[Tax-info] report Liechtenstein
Maurizio Coppola
maurizio.coppola at gmx.net
Lun 3 Mar 07:38:06 CET 2008
Et aussi un rapport sur la mobilisation au Liechtenstein!
Und auch einen Rapport zur Mobilisierung im Liechtenstein!
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Bilanz und Bericht von der internationalen Attac-Aktion
gegen Steueroasen im Fürstentum Liechtenstein
Knapp 30 Attac-Mitglieder kamen aus Deutschland, Frankreich, Österreich
und der Schweiz nach Liechtenstein zur ersten Demonstration gegen
Steuerfucht im Fürstentum überhaupt. Gemeinsam führten wir die erste Demo
seit sehr langer Zeit in dem kleinen, aber wohlhabenden Land zwischen
Österreich und der Schweiz durch. Wir hatten Banner und Attac-Fahnen
dabei, kreative Verkleidungen und ein kräftiges Megaphon, um unsere
Forderungen vorzutragen. In einer internationalen Attac-Erklärung, die wir
als Flugblatt dabei hatten, machten wir unsere Sichtweise klar: Aus
demokratischen und sozialen Gründen müssen die Steueroasen, und zwar alle,
durch entschiedene politische Maßnahmen geschlossen werden. Unsere
Forderungen richteten sich an die Regierungen der Steueroasenländer, wie
auch an alle übrigen Staaten. Es genügt für einen „sauberen Finanzplatz“
nicht, gegen Geldwäsche vorzugehen und in Einzelfällen von Steuerbetrug
Amthilfe zu leisten. Vielmehr muss die Besteuerbarkeit von
Kapitaleinkünften ausländischer SteuerbürgerInnen umfassend gewährleistet
werden. Die Erklärung wird inzwischen von 12 Attac-Sektionen unterstützt
(http://www.attac.de/aktuell/presse/presse_ausgabe.php?id=847).
Empfangen wurden wir von etwa 150 GegendemonstrantInnen, davon waren die
meisten junge Leute, die nach Einschätzung der Einsatzleitung der Polizei
aus der „rechten Szene“ kamen. Aber auch andere LiechtensteinerInnen waren
da oder blieben stehen, um unsere Forderungen anzuhören. Ihre
mehrheitliche Botschaft war klar: Wir sollten verschwinden. Wir sind nicht
erwünscht. Das machten sie teilweise recht drastisch deutlich:
Herunterlassen der Hose, Diebstahl und Zerreißen eines Transparents,
Bewerfen mit Münzen und leichten Gegenständen, eine Rauchbombe, zwei
Eierwürfe, Beschimpfungen, Zuhalten von Kameras, Verdecken unserer Banner
durch die Liechtensteinische Nationalfahne, usw. Sie versuchten auch
zweimal unsere kleine Demo zu blockieren. Die Grenze zu echter
körperlicher Gewalt wurde aber von den GegendemonstrantInnen nie
überschritten. Deutlich war in vielen Gesprächen, dass sie sich persönlich
angegriffen fühlen, von uns wie auch vom Druck auf Liechtenstein aus dem
Ausland.
Bemerkenswert war aber, dass sich zwei junge Liechtensteiner mit
Zivilcourage unserer Demo anschlossen. Andere sagten in Gesprächen, dass
sie unsere Argumente voll oder teilweise teilten. Die „Freie Liste“ -
vertritt mit knapp 12% im Liechtensteiner Parlament ähnliche Forderungen
wie Attac – gab sich jedoch nicht zu erkennen und war auch wegen des
Drucks in Liechtenstein vorab nicht bereit, unsere Aktion zu unterstützen
.
Insgesamt verlief unsere Aktion durch die Gegendemo in einer andauernd
feindlichen Atmosphäre, die von uns als ständige psychische Belastung
empfunden wurde. Auf die ständigen Provokationen der GegendemonstrantInnen
stiegen wir aber nicht ein. Alle Attac-Mitglieder blieben stets friedlich.
Wir ließen uns von der Sache, um es uns ging, nicht abbringen. Deshalb
nahmen wir uns viel Zeit, um mit den GegendemonstrantInnen zu reden. Es
war schwer, ihnen politische Argumente zu entlocken. Sobald ein Argument
vorgebracht wurde, sagten wir es durch das Megaphon und kommentierten es
aus unserer Sicht. Das Angebot an die anwesenden LiechtensteinerInnen, das
Megaphon selbst zu nutzen, wurde leider nur einmal angenommen. Trotz
alledem in den Gesichtern zumindest eines Teils der Anwesenden war zu
sehen, dass sie zuhörten. Das galt besonders, wenn unsere Schweizer
Attac-Mitglieder auf Schweizerdeutsch sprachen und damit das Vorurteil
widerlegten, dass wir alle ohnehin aus Deutschland kämen. Es ist uns
gelungen, trotz der konfrontativen Stimmung zu Diskussion und Gespräch zu
kommen.
