[Pirateninfo] Biopiraterie Internet-Rundschau Nr. 2, März 2009

Andreas Riekeberg a.riekeberg at jpberlin.de
Do Mär 19 22:47:40 CET 2009


Liebe Leserin, lieber Leser,

hier und im Anhang kommt nach der ersten Biopiraterie–Internetrundschau vom Ende Januar nun die zweite Folge in diesem Jahr.
Herzliche Grüße

Andreas Riekeberg



Biopiraterie – Internetrundschau Nr.2, März 2009

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CBD-Prozess:
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In Australien ist eine neue Regierung unter Premier Rudd angetreten und der australische Umweltminister Peter Garett sagte zu, dass Australien konstruktiv in die nächsten CBD-Verhandlungsrunden gehen werde und dabei auch rechtsverbindliche internationale Regelungen nicht mehr ausschließen werde. <http://www.bsozd.com/?p=9887>


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CBD-Anhang zum WTO/TRIPS-Vertrag?
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WTO-Generaldirektor Pascal Lamy hat am 11.3. informelle Gespräche angestoßen, u.a. bezüglich eine TRIPs-Änderung (das sog. „CBD-amendment“), um Maßnahmen gegen Unterschlagung und Biopiraterie einzuführen, eingeschlossen ein „disclosure of origin“ für Genetische Ressourcen, die bei Patent-Anmeldungen benutzt werden.
Das ganze geschah auf Botschafter-Ebene (plus einer), vertreten waren Brasilien, China, Ägypten, EU, Indien, Mauritius, Peru und Tansania aus der Gruppe der Befürworter von Reglungen und Argentinen, Australien, Kanada, Chile, Neuseeland und die USA aus der Gruppe der Gegner. Norwegen war als gruppenloses Land anwesend.
Laut einer Quelle befürwortet die pro-TN/C/W/52-Gruppe (<http://ictsd.net/i/ip/13903/>) eine TRIPS-Erweiterung. Gegenwärtig würden viele Länder ihre Gesetzgebung um Regelungen zu „traditional knowledge and genetic resources“ erweitern und Mindeststandards ergäben hier eine gewisser Vorhersehbarkeit, die auch im Sinne der Industrie sei. Demgegenüber votieren die Gegner der TRIPS-Erweiterung für eine Aufnahme dieser Dinge in die WIPO-“Intergovernmental Committee on Intellectual Property and Genetic Resources, Traditional Knowledge and Folklore“ weil dort ein breiterer Fokus auf ABS, TK und Copyright-Gesetzgebung gerichtet sei.
Einige der Erweiterungs-Befürworter wollte auch Regelungen zu PIC und ABS einbeziehen.
Tansania (LLDC-Gruppe) und Ägypten (afrikanische Gruppe) sind enttäuscht über die Unwilligkeit von WTO-Mitgliedern, DoO, PIC und ABS-Vereinbarkeit in ihre Gesetzgebung aufzunehmen.
<http://www.ip-watch.org/weblog/2009/03/12/lamy-restarts-informal-wto-process-on-proposals-on-ip-and-biodiversity-gi-extension/>
Die Verhandlungen wurden überschattet von dem Konflikt um die Beschlagnahme des HIV-Medikaments „Losartan potassium“ in den Niederlanden, die von Indien nach China transportiert werden sollten. „Losartan potassium“ ist in Europa  patentiert, DuPont und Merck Sharp & Dohme haben hier das Patent und die Vermarktunsrechtemarketing inne. Doch die Medizin ist weder in Indien, wo es hergestellt wurde, noch in Brasilien, wo es verkauft werden sollte, patentiert.
<http://ictsd.net/i/news/bridgesweekly/42823/>

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Indien
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Die indische Regierung hat 230.000 lokale Arzneimittel zum öffentlichen Gut erklärt, sie in eine  „Traditional Knowledge Digital Library“ eingestellt und private Rechtstitel darauf untersagt. Das EPA kann darin recherchieren. Die TKDL soll sich gegen Bioprospektionsprojekte richten, die zu 5.000 Patenten geführt hatten, von denen 2.000 eigentlich zu indischen medizinischen Systemen gehören. Allein in Brüssel (=EPA?) seien es 285 Patente auf Arzneimittel, die in den Systemen Ayurveda, Unani und Siddha bekannt seien. Gupta, Chef der TKDL hofft auf die kostengünstige Entwicklung neuer Medikamente auf der Basis traditioneller Medizin.
<http://ictsd.net/i/news/bridgesweekly/41660/> (insgesamt umfangreicher interessanter Artikel)
Michael Frein hat deutliche Kritik geäußert, weil hier mit dem OpenSource-Prinzip bei der Medizin der Ärmsten begonnen wurde und nicht bei den Entwicklungen der Pharma-Industrie: <http://pressetext.at/news/090219033/datenbank-schuetzt-indiens-medizin-vor-piraterie/>

Auch das EPA lobt dies als Projekt gegen Biopiraterie und die erstmalige Übersetzung vieler Texte der Texte über traditionelle indische Medizin ins Englische, Französische, Deutsche, Spanische und Japanische: <http://www.epo.org/topics/news/2009/20090211.html>

