[Debatte-Grundeinkommen] AW zu: Dilthey, Warum Lohnsteuer-finanzierte BGE_Modelle nicht funktionieren

Florian Hoffmann florian.hoffmann at intereasy.de
Mi Jul 19 15:08:56 CEST 2006


Lieber Herr Dilthey,

durch Ihre Ausführungen sehe ich mich direkt angesprochen, weil ich ja - wie
Sie wissen - die Finanzierung ausschließlich aus der Einkommensteuer für die
richtige Finanzierungsart halte. Umso gespannter habe ich Ihren Text gelesen
und auch gleich kommentiert, s. u..

Im Ergebnis liegen wir überhaupt nicht auseinander: Steuern oder Abgaben auf
das Arbeitseinkommen allein können das BGE nicht finanzieren, weil
"arbeitsloses" Einkommen einen wachsenden Anteil ausmacht. Außerdem kommt
das BGE allen zugute, dann sollen auch alle in den Topf einzahlen. Anders
geht's nicht.

Florian Hoffmann


> Message: 1
> Date: Wed, 19 Jul 2006 00:35:02 +0200
> From: Matthias Dilthey <info at psgd.info>
> Subject: [Debatte-Grundeinkommen] Warum Lohnsteuer-finanzierte
> 	BGE-Modelle nicht funktionieren
> To: debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
> Message-ID: <200607190035.02144.info at psgd.info>
> Content-Type: text/plain;  charset="iso-8859-1"
>
> Das System zur Sicherung des Volksauskommens durch
> Arbeitseinkommen und das
> von Bismarck eingeführte Sozialsystem hatte sich doch über viele
> Jahrzehnte
> bewährt; jetzt steht es vor dem finanziellen Kollaps.
>
>  Anstatt die Frage zu klären, warum die Systeme vor dem Aus
> steht, haben die
> Regierungen durch lohnpolitische und fiskalische Maßnahmen wie
> Niedriglohnsektor, Hartz, Beitragserhöhungen, Leistungsstreichung und
> Deckelungen erfolglos versucht, den Zusammenbruch zu verhindern.
>
>  Dabei wurde lediglich nicht beachtet, daß die Bemessungsgrundlage, das
> Arbeitseinkommen, nicht zukunftsorientiert war.
>
>  Das Arbeitseinkommen als Bemessungsgrundlage hat man früher
> nehmen können,
> denn es stand damals in einem festen Zusammenhang zur Produktion - ohne
> Arbeit kein Produkt.
>
>  Das Arbeitseinkommen spiegelte somit exakt die Produktivität. In
> Wirklichkeit
> wurde also die Produktivität zur Finanzierung des Volksauskommen und der
> Sozialsystems herangezogen.
>

		Nicht die Produktivität wurde zur Finanzierung herangezogen, sondern die
Margen (der Mehrwert, die Wertschöpfung) die aus der Produktivität
entsprangen. Die Margen  wurden in einem großen Teil zu Arbeitseinkommen.

>  Das funktioniert heute aber nicht mehr, denn Produktivität und
> Arbeitseinkommen sind heute völlig voneinander losgelöst, stehen
> in keinem
> wirklich definierbaren Zusammenhang

		Richtig! Denn heute wird dasjenige Einkommen immer wichtiger, das über
andere Verteilungsmechanismen erzielt wird: Zinseinkommen, Grundrenten,
Erträge aus dem Abbau von Bodenschätzen, Erträge aus der Verknappung von
Grund und Boden, andere Spekulationsgewinne, etc..

>
>  Stellen wir die Bemessungsgrundlage, weg vom Arbeitseinkommen, auf die
> Produktivität bzw. Wertschöpfung um, wird das System auch in der Zukunft
> funktionieren.
>

		Wenn ich das übersetzen darf: Stellen wir die Bemessungsgrundlage auf alle
Einkommensarten, bzw. Einkommen um, dann wird das System auch in Zukunft
funktionieren.


>  Jedoch fehlen dann individuelle Beitragszahlungen bzw. zuordenbare
> Arbeitsleistungen, so daß auch Auszahlungen nicht individuell, sondern
> pauschalisiert erfolgen müssen.
>  Individuelle Beiträge zur Wertschöpfung (Arbeitsleistung) können
> und sollten
> nach wie vor individuell ausgezahlt werden.
>  Darin liegt auch die Begründung der Nichtanrechung des BGE auf den
> Zuverdienst durch Arbeit.
>
>  Ein weiterer Vorteil einer produktivitätsabhängigen Finanzierung
> der Systeme
> besteht darin, daß auf diesem Weg auch die in Niedriglohnländern
> produzierten
> Waren und Dienstleistungen, die nach Deutschland importiert werden, zum
> Beitrag zum Volksauskommen und zur Sozialversicherung
> herangezogen werden.
>

		Auch richtig: Die Billigimporte führen hier zu hohen Margen, hohen
Einkommen, die dem  BGE zugute kommen. Ihre Überlegung ist daher nicht neu,
der Bezug auf die Produktivität verkompliziert alles nur. Nehmen Sie einfach
alle Einkommen. Sie sind der Spiegel der Produktivität.

Schöne Grüße
Florian Hoffmann

>
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>  Matthias Dilthey -PsgD-
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