[Trennmuster] Woerter mit zwei und drei Buchstaben

Guenter Milde milde at users.sf.net
Fr Aug 1 11:21:35 CEST 2014


Lieber Henning, liebe Trennmustler,

On 31.07.14, Stephan Hennig wrote:
> Am 29.07.2014 12:59, schrieb Guenter Milde:

> > Allerdings gibt es keine verbindlichen Regeln für die Lang-S-Schreibung in
> > de-1996. (Der neue Duden hat Regeln, aber ist nicht mehr die Autorität, das
> > offizielle Regelwerk schweigt sich aus.)

> Gibt es denn von anderen Institutionen abweichende Vorschläge für die
> Reformschreibung (abgesehen von der Empfehlung, die traditionelle
> Rechtschreibung zu verwenden)?

Abweichende Vorschläge sind mir nicht bekannt, die Diskussion läuft auf "ß"
oder "ſs" hinaus. Daher denke ich, daß die im Duden unter "E-Mail und
Textverarbeitung" gelisteten Regeln für den S-Laut im Fraktursatz eine
gute Grundlage sind.

> Kann jemand Links zu eins, zwei seriösen Vereinen im Wiki ablegen,
> denen man zu gegebener Zeit möglicherweise einen Artikel zum
> "vollautomatischen Satz mit gebrochenen Schriften in LuaTeX" für die
> Vereinsschrift anbieten könnte/solle/wollte?)

Da sind mir auch keine bekannt. Ich würde da bei den "Typophilen" schauen.

> > Generell wird für Schluss-ss die Schreibung »ſs« empfohlen (Ausſchuſs).
> > Das entspricht der pre-1901-Schreibung,

> A propos, ich habe unlängst gelesen, dass jene Schreibung auch
> vorputtkamersche Rechtschreibung genannt wird,
> <URL:http://www.romana-hamburg.de/Altrechtschreibung.pdf>.  In diesem
> Dokument werden einige Wörter erwähnt, die bisher nicht in der Datei
> pre-1901 aufgeführt werden.

Ein recht interessanter Text, leider mit Fehlern,
zusammengelaufene Wörter "umeinsilbige Substantive", nichtaufgelöste
Trennung: "Unter-schied" und Fraktur in der römischen Zahl: "Kaiser
Ferdinand III.", und ohne Angabe der Entstehungszeit.

Sogar den Deppen-Apostrophen solle es schon gegeben haben:

  Das Genitiv-s wurde bei Nachnamen durch den Apostroph abgetrennt:
  Kleffel’s Werke; auch ‚in’s‘ schrieb man mit Apostroph.

  ...
  
  ebenso auch die Dreifach schreibung von f: Schifffahrt war möglich
  neben Schiffahrt. 
  
Interessant sind auch die Anti-Reform Argumentationen: deja vu.

  Überhaupt war die alte Rechtschreibung nicht so starr, sondern gab bei
  weitem mehr Freiheiten als die moderne. Es kam sogar vor, daß an ein
  und derselben Schule — je nach Lehrer— unterschiedliche Schreibweisen
  unterrichtet wurden.

so daß wir eigentlich nicht von *der* vor-vor-reformatorischen
Rechtschreibung sprechen können (und neben »bischen« auch "schon immer"
»bißchen« üblich war).

...

> Was mich daran erinnert, dass es auch eine Möglichkeit geben muss, die
> automatische s-ſ-Wandlung abzuschalten. 

Das würde ich an die Sprache und/oder Schrift koppeln. Für LaTeX wäre es
sinnvoll, in einem "Fraktur-Paket" eine Frakturschrift und die s->ſ Wandlung
als Eigenschaft der babel- oder polyglossia-Sprachen "german" und "ngerman"
zu definieren. Dann können Fremdwörter in Antiqua gemäß ihrer
Herkunftssprache ausgezeichnet werden und die S-Wandlung entfällt auch
gleich mit.

> Eventuell wäre es auch sinnvoll, in Wörtern, die bereits ſ enthalten,
> auf die weitere s-ſ-Wandlung zu verzichten?

Ich weiß nicht.

> > Manche gebrochenen Fonts ligieren ſs dann auch wieder zu ß.

> Der Sinn einer solchen Ligatur erschließt sich mir nicht.  Die
> Kombination ſs lässt sich doch so viel schlechter eingeben als ein
> einzelnes ß?  In welcher Situation kann das also gewollt sein?

Wenn der Quelltext de-1996-konform sein soll, aber aussehen "wie früher".
Drag-and-drop würde dann wieder "passt doch" liefern.

> > Nicht eindeutig ist »sst«, da hier das zweite S kein Schluss-S ist: 
> > 
> > Von den Varianten
> > 
> > a) ſſt   (paſſt)
> > b) ſst   (paſst)
> > 
> > bin ich eher für a).
> > 
> > Die Schweizer ß-Ersetzungen (schliessen, schliesst) würde ich im
> > Gegensatz dazu mit ſs schreiben (paſſen, paſſŧ aber schlieſsen, schlieſst).

> OK.  Aber wie oben erwähnt, würde ich es vorziehen, wir würden konkrete,
> fertige Regelwerke abbilden -- wer auch immer die herausgebracht hat.
> Mit diesen Fällen können wir uns ja mal an den Verein Deutsche Sprache
> o.ä. wenden.

Leider sind konkrete, fertige Regelwerke im Allgemeinen unvollständig und
nicht autoritativ. Insofern bleibt auch dann im Zweifelsfall die Qual der
Wahl.

Ligaturen
=========

> >> Ich dachte da zum Beispiel an "eff.", aber wie ich sehe, ist die erste
> >> Trennung in "effektiv" als Stammtrennung markiert.
> > 
> > Meinst Du mit "Stammtrennung" eine Trennung innerhalb eines Morphems
> > ("normale" Sprechsilben), oder am Anfang/Ende eines Stammes?

> Ich bin kein Altsprachler, aber in den Wörtern Affekt, Defekt, Effekt,
> Präfekt erkenne ich dennoch eine (scheinbare) gemeinsame Struktur Präfix
> + Stamm "fekt".  Demnach sollte an der Morphemgrenze doch eigentlich
> keine Ligatur gesetzt werden.  In der Wortliste sind diese Wörter jedoch
> nicht als Präfix + Stamm markiert:

>   Effekt;Ef-fekt

> Vermutlich, weil die zugrundeliegende Wortbildung als nicht mehr
> einfach wahrnehmbar angenommen wird.  Ich gehe da völlig mit.  Mir war
> das nur nicht bewusst bis ich in der Wortliste nachgesehen hatte.

Es gibt noch einen weiteren Grund: die Lautdopplung bei Affekt, Assimilation,
Dissimilation, Korrepetitor, ... hat ja den Zweck oder Effekt, die
Bestandteile enger zu binden. Dies drückt sich auch in der Schreibung
Aſſimilation, Diſſimilatin, diſſonant aus. Ich denke auch daher sollte die
Ligaturbildung in diesen Fällen nicht unterdrückt werden.

> Oh, ich sehe gerade

>   Infekt;In<fekt

> Ist diese Präfixmarkierung so gewollt?

Das ist einer der strittigen Fälle. Selbst wenn, muß das nicht Ef<fekt
nach sich führen.

Ich bin auch für En-er-gie: selbst wenn es mit Syn<er-gie ein Wort mit
gleichem Stamm gibt wird Energie im heutigen Sprachverständnis nicht als
Verbundwort aufgefaßt.

Aber das ist eine separate Diskussion (Überauszeichnung).


Günter



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