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<p style="margin-bottom: 0cm;">Liebe Genossinnen und Genossen, liebe
Freundinnen und Freunde<br>
</p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">in der Nacht von Samstag auf Sonntag
verstarb unser Genosse und Freund Gaetan Kayitare. In dieser Mail
findet ihr einen Nachruf, den ihr an diejenigen weiterleiten
solltet, die Gaetan gekannt und geliebt haben.<br>
</p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">mit sozialistischen Grüßen,<br>
</p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">Lucy Redler <br>
für die SAV-Bundesleitung<br>
</p>
<p style="margin-bottom: 0cm;"><br>
</p>
<p style="margin-bottom: 0cm;"><b>Nachruf: Gaetan Kayitare </b></p>
<p style="margin-bottom: 0cm;"><b>Wir haben einen außergewöhnlichen
Menschen verloren</b></p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">Es gibt Menschen, die sollten hundert
Jahre alt werden. Sozusagen aus objektiven Gründen. Weil sie die
Fähigkeit haben andere Menschen zu inspirieren. Gaetan Kayitare
war ein solcher Mensch. Aber er ist nicht hundert Jahre alt
geworden. Gaetan ist am 27. Februar gestorben und wir wissen nicht
einmal genau, wie alt er war. Geboren in Rwanda in Zentralafrika,
kannte er sein genaues Geburtsdatum nicht. Er war wohl Mitte
sechzig.</p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">Von Sascha Stanicic,
SAV-Bundessprecher</p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">Gaetan war seit 1982 Mitglied der SAV
bzw. der Vorläuferorganisation „Voran“ und hatte wesentlichen
Anteil daran, die Aachener Gruppe zu einer Hochburg der
Organisation aufzubauen. Er war Mitglied im Bundesvorstand,
arbeitete viele Jahre Vollzeit für Voran und SAV und einige Jahre
davon tageweise in der Bundeszentrale, war mehrmals Delegierter
zum Weltkongress des Komitees für eine Arbeiterinternationale.
Doch all solche Funktionen und Tätigkeiten können nicht
ausdrücken, welche Rolle er gespielt hat und welche Bedeutung er
für unzählige junge Menschen hatte, die gegen den Kapitalismus
rebellieren wollten und auf der Suche nach Erklärungen und
Perspektiven waren.</p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">Ich lernte Gaetan 1986, mit 16
Jahren, kennen. Von der ersten Begegnung an, übte er eine
faszinierende Ausstrahlung auf mich aus. Man spürte sofort, hier
hatte man es mit einem unerbittlichen Kämpfer zu tun. Seine Waffen
waren seine Worte. Und selbst, wenn man diese aufgrund des Tempos
und des Akzents, in denen er sie abfeuerte, nicht immer
hundertprozentig verstand, trafen sie seine politischen Gegner und
seine politischen Freunde gleichermaßen ins Herz. Es ist keine
Übertreibung, wenn ich schreibe, dass meine politische Entwicklung
zum Marxisten niemand so sehr beeinflusst und geprägt hat, wie
Gaetan Kayitare. Ohne ihn wäre ich ein Anderer geworden. Ich zog
es an nicht wenigen Tagen vor, mich von ihm vormittags in seiner
Küche in Marxismus, Geschichte der Arbeiterbewegung und
dialektischem Denken unterrichten zu lassen, als zur Schule zu
gehen. Ich weiß nicht wie oft wir morgens zusammen vor einer
Schule oder einem Betrieb Flugblätter verteilten oder unsere
Zeitung anboten und danach stundenlang diskutierten, oder besser:
ich ihm stundenlang zuhörte. Und diesbezüglich war ich unter den
jungen GenossInnen in Aachen keine Ausnahme. </p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">Gaetan hat sehr viele Menschen
nachhaltig geprägt und jeder, der ihn kennen lernte, behielt ihn
in Erinnerung. 1998 wurde er als Teil einer internationalen
Delegation des Komitees für eine Arbeiterinternationale nach
Schottland geschickt, um in dem Fraktionskampf in der dortigen
Sektion mitzudiskutieren. Gaetan prophezeite den schottischen
GenossInnen, die sich von den Positionen des CWI's entfernten,
dass sie im Reformismus landen werden. Er sprach immer seine
Überzeugungen direkt und unverhohlen aus. Doch die SchottInnen
liebten und respektierten ihn und sprachen nur in höchsten Tönen
von den Gesprächen mit ihm. Vielleicht auch weil sie erkannten,
dass sie es mit einem echten Internationalisten zu tun hatten.
