[Trennmuster] Variable(n), Programmvariable(n)

Guenter Milde milde at users.sf.net
Do Okt 13 14:53:06 CEST 2022


Liebe Trennfreunde,

Am 12.10.22 schrieb Alexander Malkis:
> „Variable“ und „variieren“ dürften im Deutschen denselben Stamm haben, nicht
> wahr?

> Ich schlug eben nach, und beide Vorkommen von „i“ in „variieren“ sprechen
> der Dudensprecher, die DWDS-Sprecherin und die Deutsche-Welle-Sprecher
> ("variiert" in
> https://www.dw.com/de/schnitzel-f%C3%BCr-vegetarier/a-17210299 um 6:12–6:13;
> „variieren“ in https://www.dw.com/de/ja-ich-will/a-16225948 um 2:57–2:58)
> eher silbisch aus: kurzes [i], dann der Glottisschlag (unterschiedlich
> stark/schwach je nach Sprecher), dann ['i:].  Das spricht dafür (auch wenn
> [iʔ'i:] allein für sich genommen kein großes Argument ist), dass „vari“ in
> „variieren“ der Stamm und „ieren“ der Suffix ist.

> Wenn's so ist, sollte „Vari“ in „Variable“ genauso wie „vari“ in „variieren“
> kategorisiert und idealerweise auch ausgesprochen werden. 
...
> Da also „Vari“ der Stamm ist, müsste der Rest, also „able“,
> zwangsläufig der Suffix sein.

Stimmt. 

Doch im Gegensatz zur Morphemgrenze nach Präfix und in Komposita sehen
die Trennregeln keine Sonderrolle für die Morphemgrenze vor Suffix vor.
Wir haben entschieden, Suffixgrenzen zu kennzeichnen, wenn die Trennung
dort "günstiger" (für den Leser) erscheint oder Ligaturen aufgebrochen
werden.
Und wie in va-ri-ie-ren liegt auch in Va-ri-a-ble kein hinreichender
Grund für eine spezielle Markierung der Suffixgrenze vor.

Weiters kann der Grad der Assimilation bei unterschiedlichen
Kombinationen von Stamm und Affix durchaus variieren, insbesondere
Vokaldoppelungen sind etwas spezielles. 
Vgl. 

  initiieren [init͡siˈiːʁən]/[init͡siˈʔiːʁən] vs. Initiative [init͡si̯aˈtiːvə].

Die Trennregel R 180 der "alten Rechtschreibung" im Duden 91 nennt "ii"
explizit:

  Vokalverbindungen dürfen nur getrennt werden, wenn sie keine
  Klangeinheit bilden.

    Befrei-ung, Trau-ung, bö-ig, europä-isch, Nere-ide, faschisto-id,
    Muse-um, kre-ieren, sexu-ell, Ritu-al

  Enger zusammengehörende Vokale bleiben, wenn das möglich ist, besser
  ungetrennt.

    Natio-nen, natio-nal, Flui-dum, kolloi-dal, asia-tisch, Idea-list,
    Sexua-lität, poe-tisch, böi-ge, europäi-sche

  Wenn i und i zusammentreffen, gilt:

    einei-ige, Unpartei-ische

Im Wörterverzeichnis des Dudens 91 fehlt die Trennung i-a, die Redakteure
sahen also die Vokale trotz der Morphemgrenze als "enger
zusammengehörend" an als z.B. in Ritu-al.


> Wie dem auch sei: Bei so einer langen Diskussion sind Kommentare zu den
> Einträgen angebracht.  Zum Beispiel ein klarer Standpunkt (nur um eines
> Beispiels Willen, meine Sicht für heute):


> Variable; … # Im Deutschen mit Suffix -able.  In Standardhochdeutsch wird
> "i" silbisch ausgesprochen.

Kommentar steht dran (mit meinem Standpunkt).

> Programmvariable; … # siehe „Variable“

Um unnötige Doppelung zu vermeiden gilt:

 Kommentare werden im Allg. nur für die Stammform eines Wortes gesetzt.

→ Bei Unklarheiten in abgeleiteten oder zusammengesetzten Wörtern bitte
zuerst nach der Stammform suchen.

...

Viele Grüße

Günter



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