[IMI-List] [0562] Relaunch AUSDRUCK / Schwerpunkt: Rüstung Digital / Artikel: Digitalisierung und (Tech)Aufrüstungsspirale

IMI-JW imi at imi-online.de
Mi Mär 11 21:52:52 CET 2020


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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0562 .......... 23. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jürgen Wagner / Christoph Marischka
Abo (kostenlos)........ https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/imi-list
Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste/
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Liebe Freundinnen und Freunde,

in dieser IMI-List findet sich

1.) der Hinweis auf die anlässlich der 100. Ausgabe runderneuerte 
Version des IMI-Magazins Ausdruck – diesmal mit dem Schwerpunkt: 
„Rüstung digital!“;

2.) die IMI-Analyse: „Digitalisierung der Bundeswehr: Weg in die 
(Tech)Aufrüstungsspirale“.


1.) Relaunch: AUSDRUCK – Das IMI-Magazin Nr. 100 (März 2020)

Zur 100. Ausgabe des IMI-Magazins AUSDRUCK haben wir Konzept und Layout 
ein gutes Stück überarbeitet und – hoffentlich – verbessert.

Nicht zuletzt aufgrund der massiven Preiserhöhungen der Post haben wir 
uns entschieden, auf einen vierteljährlichen Erscheinungsrhythmus bei 
einem deutlich erhöhten Umfang umzusteigen (diesmal 68S A4). Außerdem 
wird es künftig weiter einen aktuellen Magazinteil geben, der aber um 
einen thematischen Schwerpunkt ergänzt wird. Wie oben bereits 
geschrieben, dreht sich der Schwerpunkt in dieser Ausgabe um das Thema 
„Rüstung digital“.

Einige weitere Überlegungen, die in den Relaunch eingeflossen sind, 
finden sich im Editorial, das im Anschluss an die Inhaltsangabe folgt. 
Wie gewohnt können die Gesamtausgabe und auch die Einzelartikel auch 
gratis auf der IMI-Seite abgerufen werden.

Selbstverständlich bekommen IMI-Mitglieder den AUSDRUCK auf Wunsch 
weiter in Print zugesendet und er lässt sich auch separat zum Preis von 
4,50 Euro (plus Porto) bestellen: imi at imi-online.de


AUSDRUCK – Das IMI-Magazin Nr. 100 (März 2020)

Gesamte Ausgabe hier: 
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck-Maerz-2020-Web.pdf


SCHWERPUNKT: RÜSTUNG DIGITAL

-- Editorial (Martin Kirsch, Christoph Marischka)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck-100-Editorial.pdf

-- KI und Geopolitik (Christoph Marischka)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck-100-CM-KI.pdf

-- Mensch-Maschine: EU-Großprojekte zum Manned-Unmanned-Teaming (Marius 
Pletsch)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck-100-MP-MUMT.pdf

-- EUropas (digitale) Aufrüstung (Tobias Pflüger)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck-100-TP-EU.pdf

-- Profiteure: Drei Beispiele aus der digitalen Aufrüstung
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck-100-Profiteure.pdf

-- 5G-Offensive: Zwischen Gefechtsfeld und Geopolitik (Jürgen Wagner)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck-100-JW-5G.pdf

-- Digitalisierung der Bundeswehr: Weg in die (Tech)Aufrüstungsspirale 
(Martin Kirsch)
http://www.imi-online.de/download/Ausdruck-100-MK-DigitalisierungBW.pdf


MAGAZIN

KRIEGSLOGISTIK
Großmanöver Defender 2020: Mit Tempo in den Neuen Kalten Krieg (Jürgen 
Wagner)
http://www.imi-online.de/download/Ausdruck-100-JW-Defender.pdf

KLIMA & KRIEG
Klimawandel und militärische Planungen (Karl-Heinz Peil)
http://www.imi-online.de/download/Ausdruck-100-KHP-Klima.pdf

DEUTSCHLAND UND DIE BUNDESWEHR
Nationaleuropäisches Rüstungsspagat (Jürgen Wagner)
http://www.imi-online.de/download/Ausdruck-100-JW-Spagat.pdf