Kaum einer lebte den Internationalismus wie er. </p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">Dabei war er nicht nur ein Mann des
Wortes, sondern vor allem auch ein Mann der Tat, ein Aktivist, der
sich keine Demonstration, keinen Streik entgehen ließ. Er war Teil
so ziemlich aller Bewegungen, die in Aachen in den letzten dreißig
Jahren stattfanden. Ob in Kampagnen gegen Prestigeprojekte in
seinem Stadtteil in Aachen-Nord, im Solidaritätskomitee für die
Bergarbeiter von Sophia Jacoba, im Kampf gegen Nazis und
Rassismus, beim Aufbau der WASG und dann, durch seinen
Gesundheitszustand schon stark eingeschränkt, der Partei DIE
LINKE. Um nur einige wenige Beispiele zu nennen. </p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">Er war zweifelsfrei ein Mensch, der
polarisierte. So sehr ihn die einen liebten, so sehr fürchteten
ihn die anderen. Die Aachener CDU ließ sich 1999 sogar dazu herab,
ihn wegen antirassistischer Aktionen vor dem lokalen CDU-Büro des
Terrorismus zu verdächtigen. Die CDU wollte ihm die deutsche
Staatsbürgerschaft verweigern! Sie kamen damit nicht durch. </p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">Aber auch innerhalb der
Arbeiterbewegung und der Linken, inklusive der eigenen
Organisation, war Gaetan immer für eine ordentliche Polemik zu
haben und nicht selten redete er seine Widersacher buchstäblich an
die Wand. </p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">Dann dachte man auch hin und wieder,
wie stur er doch ist. Aber oftmals stellte sich seine Sturheit als
Stolz, Prinzipienfestigkeit und Weitblick heraus. Seine
vorzüglichsten Charakterzüge waren dabei das Verschmähen einer
jeden Form von Anpassung und faulen Kompromissen und seine
herausragende Fähigkeit zu dialektischem Denken. </p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">Ich kenne kaum einen Menschen, der
die Dialektik so sehr verkörperte, dem sie so in Fleisch und Blut
übergegangen war, wie ihn. Dialektik, das Begreifen aller
Phänomene in ihrer Widersprüchlichkeit und ihrer Entwicklung, war
bei ihm kein trockener Lehrsatz, sondern in jeder Situation
angewandte Denkweise und Erkenntnistheorie. </p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">Gaetan gehörte zur älteren Generation
in der SAV, aber den Draht zur Jugend hat er nie verloren.
Wahrscheinlich war es die Tatsache, dass er ein großes Herz hatte
und die jungen Leute ernst nahm. Und dass er immer revolutionäre
Energie, einen unerschütterlichen Optimismus und das Vertrauen in
die Kraft der Arbeiterklasse, die Welt zu verändern, ausstrahlte,
was Jugendliche dazu veranlasste, ihn zu mögen und seine Nähe zu
suchen.</p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">Er war Revolutionär im besten Sinne
des Wortes. Der Kampf für soziale Rechte, gegen Ausbeutung und
Diskriminierung, für eine sozialistische Zukunft stand bei ihm an
erster, zweiter und dritter Stelle. Darüber hat er sich selber und
seine Gesundheit leider vernachlässigt, trotz aller Versuche von
seinen GenossInnen ihn dazu zu bewegen, mehr auf sich zu achten.
