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</head>
<body>
<p><img src="cid:part1.0q9CKTGg.ze0LHxkQ@imi-online.de"
moz-do-not-send="false"><br>
<br>
<b>----------------------------------------<br>
Online-Zeitschrift "IMI-List" <br>
Nummer 0642 – 26. Jahrgang<br>
----------------------------------------</b><br>
<br>
Liebe Freundinnen und Freunde,<br>
<br>
in dieser IMI-List finden sich <br>
<br>
1.) Weitere Informationen zum IMI-Kongress „Deutschland im
Kriegszustand?!“ am 25/26. November 2023;<br>
<br>
2.) Der Hinweis auf eine soeben erschienene Studie zur Frage einer
künftigen Sicherheitsarchitektur.<br>
<br>
3.) Neue Artikel auf der IMI-Homepage, u.a. zur viel beschworenen
„regelbasierten Ordnung“, die gerade im Nahen Osten und in der
Ukraine ihr wahres Gesicht zeigt; <br>
<br>
4.) Eine neue IMI-Analyse zur den „friedens“politischen Positionen
der AfD.<br>
<br>
Hier noch ein kleiner Hinweis in eigener Sache: Seit die erste
IMI-List Ende der 1990er verschickt wurde, haben wir ein rein
textbasiertes Design beibehalten. Heute haben wir erstmals einen
farbigen Header integriert, uns aber ansonsten entschlossen,
weiterhin alles relativ spartanisch und damit die Datengröße
möglichst klein zu halten. Wir gehen davon aus, dass die
Integration des Headers reibungslos klappt, sollten irgendwo
Probleme auftreten, bitte einfach unter <a class="moz-txt-link-abbreviated" href="mailto:imi@imi-online.de">imi@imi-online.de</a> melden.<br>
<br>
<br>
<b>1.) IMI-Kongress </b><br>
<br>
Deutschland im Kriegszustand?!<br>
Datum: 25./26. November 2023 (Auftaktveranstaltung 24.11)<br>
Ort: Hepperhalle, Westbahnhofstraße 23, 72070 Tübingen<br>
<br>
Die unsägliche „Kriegstauglichkeitsrede“, mit der
Verteidigungsminister Boris Pistorius kürzlich einen
„Mentalitätswandel“ in der deutschen Bevölkerung einforderte,
zeigt leider, wie brandaktuell das diesjährige Thema des
IMI-Kongresses ist. <br>
<br>
Alles Infos zum Kongress finden sich hier:
<a class="moz-txt-link-freetext" href="https://www.imi-online.de/2023/09/20/deutschland-im-kriegszustand/">https://www.imi-online.de/2023/09/20/deutschland-im-kriegszustand/</a>
<br>
<br>
Inzwischen gibt haben wir das Kongressplakat auch in hoher
Auflösung auf die IMI-Seite geladen:
<a class="moz-txt-link-freetext" href="https://www.imi-online.de/download/IMI_Plakat_2023_Druckversion.pdf">https://www.imi-online.de/download/IMI_Plakat_2023_Druckversion.pdf</a><br>
<br>
Auf Wunsch schicken wir auch gerne Plakate und Flyer zu, einfach
per Mail an die IMI anfordern. <br>
<br>
<b>2.) IMI-Studie</b><br>
<br>
Die neue IMI-Studie 2023/03 beschäftigt sich mit der Frage, wie
eine tragfähige Sicherheitsarchitektur aussehen und vor allem
auch, was linke Anforderungen an eine solche Struktur wären: <br>
<br>
IMI-Studie 2023/03<br>
Eine europäische Sicherheitsarchitektur nach dem Ukrainekrieg?<br>
Friedenspolitische Alternativen<br>
<a class="moz-txt-link-freetext" href="https://www.imi-online.de/2023/11/07/eine-europaeische-sicherheitsarchitektur-nach-dem-ukrainekrieg/">https://www.imi-online.de/2023/11/07/eine-europaeische-sicherheitsarchitektur-nach-dem-ukrainekrieg/</a>
<br>
Malte Lühmann (7. November 2023)<br>
<br>
INHALTSVERZEICHNIS<br>
<br>
1. Die bedrückende Gegenwart erfordert linke Alternativen<br>
2. Positionen zum Ost-West-Verhältnis nach diesem Krieg<br>
3. Staat, Sicherheit, Frieden? – Ausgangspunkte linker Politik<br>
4. Vom Konzept gemeinsamer Sicherheit zu Ukrainekrieg und
Zeitenwende<br>
5. Elemente einer alternativen Sicherheitsarchitektur zwischen
Europa und Russland<br>
6. Friedenspolitik heute – Vorangehen in schwierigem Gelände<br>
<br>
Gesamte Studie hier zum download<br>
<br>
Einleitung:<br>
<br>
Der Krieg in der Ukraine ist weiterhin in vollem Gange. Die
russischen Streitkräfte setzen ihren Angriff unvermittelt fort und
halten große Teile des Nachbarlandes besetzt. Die ukrainische
Armee tut ihr Möglichstes, dem Angriff zu widerstehen und erhält
dafür Unterstützung vor allem in Form umfangreicher Waffenhilfe
von EU und NATO. Europa und seine Nachbarn sind damit aktuell noch
weiter von Frieden und „gemeinsamer Sicherheit“ entfernt, als
lange zuvor. Wann und unter welchen Bedingungen dieser heiße Krieg
ein Ende finden wird, ist aus heutiger Sicht unabsehbar.
