[Trennmuster] Os- und Westönnen - Rückantwort von Dr. Kerstin Güthert
Tobias Wendorff
tobias.wendorff at tu-dortmund.de
Mo Feb 17 18:02:39 CET 2014
Hallo Trennmustermannschaft,
Ihr kennt ja sicher Dr. Kerstin Güthert. Sie ist Geschäftsführerin
des Rats für deutsche Rechtschreibung am Institut für Deutsche Sprache
und bekannt dafür, dass Sie sehr kompetente und freundliche E-Mails
verschickt. Ich habe auch die Genehmigung erhalten, ihre Rückantwort
hier online zu verbreiten - mit dem Leitmotto: "Auf dass sie zur
Vereinheitlichung beitrage!" :)
Ich habe ferner von unserem Vorhaben hier erzählt. Sie äußerte sich
dazu: "... ein sehr ehrgeiziges Projekt, dem ich viel Erfolg wünsche
und das ich im Blick behalten werde!". Ferner dürfen wir Sie "bei
auftretenden Fragen kontaktieren[-]".
Meine Frage haben wir ja schon einmal auf der Liste diskutiert, ich
wollte jedoch Gewissheit und habe das Problem genau erläutert; Kurzform:
> Welche Trennung würden Sie hier vorschlagen?
> a) Ost-önnen & West-önnen,
> b) Os-önnen & Wes-tönnen,
> c) Ost-tönnen & West-tönnen.
(Anmerkung: Auswhl c beinhaltet eine "Reinkarnation" des historischen
Bestandteils)
Hier ihre Rückantwort:
> Sehr geehrter Herr Wendorff,
>
> das freut mich zu lesen, noch mehr freut mich aber, dass Sie mit der Frage
> nach der Trennung von "Ostönnen" und "Westönnen" eine Frage aufwerfen, die
> nicht nur nicht alltäglich ist, sondern bisher noch gar nicht gestellt
> wurde.
>
> Vorweg: Es gibt zwar m.W. keinen analogen Fall, aber eben Fälle, die die von
> Ihnen präferierte Trennung in "Os-tönnen" und "Wes-tönnen" stützen
> ("Hoheit", "Norderney", "suspekt").
>
> Die Beispiele "Hoheit" und "suspekt" zeigen, dass sprachhistorisch
> ausgestoßene Buchstaben bei Trennung nicht wieder eingesetzt werden, aus dem
> Beispiel "Norderney" geht hervor (unter Annahme, dass <ey> = Insel), dass
> bei einem Konflikt Silbenfuge vs. Morphemfuge die Silbenfuge den Ausschlag
> für die Festsetzung der Trennstelle gibt. Das alles spricht für Lösung b).
>
> Nun folgen Eigennamen zwar z.T. eigenen Regeln und es gibt Ausnahmen von den
> allgemeinen Regeln über alle Regelbereiche hinweg (vgl. "Soest",
> "Pfälzerwald","Königs Wusterhausen" usw.). Ich denke aber, der
> Eigennamenstatus sollte nicht überstrapaziert werden, und das gerade nicht
> in einem doch ansonsten nach einheitlichen Kriterien geregelten Bereich. Bei
> der Worttrennung spielt die Phonologie eine gewichtige Rolle und wenn die
> Aussprache zwischen dem <s> und dem <t> liegt, dann ist das nur ein Beweis
> mehr, dass die Kenntnis über die Zusammensetzung verloren gegangen ist und
> das Wort wie ein Simplex behandelt und getrennt wird.
>
> Deshalb "Os-tönnen" und "Wes-tönnen".
>
> Ich würde mich freuen, wenn Sie uns berichten würden, wie Sie sich in diesem
> konkreten Fall und in Fällen mit Varianz (setzen Sie eine Vorzugsvariante
> an?) entschieden haben.
>
> Mit besten Grüßen
> Kerstin Güthert
Achja: Sie antwortet meistens innerhalb von ein bis zwei Tagen.
Wirklich nett.
LG
Tobias
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