[Debatte-Grundeinkommen] Debatte-grundeinkommen Nachrichtensammlung, Band 23, Eintrag 75
Herbert Schliffka
herbert.schliffka at web.de
Sa Feb 24 19:52:19 CET 2007
Zum Beitrag von Jörg Drescher zur Debatte über "Die Wernersche Steuerlüge"
In :Debatte-grundeinkommen Nachrichtensammlung, Band 23, Eintrag 75
Lieber Jörg Drescher,
Du hast einfach und gut erklärt, was es mit den Steuern auf sich hat.
Hätte ich Deinen Beitrag eher gesehen, hätte ich mir meinen (siehe
Debatte-grundeinkommen Nachrichtensammlung, Band 23, Eintrag 77) beinah
ersparen können.
Beinah bedeutet hier, ich skizziere in meinem Beitrag zusätzlich, dass es in
den Konsequenzen schon einen Unterschied macht, was die Bezuggröße für die
Steuererhebung ist - obwohl es sich mit dem von uns geschilderten
Sachverhalt so verhält, wie wir es in den Beiträgen beschrieben haben.
1. Unterschiedliche volkswirtschaftliche Folgen der verschiedenen
Steuerarten.
Es hat andere volkswirtschaftliche Folgen, wenn alle Steuern nur auf den
Umsatz hin berechnet werden (Ausgabesteuern) oder wenn die Einnahmen
(Einkommen, Gewinn) weiterhin Grundlage sind für die Steuerberechung.
Werden die Einnahmen der Besteuerung zu Grunde gelegt, dann wird z. B. bei
der Einkommensteuer nur die Arbeit mit Steuern belastet. Natürlich werden
diese Steuern auch in die Preis einkalkuliert, die die Konsumenten beim Kauf
zahlen.
Bei der Konsumsteuer (Mehrwertsteuer) werden diese latenten Vorgänge
offenbar gemacht. Denn da wird der Umsatz unmittelbar Berechnungsgrundlage
für die Besteuerung. Da findet keine Zurechnung mehr statt zu scheinbar
direkten Steuerzahlern, deren Einkommen scheinbar versteuert wird.
Dieses Zurechnen ist ein Ergebnis, eines traditionellen, unbeweglichen
Festhaltens im Vorstellungsleben und bei der Gesetzgebung an die
mittelalterliche Besteuerung der Selbstversorgungswirtschaft.
Das Erkennen der Realität der globalen, arbeitsteiligen (und damit von Wesen
her kollektiven) Fremdversorgungswirtschaft entlarvt eine solche Zurechnung
als reines "Überbau-Phänomen", das einer einseitigen individualistischen
Ideologie entspringt. Die abstrakt gedachten Geldprozesse, die die
Wirtschaftsprozesse steuern, ermöglicht diese Zurechnung plausibel
erscheinen zu lassen.
Das wird durch die Umsatzsteuer, dann überwunden, wenn klar wird, dass alle
Konsumenten beim Kauf ihre Steuern entrichten, da diese in die zu zahlenden
Preise für diesen Zweck einkalkuliert sind,
Bei der Umsatzsteuer wird dann nicht mehr die Arbeit besonders belastet und
der Umsatz, der durch Maschinen (Automation) ermöglicht wird,
subventioniert.
Deshalb ist eine Konsequenz der Umstellung von der einnahme- zur
ausgabebezogenen Bezugsgröße der Besteuerung und Sozialabgabe, dass
arbeitsintensive Produktion billiger werden kann, bzw. es können dort höhere
Löhne gezahlt werden.
2. Zur These, dass Besteuerung Wegnahme von Eigentum sei
Die These, dass Besteuerung Wegnahme von Eigentum ist, speist sich auch noch
aus diesem traditionellen, unbeweglichen Festhalten im Vorstellungsleben.
Im Unterschied zur Selbstversorgungswirtschaft alter Zeiten kann heute
außerhalb des Privatbereiches keiner allein durch seine eigene Arbeit etwas
hervorbringen, dass er dann eigenmächtig als sein Eigentum bezeichnen kann.
Eigentum wird immer durch eine Rechtsgemeinschaft per Vereinbarung (Gesetz
usw.) zugesprochen.