Angesichts der täglich steigenden Opferzahlen und des
unermesslichen Leids der Bevölkerung in den zerstörten Dörfern und
Städten der Kampfzone aber auch im Rest der Ukraine und auf der
Flucht steht zu hoffen, dass es möglichst schnell zu einer Lösung
kommt. <br>
<br>
Wie auch immer diese Lösung kurzfristig aussehen mag, schließt
sich auf mittlere Sicht die Frage an, wie nach diesem Krieg ein
dauerhafter Frieden und eine neue Sicherheitsarchitektur in Europa
zu organisieren sind. Die Herausforderungen und Gefahren, denen
eine Antwort auf diese Frage begegnen muss, sind vielfältig und
keineswegs auf die Situation der Ukraine und auf das Verhältnis
zwischen EU/NATO und Russland beschränkt. Ob und wie weitere
kriegerische Eskalationen in der Region zukünftig vermieden werden
können, betrifft auch andere Konfliktlagen, wie die zwischen
Serbien und dem Kosovo oder zwischen Griechenland und der Türkei.
Dazu kommt die Rolle europäischer Akteur:innen in benachbarten
Regionen, allen voran Afrika und dem Nahen Osten sowie auf
globaler Ebene im Rahmen einer zunehmend umkämpften Weltordnung
und damit im Verhältnis zu Akteur:innen wie den USA und China.
Über all dem ragt die atomare Bedrohung auf, die zuletzt durch die
Modernisierung von Atomwaffenarsenalen unter anderem in Frankreich
und den USA sowie die Stationierung russischer Atomwaffen in
direkter Nähe zur NATO inklusive offener Drohungen, diese
einzusetzen, drastisch verschärft wurde. Jenseits dieser Gefahren
machen die Klimakatastrophe und die gesellschaftlichen
Katastrophen von sozialer Ungleichheit, Armut und Hunger die
Chancen vieler Menschen auf ein sicheres Leben unmittelbar
zunichte. <br>
<br>
Doch auch wenn wir die Perspektive auf die Frage nach Frieden und
Sicherheit in Europa verengen, sind alternative Konzeptionen
dringend notwendig. Nimmt man die Wortmeldungen aus der
herrschenden Politik zu diesem Thema ernst (s.u.), dann wird sich
eine zukünftige Sicherheitsarchitektur Europas wesentlich auf den
Ausbau militärischer Fähigkeiten mit einem erhofften
Abschreckungseffekt stützten und in geopolitischer Gegnerschaft zu
einem dauerhaft bedrohlichen Russland befinden. Eine solche
Konfrontationslogik beinhaltet keine Ansätze zur Deeskalation und
dürfte kaum dazu geeignet sein, eine dauerhafte Friedenssituation
herzustellen. Bestenfalls werden rational handelnde Akteur:innen
dadurch zeitweise von direkten militärischen Angriffen
abgeschreckt. Einem solchen prekären nicht-Krieg mit all seinen
gesellschaftlichen Folgen (anhaltende Militarisierung, permanenter
Aufrüstungsdruck, Versicherheitlichung vieler Politikbereiche,
ständige Eskalationsgefahr, etc.) sind aus linker Perspektive
alternative Konzepte entgegen zu stellen. Die Formulierung solcher
Alternativen erfordert vier Schritte: 1) Ein Blick auf aktuell
öffentlich wahrnehmbare Positionen, um den Debattenraum
einzuschätzen, in dem sich linke Argumente bewähren müssen; 2)
Eine friedens- und sicherheitspolitische Perspektivenbestimmung,
die klar macht, von welchem Standpunkt aus hier argumentiert wird;
3) Eine Bestandsaufnahme der historisch-politischen Ausgangslage,
an der alternative Konzeptionen für die zwischenstaatliche Politik
ansetzen müssen; 4) Konkrete Alternativen und Vorschläge für
Schritte in Richtung einer neuen Friedensordnung.<br>
<br>
Gesamte Studie hier zum download<br>
<br>
<br>
<b>3.) Neue Texte auf der IMI-Homepage</b><br>
<br>
IMI-Standpunkt 2023/041<br>
Mutwillig oder fahrlässig?<br>
Wie Grüne und Sozialdemokraten dauerhaft hohen Militärausgaben und
Sozialkürzungen den Weg bereiten<br>
<a class="moz-txt-link-freetext" href="https://www.imi-online.de/2023/11/06/mutwillig-oder-fahrlaessig/">https://www.imi-online.de/2023/11/06/mutwillig-oder-fahrlaessig/</a> <br>
Jürgen Wagner (6. November 2023)<br>
<br>
IMI-Standpunkt 2023/040<br>
Deutscher Verteidigungsminister drängt auf Kriegstüchtigkeit<br>
Friedenspolitische Überlegungen in Zeiten aktueller politischer
Unvernunft (1)<br>
<a class="moz-txt-link-freetext" href="https://www.imi-online.de/2023/11/02/deutscher-verteidigungsminister-draengt-auf-kriegstuechtigkeit/">https://www.imi-online.de/2023/11/02/deutscher-verteidigungsminister-draengt-auf-kriegstuechtigkeit/</a>
<br>
Jens Wittneben (2. November 2023)<br>
<br>
IMI-Standpunkt 2023/039<br>
Ukraine und der „Nahen Osten“ – Die Entlarvung der „regelbasierte
