[Debatte-Grundeinkommen] Steuern

Reimund Acker reimund.acker at t-online.de
Di Jan 24 01:05:08 CET 2006


Ernst Ulrich Schulz schrieb:
> [...] Die Einkommenssteuer als Grundlage des BGE ist deshalb sehr
problematisch, weil sie
> einen der Hauptgründe für das BGE völlig kontastriert, nämlich die
zunehmende
> Rationalisierung und Automation.
> Der Betrieb nämlich, der stärker rationaliert und automatisiert, bezahlt
weniger Steuern
> als ein arbeitsintensiver Betrieb, der viel Einkommenssteuer abführen
muss.

Das klingt so, als sei Rationalisierung und Automation negativ zu bewerten.
Wollen wir das so sehen? Wollen wir steuerliche Anreize für die Erhöhung der
Produktivität oder für ihre Verringerung?

> Die Behauptung,
> Einkommensteuer seien persönliche Steuern, gehören in das Reich des
frommen Wunsches!

Solange kein anderer bereit ist, meine Einkommensteuer zu bezahlen, bin ich
gezwungen, sie als meine persönliche Steuer zu betrachten, obwohl das weder
mein Wunsch ist, noch fromm.

> Man stelle sich einen Betrieb vor, in der die Mitarbeiter keine
Einkommenssteuer zahlen
> müssten. Der hätte nach unseren kapitalistischen Regeln einen
Wettbewerbsvorteil, weil er
> netto weniger an seine Mitarbeiter auszahlt! Oder?

Der Betrieb hätte einen Vorteil, weil er weniger Arbeitskosten hätte, weil
seine Bruttolöhne niedriger wären. Wieso er dann angeblich auch geringere
Nettolöhne zahlen würde, ist mir nicht klar. Keine Lohnsteuer hieße,
niedrigere Arbeitsproduktivität zu belohnen, sie gegenüber höherer
Arbeitsproduktivität zu bevorzugen.

> [...] Unsere Initiative für ein BGE beruht doch darauf, dass wir der
Meinung sind, dass eine
> sinnvolle Verteilung der Wertschöpfung nur durch ein BGE ermöglicht
wird.(Für Marxisten
> übersetze ich das folgendermaßen: Beim Grundeinkommen werden die
Konsumtionsmittel
> sozialisiert und nicht die Produktionsmitte!l)

Bitte noch eine Übersetzung für Nicht-Marxisten! Was ist eine "sinnvolle
Verteilung der Wertschöpfung"? Oder geht's einfach um Einkommen? Dann ist
die derzeitige Verteilung sicherlich für einige Leute sinnvoll. Oder war
"gerecht" gemeint? Aber selbst eine gerechte Verteilung ist nicht Ziel des
BGE. Vielleicht ein wenig gerechter als heute? Das kommt auf den
zugrundegelegten Gerechtigkeitsbegriff an.

> Die BGE kann meiner Meinung nicht durch eine Einkommensteuer, die immer
weniger Menschen
> leisten werden, erbracht werden,

Das Einkommensteueraufkommen hängt sowohl von der Anzahl der
Einkommensteuerzahler als auch von der Höhe der individuell bezahlten
Einkommensteuer ab. Trotz abnehmendem Arbeitsvolumen hat das Volkseinkommen
in der Vergangenheit zugenommen. Und ob nach Einführung eines BGE (und
Beibehaltung der Lohnsteuer) die Anzahl der Lohnsteuerzahler abnehmen würde,
ist ungewiss. Vermutlich werden sich viele Bürger zum BGE etwas
hinzuverdienen wollen.

> sondern durch eine dreistufige Konsumsteuer, nach Normal- Zusatz- und
Luxusbedarf und einer
> Steuer für leistungslose Einkommen (Dividenden, Erbschaften, Bodeneigentum
und
> Kreditgeschäfte).

Ich verstehe nicht, wieso Angesichts des gigantischen Finanzierungsbedarfs
eines BGE hier in der Debatte immer wieder leichtsinnig vorgeschlagen wird,
auf die eine oder andere Einnahmequelle zu verzichten (siehe auch Florian
Hoffmanns Finanzierungsvorschlag). Solange niemand zeigt, dass die
Einbeziehung einer bestimmten Finanzierungsquelle die Durchsetzung oder
Durchführung eines BGE gefährden würde, plädiere ich dafür, ALLE zur
Verfügung stehenden Quellen heranzuziehen.

Reimund Acker




Mehr Informationen über die Mailingliste Debatte-Grundeinkommen