Aufgrund der bestehenden arbeitsteiligen Produktionsweise der Weltwirtschaft
ist rechtmäßiges Eigentum wesensgemäß nicht in der Produktions-, sondern nur
in der Konsumptionsphäre zu erwerben. Das ausgezahlte Einkommen, das zuvor
vereinbart worden war, berechtigt zum Kauf von privat genutzten Waren und
Dienstleistungen. So gesehen ist dann Eigentum an Produktionsmittel
eigentlich eine anachronistische Rechtsform, die sich auf Grund der Realität
der globalen, arbeitsteiligen (und damit von Wesen her kollektiven)
Fremdversorgungswirtschaft, nicht begründen lässt.
Wird die Gesamtentwicklung erkannt, dann wird klar, dass der Gedanke der
"Wegnahme" einer individualistischen Illusion entspringt, der aus
Selbstversorgungszeiten bis heute tradiert wird. Er entsteht nur dadurch,
weil man davon ausgeht, dass der "Bruttolohn" und der "Gewinn vor Steuern"
Eigentum dessen sei, dem sie zugerechnet werden.
Eigentlich können heute nur "Freischaffende" den Sachverhalt, der dieser
Illusion der "Wegnahme" zugrunde liegt, praktisch erfahren, weil sie einen
Teil des Geldes, dass sie zuvor eingenommen haben, als Steuer- und
Sozialabgabe abführen müssen. Die Mehrheit der "abhängig Beschäftigten",
kann den Vorgang, der diese Illusion aufrecht erhält, nur auf der
Gehaltsabrechnung nachlesen.
Eingesehen werden kann dann auch, dass der "Bruttolohn" und der "Gewinn vor
Steuern" nur deshalb höher ist als der "Nettolohn" und der "Gewinn nach
Steuern" damit die Steuern, die die Unternehmen abführen, diesen
Steuernzahlern individuell zugerechnet werden können.
Bei einer vollständigen Umstellung von der einnahme- zur ausgabebezogenen
Steuer- und Sozialabgabe entfallen beide unzeitgemäßen Begriffe. Sie werden
nicht dann mehr benötig, sobald die Illusion entschwindet.
Volkswirtschaftlich - also aus einem Gesamtzusammenhang heraus - betrachtet,
dienen die Geldströme, die als Steuern an den Staat fließen (gleich welchem
Eigentümer sie zuvor zugerechnet worden sind) dazu, dass er einerseits
seinen "Bediensteten" ein Einkommen zahlen kann, damit diese ihre von der
Rechtsgemeinschaft gesetzlich festgelegten Aufgaben erfüllen können, und
andererseits seine Rechnungen bezahlen kann an Unternehmen, die vom Staat
beauftragt werden Aufgaben zu erfüllen (z. B. Arbeitsmaterialien für die
Behörden liefern, Straßenbau leisten usw.)
Da der Staat (fast) keine eigenen Einnahmen am Markt erzielen kann (soll),
müssen alle BürgerInnen für die Gemeinschaftsaufgaben Steuern zahlen, damit
sie erfüllt werden können.
Wie bei den Steuern so auch bei den Sozialabgaben, die an die Sozialsysteme
fließen.
Damit alle BürgerInnen in der Kindheit, bei Krankheit, Arbeitslosigkeit und
im Alter versorgt sind, müssen die Unternehmen Abgaben in die Kassen der
sozialen Versicherungssysteme abführen, die auch in den Preisen
einkalkuliert sind. Wären sie es nicht, könnten sie diese Abgaben nicht
abführen.
Ist es rechtlich klar geregelt, dass diese Kassen von allen Konsumenten mit
ihrem - beim Kauf gezahlten - Beiträgen gefüllt werden, die in der
Umsatzabgabe enthalten sind, dann wissen auch alle, dass sie einen
gesetzlichen Anspruch haben, Leistungen - gemessen an ihrem jeweiligen
Einkommen - aus diesen Kassen zu beziehen, wenn sie diese benötigen und ein
Anrecht dafür erworben haben , insofern es über das bedingungslose
Grundeinkommen hinausreicht.