Ordnung“<br>
<a class="moz-txt-link-freetext" href="https://www.imi-online.de/2023/10/31/ukraine-und-der-nahen-osten-die-entlarvung-der-regelbasierte-ordnung/">https://www.imi-online.de/2023/10/31/ukraine-und-der-nahen-osten-die-entlarvung-der-regelbasierte-ordnung/</a>
<br>
Bernhard Klaus (31. Oktober 2023)<br>
<br>
IMI-Analyse 2023/47<br>
Pistorius-Doktrin<br>
Teurer Balanceakt zwischen kurz- und langfristigen
Rüstungsperspektiven<br>
<a class="moz-txt-link-freetext" href="https://www.imi-online.de/2023/10/25/pistorius-doktrin/">https://www.imi-online.de/2023/10/25/pistorius-doktrin/</a> <br>
Jürgen Wagner (25. Oktober 2023)<br>
<br>
IMI-Standpunkt 2023/038<br>
Drohnenforschung und Drohnenkrieg<br>
Beitrag zum Science Slam „Technologies 4 Peace“ am 20.10.2023 in
der Frauenkirche Dresden<br>
<a class="moz-txt-link-freetext" href="https://www.imi-online.de/2023/10/23/drohnenforschung-und-drohnenkrieg/">https://www.imi-online.de/2023/10/23/drohnenforschung-und-drohnenkrieg/</a>
<br>
Christoph Marischka (23. Oktober 2023)<br>
<br>
<b>4.) IMI-Analyse: AfD</b><br>
<br>
IMI-Analyse 2023/48 - in: Graswurzelrevolution Nr. 483/2023<br>
Kein Frieden mit der AfD!<br>
Warum die AfD keine Friedenspartei ist<br>
<a class="moz-txt-link-freetext" href="https://www.imi-online.de/2023/11/07/kein-frieden-mit-der-afd/">https://www.imi-online.de/2023/11/07/kein-frieden-mit-der-afd/</a> <br>
Alexander Kleiß (7. November 2023)<br>
<br>
Die extrem rechte Alternative für Deutschland (AfD) inszeniert
sich seit etwa einem Jahr immer vehementer als Friedenspartei – ja
zum Teil sogar als die vermeintlich einzige Friedenspartei. So
schreibt etwa der AfD-Landesverband Nordrhein-Westfalen auf seiner
Homepage: „Die AfD ist die einzige Partei im Bundestag, die sich
für Frieden einsetzt und ein Konzept vorgelegt hat, wie er zu
erreichen ist und was Deutschland dazu beitragen kann.“[1]<br>
<br>
AfD für Aufrüstung<br>
<br>
Selbstvergewisserung für die Rolle als vermeintliche
Friedenspartei zieht die AfD dabei v.a. daraus, dass sie
Waffenlieferungen an die Ukraine und Sanktionen gegen Russland
kritisiert. Was sie hingegen nicht kritisiert: die für die BRD
beispiellose Aufrüstung, die aktuell im Gange ist. In dieser Frage
ist die AfD gespalten. Bei der Abstimmung über das 100 Milliarden
Euro umfassende Sondervermögen für die Bundeswehr Anfang Juni 2022
stimmten 33 AfD-Abgeordnete mit Ja, 35 mit Nein, bei sechs
Enthaltungen. Eine klare Kritik an Aufrüstung ist von der AfD
nicht zu erwarten. In ihrem Parteiprogramm fordert sie unter dem
Punkt „Bundeswehr stärken“ eine Aufrüstung der Bundeswehr, da
diese angeblich „nur noch bedingt einsatzbereit“ sei.[2] Damit
beteiligt sie sich an dem Märchen der vermeintlich „kaputt
gesparten Bundeswehr“, das ansonsten vor allem von der
Rüstungsindustrie und allen etablierten Parteien außer der Linken
erzählt wird. <br>
<br>
AfD braucht das Militär<br>
<br>
Eine grundlegende Kritik des Militarismus oder der Bundeswehr
sucht man in den Verlautbarungen der AfD vergeblich. Dies ist
nicht verwunderlich. Eine beinahe symbiotische Beziehung mit dem
Militär ist ein wesentliches Kennzeichen des Faschismus. So
beinhalten faschistische Fantasien das Militär als Garant für den
Machterhalt, als Instrument zur imperialen Ausdehnung, als Vorbild
zur Strukturierung von Partei und Gesellschaft sowie als Ästhetik,
die sich in militaristischen Massenaufmärschen ausdrückt.<br>
<br>
Der AfD geht es nicht um Antimilitarismus und auch nicht darum,
die Durchsetzung nationaler Interessen durch Waffengewalt
grundsätzlich zu verurteilen. Auch bei der Mandatierung von
Bundeswehreinsätzen kritisierte die AfD diese nie grundsätzlich;
vielmehr lautete die Kritik in aller Regel, dass die Einsätze
nicht dem nationalen Interesse dienen würden. In ihrem
Parteiprogramm schreibt die AfD, sie befürworte Auslandseinsätze
„nur, wenn deutsche Sicherheitsinteressen berücksichtigt
werden“.[3] Eine grundlegende Kritik an Auslandseinsätzen der
Bundeswehr leistet die AfD nicht.<br>
<br>
Soldatenpartei<br>
<br>
Das hat seine Gründe. Schon seit ihrer Gründung stellte sich die
AfD als selbsternannte „Soldatenpartei“[4] dar. In den ersten 18
Monaten im Bundestag stellte die AfD 40 Anfragen mit Bezug zur
Bundeswehr und forderte regelmäßig eine Aufrüstung des Militärs.
