[Trennmuster] Trennung von Vokalen (was: Meteorologie)

Guenter Milde milde at users.sf.net
Di Mai 29 01:24:03 CEST 2018


On 28.05.18, Keno Wehr wrote:
> Am 27.05.2018 um 01:40 schrieb Guenter Milde:

> > 
> > Als Notentext würde ich Meteor dreisilbig singen, im Duden (71) steht
> > keine Trennausnahme, andererseits meint Duden 06 die Trennung e-o sei
> > neu, daher hab ich jetzt Me-te-.or etc.

> Nein, die Trennstelle Mete-or ist im 2006er-Duden nicht rot.
> Wohl Mete-orit, 

Du hast recht, was den Mete-or betrifft. Aber ist die Trennung wirklich
besser als und Mete-orologie etc?

> aber dies gilt für alle Trennstellen vor Einzelvokalsilben,
> z. B. auch The-orie und Re-alität. Der Grund ist vermutlich, dass solche
> Trennungen früher als Nottrennungen galten. 

Ich denke, der Grund ist eher ein Missverständniss bzw. eine
Übergeneralisierung der alten Regeln:

Im Duden (Leipzig 71) steht unter Trennung von Vokalen:

 K79: Ein einzelner Vokal wird *nicht* abgetrennt. Zweisilbige Wörter,
  von denen eine Silbe nur aus einem Vokal besteht, sind deshalb
  untrennbar.
  
  Bsp.: Abend, Esel, Oder, Ufer, Uhu, Taue, Echo, Idee
  
  Auch bei mehrsilbigen Wörtern und bei Präfixen wirkt sich diese Regel aus.
  
  Bsp.: Amei-se, Apri-ko-se (K86), ano-mal, Evolu-tion
  
  Nur in Notentexten ist die Abtrennung eines einzelnen Vokals manchmal
  unvermeidlich.

 K80: Vokale mit zwei oder mehr als zwei Lautzeichen, die eine Klangeinheit
  bilden (einlautige Vokalgruppen in Fremdwörtern, Doppelvokale, Diphthonge
  oder Vokal + Dehnungs-h), dürfen in sich  *nicht* getrennt werden.
 
  Bsp.: Waa-ge, Mee-re, Au-rer, Ruod-lieb, Leh-rer; Coif-füre, Ray-on,
  Beef-steak, Roya'list [roajalist], Eau (in: Eau de Cologne)

 K81: Zusammenstoßende Vokale dürfen getrennt werden, wenn jeder einzelne
  silbisch ausgesprochen wird.
  
  Bsp.: 
  
  innerhalb des Wortes: Ei-er; na-iv, Ale-uden od Aleu-ten, Krena-ika od.
    Kyrenai-ka; Oze-an, ozea-nisch od. oze-anisch, aber untrennbar K79
    Taue; nur: ae-rob [ae'ro:p]
  
  vor Suffixen: Trau-ung, mißtrau-isch; malai-isch (auch ma-laiisch),
    konstru-ieren od. konstruie-ren, Individu-um od. Indivi-duum, Muse-um
    ode. Mu-seum
    
  nach Präfixen →K83 [dort Bsp.: Prä-ambel, Ko-existenz, aber K79 Aspekt]

  in Zusammensetzungen Bau-auftrag, See-aal, [...], Dodeka-eder


Diskussion:

Die "kein Einzelvokal"-Regel betrifft Wortanfang und -ende. Sie
entspricht damit weitgehend § 107 E1 der amtlichen Regeln:
  
  Einzelne Vokalbuchstaben am Wortanfang oder -ende werden nicht
  abgetrennt, auch nicht bei Komposita, zum Beispiel: Abend, Kleie,
  Ju-li-abend, Bio-müll
  
mit einem Unterschied: Mehrbuchstabige einzelne Vokale am Wortanfang oder
-ende dürfen jetzt abgetrennt Werden:  

   Aale;Aa-le
   Re<flux=oeso<pha-gi-tis;Re<flux=oe-.so<pha-gi-tis


Keine Äderung gibt es bei "Vokalclustern" im Wortinneren.  
Man beachte die Alternativen in den Beispielen:

  Alë-u-ten, Kyrena-i-ka, oze-a-nisch, konstru-ie-ren

Die Regel K79 bedeutet also nicht, dass innerhalb des Wortstamms nur auf
einer Seite von einvokalischen Silben getrennt werden darf.

Bei gleichzeitiger Angabe aller Trennmöglichkeien (und im Notentext)
steht zwar ein einzelner Vokal, aber im Fließtext wird kein einzelner
Vokal abgetrennt, auch wenn vor oder hinter dem Vokal getrennt werden
darf!