Individuelles "Versicherungsdenken" dagegen und dementsprechende Systeme
führen je nach Ausprägung mehr oder weniger zu einem unsolidarischen
Anspruchsdenken und ungerechten Leistungssystemen, die meist einem
ungezügelten Egoismus entwachsenen.
So wie heute schon bei den Steuer - und Sozialabgaben, so müssten die
Unternehmen auch die Abgaben für das bedingungslose Grundeinkommen abführen,
wenn dieses gesetzlich beschlossen sein wird, damit alle ihr "Recht auf
Leben", dass im Grundgesetz (GG) Art. 2,2 verankert ist, in "Würde" (GG Art.
1) in einer solchen Weise Anspruch nehmen können, die auch die realen,
materiell-wirtschaftlich Gegebenheiten mit berücksichtigt. Und zur
Verwirklichung der Würde gehören auch real lebbare Freiheitsrechte: "Jeder
hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit" (GG Art. 2,1).
Dieses und weitere primären Grundrechte werden durch die Hartz-Gesetze mit
Füssen getreten.
Erst durch ein bedingungsloses Grundeinkommen, verstanden als ein
solidarisches Fundament selbstbestimmter Lebensführung, ermöglicht der
Staat, dass sie in einem größeren Umfang gelebte rechtliche Grundlage werden
können.
Also langer Rede, kurzer Sinn:
Steuer- und Sozialabgabe sind notwendige, gesamtgesellschaftlich geregelte
Subventionsprozesse. Die Empfänger können damit Einkommen und ihre
Rechnungen bezahlen. Einkommen werden damit die für Menschen gezahlt, die
dieser bedürfen, entweder weil sie ohne diese Einkommen nicht die
Tätigkeiten ausüben könnten, die für die Gemeinschaft als notwendig
angesehen werden, oder die sonst keine Einkommen (außer dem bGE) hätten.
Die angesprochene "Wegnahme" von Einkommensanteilen - bei Einkommen, die von
Unternehmen gezahlt werden, die am Markt dafür Einnahmen erzielen müssen -,
ist eine Illusion, die einer unzeitgemäßem, veralteten Gedankengewohnheit
entspringt.
Auf dem gegenwärtigen Stand der gesellschaftlichen Entwicklung wird dieser
gesamtgesellschaftliche Subventionsprozesse durch den Gesetzgeber gesetzlich
geregelt - entweder durch den stellvertretenden, vom Souverän gewählten
parlamentarischen oder (dort wo die Demokratie bereits verwirklicht ist)
durch den Souverän selbst, der dann im Verfahren einer dreistufigen
außerparlamentarischen Gesetzgebung entscheidet.
(1 Schritt: außerparlamentarische Gesetzes-Initiativ, die sich an den
parlamentarischen Gesetzgeber richtet.
2. Schritt: außerparlamentarisches Begehren zur Feststellung, ob der
Souverän in einer Abstimmung selbst beraten und entscheiden will, falls das
Parlament zuvor die Gesetzes-Initiative abgelehnt hatte. Und 3. Schritt:
hinreichend lange öffentliche Debatte zum Thema der Gesetzes-Initiative und
danach der Volksentscheid selbst, durch den das Gesetz beschlossen wird,
wenn es die Mehrheit derjenigen findet, die sich an der Entscheidung
beteiligt haben. )
Mit freundlichen Grüßen
Herbert Schliffka
----- Original Message -----
From: <debatte-grundeinkommen-request at listen.grundeinkommen.de>
To: <debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>
Sent: Friday, February 23, 2007 7:35 PM
Subject: Debatte-grundeinkommen Nachrichtensammlung, Band 23, Eintrag 75
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Debatte-grundeinkommen digest..."
Meldungen des Tages:
1. Re: Die Wernersche Steuerlüge (Joerg Drescher)
----------------------------------------------------------------------
Message: 1
Date: Fri, 23 Feb 2007 18:02:15 +0200
From: "Joerg Drescher" <iovialis at gmx.de>
Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen] Die Wernersche Steuerlüge
To: "j.behncke" <j.behncke at bln.de>, <rblaschke at aol.com>,
<Debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>
Message-ID: <00f501c75763$fd7301a0$0201a8c0 at iovialis>
Content-Type: text/plain; charset="utf-8"
Hallo Joachim,
erstmal danke für Deine Antwort. Im Prinzip ist es Haarspalterei, der Steuer
irgendeinen Namen zuzuweisen. Fakt ist, daß Steuern zu zahlen sind. Diese
Steuern müssen von irgendwem abgeführt werden und betreffen den Handel von
Waren/Dienstleistungen. Eine Einkommenssteuer ist gleichzeitig eine
Ausgabensteuer, die vom Einnehmenden abgeführt wird - je nach Betrachtung.
