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<b>Ein paar Gedanken zur Bundestagswahl 2017</b>
<div class="moz-forward-container">
<p style="margin-top: 0.1cm; margin-bottom: 0cm" align="LEFT">Normalerweise
schreibe ich über Solidarische Ökonomie, Selbstorganisation und
Stadtentwicklung. Heute aus aktuellem Anlass mal ein anderes
Thema: Die Bundestagswahl. Ich kenne einige, die nicht viel von
Wahlen halten, die lieber selber machen statt zu delegieren –
hierarchiefrei und selbstbestimmt. In außerparlamentarischen
Bewegungen scheint die Bundestagswahl kein großes Thema zu sein.
Auch ich erwarte keinen grundlegenden Politikwechsel. Anders als
1998, wo nach 16 Jahren Kohl viele sich so vieles von Rot-Grün
erhofften. Ich war dabei, als <a
href="http://netzwerk-selbsthilfe.de/" target="_blank"
moz-do-not-send="true">Netzwerk Selbsthilfe</a> und <a
href="http://contraste.org/" target="_blank"
moz-do-not-send="true">CONTRASTE</a> damals mit vielen anderen
die <a href="http://www.contraste.org/index.php?id=80"
target="_blank" moz-do-not-send="true">Initiative Anders
Arbeiten – oder gar nicht?!“</a> zur kritisch-solidarischen
Begleitung der neuen Bundesregierung gründeten. Mit der ersten
deutschen Kriegsbeteiligung seit dem 2. Weltkrieg (gegen
Serbien), mit Hartz IV (Mobbing und Ausgrenzung gegen
Erwerbslose) und Riester (Einstieg in den Ausstieg aus der
paritätischen Rentenversicherung) wurden unsere Erwartungen
heftig enttäuscht. Und danach, nun ja … </p>
<p style="margin-top: 0.1cm; margin-bottom: 0cm" align="LEFT">Vielleicht
stimmt es, dass Wahlen verboten wären, wenn sie wirklich etwas
ändern würden. Ich käme auch nicht auf die Idee, von
Parlamentswahlen die Abschaffung des Kapitalismus zu erwarten.
Gleichzeitig denke ich, dass – bei aller Kritik an
undemokratischen Entscheidungsfindungen, Lobbyismus und
Machtkarussels, Korruption etc. – nicht vergessen werden sollte,
dass viele Menschen in vielen Ländern dieser Welt froh wären,
wenigstens in einem politischen System wie in Deutschland zu
leben. Klar nervt es, wenn im Vorfeld der Bundestagswahl
plötzlich Politiker*innen aller Couleur öffentlich auftreten,
weil sie Stimmen einsammeln wollen, mit hohl klingenden
Werbesprüchen und Allgemeinplätzen. Damit kriegt mich auch
keine*r.</p>
<p style="margin-top: 0.1cm; margin-bottom: 0cm" align="LEFT">Aber
es gibt ja nicht „die“ Politik und „die“ Politiker*innen, und es
ist überhaupt nicht egal, wer im Parlament vertreten ist. Nur
ein kleines Beispiel aus Berlin: Der Kaufvertrag zur
Privatisierung das Kreuzberger Dragonerareals durch die BImA
(Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) wäre sicher politisch
durchgewunken worden, wenn nicht <a
href="https://stadtvonunten.de/" moz-do-not-send="true">Stadtteilinitiativen</a>
gemeinsam mit Lokal- und Bundespolitiker*innen in letzter Minute
das Wirksamwerden des Kaufvertrags verhindert hätten. Und es
gibt so viele große Themen: Krieg und Frieden,
Flüchtlingspolitik, Klimawandel, Ausverkauf öffentlicher
Infrastrukturen, Arbeitsbedingungen und Wohnungsnot etc. An der
neoliberalen Ausrichtung von Politik wird die Wahl nichts
Grundlegendes ändern, aber für die jeweils Betroffenen kommt es
oft schon auf Nuancen an. Darum spricht meines Erachtens nichts
dagegen, und vieles dafür, auch die parlamentarischen
Möglichkeiten zu nutzen. Nicht als Alternative zu eigenen
Aktivitäten, sondern ergänzend.</p>
<p style="margin-top: 0.1cm; margin-bottom: 0cm" align="LEFT">Ich
möchte euch also motivieren, trotz Zweifeln wählen zu gehen.
