[Pirateninfo] Fwd: "No patents on seeds" Newsletter 1

Andreas Riekeberg a.riekeberg at jpberlin.de
Sa Jan 24 13:59:11 CET 2009


Hallo zusammen,

anbei der erste Newsletter der Initiative "no-patents-on-seeds", die auch von der BUKO-Kampagne gegen Biopiraterie untersützt wird.

Schöne Grüße
Andreas Riekeberg


------- Weitergeleitete Nachricht -------

Rundbrief Nr 1, January 2009
www.no-patents-on-seeds.org


Liebe Leser,

dieser Rundbrief ist ein gemeinsames Projekt der Organisationen, die das globale Bündnis >No Patents on Seeds< gegründet haben. Besonderer dank gilt an dieser Stelle Misereor (Deutschland), der Erklärung von Bern (Schweiz), SWISSAID (Schweiz) und dem Development Fund (Norwegen), „Kein Patent auf Leben!" und Greenpeace Deutschland, die die laufende Arbeit der Initiative auch im Jahr 2009 unterstützen.

Die Initiative „No Patents on Seeds" wurde 2007 gegründet. Inzwischen unterstützen mehr als 50 Bauernverbände und etwa 100 andere Organisationen das globale Netzwerk. Der gemeinsame Appell wurde Ende 2007 an den Präsidenten der Europäischen Patentorganisation übergeben. Das Bündnis organisierte verschiedene schriftliche Stellungnahmen zu Präzedenzfällen wie dem Patent auf Brokkoli und die „Schrumpeltomate" (mehr zu diesen Fällen ist auf unserer Homepage zu lesen). Mit besonderer Unterstützung von „Kein Patent auf Leben!" wurden mehr als 40.000 Unterschriften gesammelt und 2008 dem Europäischen Patentamt übergeben.

Durch die Unterstützer des Bündnisses wurden weitere Aktivitäten realisiert: Greenpeace Deutschland, Misereor und „Kein Patent auf Leben!" reichten verschiedene Einsprüche gegen Patente auf Tierzucht ein, unterstützt von Landwirten und Züchtern. Im Oktober 2008 veranstalteten diese Organisationen zusammen mit dem Bund Deutscher Milchviehhalter eine Demonstration vor dem Europäischen Patentamt, an der einige hundert Menschen teilnahmen. Ebenfalls im Oktober 2008 fand eine öffentliche Demonstration in Italien statt. In Norwegen gründete sich eine Koalition von 16 Umweltgruppen, die die Regierung auffordert, sich zu den Fällen des Brokkoli und Tomaten Patentes zu äußern. Im September wurden hunderte von Unterschriften an den Justizminister übergeben, mit der Aufforderung, gegen die Patente aktiv zu werden.

Durch diesen Rundbrief soll diese einmalige Koalition weiter gestärkt werden, es sollen Informationen ausgetauscht, gemeinsame öffentliche Aktivitäten vorbereitet und politische Initiativen gestartet werden. Wie eine wachsende Nahrungsmittelknappheit zeigt, steht dabei viel auf dem Spiel. Parallel läuft derzeit eine fortschreitende Übernahme der internationalen Märkte für Lebensmittel und Landwirtschaft durch weltweit agierende Unternehmen, wobei das Patentrecht systematisch zur Aneignung der Nahrungsgrundlagen missbraucht wird (siehe dazu auch den Bericht "Patents on Hunger?", Greenpeace Deutschland, http://www.no-patents-on-seeds.org/index.php?option=com_content&task=view&id=78&Itemid=42〈=en). Wir fordern weltweit eine Änderung der Praxis der Patentämter und insbesondere ein Verbot der Patentierung von Saatgut, Pflanzen und Tieren.