Bundeswehr-Einsätze: Eine (miserable) kursorische Bilanz (Jens Wittneben)
http://www.imi-online.de/download/Ausdruck-100-JWi-Bilanz.pdf

Mali: Für einen Ausstieg aus dem Terror der Aufrüstung (Christoph Marischka)
http://www.imi-online.de/download/Ausdruck-100-CM-Mali.pdf

Per EU-Umweg zur Atommacht? (Jürgen Wagner)
http://www.imi-online.de/download/Ausdruck-100-JW-Atom.pdf

EU-MILITARISIERUNG
Neue Ufer: EU-Marinemission am Persischen Golf beschlossen (Jürgen Wagner)
http://www.imi-online.de/download/Ausdruck-100-JW-Marine.pdf

PULVERFASS IRAN
Politik der Hinrichtung (Marius Pletsch)
http://www.imi-online.de/download/Ausdruck-100-JW-Marine.pdf

Editorial

Der erste Ausdruck der IMI erschien im Juli 2003. Damals war der Name 
Programm. IMI-Texte sollten gesammelt zu Papier gebracht werden, um 
kritische Informationen und Analysen auch jenseits des Internets 
zugänglich zu machen. An dieser Grundausrichtung hat sich bis heute 
nichts geändert. Auslandseinsätze, die EU als militärischer Akteur, 
Atomwaffen und die Restauration der Militärmacht Deutschland sind uns 
als Themen leider erhalten geblieben. Mit dieser 100. Ausgabe des 
Ausdrucks wollen wir an die letzten 17 Jahre anknüpfen und haben doch 
(mal wieder) einiges verändert.
Ausgehend von kleineren und größeren Änderungsvorschlägen haben wir nach 
intensiven Diskussionen einen größeren Sprung gemacht, als zu Beginn 
gedacht. Geändert hat sich nicht nur das Layout. Aus der Idee, ein Thema 
über die aktuellen Ereignisse und Texte hinaus intensiver zu bearbeiten, 
ist eine neue, deutlich breiter aufgestellte Schwerpunktredaktion 
hervorgegangen, die pro Ausgabe ein Thema ausführlicher behandelt.
Dieser Prozess des Umbaus war allerdings auch mit einigen Hürden 
versehen. Nicht nur Layout und Texte für den Thementeil, sondern auch 
Absprachen und Kommunikationswege mussten sich neu finden. Die 100. 
Ausgabe des Ausdrucks ist damit also nicht nur ein Jubiläum, sondern 
auch ein kleiner Neuanfang. Das Ergebnis kann sich aber sehen lassen. An 
dieser Stelle auch ein fettes Dankeschön an alle, die sich an der 
Entstehung dieses 100. Ausdrucks beteiligt haben.

Die Digitalisierung gilt aktuell als technologischer und 
gesellschaftlicher Megatrend. In der Wirtschaft wird bereits von einer 
vierten industriellen Revolution geschwärmt – der ersten, die ausgerufen 
wird, bevor sie ihre Wirkung überhaupt voll entfaltet. Hinter diesem 
Trend wollen auch die Militärs in Zeiten zunehmender Großmachtkonflikte 
nicht zurückstehen. So wird nicht nur im Silicon Valley, sondern auch in 
den Verteidigungsministerien in Washington, Paris, Moskau, Peking oder 
Berlin nach sog. „Sprunginnovationen“ gesucht – technologischen 
Quantensprüngen, die es vor der Konkurrenz zu entdecken und zu 
implementieren gelte. Startups und Risikokapital sehen auch in 
militärischen Anwendungen neue Märkte und die EU will massiv in diese 
neuen Technologien investieren. „Digitalisierung“ ist dabei nicht nur 
ein Modewort, sondern die Vision einer umfassenden „Kampfwertsteigerung“ 
mit der Unterstützung durch Künstliche Intelligenz. Ausgegangen wird von 
einem voll vernetzten „gläsernen Gefechtsfeld“ auf dem neben Menschen 
und Waffensystemen aus Stahl vor allem Sensoren, Drohnen und Roboter 
eine völlig neue Rolle einnehmen. Zwei EU-Großprojekte arbeiten an der 
umfassenden Kooperation von bemannten und unbemannten Waffensystemen. Um 
an dem Wettrennen der Militärmächte um technologische Führerschaft 
teilnehmen zu können, ist auch die Bundeswehr auf dem Weg, sich enger 
mit Wissenschaft und Industrie zu verzahnen und begibt sich damit auf 
den Weg in eine permanente Aufrüstungsspirale. Allerdings gibt es auch 
Widerstände gegen die digitale Aufrüstung und Versuche ihrer 
Regulierung, die in dieser Ausgabe leider zu kurz kommen (siehe z.B. 
https://www.stopkillerrobots.org/). Vielleicht sind sie ja bei 
Gelegenheit einen eigenen Schwerpunkt wert (Martin Kirsch und Christoph 
Marischka).


