[Debatte-Grundeinkommen] [Gr.NetzGE] Rückkehr der Romantiker - von Dieter Degler auf sueddeutsche.de

IonLIFE Dipl. Ing. Dietmar Ferger d.ferger at t-online.de
Di Dez 4 12:29:39 CET 2007


Es lohnt sich jedenfalls, Leserbriefe zu schreiben.
Die Badische Zeitung hat jedenfalls meinen Leserbrief auf die Aussagen von Kerstin Andreae zu ihrer
Position pro Grundsicherung in voller Länge abgedruckt.

Da er nur im Abo-Bereich zu finden ist, hier der Leserbrief:

_____________________________________________________________________________________


Bei Kerstin Andreaes Modell profitieren die Besserverdienenden am meisten 


Kerstin Andreaes Aussagen sind voll von inneren Widersprüchen. Warum soll die einzige Lösung gegen
Kinderarmut von Hartz-IV-Empfängern eine Weiterentwicklung von Hartz IV sein? Ein bedingungsloses
Grundeinkommen (BGE) — das ja auch die Kinder erhalten — ist da die bessere Lösung. Wenn eine
vierköpfige Familie unbürokratisch und direkt zum Beispiel 2000 Euro netto zur Verfügung hat, ist
das mehr als sie bei Hartz IV je bekommt.

Wege aus der Armut führen nicht darüber, dass Menschen ihre Bedürftigkeit nachweisen und um ihr
Existenzminimum kämpfen müssen. Langfristige Wege aus der Armut führen nur darüber, dass Menschen
die Lebensgrundlage bekommen, um das zu tun, was sie wirklich können und wollen. Dass dann
Förderungen und Angebote bereitstehen, versteht sich von selbst. Aber es werden Menschen nicht mehr
von einer anonymen Arbeitsagentur in sogenannte Fortbildungen geschickt, die weder ihren
Bedürfnissen noch Fähigkeiten entsprechen. Und vor allem: Arbeit lohnt sich wieder, denn es gibt
keine Anrechnungen und keine Zuverdienstgrenzen mehr — jeder verdiente Euro landet — abzüglich
Steuer — in der eigenen Tasche. Denn: Wie viele Beschäftigungsverhältnisse werden künstlich im
Rahmen der 400 Euro gehalten beziehungsweise nur nach steuerlichen, nicht aber nach wirklichen
Realitäten gestaltet? Mit einem BGE und einer gleichzeitigen Abschaffung der ganzen steuerlichen
Gängelei, einer gleichmäßigen Besteuerung ab dem ersten Euro (zusätzlich zum BGE) wird es einen
boomenden Arbeitsmarkt geben, da es sich für jede und jeden lohnt, auch nur ein paar Euro
hinzuzuverdienen.

Eine weitere Falschinformation ist, dass ein Grundeinkommen teurer ist als ein erhöhter
Hartz-IV-Regelsatz, da ein großer Teil der Steuerbegünstigungen entfallen beziehungsweise durch das
Grundeinkommen pauschal ersetzt werden. (Leider wurde dieser Faktor auch in der Infobox
"Grundeinkommen und Grundsicherung" nicht berücksichtigt.) Es zahlt also nicht mehr derjenige
weniger Steuern, der sich den besseren Steuerberater leisten kann — und so werden mehr Steuern
eingenommen von denjenigen, die auch Steuern zahlen können. 

Außerdem: Bei einer Erhöhung des Hartz-IV-Betrages muss auch der steuerliche Grundfreibetrag
angehoben werden — und davon profitieren natürlich am meisten die Besserverdienenden mit dem
Höchststeuersatz. Bei einer Anhebung des Grundfreibetrags um 200 Euro werden bei einem Steuersatz
von 40 Prozent monatlich 80 Euro, bei 20 Prozent monatlich 40 Euro gespart — und wer unterhalb des
Grundfreibetrags verdient, zahlt keine Steuern — und kann also auch nichts sparen. Bei Kerstin
Andreaes Modell der Grundsicherung profitieren also die Besserverdienenden am meisten.



Dipl. Ing. Dietmar Ferger, (Mitglied im Kreisverband der Grünen in Lörrach), Lörrach

_________________________________________________________________

Und hier das Interview mit Kerstin:

"Ich trete für eine Grundsicherung ein" 
BZ-Interview mit Kerstin Andreae über die Hartz-Reformen und den Parteitag der Grünen
 
  
 Kerstin Andreae(FOTO: GRÜNE)   
 
BERLIN. Am Wochenende treffen die Grünen auf ihrem Nürnberger Parteitag eine Grundsatzentscheidung
in der Sozialpolitik. Die Freiburger Bundestagsabgeordnete Kerstin Andreae plädiert im Gespräch mit
Bernhard Walker für eine Grundsicherung und lehnt das bedingungslose Grundeinkommen ab. 