Wie man diese Steuer nun nennt, spielt keine Rolle (Werner sagt Konsumsteuer
dazu, Dilthey sagt Sozialumsatzsteuer).
Durch den Handel sammelt ein Unternehmer Steuern für den Staat und führt sie
ab. Nun kann man argumentieren, daß der Unternehmer das Geld besitzt und
damit direkter Zahler ist - oder man argumentiert, daß der Konsument an den
Unternehmer Geld gibt und der Unternehmer davon indirekt Steuern zahlt.
Besteuert wird in beiden Fällen der tatsächliche Handel.
Eine "Lüge" ist eine bewußte, bzw. vermeintliche Falschaussage. Götz Werners
Behauptung "Ein Unternehmer zahlt keine Steuern" ist demnach eine Lüge (weil
der Unternehmer der Zahlende ist) und gleichzeitig keine Lüge (weil der
Unternehmer für den Konsumenten bezahlt). Die Lüge löst sich dadurch auf,
wenn man betrachtet, für was eigentich bezahlt wird und nicht wer
tatsächlich zahlt. Dabei zeigt sich, daß der Handel besteuert wird.
Es gibt allerdings Ausnahmen: z.B. KFZ-Steuer. Für den Besitz eines Autos
zahlt der Eigentümer Steuern. Hierbei findet kein Handel statt, sondern die
Steuer richtet sich nach den Besitzverhältnissen. Es gibt außerdem noch z.B.
eine Jagdsteuer, die sich nicht auf die Besitzverhältnisse bezieht, sondern
auf eine Tätigkeit ohne Handel.
Als weiteres Beispiel will ich den Spruch "Geld stinkt nicht" anführen.
Kaiser Vespasian erhob auf öffentliche Toiletten eine spezielle
Latrinensteuer. Der Latrinenverwalter führte diese Steuer an den Staat ab -
der Benutzer zahlte dafür. Ist nun der Benutzer Steuerzahler oder der
Latrinenverwalter?
Um die Sache noch weiterzutreiben, kann ich fragen, ob die Bank, welche das
Geld ans Finanzamt überweist, der eigentliche Steuerzahler ist. Oder ist
sogar das Finanzamt Steuerzahler, welches das Geld dann letztlich für
irgendetwas wieder verbraucht?
Ich halte eine Diskussion darüber für ziemilch unzweckmäßig und finde die
Unterstellung einer "Steuerlüge" noch immer unangebracht. Im Zusammenhang,
warum Steuern überhaupt erhoben werden und welche Legitimation sich dafür
ergibt, verweise ich auf einen Aufsatz, den ich hier veröffentlicht hatte
(Rechtliches.pdf vom 30.1.07 - als Download auf
http://www.iovialis.org/download). Darin heißt es: "Die Erhebung von Steuern
ist [...] gleichbedeutend mit einer teilweisen ?Wegnahme? von Eigentum." Wir
versuchen hier, dieses Eigentum irgendeiner Person zuzuordnen und der
jeweiligen Steuer einen Namen zu geben.
Entschuldigung, aber ich sehe keinen Sinn dahinter, diese Diskussion
weiterzuführen, solange es nicht um konkrete Sachverhalte geht. Meine
Beispiele sollten verdeutlichen, wie die Modellansätze von Werner und
Dilthey funktionieren. Wenn es nun konkrete Fragen dazu gibt, bin ich gerne
bereit, darauf einzugehen. Die Frage, wer tatsächlich Steuern zahlt, konnte
ich hoffentlich durch diesen Beitrag klären.
