[Debatte-Grundeinkommen] Replik auf Rüdiger Heerscher wg. Nachrichtensammlung, Band 20, Eintrag 2
Rüdiger Heescher
ruediger.heescher at attac.de
So Nov 5 14:02:45 CET 2006
Lieber Matthias
komisch nur das wir selbst CDU Mitglieder bei Attac haben.
Wenn man das Konzept von attac erstmal wertfrei verstehen möchte, dann
bewegt man sich auf einer Ebene, die sich mehr aus dem Verständnis der
Aufklärung bildet.
Wir haben überwiegend sicherlich linksorientierte Menschen bei uns. Und
es werden sicherlich auch je nach Themenschwerpunkten Begrifflichkeiten
verwendet, die einer bestimmten politischen Coleur entspringen.
Nichts desto trotz kann man über die Begrifflichkeiten hinaus zu einem
Konsens kommen, der inhaltlich geprägt ist.
Wenn man sich also gegen den irak Krieg stellt und Bushs
Regierungspolitik verurteilt, dann kommt es nicht von ungefähr, dass
ausgerechnet mit viel TamTam eher "Antiimperialistische" Töne durchschlagen.
Wer sich mit Philosophie beschäftigt hat, wird auch Gedankenkonstrukte
sowie auch deren Historie, wie sie entstanden sind nachvollziehen können
und auch verstehen.
Wie gesagt gibt es durchaus auch Menschen, die nicht unbedingt zu einer
linken politischen Auffassung zugehörig zählen, aber dennoch
intellektuell in der Lage sind, Ideen und Gedankengänge zu würdigen.
Man sollte nicht Vordenker generell verteufeln, sondern schauen, so da
was wahres dran ist und sich seine Meinung dazu bilden, wieso diese oder
jene Seite auf solche Gedanken gekommen ist.
Adam Smith z.B. war Moralphilosoph und Wirtschaftswissenschaftler zu
seiner Zeit, genauso wie Milton Friedman. Sind das deswegen Menschen,
denen man nicht mehrzuhören darf, nur weil entsprechend
Interessnesgeleitete Politiker sich das aus deren Philosophie
herausgesucht haben, was sie für sich in ihrem Interesse verwursten konnten?
Ich könnte aus Adam Smith genug anführen um zu zeigen, dass er sowohl
für die Händler einen Wettbewerb gesucht hat und auf der Anderen Seite
aber Regulationsmöglichkeiten angemahnt hat, die dafür sorgen, dass es
keine Monopolisierung gibt und Wettbewerb gewährleistet bleibt. Davon
wollen ja Neoliberale nichts wissen, wenn sie Adam Smith hochleben lassen.
Das Konzept von Milton Friedman von 1962 in Kapitalismus und Freiheit
zum bGE mit einem negativen Einkommenssteuermodell ist auch einanderes
als das was uns die FDP oder Köhler verkaufen wollen, was auf ihn
zurückzuführen ist.
Bei attac schaut man sich halt genau an, was diese Ideologie Propheten
im Ursprung zu sagen hatten und kann dort sehen, dass eigentlich zu
jeder Zeit jeder Philosoph etwas gutes bewirken wollte für die
Gesellschaft, was aber dann von inkompetenten Politikern mit Halbwissen
und Interessensgeleitet dann wiederum verwurstet wurde.
Deshalb ist es auch bei attac möglich unterschiedlichste Glaubenssätze
zusammen kommen zu lassen.
Was die Sozen angeht, habe ich das Gefühl, dass sie Band 1 gelesen haben
und nicht bis Band 3 gekommen sind.
Übrigens wenn man sich Marx mal anschaut, was er damals in Europa
gefordert hat, war das in der politischen Zielsetzung nichts anderes als
sozialdemokratische Forderungen systemimmanent des Kapitalismus.
Es ging um die 40 Stunden Woche und Sozialversicherungsansprüche.
Damals war das noch utopistisch! lol
Ich bitte einfach mal sich nicht so lachsig und oberflächlich zu
äussern. Das dient nicht einer konstruktiven Diskussion, wenn wir an
einem Strang arbeiten.
Meine Anregung mit Argumentationshilfen von Marx bezog sich, wie ich
schon beschrieben habe auf ein Klientel, welches dafür empfänglich ist.
Es wird keiner gezwungen Marxist zu werden. (Ich bin übrigens auch
keiner, auch wenn ich glaube, dass Marx ziemlich viel zu sagen hatte,
was die Analyse über den Kapitalismus angeht. Umsonst lesen ja auch
nicht gerade Liberale Marx um den Kapitalismus zu verstehen ;-))
Umgekehrt funktioniert es ja auch genauso. Ich lese Milton Friedman,
weil er dem Kapitalismus mit seinem Monetarismus aus der Krise helfen
wollte, die Marx schon in Band 3 vom Kapital beschrieben hat ;-)
Und so schliesst sich wieder der Kreis.
Wir wissen ja alle um was es geht bei dem ganzen. Ich finde es
erstaunlich, dass man sich mit Ideologien in einem Netzwerk, welches von
verschiedensten Seiten her zusammen kommt darüber noch unterhalten muss.
Mein Verständnis ist ein anderes und erlebe es auch anders. Ich kann
mich mit Konrad Schily von der FDP genauso unterhalten über das gleiche
Thema bedingungsloses Grundeinkommen genauso wie mit hardliner
Kommunisten. Man trifft sich auf der Philosophischen Ebene.
Und das funktioniert!
gruss
RÜdiger
zippi wrote:
> Hallo,
>
> nur so als Anmerkung:
>
> Der Karl Marx konnte mit den Sozialdemokraten Zeit seines Lebens
> nichts anfangen, hat sie polemisch bekämpft und als Gegner des
> Kommunismus ausgemacht. (z.B. in der Kritik des Gothaer Programms)
> Für ihn waren es schlicht Kleinbürger.
>
> Auch mit dem heute sehr verbreiteten stumpfen Antiamerikanismus (der
> gern Antiimperialismus genannt wird, und sorry, die offizielle Linie
> von Attac tendiert in diese Richtung - ich weiss, Attac ist keine
> homogene Masse) hätte er wohl kaum was anzufangen gewusst.
>
> Schönen Tag noch
> matthias z.
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