Dazu auch:
Die indische Pressemeldung dazu z.B. bei <http://www.thaindian.com/newsportal/india-news/india-to-partner-eu-to-prevent-bio-piracy_100153015.html>
Mehr Hintergrund zum Zustandekommen: <http://pib.nic.in/release/release.asp?relid=47343>
Die indische Regierung hat dem EPA Zugang zur einzigartigen TKDL gewährt, um Biopiraterie zu bekämpfen: <http://www.out-law.com/page-9798>, <http://www.linexlegal.com/content.php?content_id=83046>
und „Presseschau“ auf <http://blogs.nature.com/news/thegreatbeyond/2009/02/india_moves_to_protect_traditi.html>
und was auf französisch: <http://www.univers-nature.com/inf/inf_actualite1.cgi?id=3574>


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Afrika
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Anlässlich der Messe „HerbFest2009“ in Abuja, Nigeria, hat der nigerianische Minister für Wissenschaft und Forschung die afrikanischen Länder aufgerufen, die Entwicklung der biologischen Ressourcen zu fördern, um Verluste durch illegale und unautorisierte Sammlungen, also Biopiraterie zu vermeiden. <http://allafrica.com/stories/200903030751.html>


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Ecuador
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Die ecuadorianische Regierung hat am 9.3.09 der Umwelt-NGO Acción Ecológica mit fadenscheinigen Gründen die Zulassung entzogen. Ein Protestbrief wurde aufgesetzt, der das Engagement von AE u.a. gegen Biopiraterie betont.
<http://blogs.taz.de/latinorama/2009/03/10/ecuadors_umweltaktivistinnen_unter_druck_-_onlinepetition_unterschreiben/>
<http://upsidedownworld.org/main/content/view/1758/68/>

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Brasilien
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Die brasilianische Regierung hat 98 von 170 ausländischen NGOs das Handeln in Brasilien verboten, weil sie nicht bereit waren, sich registrieren zu lassen. Ein Grund für die Registrierungspflicht war der Vorwurf der Biopiraterie. <http://news.xinhuanet.com/english/2009-02/18/content_10839746.htm>

Die Regierung beginnt außerdem, ausländische NGOs aus dem Amazonasgebiet zu verdrängen, weil sie sie der Industriespionage und der Biopiraterie verdächtigt.
<http://www.reuters.com/article/reutersEdge/idUSTRE5294FW20090310>


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Peru
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Es gibt Streit darum, ob die in peruanischen Gesetzen zur Implementierung des Freihandelsvertrages mit den USA gegenüber den CAN-Verträgen fehlende Erwähnung der Nichtpatentierbarkeit von Genen und Germplasm ein Einfallstor für Biopiraterie darstellt:
<http://it.hexun.com/2009-02-23/114879422.html>

Ebenfalls kritisch zum bilateralen Freihandelsvertrag zwischen Peru und den USA: <http://www.coha.org/2009/01/ramming-the-matter-home-peru-us-fta-rushed-diluted-and-finagled/>

Ein Artikel auf französisch, u.a. auch zu Peru: <http://www.univers-nature.com/inf/inf_actualite1.cgi?id=3574>


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Mexiko/Oaxaca
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Das dort stattfindende Kartographie-Projekt „Bowman Expeditions' Mexico Indigena Project“, im Auftrag des US-Militärs ruft Widerstand hervor, der dieses Projekt als eine Teil von Geo-Piraterie, Biopiraterie und Aufstandsbekämpfung ansieht. Interview mit UNOSJO-Leiter Aldo Gonzalez.
http://upsidedownworld.org/main/content/view/1759/1/

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Deutschland
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Biopiraterie-Furcht steht der taxonomischen Forschung entgegen: <http://www.academics.de/wissenschaft/biodiversitaet_gern_gelobt_ungern_gefoerdert_36004.html;-e6htn20dsk3>.


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Frankreich
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In Frankreich hat sich vor gut einem Jahr das „Collectif contre la Biopiraterie“ gegründet, wird in einem Artikel zum WSF in Belem berichtet, bei dem es auch einen Workshop gegen Biopiraterie gab, schreibt <http://www.obiwi.fr/voyage-decouvertes/tourisme-solidaire/80558-amazonie-2009-au-forum-social-mondial-de-belem>


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USA
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Die FDA hatte das auch natürlich im „red yeast rice“ vorkommende, cholesterinseinkende „Lovastatin“-Moleklül nach dem Nachbau durch Pharmafirmen patentiert, was diese zum Ausgangspunkt nahmen, diesen „red yeast rice“ wegen dieses Inhaltsstoffes für sich zu reklamieren. <http://www.naturalnews.com/025606.html>



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Neuseeland
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„Te Ururoa Flavell – Speech“ der Maori-Partei bezieht Position gegen die „Criminal Investigation (Bodily Samples) Amendment Bill“, die DNA-Material nutzbar machen will – und bezieht sich dabei auf das Humangenom-Diversity-Projekt und das „Genographic Project“ als Formen von Biopiraterie sowie die Gründung des IPCB dagegen.
<http://www.scoop.co.nz/stories/PA0902/S00153.htm>


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Neuerscheinungen:
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Neem Dreams, von Inez Baranay <http://www.mmdnewswire.com/indian-neem-tree-4656.html>

Carol Thompson, (Norther Arizona University political science professor): „Biopiracy of Biodiversity-Global Exchange as Enclosure“ <http://jackcentral.com/news/2009/03/nau-professor-talks-biopiracy-in-new-book/>
-------------- nächster Teil --------------
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