Viele Grüße aus Kiew,
Jörg (Drescher)
http://www.iovialis.org
http://www.iovialis.de
http://www.psgd.info
----- Original Message -----
From: j.behncke
To: Joerg Drescher ; rblaschke at aol.com ;
Debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de ;
grundeinkommen-info at listen.grundeinkommen.de
Sent: Friday, February 23, 2007 1:58 PM
Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen] Die Wernersche Steuerlüge
Lieber Jörg,
mit dem Verstehen ist das so eine Sache. Was ist das denn für eine Steuer,
die von 30% auf dann 65 % erhöht wird, so daß der Nettogewinn der gleiche
bleibt? Ist das eine Einkommensteuer? ( die 30% sind Einkommensteuer ).
Außerdem schreibst Du ja explizit, daß der Unternehmer Steuern zahlt,
nämlich sogar einen erhöhten Satz von 65%!!
Meine Aussage, daß es sich um eine Steuerlüge handelt, bezieht sich auf
den Satz von Werner: "Ein Unternehmer zahlt keine Steuern". Das ist auch
nach Deinem eigenen Beispiel falsch. Deshalb der Begriff Lüge.
Grüße
Joachim
P.S.: Der Abzug der Lohnnebenkosten ist natürlich ein Vorgriff:
Lohnnebenkosten werden nur in einem anderen Sozialstaatsmodell entfallen.
Das hat mit der Steuerlast des Bäckers zunächst einmal nichts zu tun. Durch
Wegfall der Lohnnebenkosten werden schlicht seine Lohnkosten weniger, sein
Gewinn daher höher. Aber das ist unabhängig von bestehenden Steuermodellen.
Noch einmal: Der Unternehmer zahlt ( wenn er eine Personengesellschaft wie
der Bäcker in unserem Beispeiel ist ) folgende Steuern:
Einkommensteuer,
Gewerbesteuer ( ist eine extra Baustelle, weil die Gewerbesteuer in der
Tat in die Kostenkalkulation eingeht, der Gewinn erniedrigt sich nämlich um
die gezahlte Gewerbesteuer ).
Keine Mehrwertsteuer, weil er nämlich vorsteuerabzugsfähig ist, das heißt
die Mehrwertsteuer ist für ihn als Unternehmer völlig unerheblich, außer
wenn er sich privat ein Eis kauft, dann muß auch der Unternehmer
Mehrwertsteuer bezahlen.
----- Original Message -----
From: Joerg Drescher
To: rblaschke at aol.com ; Debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
; grundeinkommen-info at listen.grundeinkommen.de
Cc: j.behncke
Sent: Thursday, February 22, 2007 10:55 PM
Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen] Die Wernersche Steuerlüge
Hallo Roland (und der Rest der Liste),
zwar bin ich kein "Experte" auf dem Gebiet, allerdings frage ich mich,
was die Mail von Joachim Behncke mit dem Werner'schen Modell zu tun hat und
welche Aussage überhaupt in der Mail enthalten ist. Irgendwie komme ich
nicht hinter den Ansatz, was er uns damit eigentlich sagen möchte.
Er spricht davon, daß Unternehmer Steuern "umlegen" wollen und führt
dabei ein Beispiel mit einem Bäcker auf. Dieses Beispiel erscheint mir
(rechnerisch) zweifelhaft. Was will der Bäcker denn? Er zahlt Steuern und
wenn er diese auf seine Kunden "umlegen" will, zahlt er immer noch Steuern,
aber die aufgeführte Rechnung ist dabei falsch. Ziel des Bäckers ist (wenn
er die Steuer auf die Kunden "umlegen" will), daß er 90 Euro Gewinn
einfährt, statt nur 63 Euro (27 Euro zahlt er in dem Beispiel an Steuern).
Erhöht der Bäcker den Brötchenpreis um 2,7 Cent, macht er damit (bei
gleichbleibenden Kosten) mehr Gewinn (nach den Beispielzahlen: brutto 117
Euro). Der Steuersatz ist bei 30%, der Bäcker zahlt real 35,10 Euro und ihm
bleibt ein Nettogewinn von 81,90 Euro. Das sind weniger als 90 Euro und
damit hat der Bäcker auch nichts "umgelegt", sondern nur seinen Gewinn
erhöht (für den er immer noch Steuern bezahlt). Will der Bäcker tatsächlich
90 Euro Gewinn haben, darf er seine Brötchen nicht um 2,7 Cent teurer
machen, sondern muß sie um 3,857 Cent erhöhen (Gesamtumsatz: 338,57 Euro,
abzgl. Kosten [210 Euro]: 128,57 Euro, abzgl. 30% Steuer [38,57 Euro]: 90
Euro Nettogewinn).