Der Duden (Mannheim 2006) schreibt allerdings bei den obigen Beispielen:

  Ale|u|ten       mit erster Trennung rot
  
  Ky|re|nai|ka    ohne die alte Trennung a-i!
  
  oze|a|nisch     mit erster Trennung rot

Warum in diesen Fällen nur die zweite Trennung erlaubt gewesen sein soll
bleibt unklar.

Interessant wäre, wie der alte Wahrig diese Wörter trennt. Vielleicht
gibt es in der Interpretation der alten Regel ja auch noch einen
Ost-West-Konflikt.


Unabhängig davon gibt es aber noch eine Unmenge neuer Trennungen zwischen
Vokalen, denen keine Sprechsilben entsprechen bzw. Wörter, wo die Silbenzahl
je nach Ausprache (Region, ...) schwankt.


Ich bin inzwischen von der Idee, alle zulässigen Trennstellen
in der Wortliste auszuzeichnen abgekommen:

* im Duden stehen z.T. Trennungen, die sich nicht aus den Regeln begründen
  lassen: Ist Ro-y-a-list wirklich 4-silbig? oder ist die Alternativtrennung
  Ro[-y/y-]alist gemeint?
  
* Viele der neuen Trennungen widersprechen der Silbenaufteilung in Liedern:

   Ju-gend al-ler Na-tio-nen, Ich mach Sta-tion, ...
   aber Ra-di-o-ak-ti-vi-tät.
  
* Viele "Sprechsilbentrennungen" sind sehr schwer auszusprechen:
  Elekt-riker, abst-rakt, ... diese zu propagieren ist abstr-
  us.

  Andererseits gibt es hinreichend Fälle, wo die neuen Trennungen die
  Aussprache erleichtern Chi-rurg, Pä-da-go-ge, He-li-kop-ter, he-rab
  wa-rum, ...

In allen drei Fällen wären neue Trennsymbole nötig um über Filter einen
guten Trennstil auszuwählen. Da ist mir der Verzicht auf die Kennzeichnung
von Trennungen die wir in keinem Trennstil ausgeben wollen lieber.

Vorschlag:

* Auszeichnen von Alternativtrennungen (Sprechsilbenregel vs.
  morphologisch/etymologisch) wenn sie der heutigen Aussprache entsprechen.
  
* Auszeichnen von Trennungen zwischen Vokalen, wenn sie in Liedern einzeln
  gesungen werden

Da wird es sicher immer noch genug Streitfälle geben.
Für die Einzelvokale schlage ich eine Referenzliste mit Liedtexten vor, um
nicht jede Entscheidung mehrfach hin-und-her zu ändern.

> Wie solche Flattervokale
> markiert werden sollen, haben wir noch nicht entschieden.

Ja. Dazu später.

> Beim »Meteor« sehe ich allerdings keinen Grund für die Unterdrückung
> der Trennstelle.

Aus dem Duden (71) bekomme ich leider nicht heraus, ob Mete-or als
Nottrennung angesehen wurde oder nicht.

Im Duden(34) steht allerdings zur Silbentrennung (Nach dem preußiſchen
Regelbuche):

  [...]

  Selbstlautverbindungen, die eine Klangeinheit darstellen, dürfen weder in
  deutschen Wörtern noch in Fremdwörtern getrennt geschrieben werden [...]
  
  [Trennung an Fugen, ] ...
  
  Sonst ist die Trennung von Selbstlauten nur noch in den folgenden Fällen
  gestattet:
  
  1. wenn der erste Selbstlaut *betont* ist, z.B. Muse¦um;
  2. wenn beide Selbstlaute einander gleich sind und gesonder ausgesprochen
     werden, z.B. lini¦ieren, Spermatozo¦on, Individu¦um;
  3. wenn ein kürzeres Wort ohen Trennung der Selbstlaute überhaupt nicht
     getrennt werden kann, z.b. Oze¦an
  4. Wenn zwei Selbstlaute nebeneinander stehen, die einen Zwielaut bilden
     können, z.B. Ela¦in, Kaperna¦um, kre¦ieren, Zellulo¦id.
     
  Zusatz 3: In den angeführten vier Fällen ist die Trennung nur *gestattet*,
  aber keineswegs zu empfehlen. [Nottrennung]


Nun ist in Meteor die *zweite* Silbe betont, nach altpreußischen Regeln
dürfte wohl gar nicht getrennt werden. Im Notentext würde ich allerdings
Meteor auf zwei Noten verteilen, daher mein Kompromiss mit Me-te-.or.

Viele Grüße

Günter



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