<html>
<head>
<meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8">
</head>
<body text="#000000" bgcolor="#FFFFFF">
Am 05.07.2018 um 23:15 schrieb Guenter Milde:<br>
<br>
<blockquote type="cite"
cite="mid:20180705211516.mt7i2c5ok3bcesyx@heinz.mythennetz"><br>
<pre wrap="">Ich gebe zu, dass ich die mir geläufige Aussprache I-jon bisher nicht auf
sprachgeschichtliche Begründung geprüft habe. Nun denn:
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer) <a class="moz-txt-link-freetext" href="https://www.dwds.de/wb/Ion">https://www.dwds.de/wb/Ion</a>
Ion n. elektrisch geladenes Atom (oder Atomgruppe), Molekül (oder
Molekülgruppe). 1834 wird von dem englischen Physiker Faraday griech.
ión (ἰόν), das substantivierte Part. Präs. Neutr. zu griech. iénai
(ἰέναι) ‘gehen’, im Sinne von ‘Gehendes, Wanderndes’ aufgenommen zur
Bezeichnung des wandernden Teilchens, das sich bei der Elektrolyse zu
den Elektroden hin bewegt.
Zu ἰέναι finde ich bei en.wiktionary.org/wiki/ἰέναι
Pronunciation
(5th BCE Attic) IPA(key): /i.é.nai̯/
(1st CE Egyptian) IPA(key): /iˈɛ.nɛ/
(4th CE Koine) IPA(key): /iˈe.nɛ/
(10th CE Byzantine) IPA(key): /iˈe.ne/
(15th CE Constantinopolitan) IPA(key): /iˈe.ne/
Auch die englischen Aussprache /ˈaɪən/, /ˈaɪɒn/ korrespondiert mit der
Idee der Vereinbarkeit von Sprachgeschichte und der zweisilbigen
Aussprache I-jon.
</pre>
</blockquote>
<br>
Diese Begründung mag man gelten lassen; sie entspricht aber genau
der Art von Wissenschaftlichkeit, die mir suspekt ist.<br>
Die Ausspracheangaben halte ich für weitgehend irrelevant, da
Westeuropa mit der vorherrschenden Sprache Latein (inclusive der
darin aufgenommenen griechischen Fremdwörter) seit der Spätantike
eine eigene sprachgeschichtliche Entwicklung genommen hat, auf die
das mittelalterliche byzantinische Griechisch keinen nennenswerten
Einfluss mehr gehabt haben dürfte. Die Art und Weise, wie wir
griechisch-lateinische Fremdwörter heute aussprechen beruht auf
dieser Entwicklung. Kennzeichnend dafür ist beispielsweise, dass das
lateinische c vor e, i, ä und ö zu z wird, sonst zu k. So wird aus
lat. circus dt. Zirkus (entsprechend in anderen westeuropäischen
Sprachen, bspw. frz. cirque [siʁk]<font color="#000000"><a
href="https://fr.wiktionary.org/wiki/Annexe:Prononciation/fran%C3%A7ais"
title="Annexe:Prononciation/français"><span class="API"
title="prononciation API"></span></a></font>). Weiter wird ein
i am Wortanfang zu j, wenn ein Vokal folgt: iustitia > Justiz. In
diesem Zusammenhang sind auch wohlbekannte Namen aus dem NT zu
nennen: Ἰησοῦς > Jesus, <span lang="grc">Ἰωσήφ >
Joseph/Josef. Mit in der Neuzeit neu gebildeten Fremdwörtern wurde
entsprechend verfahren: ἰοειδής (veilchenfarbig) > Jod. In
dieses System fügt sich die von mir bevorzugte Aussprache von Ion
zwanglos ein (vgl. auch die frz. Aussprache [jɔ̃]).</span><br>
Moderne Altphilologen ignorieren diese Traditionen meist zugunsten
einer Rekonstruktion der angenommenen antiken Aussprache. Ein
humorvoller Mensch hat das mit folgender Dichtung aufs Korn
genommen:<br>
»Kikero und Käsar gingen in den Kirkus, Kikero mit Kylinder und
Käsar in kivil.«<br>
<br>
Wie dem auch sei, ich will niemandem vorschreiben, wie er bestimmte
Wörter auszusprechen hat, und Fakt scheint zu sein, dass es für
»Ion« eine zweisilbige und eine einsilbige Aussprache gibt.<br>
Welche Variante in Gesangstexten häufiger ist, lässt sich wohl kaum
seriös ermitteln, da man – wenn überhaupt – nur sehr wenige Belege
finden wird.<br>
Wenn man an mögliche Benutzerschnittstellen zur Nutzung von
Gesangstexttrennmustern denkt, wird es vermutlich einfacher sein,
eine zusätzliche Trennstelle einzufügen als eine zu unterdrücken.
Dies spricht dafür, die Auszeichnung in Schwankungsfällen auf der
geringeren Silbenzahl beruhen zu lassen, wenn man kein besseres
Kriterium hat.<br>
<br>
<blockquote type="cite"
cite="mid:20180705211516.mt7i2c5ok3bcesyx@heinz.mythennetz">
<blockquote type="cite">
<pre wrap="">Ungeachtet meiner persönlichen Präferenz würde ich für die Auszeichnung in
der Wortliste einem verlässlichen Aussprachewörterbuch (Duden Bd. 6 oder
entsprechender Wahrig-Band, aber nicht gerade Wiktionary) folgen.
</pre>
</blockquote>
<pre wrap="">
Einverstanden (Nur hab ich diese WB nicht da, im Rechtschreibduden (2006)
steht nur "Io̲n").
</pre>
</blockquote>
<br>
Ich auch nicht, aber über meine Bibliothek habe ich Online-Zugriff
auf das »Deutsche Aussprachewörterbuch«. Bei Interesse kann ich dort
gern einiges nachsehen.<br>
<br>
Gruß<br>
Keno<br>
</body>
</html>