BZ: Frau Andreae, warum verabschieden sich die Grünen von Hartz IV?

Andreae: Wie kommen Sie darauf, dass wir das tun?

BZ: Weil es in einem Antrag des Vorstands für den Parteitag heißt, man wolle die Realität von Hartz
IV überwinden.

Andreae: Damit ist kein Abschied, sondern eine sinnvolle und nötige Weiterentwicklung gemeint. Wir
wissen doch, dass die finanzielle Leistung allein wegen der gestiegenen Lebenshaltungskosten nicht
mehr ausreicht. Auch steht fest, dass Eltern, die Hartz IV beziehen, schlicht nicht genug Geld
haben, um ein Kind gesund ernähren zu können. Also müssen wir Hartz IV weiterentwickeln.

BZ: Was ist neben der Erhöhung der Finanzmittel aus Ihrer Sicht wichtig?

Andreae: Entscheidend ist, Wege aus der Armut zu weisen. Das hat auch, aber eben nicht nur mit Geld
zu tun. Deshalb trete ich für eine Grundsicherung in einem umfassenden Sinne ein. Das heißt, dass
Menschen Zugang zu Bildung, zu Kinderbetreuung, bezahlbarem Nahverkehr und erschwinglicher
Erwachsenenbildung, zu gesunden und ausreichenden Mahlzeiten in Kindergärten und Schulen sowie zu
Jobs haben müssen — Jobs, die anständig bezahlt sind, weshalb wir ja auch für branchenspezifische
Mindestlöhne eintreten. Auch plädieren wir dafür, die Lohnnebenkosten bei niedrigen Einkommen zu
senken, damit Menschen mit geringer Qualifikation die Chance erhalten, mit ihrer eigenen Hände
Arbeit ihre Existenz zu sichern.

BZ: Das erinnert an das Fördern, das Teil von Hartz IV sein sollte.

Andreae: Dieses Fördern ist im Gegensatz zum Fordern bisher nicht erreicht. Unter dem Stichwort
Fordern kennen wir alle längst die Fälle, dass jemand in seiner Wohnung ein Zimmer versiegelt bekam,
weil seine Wohnung größer ist, als es der Hartz-Rahmen vorsieht. Es wäre doch seltsam, wenn wir es
mit Fordern in solch bürokratisch-perfekter Manier beließen. Wenn wir unseren eigenen Reformanspruch
ernst nehmen, muss endlich die große Kraftanstrengung des Förderns hinzukommen. 

BZ: Die ist den Grünen 60 Milliarden Euro wert. Der Vorstand will einen Hartz-Regelsatz von 420 Euro
für Erwachsene und 300 bis 350 Euro für Kinder. 

Andreae: Die Regelsatzerhöhung kostet neun Milliarden Euro. Was wir aber vor allem brauchen, ist
deutlich mehr Geld für Bildung und eine soziale Infrastruktur. Die Summe, die Sie erwähnen, ist die
Gesamtsumme und entsteht zudem nicht in einem Jahr. Und außerdem fällt sie bei Bund, Ländern und
Gemeinden an. Zudem machen wir Vorschläge, wie der Betrag gegenfinanziert werden kann.

BZ: Die Vorschläge laufen auf eine Steuererhöhung hinaus.

Andreae: Uns geht es darum, endlich Steuerflucht und Steuerhinterziehung zu bekämpfen.

BZ: Der Spitzensatz bei der Einkommensteuer soll auf 45 Prozent klettern.

Andreae: Unter Helmut Kohl lag dieser Wert bei 53 Prozent. Es bricht also nicht der Sozialismus aus,
wenn er auf 45 Prozent erhöht würde.

BZ: Er könnte viel weiter steigen. Denn vielleicht setzen sich auf dem Parteitag diejenigen durch,
die ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle verlangen.

Andreae: Wir werden ja sehen, was die Basis will: die Grundsicherung, wie ich sie beschrieben habe,
oder das Grundeinkommen. Das Grundeinkommen wäre der Totalumbau des deutschen Sozialstaats. Wir
würden uns vom Blick auf den Einzelnen verabschieden. Und: Die Finanzierung des Grundeinkommens hat
einen viel zu hohen Preis. Wenn alle — also auch die, die es nicht brauchen — ein bisschen was
bekommen, dann bleibt zu wenig Geld für die, die wirklich Unterstützung benötigen.

BZ: Die baden-württembergischen Grünen sind gleichwohl mehrheitlich für das Grundeinkommen.

Andreae: Stimmt. In Nürnberg wird sich zeigen, wie sich die Bundespartei orientiert. Ich trete dafür
ein, das Machbare zu tun und realistische Schritte zu beschließen, die heute und ganz konkret
Menschen aus der Armut heraus helfen. 