Hier die Gründe, warum ich wähle, und was ich mir dazu überlege:</p>
<ul>
<li>
<p style="margin-top: 0.1cm; margin-bottom: 0cm" align="LEFT">Mein
Privileg, wählen zu dürfen und zu können, möchte ich nicht
achtlos wegwerfen (auch wenn ich es ungerecht finde, dass so
viele ausgeschlossen sind), denn Rechte, die nicht genutzt
werden, verschwinden eines Tages.</p>
</li>
<li>
<p style="margin-top: 0.1cm; margin-bottom: 0cm" align="LEFT">Ich
möchte dazu beitragen zu verhindern, dass die AfD stärkste
Oppositionspartei wird.</p>
</li>
<li>
<p style="margin-top: 0.1cm; margin-bottom: 0cm" align="LEFT">Bei
meiner Wahlentscheidung konzentriere ich mich diesmal
darauf, wen ich möglichst stark in der Opposition sehen
möchte.</p>
</li>
<li>
<p style="margin-top: 0.1cm; margin-bottom: 0cm" align="LEFT">Meine
Erststimme vergebe ich an die Person, die sich nicht erst im
Wahlkampf für die Ziele einsetzt, die auch mir am Herzen
liegen, sondern von der ich weiß, dass sie schon länger
dafür einsteht. In manchen Bezirken gibt es mehrere solcher
Direktkandidat*innen, da würde ich mich für die oder den
entscheiden, wer von ihrer/seiner Partei keinen Listenplatz
für den sicheren Einzug in den Bundestag bekommen hat.</p>
</li>
<li>
<p style="margin-top: 0.1cm; margin-bottom: 0cm" align="LEFT">Mit
meiner Zweitstimme wähle ich die Partei, von der ich
erwarte, dass sie in der Opposition am klarsten für Frieden
und soziale Gerechtigkeit, gegen Ausgrenzung und Rassismus
eintreten wird. Solche Stimmen im Bundestag finde ich
wichtig, auch wenn sie Entscheidungen vielleicht nicht
beeinflussen können, aber allein dass sie hörbar sind, kann
schon etwas bewirken im Bewusstsein der Bevölkerung. Und
ohne die Köpfe und Herzen der Menschen zu gewinnen, kann ich
mir auch keine gesellschaftliche Transformation vorstellen.</p>
</li>
<li>
<p style="margin-top: 0.1cm; margin-bottom: 0cm" align="LEFT">Von
der Partei und der Person meiner Wahl erwarte ich, dass sie
die Rechte von Bundestagsabgeordneten ausgiebig nutzen,
Anfragen stellen und Einsicht in Unterlagen verlangen um
politische Sachverhalte transparent zu machen, Anliegen von
Basisbewegungen in Bundestagsausschüsse tragen etc., und
damit außerparlamentarische Aktivitäten unterstützen.</p>
</li>
</ul>
<p style="margin-top: 0.1cm; margin-bottom: 0cm" align="LEFT">Dies
sind meine Gründe, zu wählen, sicher gibt es viele weitere.<br>
</p>
<p style="margin-top: 0.1cm; margin-bottom: 0cm" align="LEFT">Für
die nächsten Lokalwahlen lohnt es sich, einen Blick über die
Landesgrenzen nach Spanien zu werfen. Dort erobern seit zwei
Jahren soziale Basisbewegungen die Rathäuser, und bemühen sich
ganz pragmatisch um eine Politik zur Verbesserung der
Lebensbedingungen von breiten Bevölkerungsschichten und
Marginalisierten. Über die Konferenz „Fearless Cities“ zu diesem
Thema, die im Juni 2017 in Barcelona stattfand, habe ich in der
aktuellen Ausgabe der „CONTRASTE – Monatszeitung für
Selbstorganisation“ berichtet: <a
href="http://www.contraste.org/index.php?id=274"
target="_blank" moz-do-not-send="true">Rebellische Städte
gegen Rassismus und Patriarchat</a></p>
<p style="margin-top: 0.1cm; margin-bottom: 0cm" align="LEFT">Ich
denke, es ist dem großen Ziel eines guten Lebens für alle,
weltweit und auf Dauer, nicht abträglich, schon heute unter den
herrschenden Bedingungen des globalisierten Kapitalismus zu
versuchen, dort, wo es möglich ist, auch parlamentarisch
Einfluss zu nehmen – selbstverständlich ohne sich der Illusion
hinzugeben, es sei damit getan.</p>
<p style="margin-top: 0.1cm; margin-bottom: 0cm" align="LEFT">Also
denkt doch mal darüber nach, ob Ihr nicht doch zur Wahl geht,
ganz pragmatisch und trotz allem.</p>
<p style="margin-top: 0.1cm; margin-bottom: 0cm" align="LEFT">In
diesem Sinne solidarische Grüße</p>
<p style="margin-top: 0.1cm; margin-bottom: 0cm; font-weight:
normal" align="LEFT"> Elisabeth</p>
<p style="margin-top: 0.1cm; margin-bottom: 0cm" align="LEFT"><b><a
href="http://www.elisabeth-voss.de/" moz-do-not-send="true">www.elisabeth-voss.de</a>
</b> </p>
<br>
</div>
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</html>