Es ist geplant, diesen Rundbrief zumindest im Jahr 2009 alle zwei bis drei Monate auszusenden. Der Newsletter soll ein Hilfsmittel für alle Unterstützer und interessierte Kreise werden, um Informationen auszutauschen, Standpunkte zu klären und weitere politische Schritte zu planen. Er soll beispielsweise über aktuelle Patente und Entscheidungen der Patentämter informieren, über politische, rechtliche und ökonomische Entwicklungen berichten. Er soll helfen, Ideen und Anregungen für die Unterstützung oder Durchführung verschiedener Initiativen zu sammeln und weiter zu geben (bitte auch an mögliche weitere Unterstützer weitergeben!). In der ersten Ausgabe dieses Rundbriefes bitten wir in diesem Zusammenhang um Unterstützung eines Einspruches:

Einige Mitglieder des Bündnisses bereiten einen Sammeleinspruch gegen ein europäisches Patent auf die Züchtung von Schweinen vor. Bitte unterstützen Sie diese Initiative! Lesen Sie anliegende Informationen (Annex 1) und schicken Sie das Formular, das im Internet heruntergeladen werden kann, mit Ihrer Unterschrift an die an die Initiative „Kein Patent auf Leben!" (s.u.)

Weitere aktuelle Informationen in den Anhängen.

Mit den besten Wünschen für das Jahr 2009,
Christoph Then,

im Auftrag der Organisationen Development Fund (Utviklingsfondet, Norwegen), Erklärung von Bern (Schweiz), Greenpeace e.V. (Deutschland), Misereor (Deutschland), „Kein Patent auf Leben!" (Gen-ethisches Netzerk e.V., Deutschland), SWISSAID (Schweiz).


Annex 1:
Unterstützen Sie den gemeinsamen Einspruch gegen das Patent auf die Zucht von Schweinen von Monsanto / Newsham Choice Genetics

Am 16. Juli 2008 wurde am Europäischen Patentamt das Patent EP 1651777 auf die Zucht normaler, konventioneller Schweine erteilt. Das Patent beruht auf der Nutzung von natürlichen Gen-Varianten, die in allen Schweinerassen vorkommen. Mit dem Verfahren soll unter anderem die Mastleitung der Tiere verbessert werden (weitere Informationen auf www.no-patents-on-seeds.org > Die PatentSau)

Nach den Europäischen Patentgesetzen können sich Patente, die Verfahren zur Erzeugung von Pflanzen und Tieren umfassen, auch auf deren Nachkommen erstrecken. Dadurch ergibt sich eine große Reichweite des Patentes. Aufgrund moderner Zucht und Vermehrungsverfahren können sich die Nachkommen der patentierten Schweine verbreitet werden, innerhalb weniger Generationen können zig-tausend Schweine betroffen sein. Ein besonderes Problem ist dabei, dass die patentierten Schweine nicht von anderen Schweinen unterscheidbar sind.

Das Patent passt in eine ganze Reihe von weiteren Patentanmeldungen mit denen systematisch versucht wird, weitreichende Kontrolle über die Landwirtschaft, die Tier- und Pflanzenzucht sowie wie Lebensmittelproduktion zu übernehmen. Das Patentrecht wird dazu missbraucht, um neue globale Abhängigkeiten zu schaffen. Durch Patente auf Saatgut, Nutztiere, Lebens- und Futtermittel können die Preise für die Verbraucher steigen und die Nahrungsmittelkrise in den Entwicklungsländern verschärft werden.

Nach den Europäischen Patentgesetzen hätte dieses Patent nicht erteilt werden dürfen. „Kein Patent auf Leben!", Greenpeace Deutschland, die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall (BESH) und die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft (ABL) wird gegen dieses Patent gemeinsam mit anderen Organisationen und Personen einen Sammeleinspruch einlegen. Einzelpersonen und Verbände sind eingeladen, sich am Einspruch zu beteiligen. Frist für den Einspruch: 10. April 2009.

Das Formular (siehe www.keinpatent.de oder www.no-patents-on-seeds.org > PatentSau) herunterladen, ausfüllen und schicken an:

Kein Patent auf Leben, Dr. Ruth Tippe, Frohschammerstr. 14, 80807 München

Weitere Informationen unter www.no-patents-on-seeds.de und www.greenpeace.de


Annex 2: Nachrichtentelegramm

- Die Stellungnahmen, die zum neuen Präzedenzfall „Schrumpeltomate" abgegeben wurden, können auf der homepage des Europäischen Patentamtes gefunden werden:

http://v3.espacenet.com/publicationDetails/biblio?CC=EP&NR=1211926&KC=&locale=de_ep&FT=E

dann weiter "register" und dann "all documents".