Was hat das aber mit dem Werner'schen, bzw. Dilthey-Modell zu tun?
Der Anatz von Matthias Dilthey und der Gruppe um Götz Werner:
Jede Ware besteht aus Kosten (Material, Löhne, Steuern). Verkauft jemand
die Ware zu genau diesem Selbstkostenpreis, fällt kein Gewinn an. Das ist
aber nicht Ziel des Unternehmers, denn er will ja etwas verdienen. Das
heißt, daß er auf seine Kosten einen Betrag X aufschlägt. Für dieses X zahlt
der Unternehmer Steuern und dem Unternehmer bleibt eine Summe Y.
Werner, bzw. Dilthey gehen nun davon aus, daß die Summe Y auch dann
besteht, wenn man die Steuern, die in den Kosten stecken, auf die
Umsatzsteuer "umlegt" (ähnlich dem Beispiel mit dem Bäcker). Der Unternehmer
hat danach immer noch die gleiche Summe Y, nur haben sich seine Kosten
verändert (es sind keine Steuern darin), aber er zahlt für seinen Gewinn
mehr Steuern. Der Unternehmer hat unterm Strich gleich viel. Der Unternehmer
zahlt in dem Sinn keine Steuer, weil es sich bei der Umsatzsteuer um eine
indirekte Steuer handelt, die wirtschaftlich betrachtet, vom Endverbraucher
getragen wird.
Die Staatsseite sieht dabei ähnlich aus. Der Staat erhielt vor dem
Werner/Dilthey-Ansatz Steuern aus den Kosten plus der Differenz zwischen X
und Y. Durch die "Umlegung" der Steuern aus den Kosten erhält der Staat zwar
nur noch die Differenz zwischen X und Y, aber die Umsatzsteuer verändert
sich so, daß darin die ursprünglichen Steuern aus den Kosten enthalten sind.
Beispiel (heute)
Bäcker
1000 Brötchen
30 Cent/Stück
Gesamtumsatz: 300 Euro
Kosten 210 Euro (Material- und Lohnkosten [incl. Lohnnebenkosten] 70%)
Bruttogewinn 90 Euro
Nettogewinn 63 Euro (weil 30% Steuer)
Beispiel (Werner/Dilthey):
Bäcker
1000 Brötchen
30 Cent/Stück
Gesamtumsatz: 300 Euro
Kosten 120 Euro (Material- und Lohnkosten [keine Lohnnebenkosten] 40%)
Bruttogewinn 180 Euro
Nettogewinn 63 Euro (weil die Kostenersparnis auf die Steuer "umgelegt"
wurden [statt 30% -> 65%])
Die Preise bleiben gleich, die Einnahmen des Staates bleiben gleich, nur
die Steuer wird an anderer Stelle erhoben. Steuern sind dadurch
transparenter und für jeden einfacher ersichtlich. Wer weiß denn heute
schon, wie sich die Kosten eines Unternehmers zusammensetzen - vor allem,
welche Steuern in diesen Kosten enthalten sind?
Ich verstehe den Vorwurf der "Steuerlüge" nicht. Das Werner'sche Modell
ist dem Dilthey-Modell sehr ähnlich. Scheinbar können manche Leute nicht
rechnen, um diese Modelle zu verstehen. Das soll kein Angriff auf Herrn
Behncke sein! Es ging leider nur aus dem Beispiel mit dem Bäcker hervor, wie
es um die Rechenfähigkeit bestellt ist. Daraus eine Steuerlüge abzuleiten,
weil man etwas nicht verstanden hat, scheint mir unseriös. Einstein hat dann
auch gelogen ;-)
Nun hoffe ich, daß meine laienhafte Darstellung etwas zur Aufklärung der
"Steuerlüge" beigetragen hat.
