[Debatte-Grundeinkommen] Fwd: "Wirtschaftsweiser" Bofinger fuer Grundeinkommen

Wolfgang Strengmann-Kuhn strengmann at t-online.de
So Sep 17 10:55:48 CEST 2006


Lieber Ronald, liebe MitstreiterInnen,

du hast natuerlich voellig recht, aber: erstens zeigt der Vorschlag , dass der 
Gedanke des Grundeinkommens immer weiter um sich greift. 
("Grundeinkommen denken" !). Zweitens finde ich, dass das ein 
interessanter Einstieg in ein Grundeinkommen waere - ich habe ja selbst 
mal ein Grundeinkommen fuer Erwerbstaetige in halber Hoehe des 
Existenzminimums vorgeschlagen. Interessant deshalb, weil man dann die 
ganze (bloede) Almosen-, Faultierprämie-, "Wer bringt denn dann den Muell 
raus"- Diskussion nicht haette. Außerdem wuerde dann - m.E. zwangsläufig 
- sehr schnell eine Diskussion anfangen, ob in anderen Fällen ein 
Grundeinkommen nicht auch sinnvoll/besser waere: im Alter, bei 
Kindererziehung, bei Aus- und Weiterbildung, für Künstler, bei 
eheramtlicher Taetigkeit ...

siehe dazu auch:
Atkinson, Anthony Nuffield College, University of Oxford, UK
Tony AtkinsonHow basic income is moving up the policy agenda: News 
from the future
http://www.etes.ucl.ac.be/bien/Files/Papers/2002Atkinson.pdf

und 

Strengmann-Kuhn, Wolfgang: Working Poor in Europe: A partial basic 
income for workers?
http://www.etes.ucl.ac.be/bien/Files/Papers/2002Strengmann-Kuhn.pdf

Schoene Gruesse
Wolfgang Strengmann-Kuhn 

On 17 Sep 2006 at 4:16, rblaschke at aol.com wrote:

> 
> Eine Negativsteuer nur für Erwerbstätige (alsoan
> Arbeitsverpflichtung/Arbeit gekoppelt) ist natürlich kein
> Grundeinkommen. Ein Grundeinkommen ist für alle BürgerInnen und kein
> Kombilohn für Niedriglöhner, also nicht nur für bedürftige
> Erwerbstätige. Ronald Blaschke
> 
> 
> 
> Thema: [Grundeinkommen-Info] "Wirtschaftsweiser" Bofinger fuer
> Grundeinkommen
> 
> http://www.zeit.de/online/2006/38/bofinger-negative-einkommenssteuer
> 
> DIE ZEIT
> 
> Subvention für echte Arbeit
> 
> Niedriglöhner sollen brutto für netto verdienen, damit sie Jobs
> annehmen, statt Arbeitslosengeld zu kassieren, sagt der Ökonom Peter
> Bofinger. Und schlägt ein Grundeinkommen von 750 Euro vor.
> 
> Von Karsten Polke-Majewski
> 
> Peter Bonfinger hat eine Idee. Das kommt häufiger vor, und oft erntet
> der Würzburger Wirtschaftsprofessor und bekennende Keynesianer im
> Kreise seiner vier andern Wirtschaftsweisen dafür Kritik. Weshalb
> Bofinger sich beeilt zu betonen, dass das Papier, welches er an diesem
> Freitag im sächsischen Wirtschaftsministerium vorstellt, auf keinen
> Fall als Minderheitsvotum oder sogar Gegengutachten zum vergangene
> Woche veröffentlichten Kombilohnmodell der Wirtschaftsweisen
> verstanden werden soll.
> 
> Nichtsdestotrotz ist es genau das. Bofinger präsentiert eine negative
> Einkommenssteuer für Geringverdiener, angelehnt an Vorbilder in den
> Vereinigten Staaten und Großbritannien. Die Idee: Für solche
> Arbeitnehmer, die für sehr geringen Lohn und mindestens 30 Stunden in
> der Woche arbeiten, soll ein abgabefreies Grundeinkommen eingeführt
> werden. Es soll für Ledige bei 750 Euro im Monat liegen, für
> Verheiratete bei 1300 Euro. Wer einen solchen Job hat, soll zwar
> weiterhin Beiträge zu den Sozialversicherungen zahlen, bekommt dieses
> Geld aber vom Staat zurück. Er verdient also brutto für netto. Wer
> Kinder hat, dem soll der Staat zudem ein erhöhtes Kindergeld von 207
> Euro zahlen, den gleichen Beitrag also, den Kinder von
> ALG-II-Empfängern erhalten. Je mehr ein Arbeitnehmer verdient, desto
> geringer soll der Zuschuss werden, bis zu einer Grenze von 1300 Euro
> bei Ledigen, 2000 Euro bei Verheirateten. Wer mehr verdient, zahlt
> Steuern und Abgaben wie bisher. Vier Milliarden Euro würde sein
> Vorhaben den Staat kosten, sagt Bofinger.
> 
> Was dieses Konzept von dem Entwurf der Wirtschaftsweisen
> unterscheidet, ist, dass es die Frage beantwortet, wie man Menschen
> dazu motiviert, reguläre Jobs zu suchen, auch wenn sie schlecht
> bezahlt sind. Beide Seiten gehen von demselben Befund aus: Der Abstand
> zwischen dem, was Geringqualifizierte und Langzeitarbeitslose durch
> reguläre Arbeit verdienen können zu dem, was sie als
> Arbeitslosengeld bekommen, ist zu gering. Deshalb entwickelten die
> Wirtschaftsweisen im Auftrag der Bundesregierung ein Kombilohnmodell,
> nach dem der Regelsatz für Hartz- IV-Empfänger um 30 Prozent
> gekürzt werden sollte. Zudem sollte danach die Einkommensgrenze für
> die steuerfreien und mit pauschalen Sozialabgaben belegten Minijobs
> von 400 auf 200 Euro gesenkt werden. Letztlich steckt dahinter der
> Gedanke, man müsse das Arbeitslosendasein für möglichst viele
> Menschen möglichst unattraktiv machen, damit sie einen - auch
> schlecht bezahlten - Job annehmen. Bis zu 350.000 Stellen könnten auf
> diese Weise im Niedriglohnsektor entstehen, rechneten die
> Wirtschaftsweisen vor.
> 
> Bei den Arbeitsmarktexperten von SPD und CDU stieß dieser Plan auf
> heftige Ablehnung. Im Arbeitsministerium erwägt man immerhin, die
> Minijobs für Hartz-IV-Empfänger einzuschränken. Bofinger geht
> weiter. Er will die 400-Euro-Jobs ganz abschaffen und die dadurch
> freiwerdenden zwei Milliarden Euro in die negative Einkommenssteuer
> stecken. Außerdem sollte der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung
> nicht, wie bislang geplant, im kommenden Jahr pauschal um zwei Prozent
> gesenkt werden, sondern nur für die untersten Einkommensstufen. 
> 
> "Gegenwärtig sind reguläre Arbeitsverhältnisse das teuerste, was
> einem Arbeitgeber im Niedriglohnsektor passieren kann", sagt Bofinger.
> Indem sein Konzept Vollzeitarbeit subventioniere, würden solche
> Beschäftigungsverhältnisse wieder attraktiv. Deshalb will Bofinger
> auch die Hinzuverdienstregeln für Arbeitslose drastisch verschärfen.
> 85 Prozent des Geldes, das Hartz-IV-Empfänger auf diese Weise
> erwirtschaften, soll auf ihr Arbeitslosengeld angerechnet werden.
> Außerdem sollte ein Mindestlohn von 4,50 Euro für den
> Niedriglohnsektor gelten - womit jemand, der 40 Stunden in der Woche
> arbeitet, wieder fast jene 750 Euro Grundeinkommen erreichen würde,
> die Bofinger vorschlägt. Außerdem, das zeigt das Vorbild
> Großbritannien, kann eine solche Regel Lohndrückerei verhindern.
> 
> Weil man nach diesem Modell durch reguläre Arbeit in jedem Fall mehr
> verdient, als ein Arbeitsloser zur Verfügung hat, würden wieder mehr
> Menschen motiviert, sich eine Stelle zu suchen, erwartet Bofinger. Und
> sie entkämen der Bürokratie der Arbeitsagenturen. "Nur müssen wir
> dafür sorgen, dass diejenigen, die regulär arbeiten, ihren
> Lebensunterhalt auch aus eigener Kraft bestreiten können."
> 
> Allerdings: Der Durchbruch am Arbeitsmarkt sei sein Vorschlag nicht,
> sagt Bofinger; und will sich auch nicht darauf festlegen, wie viele
> Menschen auf diese Weise wieder in Arbeit kommen könnten. Aber
> immerhin gebe es sieben Millionen geringfügig Beschäftigte in
> Deutschland, dazu eine nicht bekannte Zahl an Kurzzeitverträgen und
> Scheinselbstständigen. "Diesen Sumpf müssen wir trockenlegen." Ob
> sein Plan allerdings bei den entscheidenden Arbeitsmarktpolitikern
> verfangen wird, daran hat auch der Wirtschaftsweise einige Zweifel.
> Freilich regiert auch in Dresden eine Große Koalition. Sie hat das
> Gutachten in Auftrag gegeben. Insofern könnte es zumindest etwas
> frischen Wind in die Berliner Mindest-Kombilohn- Debatte bringen.
> 
> Zudem findet die Idee einer negativen Einkommenssteuer Unterstützung
> von höchster Stelle. Schon im Januar hatte Bundespräsident Horst
> Köhler sie als "eine Art Grundeinkommen" nach US-Vorbild ins
> Gespräch gebracht. Nur zeigen Untersuchungen aus Amerika, dass eine
> solche Steuergutschrift zwar positive Impulse zur Annahme gering
> bezahlter Arbeit bringt, aber nicht als Reintegrationsinstrument für
> Arbeitslose wirkt. Dafür macht sie Löhne armutsfest, vor allem bei
> Haushalten, in denen Kinder leben. Und das wäre ja auch schon etwas.
> 
> Weitere Informationen im Internet:
> Das vollständige Gutachten finden Sie hier
> 
> ZEIT online
> 
> 04/2006
> 
> 
> 
> 
> The following section of this message contains a file attachment
> prepared for transmission using the Internet MIME message format. If
> you are using Pegasus Mail, or any other MIME-compliant system, you
> should be able to save it or view it from within your mailer. If you
> cannot, please ask your system administrator for assistance.
> 
>    ---- File information -----------
>      File:  bofinger-negative-einkommenssteuer.pdf
>      Date:  16 Sep 2006, 9:07
>      Size:  8160 bytes.
>      Type:  Unknown
> 
> 
> _______________________________________________
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