[Pirateninfo] Rot-Grün einigt sich auf Gentechnik-Gesetz, Genmais-Anbau ab Herbst erwartet

BUKOAGRAR at aol.com BUKOAGRAR at aol.com
Mit Jan 14 13:04:00 CET 2004


Entfesselte Mutanten
Künast: Regierung einigt sich auf Gentechnikgesetz.
Genmais darf bald angebaut werden

Pech für Renate Künast. Die grüne
Verbraucherschutzministerin ist diejenige, die dafür zu sorgen
hat, daß auch in der Bundesrepublik bald Genmais und andere
sogenannte gentechnisch veränderte Organismen (GVO)
angebaut und auf den Markt gebracht werden können. Mit
einer Gesetzesnovelle muß sie die bereits 2001
verabschiedete Neufassung der EU-Freisetzungsrichtlinie in
nationales Recht umsetzen. Die Europäer sind in der
Welthandelsorganisation von den USA im vergangenen Jahr
auf Öffnung ihrer Märkte gegenüber Genfood verklagt worden,
und auch die europäischen Biotechnologie- und
Saatgutkonzerne haben erfolgreiche Lobbyarbeit betrieben.

Am Montag gab Renate Künast nun per Zeitungsinterview
bekannt, die Regierung habe sich nach langem Streit auf einen
Entwurf für ein Gentechnikgesetz geeinigt. Im Februar werde
das Kabinett das Gesetz verabschieden. Bereits seit dem
Frühsommer 2003 ging es in dieser Angelegenheit nur noch um
Schadensbegrenzung, und um die hat Künast sich immerhin
bemüht. Gleichwohl hob auch sie vor allem hervor, es sei zu
begrüßen, daß nach der neuen EU-Richtlinie Lebensmittel, die
GVO enthalten, nun gekennzeichnet werden müssen. Daß
damit auch ein seit 1998 geltendes Moratorium für den
großflächigen Anbau dieser Pflanzen beendet wird, machte
auch sie zunächst nicht publik.

In der Berliner Zeitung (Montagausgabe) betonte Künast, das
Gesetz werde die »Koexistenz« gentechnikfreier
Landwirtschaft und der Anbauer von Genfood wie auch die
Haftung für die unbeabsichtigte Freisetzung von GVO regeln.
In der Verordnung zum Gesetz werde man exakte Regeln
vorschreiben. So werde es für jede Pflanzenart bestimmte
Mindestabstände zwischen den Feldern sowie Schutzhecken
geben. Außerdem sei ein Standortregister geplant, mit dem
sich Landwirte »flurstücksgenau informieren können, wer
Genpflanzen anbaut«. Wenn etwa Nachbarn von
Genmais-Anbauern durch unerwünschte Auskreuzungen
infolge Pollenflugs geschädigt würden, hafte »prinzipiell der
Verursacher«. Vor Zivilgerichten könnten die Verursacher auf
Schadensersatz verklagt werden.

Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bundes
Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), zeigte sich
gegenüber jW skeptisch, ob diese Verordnung geeignet ist, die
gentechnikfrei produzierenden Bauern vor wirtschaftlichen
Verlusten durch die unkontrollierte Verbreitung der
Genpflanzen zu schützen. Es müsse nun verhindert werden,
daß schon vor Inkrafttreten der Verordnung zum Gesetz in
Deutschland Genpflanzen angebaut werden.

Künast bestätigte indes am Montag, daß es voraussichtlich
schon im Sommer zur ersten neuen Zulassung einer
genveränderten Maissorte durch die EU kommen wird. »Ich
rechne damit, daß spätestens im Herbst genveränderter Mais
in den Regalen der europäischen Supermärkte auftaucht«, so
die Ministerin. Wer will, kann sich notfalls bereits ab April auf
europäisches Recht berufen, wenn er in der BRD Genfood
anbaut. Laut Künast bekommen die Verbraucher mit der
Kennzeichnungspflicht »erstmals« das »Recht der Wahlfreiheit.
Und die Landwirte erhalten sichere Rahmenbedingungen«.

Umwelt- und Verbraucherschützer haben den Gesetzentwurf
dagegen als unzureichend kritisiert. Die »sogenannte
Wahlfreiheit« sei eine »Mogelpackung«, sagte Henning
Strodthoff, Gentechnikexperte bei der
Umweltschutzorganisation Greenpeace. Statt Landwirten das
Recht auf gentechnisch veränderten Anbau einzuräumen,
müsse das Gesetz Verbraucher und Bauern vor ungewolltem
Kontakt mit diesen Produkten schützen. Zudem könnten sich
Gentechnikverfechter immer darauf berufen, daß mit dem
Gesetz auch die Biotechnologie gefördert werden soll. Diese
Aussage sei weiterhin im Gesetzentwurf enthalten. Dies
kritisierte auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND).
Dessen Bundesgeschäftsführer Gerhard Timm sagte, wie ernst
Künast es mit dem Vorsorgeprinzip nehme, müsse sie jetzt bei
genmanipulierten Zuckerrüben und Raps beweisen. Nach
jüngsten britischen Studien führe der Anbau solcher Pflanzen
zu einem Rückgang der Artenvielfalt. Diese Tatsache müsse
genügen, um das entsprechende Saatgut zu verbieten.

Auch für den Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv)
bleiben »große Fragezeichen«. Bei der Haftung etwa müsse
die Beweislast umgekehrt werden, forderte vzbv-Sprecher
Carel Mohn. Dem einzelnen Bauern sei nicht zuzumuten, vor
Gericht den komplizierten Nachweis zu führen, daß seine
Felder durch genverändertes Saatgut verunreinigt worden
seien. Statt dessen müsse der Gen-Bauer im Streitfall das
Gegenteil nachweisen. Unklar sei auch, wer das geplante
Standortregister für Gen-Anbauflächen finanzieren werde: Dies
bedeute einen »immensen Verwaltungsaufwand« für eine
»Technologie, deren Nutzen sich sehr in Grenzen hält«, sagte
Mohn.

Jana Frielinghaus

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