[Debatte-Grundeinkommen] Antwort an Jörg Drescher - Energie und BGE, Band 23, Eintrag 37

Joerg Drescher iovialis at gmx.de
Di Feb 13 11:52:21 CET 2007


Hallo Liste,

einige halten die Diskussion über Grundlagen wie Energie, Geld oder Wert für
nicht zielführend. Manche sehen die Ansätze des Dilthey-Modells und des
Jovialismus für obskur. Allerdings frage ich mich, ob uns nicht die
bisherigen Vorstellungen genau in die Situation brachten, in welcher wir
heute sind.

Die Wert-Frage brachte den Kommunismus hervor. Sie ist Grundlage jeder
Volkswirtschaft. Es geht auch nicht um "Werte" in dem Sinn, was sich ein
einzelner darunter vorstellt, sondern um eine Meßbarkeit von Wert. Dafür
wurde bisher die Maßeinheit "Geld" verwendet und selbst auf "Werte", wie
Liebe angewandt (käufliche Liebe). Marx leitete aus der "Wertfrage" einen
Klassenkampf ab (Klassen mit Produktionsgütern und -mitteln als "Wert" und
Klassen, die für diese "Werte" arbeiten müssen). Er baute sich eine
Geschichtsphilosphie auf dieser Grundlage zusammen, die für ein gewisses
Zeitfenster auch ihre Richtigkeit hat, aber weder davor, noch danach stimmt.

Darwin wurde für seine Evolutionstheorie verlacht, weil sich der Mensch als
"Krone der Schöpfung" sieht und über der Natur stehen will. Dieser
Mittelpunktswahn, wenn nicht gar Größenwahn und das Festhalten daran, etwas
"Besseres" zu sein, das außerhalb der Natur stünde, ist in meinen Augen
Grundlage für die Probleme, die es heute gibt - sei es in der Gesellschaft
oder beim Weltklima.

Günter (Weller), Florian (Hoffmann), Reimund (Acker), Peter (Scharl) oder
Robert (Zion) wollen keine Diskussion darüber, bzw. würgen die Diskussion
ab. Teilweise wird vor diesen Gedanken gewarnt: sie seien obskur,
lächerlich, indiskutabel oder nicht zielführend in Bezug auf das BGE.

Elementar für das BGE sind zwei Dinge:
1.) Ein Menschenbild
Warum will man denn überhaupt ein BGE auszahlen? Was ist der Mensch
eigentlich? Was legitimiert ein BGE oder gar einen Staat (der das BGE
auszahlen soll)?

2.) Eine Definition, was Wert ist
Was ist die Bemessungsgrundlage für das, was ausbezahlt werden soll? Aus was
soll das "finanziert" werden, was ausbezahlt wird? Wie verteilt man (was
eigentlich) gerecht?

Geld unterliegt keiner Norm - es wurde nicht definiert - es wurde einfach
als Maßeinheit für "Wert" hergenommen, ohne wirklichen Bezug dazu zu haben.
Gehe ich mit Hrivna nach Deutschland, kann ich mir dort nichts davon kaufen,
in der Ukraine hat dieses Geld allerdings "Wert". Geld ist davon abhängig,
welchen "Wert" ihm durch eine Gütergemeinschaft beimessen wird. Einem
(wirklichen) Aborigines werde ich kaum mit einer 100-Dollar-Note zu
irgendeiner Tätigkeit bringen können. Erzähle ich ihm, daß ich
Euro-Milliardär sei, wird er wahrscheinlich nichts damit anfangen können.
Damit will ich sagen, daß "Geld" keinen absolut objektiv begründeten Wert
hat (der überall und immer gilt).

Diesem Umstand versucht das Dilthey-Modell dadurch zu begegnen, daß eine
andere Bemessungsgrundlage für "Wert" hergenommen wird: nämlich Energie,
bzw. dessen Verbrauch. Das Menschenbild des Jovialismus nimmt sich der
anderen BGE-wichtigen Komponente an und verbindet Mensch und Wert: jeder
Mensch hat einen physiologisch überlebenswichtigen Energieverbrauch.

Wir können hier nun weiter über die "Finanzierung" eines Grundeinkommens
diskutieren und eine Höhe suchen, ab der dann noch jemand arbeiten würde.
Die Grundlagen (Mensch und Wert) bleiben dabei die gleichen - mit oder ohne
Definition. Mir scheint allerdings, daß hier versucht wird, ein Haus ohne
Fundament zu bauen.

Vielleicht macht sich der eine oder andere Listenleser einmal Gedanken
darüber - es wäre wünschenswert.

Jörg (Drescher)


----- Original Message ----- 
From: "Reimund Acker" <reimund.acker at t-online.de>
To: "BGE Liste" <debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>
Sent: Tuesday, February 13, 2007 3:03 AM
Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen]Antwort an Jörg Drescher - Energie und
BGE, Band 23, Eintrag 37


Jörg Drescher schrieb:

> Mit Matthias hatte ich bzgl. der Wertfrage definiert, daß es drei
> Arten von Wert gibt, die ziemlich exakt dem entsprechen, was Du
> geschrieben hattest:
> 1.) der absolute Wert
> Absoluter Wert entsteht dann, wenn gehandelt wird.
> 2.) der subjektive Wert
> Der Wert, den ich subjektiv bereit bin zu zahlen
> 3.) der objektive Wert
> Der Wert, den jemand für eine Ware verlangt

Ich denke es gibt jede Menge "Arten von Wert", jeder hat so seine mehr oder
weniger präzisen Definitionen, ich selbst bringe es locker auf zehn oder so,
halte mich aber jetzt erstmal damit zurück, weil ich fürchte, aus den Augen
verloren zu haben worum es eigentlich geht: Angenommen, jeder hat seine
Lieblingsdefinition von "Wert" hier abgeliefert, angenommen ferner, wir
einigen uns, welche dieser Definitionen wir für die Diskussion verwenden
wollen - wie lautet(e) dann nochmal das Problem bzgl. BGE, das wir mithilfe
dieser vereinbarten "Wert"-Begriffe angehen wollen?

Reimund Acker

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