- neue Einsprüche eingereicht: Greenpeace Deutschland, Misereor und Bauernverbände haben neue Einsprüche gegen Patente auf Tierzucht eingelegt (dazu auch Informationen www.greenpeace.de) :


Patent EP 1141418

„SELECTING ANIMALS FOR PARENTALLY IMPRINTED TRAITS"


Patent EP 1506316

„METHOD FOR IMPROVING EFFICIENCIES IN LIVESTOCK PRODUCTION"


- Das Europäische Patentamt hat eine Grundsatzentscheidung gegen Patente auf menschliche embryonale Stammzellen gefällt:  http://www.epo.org/topics/news/2008/20081127.html

- Das Europäische Patentamt hat entschieden, die Patente auf Verfahren zur Diagnose von Brustkrebs (BRCA1) erheblich einzuschränken: http://legal.european-patent-office.org/dg3/biblio/t051213eu1.htm

- Die Organisation ETC hat einen neuen Bericht mit dem Titel "Who Owns Nature?" veröffentlicht: http://www.etcgroup.org/en/materials/publications.html?pub_id=707"

- Ein Bericht, der über aktuelle Probleme im Patentrecht (insbesondere software) informiert: www.theinnovationpartnership.org/data/ieg/documents/report/TIP_Report_E.pdf


Annex 3: Beispiele für jüngst erteilte/ beantragte Patente am Europäischen Patentamt:

(mit Unterstützung der Initiative "Kein Patent auf Leben!" und Greenpeace, Deutschland)

Um zu zeigen, welch unglaublichen Patente derzeit beim Europäischen beantragt und teilweise auch erteilt werden, wurden drei aktuelle Beispiele ausgewählt:

(1) ein erteiltes Patent des Konzerns Firma Syngenta (Schweiz) auf Melonen aus konventioneller Zucht

(2) eine Patentanmeldung auf Sojabohnen mit und ohne Gentechnik vom US Konzern Monsanto (3) eine Patentanmeldung auf Kühe mit erhöhter Milchproduktion

EP 1 587 933 B1

Erteilungsdatum: August 08

Titel: NOVEL MELON PLANTS

Patentinhaber: Syngenta (CH)

Ansprüche: Das Patent erstreckt sich auf verschiedene Melonensorten mit einem hohen Gehalt an Zucker, die aus normaler Züchtung stammen. Das Saatgut, die Pflanzen und die Früchte wurden patentiert.

Kommentar: Das Patent ein Beispiel dafür, dass internationale Konzerne die ganze Kette der Nahrungsmittelproduktion patentieren lassen, vom Saatgut bis zum Lebensmittel


WO2008130981

Titel: Methods and compositions for selecting soybean plants resistant to Phytophthora root rot

Anmelder: Monsanto (USA)

Ansprüche: Methode zur Auswahl und Einkreuzung bestimmter Gene in Sojapflanzen und die so gezüchteten Sojapflanzen; auch in Kombination mit mit gentechnisch veränderten Eigenschaften wie Herbizidresistenz.

Kommentar: Ursprungsland der Soja liegt in Asien/ China. Die Patentierung von Soja mit natürlicherweise vorkommenden genetischen Anlagen kann als Biopiraterie angesehen werden. Es ist typisch, dass Monsanto zusätzlich auch gentechnisch veränderte Pflanzen beansprucht: Egal wie die Pflanzen produziert werden, Monsanto will ihre Vermarktung kontrollieren.

WO2008100145

Titel: Method for selection of non-human mammal producing milk with improved fatty acid composition

Anmdelder: Wageningen Universiteit; Holland Genetics BV; Vereniging de NL Zuivel Organi (NL, EP)

Ansprüche: Die Entdeckung eines Gens, das in Verbindung mit Milchmenge und Milchzusammensetzung steht; Methode zur konventionellen Zucht und Auswahl von nicht-menschlichen Säugetieren wie Kühen, deren Milch und daraus hergestelle Lebensmittel.

Kommentar: Diese Anmeldung ist ein weiteres Beispiel für Patente im Bereich der Tierzucht. Durch derartige Patente werden Landwirte die Möglichkeit verlieren, selbst aktive Tierzucht zu betreiben. Patentiert werden soll aber auch die Milch - dies könnte erhebliche Folgen für die Verbraucher haben.


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