Gefahr für attac und "Die Linke" - meine Zustimmung!
Deshalb bin ich weder bei attac, noch bei "Die Linke" Mitglied; vielmehr
appelliere ich für eine eigene und "neue" Organisation rund um das BGE. Aber
damit mache ich mir auch keine "Freunde"... Du darfst raten, an was das wohl
liegt...

Nichts für ungut,

viele Grüße aus Kiew,

Jörg (Drescher)


----- Original Message ----- 
From: "Gregor Czisch" <gczisch at uni-kassel.de>
To: "Joerg Drescher" <iovialis at gmx.de>
Cc: <debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>;
<genugfueralle at listen.attac.de>
Sent: Wednesday, June 27, 2007 1:07 PM
Subject: Re: [Genugfueralle] Katja Kipping und Björn Böhning zum BGE bei
Stern.de


> Hallo Jörg,
>
> ich möchte mich auf folgende Zeilen von Dir beziehen.
>
> >Der wahre "Feind" des BGE ist in meinen Augen die Dummheit der Menschen -
> >die Kommentare zu dem Artikel zeigen dies meiner Meinung nach sehr
deutlich.
> >
> >
> Ich meine, daß die Polemik, Häme und Ablehnung, die sich als Reaktion
> auf die BGE-Vorstellungen in den Stellungnahmen zum Interview findet,
> denen zu Denken geben sollte, die sich für das BGE einsetzen. Es könnte
> ja auch sein, daß die ganze Idee mit dem BGE dumm ist und die Menschen
> das ahnen - ich neige zu dieser Feststellung - und nicht etwa all
> diejenigen dumm sind, die im BGE nicht die Rettung der Welt sehen, wie
> einige BGE-Befürworter. Daß Du gleich alle Menschen, die sich nicht mit
> dem BGE identifizieren können, für dumm erklärst, wirft ein Bild einer
> sehr abgeschotteten Geisteshaltung. Wer nicht Deiner Meinung ist, ist
> dumm, könnte man das lesen. Es gibt viele sehr gute Gründe, gegen das
> BGE zu sein. Diese wurden hier bei genugfüralle mehrfach gepostet. Von
> den BGE-Befürwortern aber in den allerseltensten Fällen jemals
> aufgegriffen, geschweige denn jemals widerlegt. Die darin zu Tage
> tretende abgeschottete Geisteshaltung erschreckt mich schon lange sehr.
> Da wissen es mal wieder welche "besser", die erhaben sind über allen
> Zweifel.
>
> Abgesehen davon, daß ich das BGE wenig erstrebenswert halte, halte ich
> es auch für außerordentlich schädlich für Attac sowie für Die Linke. Es
> ist dazu geeignet, die Kräfte zu spalten, da es vielen Menschen - wie
> ich meine wohl begründbar - nicht möglich ist, darin ein irgendwie
> erstrebenswertes Ziel zu sehen geschweigedenn ein in wüschenswerter
> Weise umsetzbares. Das BGE polarisiert. Das BGE untergräbt die
> Glaubwürdigkeit der Organisationen, innerhalb derer es gefordert wird.
> Das halte ich für äußerst schwerwiegende Probleme.
>
> Mit solidarischen Grüßen,
>
>                    Gregor Czisch




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