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<p style="margin-bottom: 0cm;"><b>Gesine Lötzschs Beitrag „Wege zum
Kommunismus“ im Vorfeld der Rosa-Luxemburg-Konferenz der jungen
Welt am 8. Januar hat eine heftige Debatte über Kommunismus und
Sozialismus in der Öffentlichkeit ausgelöst. </b></p>
<p style="margin-bottom: 0cm;"><b>Die bürgerlichen Medien und
Politiker
von SPD und Union standen sofort in den Startlöchern, um DIE
LINKE
auf breiter Front anzugreifen. Am weitesten aus dem Fenster
lehnte
sich der CSU-Generalsekretär Dobrindt, der die flächendeckende
Bespitzelung der Linkspartei und die Prüfung eines
Verbotsverfahrens
forderte. Das sind Politiker, die sich sonst bei jeder
Gelegenheit
die Wahrung der demokratischen Grundordnung auf die Fahne
schreiben.</b></p>
<p style="margin-bottom: 0cm;"><i>von Lucy Redler, Berlin</i></p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">Die bürgerlichen Medien jubilierten,
Lötzsch habe nun endlich mal ausgesprochen, was DIE LINKE wirklich
wolle. So veröffentlichte Die Welt einen Kommentar mit dem Titel
„Danke, Gesine Lötzsch“, in dem sie ausführte: <i>„Gesine
Lötzschs Sehnsucht nach Kommunismus und Überwindung des
Kapitalismus spricht eine Sprache, die nicht zu den Grundfesten
einer
aufgeklärten, demokratischen Öffentlichkeit gehört. Auf welchem
Boden sie auch immer stehen möge, es ist nicht jener der
freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Positiv vom
Kommunismus zu
schwadronieren, einer mit dem Blut Hunderttausender Opfer
getränkten
Ideologie, dazu gehört schon Chuzpe.“</i></p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">Es ist nichts Neues, dass die
bürgerlichen Medien und Vertreter prokapitalistischer Parteien wie
CDU/CSU die Überwindung des Kapitalismus und die Erstrebung einer
sozialistischen Gesellschaft mit den stalinistischen Regimen im
Ostblock gleichsetzen, um zu kaschieren, dass sich ihr
kapitalistisches System in der tiefsten Krise seit achtzig Jahren
befindet und ihre freiheitlich-demokratische Grundordnung in
Stuttgart und Gorleben mit Schlagstöckern, Pfefferspray und
Wasserwerfern durchgeprügelt wird.</p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">Gesine Lötzsch hat es mit ihrem
ursprünglichen Beitrag den Bürgerlichen jedoch auch einfach
gemacht, weil sie – entgegen späterer Interviews – in ihrem Text
nicht klarstellt, was sie unter Kommunismus versteht. Wenn sie
geschrieben hätte, dass Kommunismus eine klassenlose Gesellschaft
bedeutet und es im Osten keinen Kommunismus, sondern eine
stalinistische Diktatur gab, wäre es für die bürgerliche Meute
schwieriger gewesen, DIE LINKE auf breiter Front anzugreifen. Ihre
Äußerung ist Ausdruck einer nicht ganz eindeutigen Haltung vieler
LINKE-Funktionäre zur DDR, die sich auch im Programmentwurf der
Partei widerfindet, in dem einerseits ein klarer Bruch mit dem
Stalinismus gefordert wird, die DDR aber gleichzeitig als
„Sozialismusversuch“ deklariert wird.</p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">DIE LINKE sollte die Debatte jetzt
nutzen, um offensiv für eine sozialistische Demokratie zum
alltäglichen kapitalistischen Wahnsinn einzutreten und deutlich zu
machen, was sie darunter versteht. Eine sozialistische Demokratie
kann nur erreicht werden durch eine umfassende Umwälzung der
Eigentums- und Machtverhältnisse, das bedeutet der Verstaatlichung
aller Banken und der Schlüsselindustrien unter der demokratischen
Kontrolle und Verwaltung durch die arbeitende Bevölkerung. </p>
<p style="margin-bottom: 0cm;"><b>Was steht drin?</b></p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">Gesine Lötzsch schlägt jedoch in
ihrem Text gar keinen Weg zu einer sozialistischen Demokratie vor.
