[Debatte-Grundeinkommen] Das BGE und die Volkswirtschaft
zippi
zippi7 at gmx.de
So Feb 11 13:57:12 CET 2007
Hallo zusammen,
Am 11.02.2007 um 06:40 schrieb Matthias Dilthey:
> Nehmen wir das "Frühstücks-Ei" vom Aldi oder aus dem Restaurant. Ein
> emanzipatorisches BGE (z.B. Dilthey-Modell) negiert die höhere
> Wertschöpfung
> im Restaurant. Diese von den Marxisten und auch Keynesianern
> behauptete
> Wertschöpfung ist faktisch nicht vorhanden.
Marx unterscheidet ganz klar zwischen Wert und Warenfetisch. Was hier
häufig als Wertschöpfung bezeichnet wird resultiert aus dem
Fetischcharakter der Waren. Arbeitsprodukte werden nach Marx eben
nicht zu ihrem Wert getauscht. Das der Wert letztlich auf der
verausgabten Arbeit beruht schloss Marx mit Hilfe des
Ausschlussprinzips. Hörten alle Menschen für einen Zeitraum x auf zu
arbeiten, fände keine menschliche Wertproduktion statt (auch im
Kommunismus nicht). Aldi und das Restaurant unterscheiden sich durch
die Art der Mehrwertproduktion. (Mehrwert hier in der Definition von
Marx verstanden) Wahrscheinlich ist die Mehrwertrate bei Aldi sogar
höher als in einem durchschnittlichen Restaurant.
Intelligente Maschinen, wie Sie die Dilthey-Utopie benötigt waren für
Marx wohl schlicht noch nicht denkbar. Aber selbst wenn es die geben
würde beruht deren Wert (und damit deren gesamte "Wertschöpfung") ja
auf der Arbeit der Entwickler (die nicht die Eigentümer der Maschinen
sein müssen). Die stoffliche Umwandlung von Materie, die eigentliche
Arbeit (wenn ich Herrn Dilthey richtig verstehe) ist für den
Betrachtungsgegenstand BGE und Kapitalismus m.E. unwichtig.
Zudem wird m. E. etwas grundsätzliches im "Dilthey-Modell"
vernachlässigt:
Der Zweck kapitalistischer Warenproduktion ist nicht menschliche
Bedürfnisbefriedigung (die ist Nebenprodukt, und es könnten weit mehr
Bedürfnisse befriedigt werden als das der Fall ist) sondern
Kapitalakkumulation. Also aus Geld mehr Geld zu machen (Darum
brauchen "wir" Wachstum). Dazu ist jeder, der sich als Kapitalist
betätigt verdonnert (sei es nun der "gute" Mittelständler oder die
"böse" Heuschrecke), tut er es nicht, ist er über kurz oder lang kein
Kapitalist mehr. Die Anschaffung von Maschinen vermindert nun aber
den Kapitalertrag, weswegen so eine Investition erst dann getätigt
wird, wenn sich die menschliche Arbeitskraft mit Hilfe der Maschinen
besser ausbeuten lässt (der Gewinn mit Maschinen größer ist als
ohne). Darum werden Textilien z.B. in China von vielen Lohnarbeitern
(die ihre Ware Arbeitskraft verkaufen) an einfachen Maschinen
zusammengenäht und nicht von zwei Westeuropäern mit einem
hochtechnisierten Maschinenpark. Es lassen sich unzählige weitere
Beispiele finden. Wenn Putzkräfte vier Euro die Stunde bekommen,
rechnet sich nach kapitalistischer Logik der Einsatz von teuren
Putzrobotern noch nicht. usw. usf.
Ein BGE nach den Netzwerkkriterien kann sicher
Investitionsentscheidungen beeinflussen, schränkt den Arbeitszwang
ein (es geht hier um den Zwang zum Verkauf der Ware Arbeitskraft von
Produktionsmittellosen oder Selbstausbeutung von Kleinstunternehmern
und nicht um den Verzehr eines Hühnereis), hat in sofern immer
emanzipatorisches Potential.
Viele Grüße
matthias z.
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