[Debatte-Grundeinkommen] Voraussetzungen für ein BGE- Antwort an Jörg Drescher

Theophil Wonneberger the-o-phil at gmx.de
Mi Dez 3 14:08:51 CET 2008


Michael Klockmann schrieb:
> Hier haben wir des Pudels Kern:
>
>   
>> Schließlich  m u ß  ein Unternehmer die Ansprüche des Kapitals Zins) 
>> bedienen und diese als Kosten einrechnen.
>>     
>
> So ist die Welt - alle wollen auf ihre Kosten kommen, mögen nicht gern
> zusetzen, schauen wo sie bleiben, gucken was sie kriegen können, machen
> gern ein gutes Geschäft, haben auch gegen ein Schnäppchen durchaus
> nichts einzuwenden, wollen beteiligt werden wenn sie irgendwo was
> reingeben, selbst der Kassenwart eines e.V. geht gerne mit einem kleinen
> plus in der Kasse ins neue Jahr...
>
> Nur der brave schaffende Unternehmer, selbstlos wie er ist, achtet
> penibel darauf, auf die rote Null zu kommen und niemandem zu
> übervorteilen. Er muß nur leider, so die Ideologie der rostroten
> Gesellen, die raffgierigen "Ansprüche des Kapitals bedienen"...
>       
>   

Was soll die Polemik? Niemand nimmt Unternehmer pauschal in Schutz oder 
behauptet, daß diese nicht nutzenmaximierend agieren würden. Vielmehr 
erscheint es mir als Ideologie, Unternehmern pauschal Ausbeutungsgelüste 
zu unterstellen und den ganzen Berufsstand an den Pranger zu stellen.

>   
>> und diese als Kosten einrechnen. Da er diese nicht vollständig 
>> auf die Produktpreise abwälzen kann (Konkurrenz), muß er möglichst viel 
>> beim Arbeiter einsparen (Mehrwert.
>>     
>
> Klar muß er sein Fremdkapital bedienen, wenn er denn welches aufgenommen
> hat, warum sollte ihm denn sonst jemand was leihen?
>
> Aber was ist eigentlich mit den Ansprüchen seines Eigenkapitals? Sind
> die eigentlich genauso unerbittlich wie der ehern festgeschriebene böse
> Zins? Und wie und wo sind die eigentlich so unverrückbar festgelegt? Bei
> 5%?
>   

Eigenkapital oder Fremdkapital spielt in diesem Fall keine Rolle. Auch 
Eigenkapital muß verzinst werden, sonst ist der Preis der Untergang am 
Markt. Abgesehen davon, daß zumindest in Dt. der Großteil aller 
Unternehmungen fremdfinanziert ist, würde eben auch ein Verzicht auf 
Eigenkapitalverzinsung letztlich einen Nachteil gegenüber der Konkurrenz 
bedeuten. Das Zinsniveau ist eben ein Marktniveau und liegt empirisch 
durchschnittlich bei 4 - 5 Prozent.

> Also, wenn mir einer nachweist, das Chefs in Wirklichkeit wirklich so
> altruistisch sind und, am besten vor Weihnachten, sich mit ihren
> Angestellten über die Bücher setzen, ihnen offenlegen, wie es so
> gelaufen ist, um dann den Überschuß schön gerecht an alle auszuschütten,
> dann wäre ich ja bereit, diese meine Ansicht nochmal zu überdenken.
>   

Wie gesagt, das hat niemand behauptet.

> Bis dahin bleibe ich dabei: Wir alle und die lieben Bänker und
> Unternehmer auch - alle schauen wir, wo wir bleiben. Und das ist sogar
> rein menschlich gesehen weitgehend ok. Da gibt es vielleicht Gewieftere
> und Geschäftsuntüchtigere, jüngere und ältere, sozialere und Ganoven,
>   

Dito.

> aber eben kein kleines, heimatliches, schaffendes gutes hie und
> irgendwas großes internationales bedrohliches böses raffendes irgendwo
> da draußen, was in Schwärmen über uns herfällt und unsere armen
> Unternehmerpurzelchen aussaugt. 
>   

Wieder eine Unterstellung, die ich zurückweisen muß. Niemand hat 
zwischen guten und schlechtem Kapital unterschieden. Das machen 
höchstens sozialdemokratische Heuschreckenzüchter. Un dschon gar nicht 
zwischen schaffendem und raffendem, das haben m.W. nur die 
Nazionalsozialisten gemacht, mit denen Du mich hoffentlich nicht in eine 
Ecke stellen willst.

> Diesen Wahn, immer wenn die kapitalistischen Widersprüche sich
> krisenhaft in Erinnerung bringen, SCHULDIGE zu finden, hat Hannah Arendt
> bezeichnet als das worauf sich eine ansonsten in allen Punkten heillos
> zerstrittene Gesellschaft einigen kann.
>
> Ohne mich, ich bleibe dabei, das Adam Riese schuld ist!
>
> Michael
>   

Und zum dritten Mal eine Unterstellung. Niemand hat Schuldige gesucht 
oder benannt. Worum es mir geht, ist ja gerade, auf Fehler im System 
hinzuweisen, nicht, wie es alle gegenwärtig gerne tun, einzelne Akteure 
oder Gruppen als Verursacher der Krise hinzustellen. Genau dieses 
Problem hat auch schon Marx (den Du ja anscheinend gelesen hast) 
gesehen, dals er von den Kapitalisten als "Charaktermasken" gesprochen 
hat. Eben gerade eine Betrachtung der FUNKTION, nicht der PERSON.

Leider verweigern sich viele Marxisten bis heute der Einsicht, daß ein 
Großteil der Menschen (nicht nur die sog. Kapitalisten) am 
Ausbeutungsprozeß Teil hat, einerseits als Kapitalgewinner (Aktion, 
Zinserträge, Gewinnbeteiligung), anderseits als Verlierer (Lohnarbeiter, 
Konsument). Die Bilanz freilich sieht für jeden anders aus, für die 
meisten negativ.

Was wir für ein umfassendes Verständnis der Symptome des gegenwärtigen 
Wirtschaftssystems bräuchten, ist eine nicht-verkürzte 
Kapitalismuskritik, die neben der Produktionssphäre auch die Geldseite 
mit in Betracht zieht. Die Marxsche Mehrwertheorie ist m.E. ein 
richtiger, aber ungenügender Ansatz, der vielleicht dem Kapitalismus 
mehr genützt als geschadet hat, inderm er den Blick systematisch auf 
Scheinwidersprüche gelenkt hat, die von vielen Anhängern gerne als 
einfache Erklärung angenommen wurden.

Marx ist tot, es lebe Adam Riese!

Theo

>
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