[Debatte-Grundeinkommen] Fragen

Manfred Bartl sozial at gmail.com
Mo Jun 25 16:55:58 CEST 2007


Hallo, Klaus!

> Ist es richtig ,dass jeder von Geburt an ein monatliches Grundeinkommen
> haben soll?
> Wer soll das Geld bekommem solange das Kind noch nicht volljährig ist?

Ja, das ist richtig. JEDER in Deutschland lebende Mensch bekommt qua
Mensch-Sein am Anfang des Monats das bedingungslose Grundeinkommen in
gleicher Höhe ausbezahlt.
Das Grundeinkommen für Kinder bekommen natürlich die Eltern
ausbezahlt, wie heute beim Kindergeld üblich. Spätestens mit dem
Auszug wird der (erwachsene) Jugendliche selbst über seinen
Grundeinkommensbetrag verfügen können. Ab wann er wirklich darüber
verfügen kann, solange er bei seinen Eltern lebt, sollte familiäre
Verhandlungssache sein (ebenfalls wie bei Kindergeld). Jedoch geht
spätestens mit 18 Jahren der individuelle Einklageanspruch auf das
erwachsene Kind über.
Zur Erinnerung: Das Grundeinkommen ist
- existenzsichernd, dabei
- individuelles und
- einklagbares Grundrecht und
- bedingungslos.

> Normalerweise bekommt man nur Geld für eine bereits geleistete Arbeit. Bei
> einem Grundeinkommen wird Geld bezahlt, ohne dass eine Leistung erbracht
> wurde. Irgendwer muss also diese Leistung erbringen. Wie kann man
> sicherstellen ,dass diese Leistung auch erbracht wird. Woher weiß man
> Monat für Monat, dass diese erforderliche Leistung auch getätigt wird?

Der Denkfehler hier liegt im Wort "normalerweise". Was ist daran
normal, dass am Anfang aller Produktionsprozesse die Natur ihre Gaben
kostenlos zur Verfügung stellt, der Mensch aber für seine Arbeit erst
hinterher bezahlt werden soll? Er muss seine Reproduktionsarbeit doch
schon leisten, während er seiner Erwerbsarbeit nachgeht!

Dass die erforderliche Arbeit jeden Monat geleistet wird, kann man
sich deswegen sicher sein, weil bei nicht vollständig geleisteter
Arbeit natürlich auch nicht das vollständige Ergebnis eingefahren
wird. Wer aber behauptet, dass die "vollständige Arbeit" von ALLEN
Menschen zu JEWEILS 100 PROZENT zu erbringen ist, hat einfach
ausgeblendet, dass das Leben nicht zum Arbeiten da ist, sondern
höchstens die Arbeit zum Leben! Das ist eigentlich eine
Binsenweisheit...
Abgesehen davon gibt es heute viel unsinnige Arbeit, die man partout
nicht loswird, trotz aller Rationalisierungsbestrebungen: etwa an
Supermarktkassen, etwa bei der Klingeltonproduktion, oder z.B. in der
Verwaltung von Sozialleistungen, obwohl das ungeheuer einfach zu
verwaltende Grundeinkommen schon etwa 80% allen Verwaltungsaufwands
erschlagen würde. Mit einem Grundeinkommen werden wir all diese
überflüssige Arbeit ganz schnell los!

> Nehmen wir an, das Grundeinkommen beträgt 800 Euro. Was passiert bei einem
> Arzt, der durch seine Tätigkeit im Monat 2000 Euro verdient. Wird er dann auf
> die 800 Euro verzichten müssen. Also nicht ausbezahlt bekommen ?

Nehmen wir mal lieber an, das Grundeinkommen beträgt 1500 Euro, denn
mit 800 Euro kommt man in Deutschland nicht weit, selbst wenn man nur
das soziokulturelle Existenzminimum berücksichtigt.
Der durchschnittliche Arzt ist natürlich ein schlechtes Beispiel, denn
er ist selbstständig und wird - erst einmal als unmittelbare
Auswirkung des Grundeinkommens - auf überhaupt nichts verzichten
müssen. Viele (durchaus soziale) Grundeinkommensgegner befürchten in
der Tat, dass sich die Löhne (mindestens) um den Betrag des
Grundeinkommens reduzieren, weil es dann in der Tat nicht mehr Aufgabe
des Lohns sein wird, die Reproduktion der arbeitenden Bevölkerung
abzusichern. Die Bezahlung der Erwerbstätigen wird sich aber in
vielerlei Weisen ändern, insbesondere werden "niedere Arbeiten" besser
bezahlt werden müssen, nämlich sehr viel mehr nach realen
Marktbedingungen - wer fragt schon ekelhafte Arbeiten nach?? Wenn sie
nicht gleich ganz wegrationalisiert werden, weil sie selbst bei
bestbezahlter Entlohnung nicht erstrebenswert sind - und das ist gut
so! Außerdem übersehen jene Kritiker, dass dies nicht eben von
Nachteil ist, da es Erwerbsarbeitsplätze tatsächlich auf reine
Marktobjekte reduziert. Das bedeutet ja unter anderem, dass sich die
Nachfrage nach den letztlich, nach Dutzenden von
Rationalisierungswellen, die die Wochenarbeitszeit in den kommenden
Jahren rapide senken wird, übrig bleibenden Arbeitsplätzen nivellieren
wird und damit auch die Löhne. Und wer sollte sich nioch aufregen,
wenn alle Löhne annähernd gleich hoch sind?

Vielleicht reiben sich derzeit noch einige Kapitalisten die Hände,
weil sie glauben, dass Arbeiter irgendwann nur noch ein Grundeinkommen
erhalten, während sie ihr Grundeinkommen und zusätzlich noch Hunderte
von Millionen Eigenkapitalrendite einstreichen werden. Aber DENKSTE,
PUPPE! Die Wirkung wird natürlich gerade umgekehrt sein, dass das
Grundeinkommen - das sich ja immer am realen soziokulturellen
Existenzminmum orientieren wird! - immer weniger aus Lohneinkommen und
immer mehr aus Kapitaleinünften finanziert wird! Individuelle
Kapitalisten werden also sehr viel rascher und heftiger zur Kasse
gebeten, als dass Arbeiter sich mit einem geringeren Lohn zufrieden zu
geben haben werden :-) Am Ende dieser Entwicklung haben entweder alle
Menschen in Deutschland und später alle Menschen weltweit das gleiche
Einkommen, das sie qua ihres global identischen Mensch-Seins ja auch
verdienen, - oder wir erleben den nächsten Evolutionssprung in der
Gestaltung unserer Gesellschaft - oder die nächste Revolution!

Gruß
Manfred


-- 
Manfred Bartl
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