[Debatte-Grundeinkommen] Finanzierung - Vorschlag von Florian Hoffmann

Reimund Acker reimund.acker at t-online.de
So Jan 15 22:20:19 CET 2006


Florian Hoffmanns Finanzierungsvorschlag für ein "HGE" (Hoffmannsches
Grundeinkommen) lautet wie folgt:
1. Das HGE wird ausschließlich über Einkommenssteuern finanziert.
2. Der Staat verzichtet auf alle Einkommenssteuern (und finanziert seine
Haushalte im Wesentlichen aus Umsatzsteuern).
3. Die wegfallenden ESt-Einnahmen kompensiert der Staat durch
Bürokratieabbau.
4. Die Höhe des HGE ergibt sich ausschließlich aus den ESt-Einnahmen; ein
existenzsicherndes Minimum wird nicht garantiert.
5. Es wird genau soviel GE ausgezahlt, wie ESt eingenommen wird, und jeder
erhält gleich viel.
6. Es gibt einen "hohen" ESt-Freibetrag, aber "der Reiche versteuert sein
BGE"
7. Es gilt ein einheitlicher ESt-Satz (Flat-Rate).
8. Die Einziehung der Einkommenssteuern, die ESt-Erklärungen der Bürger und
die Auszahlung des HGE erfolgt durch die Bundesbank.

Hab ich was vergessen?

Zu 1: Warum soll es besser sein, das GE über Einkommenssteuer zu
finanzieren, statt über Umsatzsteuer oder eine Mischung oder andere Steuern?
Götz Werner schlägt bekanntlich das Gegenteil vor, nämlich die
ausschließliche Finanzierung des GE über Umsatzsteuer (und die Abschaffung
aller anderen Steuerarten). Aber Während GW für seinen Ansatz durchaus
bedenkenswerte Gründe anführt, kann ich bei FH kein sachliches Argument für
ein rein Einkommensteuerfinanziertes GE finden. Selbst wenn man Punkt 8 für
erstrebenswert hielte (was ich nicht tue; s.u.), könnte man diesen Punkt
z.B. ebenso einfach durch ein umsatzsteuerfinanziertes GE erfüllen. Der
Bundesbank dürfte es egal sein, ob sie Einkommenssteuer oder Umsatzsteuer
umverteilt.

Zu 2: Dies ist ein allgemein steuerpolitischer Vorschlag  und für die
Finanzierung des GE irrelevant. Es vermindert die politische
Durchsetzbarkeit des GE, wenn man es mit unnötigen Zusatzforderungen
befrachtet.

Zu 3: Durch Bürokratieabbau sind Einsparungen bei Personalausgaben und
sächlichen Verwaltungsausgaben möglich. Diese Ausgaben betrugen im
Bundeshaushalt 2005 zusammen 34,6 Mrd. €. Wenn man davon durch Einsparung
die 130 Mrd Lohn- und Einkommensteuer zusammenbringen will, muß man wohl
erstmal gewaltigen BürokratieAUFbau betreiben! Im übrigen sollte man es mit
der Forderung nach Bürokratieabbau nicht in populistischer Manier
übertreiben; schließlich braucht ein moderner Staat eine
Bürokratie/Verwaltung - nur effizient sollte sie halt sein.

Zu 4: Natürlich wird das Finanzierungsproblem trivial, wenn man darauf
verzichtet, eine Mindesthöhe des GE festzulegen. Es handelt sich beim HGE
nicht um ein BGE im Sinne des Netzwerks Grundeinkommen oder von BIEN
handelt, da keine existenzsichernde Höhe garantiert wird. Beim BGE geht es
nicht um Almosen, sondern ein Bürgerrecht auf ein armutsfestes Einkommen
auch ohne Arbeit. Ich will die bekannten Argumente hier nicht wiederholen,
sie können z.B. unter www.archiv-grundeinkommen.de nachgelesen werden. Aber
wenn's gewünscht wird, können wir das später gern nochmal durchgehen.

Zu 5: Die Kopplung der Höhe des GE and die Steuereinnahmen oder das
Volkseinkommen ist auch beim BGE möglich, wenn man z.B. das GE festlegt als
60% des Durchschnittseinkommens. Steigt oder fällt dann das Volkseinkommen,
so auch das BGE und (bei unverändertem Steuersatz) die Einkommensteuer.

Zu 6: Laut BVG muß das Existenzminimum nicht versteuert werden, der Reiche
versteuert sein BGE also NICHT (sondern das was er darüber hinaus verdient).

Zu 7: Siehe Anm. zu Punkt 2.

Zu 8: Auch bei diesem organisatorischen Vorschlag ist mir unklar, wo der
Vorteil liegen soll. Der Verwaltungsaufwand dürfte gleich bleiben und sich
nur vom Finanzamt auf die Bundesbank verlagern. Jeder Bürger wäre gezwungen,
zusatzlich zu seinen Provatkonten ein oder mehrere Konten bei der BB zu
unterhalten und Geldströme künstlich über diese BB-Konten umzuleiten. Für
die Masse der Lohn- und Gehaltsempfänger würde sich nicht viel ändern, da
ihre Lohnsteuer heute schon vom Arbeitgeber abgeführt wird; da brauchen wir
also keine BB für. Selbständige und ihre Hausbanken würden zur Vermeidung
der Besteuerung ihrer Einkünfte vermutlich ebenso viel Kreativität
entwickeln wie seit Jahren schon bei der Kapitalertragssteuer. Und natürlich
brauchen wir weiterhin die Staatsgewalt (nebst Bürokratie), um die
Steuerpflicht durchzusetzen und die Steuerpflichtigen zu kontrollieren.

Reimund Acker




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