Im
Gegenteil: Der Text ist an Beliebigkeit nicht zu überbieten.</p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">Gesine Lötzsch setzt ihre „Wege zum
Kommunismus“ mit dem Trial and Error-Prinzip von Thomas Edison bei
der Erfindung der Glühbirne gleich und folgert daraus, man müsse
nur genug Wege zum Sozialismus ausprobieren:</p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">„<i>Die Wege zum Kommunismus können
wir nur finden, wenn wir uns auf den Weg machen und sie
ausprobieren,
ob in der Opposition oder in der Regierung. Auf jeden Fall wird
es
nicht den einen Weg geben, sondern sehr viele unterschiedliche
Wege,
die zum Ziel führen.“</i></p>
<p style="margin-bottom: 0cm;"><span style="font-style: normal;">Nachdem
Lötzsch
anfangs den Weg der Beliebigkeit zu einer sozialistischen
Gesellschaft einschlägt, weist ihre Logik im Endeffekt nicht
über
den Kapitalismus hinaus </span>und lässt dabei noch die arme
Rosa
Luxemburg als Kronzeugin auftreten. Diese würde sich sicher im
Grabe
umdrehen, wenn sie wüsste, dass Gesine Lötzsch sie ihres Inhalts –
der Abschaffung des Kapitalismus und der Erkämpfung einer
sozialistischen Gesellschaft entleeren würde.</p>
<p style="margin-bottom: 0cm;"><b>Regierungsbeteiligung</b></p>
<p style="margin-bottom: 0cm; font-style: normal;">Schon der Hinweis
Lötzschs, dass man Wege sowohl in der Opposition als auch in der
Regierung ausprobieren müsse, konterkariert den Kampf für
Sozialismus und steht im klaren Widerspruch zu Rosa Luxemburg, die
schon 1899 den Eintritt des Sozialisten Millerands in eine
bürgerliche Regierung rügte (nachzulesen in: Sozialistische Krise
in Frankreich von 1901).</p>
<p style="font-style: normal;">Rosa Luxemburg formulierte sehr klar
in
„Eine taktische Frage“: <i>Ein Sozialdemokrat hingegen, der
dieselben Reformen als Mitglied der Regierung, das heißt
gleichzeitig bei aktiver Unterstützung des bürgerlichen Staates
im
Ganzen anstrebt, reduziert tatsächlich seinen Sozialismus im
allerbesten Fall auf bürgerliche Demokratie oder bürgerliche
Arbeiterpolitik. Während daher das Vordringen der
Sozialdemokraten
in die Volksvertretungen zur Stärkung des Klassenkampfes, also
zur
Förderung der Sache des Proletariats führt, kann ihr Vordringen
in
die Regierungen nur die Korruption und Verwirrungen in den
Reihen der
Sozialdemokratie zum Ergebnis haben.“</i> </p>
<p style="font-style: normal;">Genau das sehen wir heute in Berlin
und
Brandenburg, wo DIE LINKE an der Regierung beteiligt ist. Es
bleibt
die Aufgabe von Linken in der Linkspartei, die Ideen Rosa
Luxemburgs
zu verteidigen und auch als Werkzeug in der Auseinandersetzung um
die
Perspektive der Linkspartei zu nutzen.</p>
<p style="margin-bottom: 0cm;"><b>Eigentumsfrage</b></p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">Lötzsch zeichnet in ihrem Beitrag
einen Weg der kleinen Reformschritte, der dann irgendwann zum
Sozialismus führen würde und nennt das „revolutionäre
Realpolitik“. </p>
<p style="margin-bottom: 0cm;">In Bezug auf Rosa Luxemburg und die
Niederlage der deutschen Revolution 1918 schreibt sie: „<i>Was
hier
durch Rosa Luxemburg in der konkreten Situation einer
unvollendeten
Revolution und der absehbaren Defensive formuliert wurde, ist
eine
Politik, die sie selbst »revolutionäre Realpolitik« nannte –
ausgehend von den dringenden Nöten der Arbeiter und großer Teile
der Bevölkerung soll an Lösungen gearbeitet werden, die deren
Lage
spürbar verbessern und zugleich zu einer strukturellen
Veränderung
der Eigentums- und Machtverhältnisse führen. Es sollen
Tagesfragen
beantwortet und Kapitalismus und Militarismus zurückgedrängt
werden
mit dem Ziel, diese schließlich zu überwinden.“</i></p>
<p style="margin-bottom: 0cm; font-style: normal;">Doch während Rosa
Luxemburg den Kampf für Reformen als Mittel zur sozialistischen
Umwälzung verstand, verfolgt Gesine Lötzsch ein anderes Ziel. Bei
Lötzsch geht es jedenfalls im folgenden nicht mehr um „die
strukturelle Veränderung der Eigentums- und Machtverhältnisse“,
sondern um mehr oder weniger weitgehende Tagesforderungen wie
beispielsweise Belegschaftseigentum anstatt von umfassender
Verstaatlichung. </p>
<p style="margin-bottom: 0cm; font-style: normal;">Dass bei der
Forderung nach Belegschaftseigentum lediglich das kapitalistische
System mit ein bisschen mehr an Mitbestimmung verteidigt wird, hat
wenig mit Rosas Ansatz der Verbindung von Reform und
sozialistischer
Umwälzung zu tun.</p>
<p style="margin-bottom: 0cm; font-style: normal;"><b>Ein anderes
Ziel</b></p>
<p style="margin-bottom: 0cm; font-style: normal;">Auch Rosa
Luxemburg
war nicht gegen einfache Verbesserungen im Interesse der
Arbeiterklasse. Für sie stand der Kampf um Verbesserung aber im
Zusammenhang mit der Abschaffung des Kapitalismus. Oder, in ihren
Worten ist „der<i> Kampf um die Sozialreform das Mittel, die
soziale Umwälzung aber der Zweck“ </i>(Sozialreform und
Revolution)</p>
<p style="margin-bottom: 0cm; font-style: normal;">Wenn Gesine
Lötzsch
und Rosa Luxemburg sich getroffen hätte, hätte Rosa wohl etwas
ähnlich wie gegenüber Bernstein geantwortet: </p>
<p>„<i>Wer sich daher für den gesetzlichen Reformweg anstatt und
im Gegensatz zur Eroberung der politischen Macht und zur
Umwälzung
der Gesellschaft ausspricht, wählt tatsächlich nicht einen
ruhigeren, sicheren, langsameren Weg zum gleichen Ziel, sondern
auch
ein anderes Ziel, nämlich statt der Herbeiführung einer neuen
Gesellschaftsordnung bloß quantitative Veränderungen in der
alten.“
</i>
</p>
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