Schätzungen zufolge waren 2019 von den 35.000 AfD-Mitgliedern
2.100 Berufssoldat*innen. Auch unter den Funktionsträger*innen der
AfD finden sich auffällig viele ehemalige und aktive
Soldat*innen.[5] Der ehemalige Landesvorsitzende der AfD in
Brandenburg, Andreas Kalbitz, war vor seiner (mittlerweile vorerst
beendeten) politischen Karriere Ausbilder der Fallschirmjäger in
Altenstadt.[6] Der AfD-Bundestagsabgeordnete Jan Nolte war
ebenfalls Berufssoldat. Für die AfD sitzt er seit 2017 im
Verteidigungsausschuss. Auch der stellvertretende Vorsitzende der
AfD-Bundestagsfraktion Peter Felser war früher Offizier und unter
anderem im Auslandseinsatz in Bosnien eingesetzt – gemeinsam mit
dem rechtsintellektuellen Strippenzieher Götz Kubitschek, der der
AfD ebenfalls sehr nahe steht und als ihr Vordenker gilt.[7]<br>
<br>
AfD und Bundeswehr entstammen also dem selben Milieu. Außerdem ist
es Teil einer rechten Strategie, Soldat*innen als Teil des
Gewaltmonopols auf die eigene Seite zu ziehen – zum Teil verbunden
mit Aufrufen zum Umsturz. Bereits 2015, auf dem Höhepunkt des
langen Sommers der Migration, rief der Herausgeber des extrem
rechten Compact-Magazins Jürgen Elsässer deutsche Soldat*innen
auf, zu den Waffen zu greifen und „selbst aktiv“ zu werden:
„Wartet nicht auf Befehle von oben! Diskutiert die Lage mit Euren
Kameraden und werdet selbst aktiv! Nur Ihr habt jetzt noch die
Machtmittel, die von der Kanzlerin befohlene Selbstzerstörung zu
stoppen.“[8] Auch der AfD-Hardliner Björn Höcke betrachtet Teile
von Militär, Polizei und Verwaltung als wichtigen Bestandteil
seiner neofaschistischen Revolutionsfantasien. Im von ihm
verfassten Buch „Nie zweimal in denselben Fluß“ beschreibt der
Neonazi, wie dies gelingen solle: Neben den zwei „Fronten“ auf der
Straße und im Parlament (gemeint ist die AfD) sei auch noch eine
dritte „Front“ wichtig, um das System zu stürzen. Diese bestehe
aus „frustrierten Teilen des Staats- und Sicherheitsapparates“.[9]
Dementsprechend verwundert es auch nicht, dass Teile der AfD immer
wieder die Nähe zu rechten Soldat*innen unter Terrorverdacht
suchten.[10]<br>
<br>
Bekenntnis zur NATO<br>
<br>
In ihrem Parteiprogramm bekennt sich die AfD klar zur NATO. Diese
entspreche „den außen- und sicherheitspolitischen Interessen
Deutschlands“.[11] Sie befürwortet auch die deutsche Aufrüstung im
Rahmen der NATO, „um auf diesem Weg mehr Gestaltungsmacht und
Einfluss zu entfalten.“<br>
Hier lassen sich jedoch Spaltungslinien innerhalb der AfD
ausmachen. Bei der Europawahlversammlung im Juli 2023 forderten
sieben AfD-Landesvorsitzende, unter ihnen Björn Höcke, eine Abkehr
