[Debatte-Grundeinkommen] von der Pflicht

Joerg Drescher iovialis at gmx.de
Do Feb 15 21:55:33 CET 2007


Hallo Rüdiger,

Deine Argumente überzeugen mich, daß ein soziales Pflichtjahr als solches
nicht sinnvoll ist. Die Überlegung war, daß Menschen schon in der Erziehung
für das Thema Sozialarbeit sensibilisiert werden. Ich kann mich auch noch an
Waldgänge aus meiner Grundschulzeit erinnern, bei denen Müll gesammelt
wurde. Allein, daß ich mich daran erinnern kann, zeigt, daß es durchaus Sinn
ergibt.

Vielleicht war es etwas überspitzt, daraus ein "Pflichtjahr" zu machen.
Nicht umsonst, setzte ich es von Anfang an in Anführungszeichen. Trotz
allem, sind Deine Bedenken angebracht und gerechtfertigt. Schlage also eine
Alternative vor, wie man diese frühzeigige Sensibilisierung vornehmen
könnte, ohne Schaden für den Ausführenden oder die Empfangenden zu machen.
Mir geht es nicht darum, daß sich jemand ein Jahr lang "gezwungen" fühlt
(weil verpflichtet), sondern darum, daß eine praktische Sensibilisierung
stattfindet.

Du fängst in Deinen Postings mit einer Frage an, kommst aber dann im Verlauf
weitschweifend vom eigentlichen Thema ab und die Frage bleibt im Raum
hängen, ohne daß sie beantwortet wurde. Das ist nun das zweite mal, daß mir
das auffält (die Mail über Kant löste auch nicht die Frage, was Pflicht
ist). Es ist nichts gegen Dich, sondern ich hänge immer noch in der Luft,
was denn an der "Einsicht zur Notwendigkeit" als Pflichtdefinition falsch
(besser fälschlich, daß es nämlich auch ein bisschen richtig ist) sei.

Ich gestehe ein, daß man sich bei einer Handlung auch ohne Gegenstimme
Gezwungen fühlen kann - nämlich dann, wenn die nötige Einsicht fehlt. Ich
behaupte, daß dies in allen Bereichen gilt und möchte Dich bitten, mir ein
Beispiel zu nennen, bei dem dies nicht der Fall ist. Das Beispiel mit dem
Gemeinwohl (Wohl) in einer persönlichen Mail zählt für mich nicht, da Du
selbst darin geschrieben hattest, diese Selbstverpflichtung (der Amtseid aus
Art. 56 GG) sei eine Floskel, die eine Gesinnungsbekundung darstellt. Das
sagte auch Roman Herzog in seinen Randbemerkungen als
Bundesverfassungsrichter zu diesem Artikel (Begründung, warum der Eid keine
rechtliche Bindung hat). Das heißt aber nicht, daß eine Gesinnungsbekundung
nicht gleichzeitig eine Selbstverpflichtung darstellt. Die Eidesleister
sollten den Inhalt besser ernst nehmen, statt sie als Floskel zu behandeln.
Aber es widerlegt nicht meine Pflichtdefinition "Einsicht zur Notwendigkeit"
(wenn ich den Eidesinhalt als Floskel sehe, dann besteht keine
Notwendigkeit, mich daran zu halten).

Viele Grüße aus Kiew,

Jörg (Drescher)


----- Original Message ----- 
From: Rüdiger Heescher
To: Joerg Drescher
Cc: debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
Sent: Thursday, February 15, 2007 5:55 PM
Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen] von der Pflicht




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