[Debatte-Grundeinkommen] Debatte-grundeinkommen Nachrichtensammlung, Band 20, Eintrag 2

Manfred Bartl sozial at gmail.com
Fr Nov 3 12:38:32 CET 2006


Hallo, Florian!

Ich kommentiere wie Du im Text:

On 11/2/06, Florian Hoffmann <florian at hoffmannlaw.de> wrote:
>
> > "Das Reich der Freiheit beginnt in der Tat erst da, wo das Arbeiten, das
> > durch Not und äussere Zweckmässigkeit bestimmt ist, aufhört; es liegt
> > also in der Natur der Sache nach jenseits der Sphäre der eigentlichen
> > materiellen Produktion."
> >
> > Aus : Das Kapital Bd. III
>
>
> FH: Die Zeiten haben sich gewandelt: Der Natur der Sache nach existiert
> heute die Freiheit millionenfach in der Sphäre der eigentlichen Produktion,
> wenn ich nur an (was nicht immer der Fall ist:) glückliche Lehrer,
> glückliche Ärzte, glückliche Vertriebsleute, glückliche Kellner, glückliche
> Beamte, glückliche Zeitungsmacher, Redakteure und auch Leute in der
> Produktion von Lebensmitteln (auch: Bauern) denke, die ich selbst kenne oder
> erlebt habe. Das Reich der Freiheit steckt auch in der Arbeit. Arbeit ist
> auch Selbstverwirklichung. Das BGE soll von Frohnarbeit befreien, und/oder
> dafür sorgen, dass diese Arbeiten angemessen entlohnt werden.

Das Wort "Frohnarbeit" schreibt man ohne H ;-)
Freiheit ist nicht dasselbe wie Selbstverwirklichung. Dass ein Lehrer,
Redakteur oder Arzt glücklich ist, sei ihm unbenommen - das sollten
alle Lehrer, Redakteure und Ärzte sein! Trotzdem tun sie ihre Arbeit
aus Gründen der äußeren Zweckmäßigkeit, der in Bahnen gelenkten
Mitgestaltung der Gesellschaft.

> FH: Letzteres ist heute bei uns so nicht mehr der Fall, sonst hätten sich
> nicht Millionen abhängig Beschäftigter ihren - wenn auch manchmal nur -
> bescheidenen Wohlstand mit eigenem Auto und Häuschen aufbauen können.
> Deshalb sollte die Aufhebung des Privateigentums heute kein Thema mehr sein.
> Privateigentum ist Ausdruck und wesentlicher Bestandteil der
> Selbstverwirklichung. Was das Privateigentum an Produktionsmitteln angeht,
> so gibt es auch dort - bei aller Tendenz zur Konzentration bei großen
> Produktionseinheiten - die Tendenz zur breiten Streuung des Vermögens in
> Form selbständiger kleiner Einheiten. Wir nennen diese Leute heute
> Mittelstand. Sie sind die tragende Säule unserer Wirtschaft. Und gerade dort
> kann ich nicht sehen, dass die, die dort erwerben, nicht auch selbst
> arbeiten. Kein Scherz: Wer selbständig ist, arbeitet selbet und arbeitet
> ständig. Das ist jedenfalls der Normalfall.

Dies ist eine ausgesprochen zynische Aussage, denn der künstlich
aufrecht erhaltene Wohlstand des deutschen Mittelstands fußt a)
inländisch auf der Ebbe in öffentlichen Kassen und b) global auf dem
erbarmenswerten Zustand der Entwicklungsländer, für den die
entwickelten Länder verantwortlich sind und an dem sie nichts zu
ändern gewillt sind!

> > "Es ist eins der größten Missverständnisse, von freier,
> > gesellschaftlicher menschlicher Arbeit, von Arbeit ohne Privateigentum
> > zu sprechen. Die "Arbeit"  ist ihrem Wesen nach die unfreie,
> > unmenschliche, ungesellschaftliche, vom Privateigentum bedingte und das
> > Privateigentum schaffende Tätigkeit. Die Aufhebung des Privateigentums
> > wird also erst zu einer Wirklichkeit, wenn sie als Aufhebung der Arbeit
> > gefasst wird."
> >
> > Aus: Über Friedrich List
>
> FH: Die Aufhebung von Arbeit und Privateigentum ist das Ende der
> Verantwortlichkeit für irgendetwas, das Ende des Bemühens, des Einsatzes für
> eine Sache, das Ende der Lebensform, die wir für erstrebenswert erachten -
> auch mit Hilfe eines BGE.

Mit dieser Meinung stehts Du offensichtlich sehr einsam da, denn das
Ende des Privateigentums stellt für die meisten
Grundeinkommensbefürworter vielmehr die umfassende Verantwortung des
Einzelnen für alle Ressourcen dieses Planeten dar. Und DAS ist es, was
wir anstreben!

