[Debatte-Grundeinkommen] zu: "Opfer der Arbeitslosigkeit"

Florian Hoffmann florian.hoffmann at intereasy.de
Mo Jul 24 15:52:12 CEST 2006



Lieber Herr Dilthey,
liebe Listis,

natürlich stimmt die Attac-Analyse über die Reichen und die Armen. Auch ist
richtig, dass die Arbeitslosigkeit Kernursache der gravierenden
Fehlentwicklung ist. Aber die Arbeitslosigkeit ist heute keine Ursache mehr,
die man direkt bekämpfen kann. Insofern leitet der ZEIT-Artikel gedanklich
in eine falsche Richtung.

Der Wegfall der Arbeitsplätze in der postindustriellen Zeit ist
unwiederbringlich. Deshalb soll die Armut mit BGE direkt beendet werden -
was ja wohl unser aller Ziel ist. Die Argumente findet man ausführlich auf
der Homepage der uns allen bekannte Initiative:
www.Freiheit-statt-Vollbeschäftigung.de.

Florian Hoffmann



> -----Ursprüngliche Nachricht-----
> Von: debatte-grundeinkommen-bounces at listen.grundeinkommen.de
> [mailto:debatte-grundeinkommen-bounces at listen.grundeinkommen.de]Im
> Auftrag von debatte-grundeinkommen-request at listen.grundeinkommen.de
> Gesendet: Montag, 24. Juli 2006 15:01
> An: debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
> Betreff: Debatte-grundeinkommen Nachrichtensammlung, Band 16, Eintrag 30
>
>
> Um e-Mails an die Liste Debatte-grundeinkommen zu schicken, nutzen Sie
> bitte die Adresse
>
> 	debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
>
> Um sich via Web von der Liste zu entfernen oder draufzusetzen:
>
> 	http://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/debatte-grundeinkommen
>
> oder, via Email, schicken Sie eine Email mit dem Wort 'help' in
> Subject/Betreff oder im Text an
>
> 	debatte-grundeinkommen-request at listen.grundeinkommen.de
>
> Sie koennen den Listenverwalter dieser Liste unter der Adresse
>
> 	debatte-grundeinkommen-owner at listen.grundeinkommen.de
>
> erreichen
>
> Wenn Sie antworten, bitte editieren Sie die Subject/Betreff auf einen
> sinnvollen Inhalt der spezifischer ist als "Re: Contents of
> Debatte-grundeinkommen digest..."
>
>
> Meldungen des Tages:
>
>    1. Die Zeit: "Opfer der	Massenarbeitslosigkeit" (Matthias Dilthey)
>
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> ----------------------------------------------------------------------
>
> Message: 1
> Date: Sun, 23 Jul 2006 17:29:37 +0200
> From: Matthias Dilthey <info at psgd.info>
> Subject: [Debatte-Grundeinkommen] Die Zeit: "Opfer der
> 	Massenarbeitslosigkeit"
> To: Debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
> Message-ID: <200607231729.38127.info at psgd.info>
> Content-Type: text/plain;  charset="iso-8859-1"
>
> Attac hat über "Genug für alle" den untenstehenden Beitrag aus "Die Zeit"
> veröffentlicht. Vor diesem Hintergrund, berücksichtigt man zudem noch die
> Straubhaar/Althaus - Initiative, wird es zunehmend wichtiger, daß alle BGE
> ´ler gemeinsam an einem Strang ziehen.
> Es wird Zeit, daß persönliche oder parteipolitische
> Befindlichkeiten in den
> Hintergrund treten: Wir brauchen ein BGE nach den Kriterien des
> Netzwerks,
> wollen wir den sozialen Frieden in Deutschland erhalten.
>
> Liebe Grüße
>
> Matthias Dilthey
> http://www.grundeinkommenstag.org
> __________________
>
>
>
> DIE ZEIT / 20. Juli 2006
> http://zeus.zeit.de/text/2006/30/Argument_30
>
> Opfer der Massenarbeitslosigkeit
>
> Die Reichen sind in Deutschland reicher geworden, die Armen sind