__________________________________________________


INFOBOX
Grundeinkommen Und Grundsicherung 

Die Namen klingen ähnlich, bezeichnen aber verschiedene Konzepte. Unter Grundeinkommen versteht man
die Idee, dass der Staat allen Bürgern einen bestimmten Betrag bezahlt — unabhängig davon, ob sie
bedürftig sind oder nicht. Damit soll Armut bekämpft und die Bürokratie verschiedener
Sozialleistungen gemindert werden. Die Anhänger der Grundsicherung halten dagegen am Prinzip der
Bedürftigkeit fest, also: Finanztransfers bekommt nur, wer nicht aus Arbeit oder Vermögensertrag
seine Existenz selbst bestreiten kann. Die Grünen wollen sich nun für ein Modell entscheiden. Der
Bundesvorstand will die Grundsicherung und beziffert deren Gesamtkosten auf 60 Milliarden Euro. Eine
Mehrheit der baden-württembergischen Grünen favorisiert das Grundeinkommen, das aber deutlich teurer
käme.

___________________________________________________________
mit solidarischen Grüssen

Dietmar Ferger

Mitglied im Kreisvverband GRÜNE Lörrach

========================

Dipl. Ing. Dietmar Ferger
Carl-Maria-von-Weber-Str. 20
D - 79540 Lörrach
Tel. privat +49 7621 1610002
Tel. Büro: +49 7621 709100
mobil: +49 162 8982286
Email: d.ferger at t-online.de

========================
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: gruenes_netzwerk_grundeinkommen-bounces at gruene-berlin.de
[mailto:gruenes_netzwerk_grundeinkommen-bounces at gruene-berlin.de] Im Auftrag von Robert Zion
Gesendet: Dienstag, 4. Dezember 2007 10:05
An: Debatte Grundeinkommen; gruenes_netzwerk_grundeinkommen at gruene-berlin.de;
ludwigpaul.haeussner at iep.uni-karlsruhe.de
Betreff: Re: [Gr.NetzGE] Rückkehr der Romantiker - von Dieter Degler auf sueddeutsche.de

Hallo zusammen,

sicherlich steht uns vor allem noch die Aufgabe bevor, in den Medien das 
GE-Thema breiter zu setzen und hartnäckiger zu erklären. Das Medienecho ist 
jedenfalls bisher noch von Unkenntnis und/oder vorschneller Ablehnung 
geprägt. Dabei sind es derzeit nur einzelne Journalisten, die dem Thema 
offen gegenüber stehen. Auf meiner Homepage sind einige Ausnahmeartikel:

Freitag: http://www.robert-zion.de/downloads/freitag_30_11-2.pdf

Handelsblatt: http://www.robert-zion.de/downloads/handelsblatt_18_11.pdf

Frankfurter Neue Presse: http://www.robert-zion.de/downloads/FNP_13_11.pdf

Taz: http://www.robert-zion.de/downloads/taz_08_10.pdf

Frankfurter Rundschau: http://www.robert-zion.de/downloads/FR_26_11.pdf

Liebe Grüße
Robert
_________________________
Robert Zion, B'90/Grüne, KV Gelsenkirchen
tel. 0209/3187462
mobil. 0179/2663661
mail. zion at robert-zion.de
homepage. www.robert-zion.de
Skype: zionger


----- Original Message ----- 
From: "Ludwig Paul Häußner" <ludwigpaul.haeussner at iep.uni-karlsruhe.de>
To: <gruenes_netzwerk_grundeinkommen at gruene-berlin.de>
Sent: Monday, December 03, 2007 12:28 PM
Subject: [Gr.NetzGE] Rückkehr der Romantiker - von Dieter Degler auf 
sueddeutsche.de


Liebe Liste,


es ist schon interessant was hier gedackt wird. Noch interessanter ist aber
das WIE.


http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/634/145302/


In der Geschichte wurde neue Ideen auch immer wieder von Publizisten und
Journalisten aufgegriffen.


Ich finde hier liegt auch ein Problem für das BGE. Viele Journalisten sind
überhaupt nicht bereit einmal quer oder gar Neues zu denken.


Frage: Wie schaffen wir es, dass wir als Real-Träumer ernst genommen werden?



Herzliche Grüße


Ludwig Paul Häußner



_______________________________________________
Gruenes_Netzwerk_Grundeinkommen mailing list
Gruenes_Netzwerk_Grundeinkommen at gruene-berlin.de
http://gruene-berlin.de/cgi-bin/mailman/listinfo/gruenes_netzwerk_grundeinkommen 


_______________________________________________
Gruenes_Netzwerk_Grundeinkommen mailing list
Gruenes_Netzwerk_Grundeinkommen at gruene-berlin.de
http://gruene-berlin.de/cgi-bin/mailman/listinfo/gruenes_netzwerk_grundeinkommen




Mehr Informationen über die Mailingliste Debatte-Grundeinkommen