[Debatte-Grundeinkommen] Debatte-grunde. Nachrichtensmlg, Band 10, Eintrag 19 (Antwort an Herrn Jaehnig)

Florian Hoffmann florian.hoffmann at intereasy.de
Mo Jan 30 09:53:01 CET 2006


Hallo Herr Jaehnig,

Sie fragen: "Wenn zwei Betriebe A und B gleich hohen Gewinn machen, B aber
mehr Angestellte hat, würde dann in Ihrem Modell B mehr zum Grundeinkommen
beitragen? Falls ja, wäre das sinnvoll? (Oder betrifft Ihre Einkommensteuer
auch Unternehmensgewinne?)"

In meinem Modell gibt es keine Körperschaftssteuer mehr, also interessieren
Unternehmensgewinne nicht unmittelbar. Das Unternehmen zahlt nur Umsatz-
bzw. Mehrwertsteuer, gibt also einen gewichtigen teil seiner Einnahmen an
den Staat ab. Überschüssige Liquidität, die dem Unternehmen entnommen
werden, werden zu privatem Einkommen, also zu Einkommensteuer-pflichtigem
Einkommen. Die Entnahmen können Entnahmen des Eigentümers sein )Dividende)
oder sie können in Form von Boni an Mitarbeiter ausgezahlt werden. In beiden
Fällen entstehen steuerpflichtige Einkommen. Die daraus abgeführte Steuer
wird zu Grundeinkommen für alle. Je mehr, desto besser, aber nur so viel,
dass der Entzug an Liquidität beim Unternehmen diesem nicht Schaden zufügt.

Ob der Eigentümer das Geld bekommt oder der Mitarbeiter, ist eine Frage die
heute noch in der Tarifverträgen ausgehandelt wird. Sollte es zur Einführung
eines BGE kommen, halte ich es für denkbar, dass sich die Position des
Arbeitnehmers so verstärkt, dass er auch selbst in der Lage ist, Löhne
auszuhandeln, die seiner Leistung adäquat sind, also nicht ausbeuterisch
niedrig sind.

Sie fragen weiter: "Wenn man zur Finanzierung die Mehrwertsteuer heranzieht,
belastet diese auch Importprodukte und läßt einheimische Ware
konkurrenzfähiger werden. Das halte ich für einen enormen Vorteil. Geht der
nicht in Ihrem Modell verloren?"

Sie meinen, man sollte die Mehrwertsteuer höher machen, um Importprodukte
stärker zu belasten. Eine höhere Mehrwertsteuer belastet aber in gleicher
Weise inländische Anbieter, denen Liquidität entzogen wird. Und außerdem
sollten Sie überlegen, ob es nicht besser ist, aufzuhören darüber
nachzudenken, wie man die Wirtschaft mit fiskalischen Mitteln steuern
könnte. Ich halte da jeden Ansatz für falsch, weil das Drehen an der
Steuerschraube immer zu ungerechtfertigten Einnahmen des Staates, also zur
Verschwendung führt.

Schließlich Ihre letzte Frage: "Könnte man Ihre Idee - dass der
Einkommensteuersatz demokratisch bestimmt wird und was davon reinkommt
einfach ausgeschüttet wird, nicht genauso mit der Mehrwertsteuer
realisieren? Also ein Teil Mehrwertsteuer ist dem Grundeinkommen gewidmet,
die Höhe dieses Teil-Prozentsatzes wird demokratisch festgelegt."

Das Problem liegt in der Frage: Wer entscheidet über wen? Wenn ich über die
Höhe meines Einkommensteuersatzes entscheide und damit gleichzeitig über die
Höhe meimes Grundeinkommens, dann werde ich so lange für eine Erhöhung
stimmen, solange ich von der Erhöhung profitiere. Die demokratische
Entscheidung des Wählers entspricht allen Regeln der Vernunft, denn: Am Ende
zahlen ungefähr 50 Prozent der Bevölkerung zu und 50 % sind "Gewinner" des
Grundeinkommens. Das würde sich einpendeln und alle hätten ein gutes Gefühl:
Die "Gewinner", weil sie profitieren und die "Verlierer", weil sie wissen,
dass sie im Falle es ihnen schlechter geht, auf ein erträgliches Niveau
herunterfallen. Für sie ist die Solidargemeinschaft eine Art Versicherung
für schlechte Zeiten. Und alle wissen, dass niemand auch nur einen Cent an
Verwaltungsgebühr kassiert! Jeder Cent fließt zurück!

Anders läge es, wenn unabhängig über die Mehrwertsteuer entschieden würde:
Das beträfe die Einnahmen der "anderen", der Betriebe. Eine demokratische
Entscheidung über die Einnahmen der anderen wäre nie rational. Man würde
sich immer so viel holen wie möglich. Ich meine, man könnte die
Steuerbelastung auf Dauer sogar so vereinheitlichen, dass private
Einkommensteuer und gewerbliche Mehrwertsteuer gleich hoch sind (z. B. 25
Prozent) und gesetzlich die Gleichheit (oder die Verknüpfung) des
Steuersatzes festlegen. Je einfacher desto besser. Das hätte den Vorteil,
dass der Mehrwertsteuersatz nicht beliebig erhöht werden könnte und auch der
Staat sich nach der Decke strecken müßte: Es gibt Länder, in denen die
Gehälter der Bediensteten an die Höhe der Staatseinnahmen gebunden sind.

Florian Hoffmann






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