> mehr geworden
>
> Von Klaus-Peter Schmid
>
> Dies ist eine schlechte Nachricht: Die Verteilung der Einkommen in der
> Bundesrepublik ist ungleichmäßiger geworden. Populärer ausgedrückt, die
> Reichen sind reicher geworden, die Armen sind mehr geworden. Auf der
> Grundlage regelmäßi-ger Befragungen von Privathaushalten kommen
> Forscher des
> Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin zu
> dem Schluss,
> dass die Ungleichheit heute größer ist als in den vergangenen 20
> Jahren und
> dass der Anteil der armen Haushalte stark zunimmt.
>
> Die schlechte Nachricht kommt nicht aus heiterem Himmel. Der Trend der
> vergangenen Jahre hat sich fortgesetzt. Etwa bis zum Jahr 2000 wurden die
> Reichen zwar reicher, aber die Zahl der Personen in den unteren
> Einkommensklassen nahm nicht zu. Seitdem strebt die Verteilung in beide
> Richtungen, die Kluft wird größer - und das, obwohl der Staat und das
> komplexe System der sozialen Sicherung ungeheure Summen
> umverteilen. Damit
> bestimmte Bevölkerungsschichten gerade nicht zur Armut verdammt
> sind. Damit
> der Wohlstand einer kleinen Schicht nicht zum gesellschaftlichen
> Sprengstoff
> wird.
>
> Die entscheidende Erkenntnis der neuesten Zahlen setzt unten in der
> Gesellschaft an: Immer mehr deutsche Haushalte fallen unter die
> Armutsgrenze.
> 1989 lag diese Quote noch bei 12,2 Prozent, inzwischen ist sie auf 17,3
> Prozent ange-wachsen. Vor allem Arbeitslose und Alleinerziehende
> leben mit
> einem hohen Armutsrisiko und schaffen es nur mit großer Mühe, wieder nach
> oben zu kommen, nachdem sie erst einmal abgerutscht sind.
>
> So etwas landesweit zu berechnen birgt Probleme. Mit Hilfe komplizierter
> Verfahren ermitteln die Experten das durch-schnittliche Einkommen eines
> privaten Haushalts, erfassen dafür Einkünfte aller Art, addieren
> Sozialtransfers (wie Renten, Kindergeld, Arbeitslosengeld),
> reduzieren die
> Summe um die Steuerbelastung und berücksichtigen Zahl und Alter der
> Mitglieder des Haushalts. Die Einkommensangaben sind also
> konstruiert, aber
> sie sind über die Jahre vergleichbar. Und auf eine Zahl lassen sich die
> Fachleute auch gern festlegen: Der durchschnittliche deutsche
> Ein-Personen-Haushalt kann im Jahr rund 10000 Euro ausgeben.
>
> Die Grenze, bei der Armut in Deutschland anfängt, ist auf 60 Prozent des
> mittleren Einkommens aller Bewohner festgelegt. Wachsende Armut
> heißt nicht
> unbedingt, dass die Armen immer ärmer werden oder gar bis zum Niveau der
> Sozialhilfe absacken. Wohl aber, dass immer mehr Personen im Lande mit
> Einkommen unter der 60-Prozent-Linie auskommen müssen. Die liegt
> dem Betrag
> nach in einem wohlhabenden Land höher als in einem Land mit niedrigerem
> Wohlstand. Doch ist das Volkseinkommen der Deutschen in den vergangenen
> Jahren nur schwach gestiegen, sodass unter den neuen Armen auch
> viele sein
> dürften, die nicht bloß relativ verloren haben, sondern auch absolut.
> Gleichzeitig geht es den Deutschen im europäischen Vergleich noch relativ
> gut. Denn nur in Schweden und Dänemark ist der Anteil der Armen geringer.
>
> Die Folgerung, aus der Armut gebe es kein Entrinnen, ist
> zumindest voreilig.
> Hierzulande hat ein Drittel der Betroffenen nach zwei Jahren den
> Sprung über
> die Armutsgrenze wieder geschafft. »Kurzfristige
> Armutserfahrungen«, so eine
> noch unveröffentlichte DIW-Studie, »reichen bis weit in die mittleren