Viele Grüße aus Kiew,
Jörg (Drescher)
http://www.iovialis.org
http://www.iovialis.de
http://www.psgd.info
----- Original Message -----
From: rblaschke at aol.com
To: Debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de ;
grundeinkommen-info at listen.grundeinkommen.de
Sent: Thursday, February 22, 2007 5:31 PM
Subject: [Debatte-Grundeinkommen] Die Wernersche Steuerlüge
Dies mailte Joachim Behncke zum Überdenken des Wernerschen MWST -
Ansatzes. Gibt es ExpertInnen, die sich dazu äußern können? Ronald Blaschke
----- Original Message -----
From: j.behncke
Sent: Thursday, February 15, 2007 8:13 PM
Subject: Die Wernersche Steuerlüge
Lieber Ludwig Paul,
Ich glaube, es ist an der Zeit, als "Nichtbetriebswirt" diesem Unsinn,
alle Steuern seien "umgelegt" und ein Unternehmer zahlt eigentlich keine
Steuern, endlich einmal zu widersprechen, und zwar deshalb zu widersprechen,
weil es soviele gutgläubige Leute nicht hinterfragen:
Einfaches Beispiel: Ein Bäcker ( Personengesellschaft, zahlt als
Unternehmenssteuer im wesentlichen die Einkommensteuer und die
Gewerbesteuer, die ich hier mal außen vor nehme ) verkauft 1000 Brötchen zu
30 cent ( netto, mit der Umsatzsteuer wird er nicht belastet ). Er hat also
einen Umsatz von 300?. Seine Kosten ( Materialeinsatz, Personal inklusive
Lohnnebenkosten ) betragen 70%, d.h. 210?. Er hat also einen Gewinn von 90?.
Auf diesen Gewinn zahlt er Einkommensteuer von, sagen wir 30%, d.h. 27?.
Jetzt versucht er, die Steuern auf die Preise "umzulegen": Er verkauft
im Folgemonat (jahr) die Brötchen für 2,7 cent mehr pro Stück.
Im besten Fall verkauft er trotz der Preiserhöhung dieselbe Anzahl von
Brötchen, nämlich 1000 Stück. Macht einen Gesamtumsatz von 327 ?. Seine
Kosten sind gleich geblieben, macht also einen gewinn von 327./.210=117 ?.
Diesen Gewinn muß er wieder versteuern ( wie vergessen hier mal die
Progression ): 30% von 117 macht: 35,10 ? die er in echtem Geld an das
Finanzamt zu überweisen hat, selbiges bestreitet damit unter anderem den
Bundeshaushalt, und aus diesem Geld wird z.B. der Straßenbau finanziert.
Wieso zahlt der Bäcker keine Steuern? Weil er das Geld, was er
verdient, von seinem Kunden bekommen hat? Das ist doch eine einfältige
Geldflußbetrachtung. Der Gewinn ist eigentlich seins, und auf diesen Gewinn
hat er Steuern zu zahlen, oder?
Er kann nur durch Reduktion seiner Bemessungsgrenze, sprich
Abschreibungen seine Steuerschuld verringern, sich aber nicht vom
Brötchenkäufer finanzieren lassen.
Ein paar Daten zu den Steuern, z.B. in 2002: Einkommensteuer ( für 90%
unserer mittelständischen Unternehmer identisch zur Unternehmenssteuer ):
138 Milliarden, Mehrwertsteuer 136 Milliarden, Körperschaftssteuer (
aufgrund der "genialen" Reform von rot-grün ): mickrige 3 Milliarden. Meinst
Du, das ist alles funny money, fiktives Geld? Davon bestreitet der Staat
seinen Haushalt. Der Verbraucher ist mit seiner Lohnsteuer und der
Mehrwertsteuer und anderen indirekten Steuern beteiligt ( Sekt, Tabak etc. )
Aber kein Unternehmer kann Steuern "umlegen" und sich so von der
Steuerzahlung befreien. Nicht einmal Friedrich Karl Flick konnte das ( seine
Erben bekommen dieser Tage einen Batzen Geld aus einer
Steuerabschlagszahlung zurück, die er vor 10 Jahren geleistet hatte. Mangels
Erstellung eines Steuerbescheids durch die Finanzbehörden: wegen Verjährung.
Das ist reales Geld ).
Grüße
Joachim
-------------- n?ster Teil --------------
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