[Debatte-Grundeinkommen] Pfarrer und Haushälterin

Ernst Ullrich Schultz webmaster at eusidee.de
So Sep 10 00:01:36 CEST 2006


Liebe MitstreiterInnen,

in den Streit, ob Arbeit als solches schon einen volkswirtschaftlichen 
Wert darstellt, wie er zwischen Klaus Jäger und Mathias Dilthey 
entbrannt ist, will ich mich nicht weiter einmischen. Die Frage ist für 
mich in sofern interessant, weil sie mir aufzeigt, was Wirklichkeit und 
was Statistik ist. Es gibt da ein schönes Beispiel, nämlich das 
Verhältnis zwischen einem Pfarrer und seiner Haushälterin. Solange sie 
bei ihm als Angestellte arbeitet, ist ihr "Verhältnis" für das 
Bruttosozialprodukt positiv, sie hat ein Einkommen, versteuert es 
u.s.w. Kommen nun beide auf die Idee ihr "Verhältnis"  durch Heirat zu 
legalisieren, verändert sich die Statistik, das BSP sinkt ein wenig, 
des weiteren hat dieser Vorgang auch negative Auswirkungen auf das 
Steuer- und Sozialsystem, die Renten- und Krankenkassenbeiträge und die 
Steuereinnahmen sinken. Nach dem Begriff der klassischen VWL ist also 
das Zölibat eine feine Sache!
Aber im Ernst, was passiert da eigentlich in der Wirklichkeit? Die gute 
Frau wird möglicherweise absolut die gleiche Arbeit verrichten, der 
Pfarrer weiter Predigten vortragen (möglicherweise noch freundlicher) 
und sein Einkommen wird er erhalten wie bisher. Das bedeutet doch, 
Arbeit und Erwerbsarbeit können genau gleich sein, und trotzdem findet 
eine völlig unterschiedliche volkswirtschaftliche Bewertung statt. Und 
da ist der Punkt, wo neu gedacht werden muss, nämlich in Richtung 
Grundeinkommen, weil immer mehr Arbeitsplätze wegfallen.
Und das immer noch so falsch gedacht wird, ersieht man aus den neuesten 
Vorschlägen des Sachverständigenrates, der neben der 30%tigen Absenkung 
von HartzIV, Zuverdienstmöglichkeiten als "Arbeitsanreize", sowie 
Kombilohnmodelle vorsehen. Also, um in meinem Beispiel zu bleiben, der 
Pfarrer soll sich noch eine Mamsell zulegen, für die er dann Zuschüsse 
bekommt.
Man muss sich immer wieder klar werden, dass Arbeit und Einkommen zwei 
verschiedene Dinge sind, schon die krassen Einkommensunterschiede 
machen uns das deutlich. Leistet ein Vorstandsvorsitzender einer Bank 
etwa 1000x mehr Arbeit als eine Reinigungskraft?

Freundliche Grüße,
Ernst Ullrich Schultz 
  



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