von der NATO, die von ihnen als vermeintlicher „Schutzschirm eines
fernen Hegemons“ bezeichnet wurde.[12] Der Antrag wurde deutlich
abgeschwächt. In der Präambel des Europawahlprogramms steht nun:
„Jegliche Dominanz außereuropäischer Großmächte in der
europäischen Außen- und Sicherheitspolitik lehnen wir ab.“[13] Die
europäischen Staaten sollten stattdessen aufrüsten, um ohne die
USA wehrhaft zu sein.[14]<br>
<br>
Nähe zu Putins Russland?<br>
<br>
Konsequenter Antimilitarismus (oder gar Pazifismus) scheint also
nicht die Motivation der AfD zu sein, gegen Waffenlieferungen in
die Ukraine zu stimmen. Vielmehr scheint die Motivation aus einer
gewissen Sympathie für Putins Russland erklärbar, die zumindest in
Teilen der AfD vorherrscht. Das Thema ist jedoch innerhalb der
radikalen Rechten in Deutschland sehr umstritten. Während die
Neonazi-Kleinpartei „Der III. Weg“ mit der Ukraine
sympathisiert,[15] scheint sich innerhalb der AfD der
pro-russische Flügel durchgesetzt zu haben. Die Sympathie dürfte
nicht nur aus der autokratischen Staatsform Russlands, sondern
auch aus der homophoben Politik Putins begründet sein. So lobte
Hans-Thomas Tillschneider, der für die AfD im Landtag
Sachsen-Anhalt sitzt, in Russland „eine in der Tradition
verwurzelte Lebensweise, die sich mehr und mehr als Gegenentwurf
zur traditions-, identitäts- und geschlechtslosen
Regenbogengesellschaft des Westens begreift.“[16] Den Westen
hingegen sieht er als „Regenbogenimperium“, gegen das Russland und
die AfD gemeinsam kämpfen würden. Auch für Björn Höcke ist
Russland der „natürliche Partner unserer Arbeits- und
Lebensweise“. Auch er sieht eine Dichotomie zwischen einem
angeblichen „Regenbogenimperium“ einerseits und dem
„traditionellen Osten“ andererseits. Seine Sympathie liege in
dieser Frage klar bei Russland.[17]<br>
<br>
Kein Frieden mit der AfD!<br>
<br>
Insgesamt lässt sich die Selbstdarstellung der AfD als
Friedenspartei als durchschaubarer Versuch entlarven, aus der
allgemeinen Kriegsstimmung in der Bundesrepublik Kapital zu
schlagen. Mit der tatsächlichen Programmatik hat diese
Selbstdarstellung wenig zu tun: Die AfD steht für Aufrüstung,
Militarismus, Nähe zum Militär, Kontakte zu rechten Netzwerken in
der Bundeswehr, ein Bekenntnis zur NATO, das nur durch latenten
Antiamerikanismus relativiert wird, und Sympathie mit dem
russischen Angriffskrieg. Genau hier muss auch die
antimilitaristische Kritik an der Darstellung der AfD als
vermeintliche Friedenspartei ansetzen. Die AfD muss genauso als
Kriegstreiber-Partei benannt werden wie CDU, FDP, SPD und Grüne
auch.<br>
<br>
Generell fällt auf, dass die AfD in wesentlichen Fragen, wie z.B.