> > "Die Betätigung der Arbeitskraft, die Arbeit, ist aber die eigene
> > Lebenstätigkeit des Arbeiters, seine eigne Lebensäusserung. Und diese
> > Lebenstätigkeit verkauft er an einen Dritten, um sich die nötigen
> > Lebensmittel zu sichern. Seine Lebenstätigkeit ist für ihn also nur ein
> > Mittel, um existieren zu können. Er arbeitet, um zu leben. Er rechnet
> > die Arbeit nicht selbst in sein Leben ein, sie ist vielmehr ein Opfer
> > seines Lebens. Sie ist eine Ware, die er an einen Dritten zugeschlagen
> > hat. Das Produkt seiner Tätigkeit ist daher auch nicht der Zweck seiner
> > Tätigkeit. Was er für sich selbst produziert, ist nicht Seide, die er
> > webt, nicht das Gold, das er aus dem Bergschacht zieht, nicht der
> > Palast, den er baut. Was er für sich selbst produziert, ist der
> > Arbeitslohn, und Seide, Gold, Palast lösen sich für ihn aus in ein
> > bestimmtes Quantum von Lebensmitteln, vielleicht in eine Baumwolljacke,
> > in Kupfermünze und in eine Kellerwohnung. Und der Arbeiter, der zwölf
> > Stunden webt, spinnt, bohrt, dreht, baut, schaufelt, Steine klopft,
> > trägt usw. ? gilt ihm dies zwölfstündige Weben, Spinnen, Bohren, Drehen,
> > Bauen, Schaufeln, Steinklopfen als Äusserung seines Lebens, als Leben?
> > Umgekehrt. Das Leben fängt da für ihn an, wo diese Tätigkeit aufhört am
> > Tisch, auf der Wirtshausbank, im Bett. Die zwölfstündige Arbeit dagegen
> > hat ihm keinen Sinn als Weben, Spinnen, Bohren usw., sondern als
> > Verdienen, das ihn an den Tisch, auf die Wirtshausbank, ins Bett bringt.
> >
> > Aus: Lohnarbeit und Kapital
> >
>
>
> FH: Was ein Künstler, ein Musiker, ein Dirigent, ein Arzt, ein Rechtsanwalt,
> ein Zeitungsverkäufer, ein Bauer, ein Bundeskanzler, an Leistung produziert,
> behält er auch nicht für sich, denn davon hat er nichts. Er bekommt Geld als
> Gegenleistung, er bekommt einen Arbeitslohn, den er dann frei gegen das
> eintauschen kann, was er zum Leben braucht und das, was er sich darüber
> hinaus noch davon an Luxus leisten kann. Die Arbeitsteilung, so wie Marx sie
> hier beschreibt, hat eben bei uns in keiner Weise zur Folge, dass die die
> Menschen nur an den Tisch, die Wirtshausbank und ins Bett bringt. Sie hat
> die Leute heute, z. B. hier in Deutschland, in einen Zustand gebracht, dass
> die Ruhestandsperiode im Leben eines Menschen im Schnitt schon länger ist
> als Periode des Arbeitens.

Zum Wohlstand siehe oben!!!
Und wenn die Bundeskanzlerin eine angemessene Gegenleistung für ihre
Arbeit bekäme, würde man diese nicht in Euro bemessen müssen, sondern
in der Zahl der Tritt in den A...llerwertesten!



und davor schon wrote er noch:

> ich möchte nicht dauernd in Erinnerung gebracht bekommen, wie
> der Weg zum Sozialismus geht! Mit derlei Ideologien möchte ich
> nichts mehr zu tun haben. Ideologien sollten wirklich allmächlich
> in der Mottenkiste der Geschichte verschwinden!

Da das bedingungslose Grundeinkommen nunmal nur den nächsten Schritt
zum Sozialismus/ Kommunismus darstellen kann, weil es per se keine
Lösung darstellt, finde ich solche Hinweise auf diese Natur des BGE
und die Schritte, die dem BGE unweigerlich folgen müssen, recht
nützlich!

Das BGE ist eine ausgesprochene Übergangslösung. Sein einziger Zweck
besteht darin, zunächst die bislang exkludierten Inländer ins
solidarische Boot zurückzuholen und sodann ALLE Inländer mit der
notwendigen Freiheit auszustatten, sich nicht um nur über den nächsten
Tag Sorgen machen zu müssen, sondern tatsächlich die Gestaltung der
Zukunft in die Hand nehmen zu können. Und diese Zukunft wird
kommunistisch sein - auch wenn einige das nicht wahrhaben wollen...
was ich immer wieder belustigend finde, denn Kommunismus ist nichts
weiter als ein Synonym für den alten Begriff des Paradieses.

Gruß
Manfred


-- 
Manfred Bartl
Rheinallee 19
55118 Mainz
Tel. 06131 / 371 472
Tel. 06131 / 83 84 394
Handy 0179 / 11 70 216
sozial at gmail.com
so-zi-al: http://myblog.de/so-zi-al/
Armut und Arbeitslosigkeit: http://hartz.blogg.de/



Mehr Informationen über die Mailingliste Debatte-Grundeinkommen