In den letzten Jahren häuften sich chronische Krankheiten und
gesundheitliche Probleme, die ihn immer mehr an seine Wohnung
fesselten und seine Aktivitäts- und Mobilitätsmöglichkeiten
einschränkten. An bundesweiten Zusammenkünften der SAV konnte er
seit zwei Jahren nicht mehr teilnehmen. Seine kleine Wohnung wurde
zum Treffpunkt der Aachener GenossInnen, wo unter permanenter
Kaffeeproduktion diskutiert und beraten wurde. Seine Kräfte haben
immer mehr nachgelassen und trotzdem hat er nicht aufgehört, sich
in Debatten einzubringen und wichtige Ideen beizusteuern. Noch im
letzten Herbst suchte er die Diskussion über die veränderte
Weltlage nach dem Ausbruch der 'großen Rezession' und zu der
Frage, welche Schlussfolgerungen MarxistInnen daraus zu ziehen
haben. Für ihn war klar, dass Massenbewegungen auf der
Tagesordnung stehen, die die Machtfrage aufwerfen würden, selbst
wenn die Arbeiterklasse diese aufgrund der Schwäche ihrer
Organisationen noch nicht beantworten kann. Für ihn bedeutete das
aber, nicht auf die Perspektive und die Forderung nach der Bildung
von Arbeiterregierungen zu verzichten. Sondern im Gegenteil, diese
aufzuwerfen und zum Ausgangspunkt für eine Debatte über die
Notwendigkeit des Aufbaus sozialistischer Arbeiterparteien zu
nehmen. Die Ereignisse in Tunesien und Ägypten bestätigten diese
Ansicht innerhalb weniger Monate. </p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">Obwohl viele von uns<span
style="font-weight: normal;"> ahnten, dass es kritisch um ihn
steht, kam sein Tod</span><b> </b>zu
diesem Zeitpunkt unerwartet. Er selber und wir, die wir ihm nahe
standen und ihn bei seinen gesundheitlichen Schwierigkeiten
begleiteten und zu helfen versuchten, haben die akute
Ernsthaftigkeit seines Gesundheitszustandes unterschätzt. Wir
hatten gerade erst viele Maßnahmen diskutiert, damit Gaetan wieder
einen Anlauf für eine Verbesserung seiner Gesundheit hätte nehmen
können. Zu spät. Die Nachricht von seinem Tod war wie ein Schlag
in die Magengrube, man kann nicht mehr atmen, fühlt sich wie
gelähmt. Erst langsam funktioniert der Organismus wieder und man
realisiert, was geschehen ist. </p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">Eine Genossin der Berliner SAV
schrieb mir: „Gerade jetzt, nach diesen 20 Jahren Reaktion, in
denen er immer die Fahne hochgehalten hat. Und dann gerät die Welt
in Bewegung … Das ist ein Verlust, dafür gibt es gar keine Worte.“</p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">Wenn Gaetan uns jetzt in unserer
Trauer und Fassungslosigkeit sehen und zu uns sprechen könnte,
würde er wahrscheinlich etwas verärgert sagen, dass wir doch alle
wussten, dass er nicht besonders alt werden würde. Und dass wir
das fortsetzen sollen, was er so gerne fortgesetzt hätte: den
Herrschenden in die Suppe spucken, keine Ungerechtigkeit
durchgehen lassen, weiter kämpfen! </p>
<p style="margin-bottom: 0cm;"><i>Wir bitten unsere LeserInnen um
Spenden, um die Trauerfeierlichkeiten in Aachen ausrichten zu
können und im Sinne von Gaetan den Kampf für eine sozialistische
Zukunft fortsetzen zu können.<br>
</i></p>
<p style="margin-bottom: 0cm;"><i>Spenden bitte auf folgendes Konto:
<br>
Kontoinhaber: Anneliese Stanicic<br>
Kontonummer: 000 527 68 60<br>
Sparkasse Aachen<br>
BLZ: 390 500 00<br>
Verwendungszweck: Sonderfonds Gaetan<br>
</i></p>
<p style="margin-bottom: 0cm;"><br>
</p>
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