Die vorgebrachten Argumente der anwesenden BürgerInnen zum Thema
Steuerflucht waren im Kern: Wir sollten uns nicht in die inneren
Angelegenheiten Liechtensteins einmischen und die Souveränität des Landes
achten. Das Problem der Steuerflucht wäre nicht ein Probleme
Liechtensteins, sondern der hohen Steuern, des komplizierten Steuerrechts
und unsinniger Staatsausgaben in den Hochsteuerländern. Wir argumentierten
dagegen, dass Souveränität von Ländern dort endet, wo die demokratischen
Rechte der Nachbarn geschädigt werden. Internationale Finanzplätze
existieren nur wegen des offenen Zugangs zu den internationalen Märkten,
die sich souveräne Staaten gegenseitig gewähren. In Europa beruht dies auf
dem EG- und EWR-Vertrag. Wer Teil dieses gemeinsamen Marktes sein will,
muss auch bereit sein, gemeinsame soziale, steuerliche und ökologische
Regeln zu beachten und zu vereinbaren, wenn sie notwendig werden. Die
Steuerflucht hat ein Ausmaß angenommen, dass es unakzeptabel geworden ist
und die Demokratie in vielen europäischen Ländern gefährdet. Die
GewinnerInnen der Globalisierung - Vermögende und transnationale Konzerne
- können nicht mehr effektiv besteuert werden. Die soziale Ungleichheit
steigt immer weiter an. Es gehört jedoch zu den grundlegenden Rechten
jedes Landes das Maß an Ungleichheit wie die Verteilung der Steuerlast
demokratisch zu entscheiden. Das hinterzogene Geld beschädigt nicht nur
die Demokratie, es fehlt zudem für Schulen, Universitäten, Gesundheit,
Pflege, usw. Sicher gibt es Verschwendung öffentlicher Gelder, dagegen
vorzugehen ist wichtig. Genauso ist wahr, dass es
Steuervereinfachungsbedarf etwa im deutschen Steuerrecht gibt. Beides
rechtfertigt jedoch nicht eine regelrechte Infrastruktur der
internationalen Steuerhinterziehung zu akzeptieren. Die Erfahrungen mit
den Steuerreformen der letzten Jahre in verschiedenen europäischen Ländern
zeigen klar, dass die Kapitaleinkommen in den Steueroasen verbleiben, auch
wenn die Steuersätze großzügig gesenkt werden. Warum soll jemand 25%
zahlen, wenn es anderswo geschützt vom Bankgeheimnis auch zu 0% geht.
Daher fordern wir von den Regierungen der Steueroasenländer, die Strategie
des Steuerdumping aufzugeben und von den übrigen Regierungen in diesem
Sinne unkooperative Steueroasen mit wirtschaftlichen Sanktionen zu
belegen. Insbesondere soll der Zugang zum internationalen und europäischen
Finanzmarkt beschränkt werden. Zugkräftige Gegenargumente wurden nach
meiner Wahrnehmung nicht vorgebracht. Vielmehr dominierte eine
interessensgeleitete Haltung, die die Argumente des Gegenüber nicht
wirklich in Erwägung zieht. Die meisten GesprächspartnerInnen wollen
ungerechte Privilegien scheinbar nicht in Frage stellen oder aufgeben. Es
wurde deutlich, dass den BefürworterInnen der Steueroasen überzeugende
normative Argumente fehlen. Symbolisch auf den Punkt brachte dies das
Outfit einzelner GegendemonstratInnen mit schwarzen T-Shirts mit
Nationalfahne samt der Aufschrift „Raubritter“.
Von der Auftaktkundgebung zogen wir durch die Fussgängerzone zum
Regierungsgebäude und wieder an Banken vorbei. Die GegendemonstrantInnen
zogen immer mit uns. In gewisser Weise waren wir den GegendemonstratInnen
im nachhinein dankbar, denn die Aktion wäre sonst in der wegen schlechten
Wetter am Samstag leeren Fußgängerzone trostlos verlaufen. So gab es einen
realen Gegenüber, der die Meinung zumindest eines Teils der Bevölkerung
ausdrückte. Die Demonstration und die Auseinandersetzung mit den
GegendemonstratInnen fand unter den Augen der Medien statt. Fernsehen,
Radio, Agenturen, Printmedien aus Liechtenstein, Österreich, Schweiz und
Italien waren vor Ort. Schade war, dass wir nach der Aktion auf der Straße
nicht die Gelegenheit hatten, die Diskussion in einem Saal fortzusetzen.
Die Liechtensteiner Polizei reagierte auf die angespannte Atmosphäre mit
Zurückhaltung. Kein Megaphon, keine Helme, kein Säbelrasseln. Gegen die
Grenzüberschreitungen der GegendemonstrantInnen wurde nicht vorgegangen.
Damit wurde die Begegnung zwischen uns und den GegendemonstrantInnen
möglich. Lediglich bei den zwei Blockaden machte die Polizei den Weg mit
freundlichen Ermahnungen frei. Der Polizeieinsatz war der Situation
angemessen und ermöglichte den friedlichen Ablauf der Demo.
Schade war, dass nicht mehr Attac-Mitglieder teilgenommen haben. Die
Kurzfristigkeit der Aktionsplanung und die damit verbundene späte
Genehmigung, das miese Wetter, Kommunalwahlen in Bayern und vor allem die
Hemmung in einem anderen Land zu demonstrieren, waren wohl dafür
verantwortlich. Erfreulich war dagegen, dass es eine echte internationale
Attac-Aktion war. Die meisten TeilnehmerInnen hatten sich noch nie gesehen
und trotz der schwierigen Situation gab es sofort eine geteilte,
gandhianisch geprägte Kultur: Wir lassen uns von der geplanten
Demonstration nicht abhalten, steigen nicht auf Provokationen ein und
bleiben bei unserem berechtigten Anliegen. Wir alle hatten das Gefühl,
dass unsere Argumente sowohl bei ZuhörerInnen wie auch Medien angekommen
sind. Die Aktion war wichtig für unsere Kampagne zur Schließung der
Steueroasen, für unsere internationale Zusammenarbeit wie auch für die
demokratische Kultur Liechtensteins.
Sven Giegold, Attac Deutschland
Der Artikel beruht auf einer längeren Auswertungstreffen nach der Aktion
in Feldkirch mit allen TeilnehmerInnen der Aktion.
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Maurizio Coppola
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