dem 100-Milliarden-Sondervermögen zur Aufrüstung der Bundeswehr
oder dem Bekenntnis zur NATO gespalten ist. Durch Kritik und ein
Aufzeigen dieser Widersprüche von antimilitaristischer Seite
könnten sich diese Spaltungslinien innerhalb der AfD bestenfalls
verstetigen.<br>
<br>
Auch wenn es selbstverständlich sein sollte: Die AfD hat auf
Demonstrationen für Frieden nichts zu suchen. Dasselbe gilt für
andere rechte Kräfte. Es ist die Aufgabe linker Kräfte in der
Friedensbewegung, die AfD und ihre Vorfeldorganisationen
konsequent aus Friedensbündnissen zu verdrängen.<br>
<br>
Anmerkungen<br>
[1] AfD NRW: Die AfD ist die Friedenspartei! 2023.<br>
[2] Programm für Deutschland. Das Grundsatzprogramm der
Alternative für Deutschland. S.31.<br>
[3] Ebd., S.30.<br>
[4] Maria Fiedler: Truppen sammeln. Die AfD als
selbsternannte Soldaten-Partei. In: Heike Kleffner, Mathias
Meisner (Hrsg.): Extreme Sicherheit. Rechtsradikale in Polizei,
Verfassungsschutz, Bundeswehr und Justiz. 2019.<br>
[5] Ebd.<br>
[6] RND: Die rechtsradikale “Kreuz”-Connection und die
Bundeswehr. 23.1.2020.<br>
[7] Maria Fiedler: Truppen sammeln. Die AfD als
selbsternannte Soldaten-Partei. In: Heike Kleffner, Mathias
Meisner (Hrsg.): Extreme Sicherheit. Rechtsradikale in Polizei,
Verfassungsschutz, Bundeswehr und Justiz. 2019.<br>
[8] IMI-Standpunkt 2018/011. Lucius Teidelbaum: Die AfD im
Verteidigungsausschuss: Einige kritische Portraits. 4.4.2018.<br>
[9] Der rechte Rand. Cihan Balikçi: Der rechte Marsch durch
die Institutionen. 2020.<br>
[10] Vgl. Luca Heyer: AfD in rechten Netzwerken. Politischer
Arm des Rechtsterrorismus? In: Informationsstelle Militarisierung
(Hrsg.): Keine Einzelfälle. Wie der Staat mit rechten Soldat*innen
und ihren Netzwerken umgeht. 2022.<br>
[11] Programm für Deutschland. Das Grundsatzprogramm der
Alternative für Deutschland. S.30.<br>
[12] Welt: AfD diskutiert über Loslösung Deutschlands von der
Nato. 14.7.2023.<br>
[13] Merkur: Europawahlprogramm: AfD will radikale Abkehr von
der EU und Neugründung. 7.8.2023.<br>
[14] Ebd.<br>
[15] Deutsche Welle: Ukraine-Krieg spaltet Rechtsextreme.
3.4.2022.<br>
[16] Neues Deutschland: Ist die AfD wirklich eine
Friedenspartei? 21.2.2023.<br>
[17] Ebd.<br>
<br>
<br>
</p>
</body>
</html>