[Debatte-Grundeinkommen] Debatte-grundeinkommen / Zehn Thesen

Christian Aurich christian at c-aurich.de
Di Aug 29 14:15:40 CEST 2006


Florian Hoffmann schrieb:
> Wesentliche Einwände sind z. B.
>
> 	- nicht finanzierbar
> 	- nicht durchsetzbar
> 	- ungerecht, warum soll jeder gleich viel bekommen?
> 	- die Leute hören auf zu arbeiten
> 	- nicht marktwirtschaftlich
> 	- die Menschen würden gravierend ihr Verhalten ändern; aber wie?
>   

Wie ich vor einiger Zeit schrieb, wurde ich auch des öfteren mit solchen
und ähnlichen Einwänden konfrontiert. Ich denke jedoch nicht, dass ich
diese Einwände mit Hilfe deiner zehn Thesen hätte entkräften können.
Dazu folgende Anmerkungen:

> Ich habe dazu zehn Thesen entwickelt, deren Plausibilität vielleicht sogar
> schon beim ersten Durchlesen gegeben ist:
>
> 	1. Es gibt bei uns schon eine Art BGE, nämlich in Form des Kindergeldes.
> Ein richtiges BGE, nämlich bis zum Lebensende ausbezahlt, würde im Prinzip
> nicht viel anders funktionieren. Der Vergleich mit dem Kindergeld eliminiert
> viele Gegenargumente a priori, weil schon alle Erfahrungen damit haben!!!!!!
>   

Prinzipiell ist das Kindergeld sicherlich ähnlich... allerdings
entkräftigt dies weder den Einwand der Finanzierbarkeit, noch ändert es
etwas an den Bedenken, dass die Leute aufhören zu arbeiten. Das liegt
einfach daran, dass man vom Kindergeld allein noch nicht einmal
existieren könnte. Das BGE würde sicherlich höher ausfallen, wodurch
dennoch Zweifel an der Finanzierbarkeit bleiben.

> 	5. Eine Definition als Sozial-Dividende würde deren Höhe variabel werden
> lassen, und zwar nach der gesamtwirtschaftlichen Leistung, bzw. nach den
> Steuereinnahmen. Hohe Steuereinnahmen führen zu einer hohen Ausschüttung,
> bei sinkenden Einnahmen gehen die Ausschüttungen zurück.
>
> 	6. Man sollte die Höhe der Ausschüttungen dynamisieren, d. h. an die
> Einnahmen aus der Einkommensteuer koppeln, d. h. die Sozial-Dividende würde
> die allgemeine Entwicklung der persönlichen Einkommen wiederspiegeln: Sie
> erschiene der Höhe nach gerecht und sie reagiert auf grundlegende
> Verhaltensänderungen richtig, d. h. wenn die Leute wegen bedingt durch die
> Höhe der Ausschüttungen weniger arbeiten und verdienen, sinkt auch die
> Ausschüttung. Man könnte im System auf ein dynamisches Gleichgewicht
> hinarbeiten.
>   
Dadurch würde man meiner Meinung nach der eventuellen Verhaltensänderung
entgegenwirken. Zumindest bei dem Teil, der jetzt arbeitet. Denn wer
würde denn seinen Job aufgeben, wenn er sich nicht sicher sein kann,
dass er vom Grundeinkommen auch wirklich leben kann?

Angenommen jemand geht einer bezahlten Tätigkeit nach, nur um leben zu
können. Viel lieber würde diese Person aber eine ehrenamtliche Tätigkeit
ausüben, welche nicht bezahlt wird.
Jetzt wird ein solch flexibles Grundeinkommen eingeführt ohne der
Maßgabe existenzsichernd zu sein. Die Person kann sich also nicht darauf
verlassen von diesem Grundeinkommen weiter leben zu können. Also
arbeitet Sie weiter. Wäre das BGE jedoch existenzsichernd würde diese
Person der ehrenamtlichen Tätigkeit nachgehen.

Worum es mir geht: Ich befürworte eine flexible Regelung ebenfalls.
Allerdings muss sichergestellt sein, dass das BGE auch existenzsichernd
ist, andernfalls würden einige positive Effekte wegfallen.
> 	8. Mit einer Sozial-Dividende (oder Sozialdividende, oder - ausschüttung)
> wäre geleichzeitig eine sukzessive Einführung (beginnend mit kleinen
> Beträgen) problemlos zu diskutieren. Damit könnte eine Einführung in der
> Weise geschehen, dass man Spezialregelungen (Bafög, Wohngeld, Hartz IV,
> etc.) langsam reduziert und die Ersparnis in den BGE-Topf einfließen läßt.
> Die absolute Höhe des BGE wäre dann keine politische Entscheidung. Sache der
> Politik wäre die Entscheidung über die faktische Rate der Veränderung der
> bestehenden Sozialzuwendungen nach unten, mit der Folge der Entwicklung des
> BGE nach oben.
>   
Hier gebe Ich zu bedenken, dass man damit den Empfängern der genannten
Sozialleistungen mehr Geld wegnehmen muss, als sie durch das
Grundeinkommen wiederbekommen. Damit würde man (auch wenn nur zeitweise)
die finanziell schlechter gestellten Personen noch schlechter stellen.
Man muss also noch an anderen Stellen Einsparungen schaffen um die
Kürzungen an den genannten Stellen durch das BGE wieder auszugleichen.
Ansonsten ist die Idee schon OK. So könnte man auch mit geringem Aufwand
die Einführung des Grundeinkommens wieder umkehren falls es zu
unerwarteten Effekten kommt. Durch die unkomplizierte Möglichkeit alles
Rückgängig machen zu können, könnte man sicher auch einige Zweifler dazu
bringen eine Einführung des BGE zu befürworten.

Mit freundlichen Grüßen
Christian Aurich




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