> Einkommenslagen hinein.« Allerdings ist auch hier der Trend
> unerfreulich. In
> der Sprache der DIW-Forscher: Der »Anteil mit dauerhaften
> Armutserfahrungen«
> an der gesamten Bevölkerung hat in den vergangenen Jahren zugenommen.
>
> Die Erklärung für diese unerfreuliche Entwicklung ist schnell
> gefunden: die
> Massenarbeitslosigkeit. Der Verlust des Arbeitsplatzes ist das
> entscheidende
> Moment für den Abstieg auf der Einkommensleiter. Je länger die
> Arbeitslosigkeit dauert, desto größer wird das Risiko des
> Abdriftens unter
> die Armutsgrenze. Dieser Zusammenhang wird überdeutlich, wenn man die
> Entwicklung der Armutsrate über Jahre hinweg vergleicht. In der
> Hochkonjunktur geht sie zurück, in der Flaute steigt sie an. Dass
> die Rate
> seit 2000 kontinuierlich auf den heutigen Höchststand angewachsen
> ist, ist
> eindeutig die Folge der schlechten Konjunktur und der steigenden
> Arbeitslosenquoten.
>
> Ausgerechnet die Jahre der rot-grünen Koalition liefern dafür das
> Schulbeispiel. 1998, beim Amtsantritt der Regierung Schröder, wuchs die
> Wirtschaft kräftig, die Arbeitslosigkeit ging zurück und damit auch die
> Armutsquote. Doch nach zwei Jahren geriet die Wirtschaft in eine
> Phase der
> Stagnation mit schnell steigender Arbeitslosigkeit - und
> wachsender Armut.
>
> Mit Hans Eichels Steuerreform und der Senkung der Spitzensätze in der
> Einkommensteuer trug die Regierung sogar gezielt dazu bei, dass die
> Verteilung ungleicher und damit - gerade im Urteil der
> Regierungsparteien -
> auch ungerechter wurde. Frustriert musste die Regierung
> vergangenes Jahr in
> ihrem Armuts- und Reichtumsbericht einräumen, dass ihre sozialpolitischen
> Anstrengungen den negativen Effekt allenfalls dämpfen konnten.
>
> Natürlich darf das heute kein Argument für die Große Koalition sein, ihre
> Bemühungen von vornherein einzustellen. Es gibt besonders
> gefährdete Gruppen
> der Bevölkerung, denen gezielt geholfen werden kann. Da sind zuerst die
> Langzeitarbeits-losen. Je länger sie ohne Job sind, desto mehr
> schrumpft ihre
> Chance, der Armut zu entkommen. Ein Riesenproblem sind alleinerziehende
> Mütter und ihre Kinder. Sie sind seit je unter den
> Sozialhilfeempfängern und
> damit in der Armutszone überrepräsentiert.
>
> Dazu wird in absehbarer Zeit eine neue gefährdete Gruppe kommen:
> Rentner in
> Ostdeutschland. Wer nach der Wende und womöglich im besten Alter
> keine Arbeit
> mehr gefunden hat, dem fehlen bei der Verrentung die entscheidenden
> Beitragsjahre. Und anders als ihre Altersgenossen in
> Westdeutschland können
> sie in aller Regel nicht auf ein zusätzlich zur Altersversorgung
> angespartes
> Vermögen zurückgreifen. Die im Westen Deutschlands fast verschwundene
> Altersarmut droht somit im Osten wiederzukehren.
>
> Doch die wirklich überzeugende Antwort auf das Armutsrisiko bleibt die
> Schaffung von Arbeitsplätzen. Nur wer Arbeit hat, ist gegen den Absturz
> gefeit. Da mag die Zahl der Einkommensmillionäre zunehmen, die
> Kluft zu den
> Durchschnittsver-dienern wächst - das ist das geringere Problem.
> Wichtiger
> ist, dass ein Abgleiten in die Armut nicht zum Massenrisiko wird.
>
> DIE ZEIT, 20.07.2006
>
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> Ende Debatte-grundeinkommen Nachrichtensammlung, Band 16, Eintrag 30
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