[Debatte-Grundeinkommen] Debatte-grundeinkommen Nachrichtensammlung, Band 16, Eintrag 14
Wolfgang Strengmann-Kuhn
strengmann at t-online.de
So Jul 16 13:41:37 CEST 2006
Liebe Karen Horster,
vielen Dank fuer die email!
On 16 Jul 2006 at 12:56, KarenHorster at web.de wrote:
> Vielen Dank für Ihre Ausführungen, die für mich sehr wertvoll sind.
> Dank meinen eigenen Recherchen, bin ich in vielen Punkten zu den
> gleichen Resultaten wie Sie gelangt. Ich habe mir alle Aussagen und
> Darstellungen von Grundeinkommen-BefürworterInnen genauer angesehen
> und mich zunächst mal gefragt, wie denn das, was diese vertreten auch
> konkret umsetzbar sei. Als ich dann Vielen mitteilte, dass so, wie es
> Herr Götz Werner darstelle, die Einführung eines Grundeinkommens weder
> machbar noch umsetzbar sei, haben mir wiederum Viele geantwortet, dass
> man über Zahlen, Machbarkeit, Höhe des Grundeinkommens usw. später
> reden würde. Zunächst mal müsse die Idee des Grundeinkommens weiterhin
> verbreitet werden.
Ich stimme Ihnen da voellig zu und halte das auch fuer voellig falsch. Ein
Punkt, der mich an Goetz Werner und seinen AnhaengerInnen stoert.
>
> Ich komme aber aus einer Familie und aus einer Berufsrichtung, wo man
> sich gewohnt ist, nicht auf Treibsand zu bauen, sondern auf solidem
> Fundament. Wenn das Netzwerk Grundeinkommen nicht aus eigener Kraft in
> der Lage ist diesbezüglich konkrete Finanzierungsmodelle zu entwerfen,
> dann ist das bitter.
Voellig richtig. Aber im letzten Newsletter sind ja mehrere konkrete Modelle
angesprochen, die aus Reihen des Netzwerks stammt. Darüber hinaus gibt
es noch etliche mehr, die nicht den Weg ueber die Mehrwertsteuer gehen.
>
> Entweder wird nun das Netzwerk Grundeinkommen, die Plattform von Herrn
> Götz Werner werden oder sich durch eigene Anstrengungen und
> diesbezüglichen Konkretisierungen weiterhin eine gewisse Autonomität
> erhalten. Wenn man dies noch will.
Das Netzwerk hat sich dazu entschieden, sich nicht auf ein
Finanzierungsmodell festzulegen. Insofern haben auch Leute, die die
Mehrwertsteuerfinanzierung wollen, einen Platz im Netzwerk. Was nicht
heisst, dass die einzelnen Finanzierungsmodelle nicht diskutiert und
kritisiert werden duerfen - im Gegenteil!
Wo ich ausdruecklich zustimme ist, zu verdeutlichen, dass das Modell von
Goetz Werner nicht das einzige Grundeinkommensmodell ist. Hier hat das
Netzwerk in der Tat die Aufgabe, zu verdeutlichen, dass es eine Reihe von
anderen (aus meiner Sicht besseren) Alternativen gibt.
>
> Mit grossem Erstaunen habe ich auch gelesen, dass nun Herr Götz Werner
> auch am Vorabend der Mitgliederversammlung des Netzwerkes
> Grundeinkommen vom Netzwerk Grundeinkommen nach Berlin eingeladen
> worden ist und zusammen mit Katja Kipping, da seinen Auftritt haben
> wird. Mir geht das zu weit.
Was ist gegen die Diskussion verschiedener Ansaetze einzuwenden?
Weder unterstuetzt das Netzwerk unisono das Modell von Goetz Werner
noch die Position der PDS-BefuerworterInnen.
>
> Und das sind auch Zeichen, die für sich sprechen. Man will gar nicht
> wissen, was machbar ist oder nicht. Alle sprechen viel. Reisen viel
> herum und halten Vorträge. Konkret imponiert Herr Götz Werner Vielen
> mit seinem immensen Reichtum und seinen grossen Kampagnen. Vieles wird
> noch geredet werden, aber ich bin persönlich überzeugt, dass das
> Grundeinkommen keine Chance mehr hat. Wenn überhaupt wird irgendwann
> eine mickrige Summe jedermann zugestanden werden, bei gleichzeitigem
> Abbau aller weiteren Sozialversicherungen.
>
> Wir haben dazumal im Netzwerk Grundeinkommen diese 4 Faktoren für ein
> Grundeinkommen festgesetzt:
>
> * existenzsichernd sein im Sinne der Sicherung einer basalen
> gesellschaftlichen Teilhabe, * einen individuellen Rechtsanspruch
> darstellen, * ohne Bedürftigkeitsprüfung ausgezahlt werden und *
> keinen Zwang zur Arbeit bedeuten.
>
> Wir müssten die Debatte auf existenzischernd, bedingungslos als
> individuellen Rechtsspruch wieder neu formieren. Wenn keine Einnahmen
> vorhanden sind oder unter der Höhe des festgelegten Grundeinkommens,
> dann sollen Grundeinkommenzahlungen ausgezahlt werden oder bzw.
> aufgestockt. In diesem Sinne wäre der Faktor ohne
> Bedürftigkeitsprüfung nochmals zu bedenken, ob man sich dahin einigen
> könnte, dass bei Bedarf das Grundeinkommen nach Vorlegen der Kündigung
> oder der Steuerunterlagen - da das Grundeinkommen ein individueller
> Rechtsanspruch wäre - ausbezahlt werden würde. Die Behörde sollte dies
> im Sinne einer Negativen Einkommenssteuer aber nur, wie hier dargelegt
> also beschränkt behandeln und Grundeinkommen-Auszahlungen ohne Wenn
> und Aber abwickeln.
>
> Also wäre dies dann kein Grundeinkommen für alle, nicht vollkommen
> bedingungslos, da Vorlage der Unterlagen, die belegen es ist kein
> Einkommen vorhanden - aber bedingungslos im Sinne: kein Zwang etc.,
> keine Diskriminierung, da das Grundeinkommen im System als ein
> individueller Rechtsanspruch integriert wäre -, aber verknüpft mit
> Vorlage des aktuellen finanziellen Zustandes bei der Steuerbehörde,
> danach Auszahlung eines existensichernden Grundeinkommens.
>
> Das Leztere, das existenzischernde Grundeinkommen oder dessen
> Forderung unterscheidet uns auch von BIEN. Es würde uns dann noch ein
> weiterer Faktor von BIEN unterscheiden: für alle. Was für mich kein
> Problem wäre.
Ach hier stimme ich insofern zu, dass wir durchaus ueber Varianten eines
Grundeinkommens diskutieren sollten, die nicht alle Bedingungen des
Netzwerks voll erfuellen. Ein Grundeinkommen, dass alle vier Bedingungen
erfuellt, wird es auf einen Schlag als "big bang" wahrscheinlich eh nicht
geben, deswegen ist die Diskussion von realistischen (!) Schritten enorm
wichtig. Es gibt etliche Mitglieder im Netzwerk, die daran arbeiten ;-)
Schoene Gruesse
Wolfgang Strengmann-Kuhn
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