2.) IMI-Analyse: Digitalisierung der Bundeswehr: Weg in die 
(Tech)Aufrüstungsspirale

IMI-Analyse
Digitalisierung der Bundeswehr: Weg in die (Tech)Aufrüstungsspirale
http://www.imi-online.de/download/Ausdruck-100-MK-DigitalisierungBW.pdf
Martin Kirsch

Seit der Aufstellung eines eigenen Truppenteils für den Cyber- und 
Informationsraum im Jahr 2017 wird in der Bundeswehr verstärkt über das 
Thema Digitalisierung geredet. Während die Landstreitkräfte bei diesem 
Technologiesprung – außer mit vereinzelten Rüstungsprojekten – lange 
eher im Hintertreffen waren, haben sie sich mit dem Heer an der Spitze 
in den letzten Jahren zunehmend zur politischen und technischen 
Triebfeder entwickelt. Ausgehend vom Szenario einer Konfrontation mit 
einem ebenfalls modern gerüsteten Gegner (Russland) soll sich jedoch 
nicht nur die Technik der Truppe ändern. In drei Thesenpapieren, die 
zwischen Herbst 2017 und Frühjahr 2018 im Kommando Heer entstanden, 
sollen auch die Struktur der Truppe und der gesamte Rüstungsprozess 
grundlegend neu aufgestellt werden. Neben mehr Geld soll ein besonderes 
Augenmerk auf ein Rüstungsmodell gelegt werden, das sich an der 
Softwareentwicklung orientiert und eine schnellere Aufrüstung 
ermöglichen soll. Dafür fordern die Thesenpapiere auch mehr Kompetenzen 
für das Militär bei Auswahl, Tests und Kaufentscheidungen für neues 
Material.

Military Internet – Das Tactical Edge Network

Kern der aktuellen Aufrüstungsbestrebungen der Landstreitkräfte ist es, 
ein umfassendes Kommunikationsnetzwerk zu errichten, das auch unter 
Kriegsbedingungen an der Front noch in der Lage ist, digitale Daten- und 
Sprachverbindungen herzustellen.

Dieses Netzwerk („Military Internet“) ist die digitale 
Basisinfrastruktur, um perspektivisch rund 25.000 Fahrzeuge und 50.000 
Soldat*innen miteinander zu vernetzen und neue Anwendungen wie autonome 
(Waffen-)Systeme, Künstliche Intelligenz, Big Data, Advanced Analytics 
oder eine digitale Lagekarte für die Truppe nutzbar zu machen. Ziel ist 
ein sogenanntes ‚gläsernes Gefechtsfeld‘, das durch überlegene 
Aufklärung, Geschwindigkeit und in Echtzeit koordinierte Waffenwirkung 
geprägt ist.

Nach mehrfacher Umbenennung der Vorläuferprojekte wurde im Juni 2019 in 
Brüssel ein Vertrag zwischen deutschem und niederländischem 
Verteidigungsministerium unterzeichnet, der den gemeinsamen Aufbau eines 
„Tactical Edge Network“ (TEN) regelt.[1] Tactical Edge (taktische Kante, 
sowie taktischer Vorteil) steht dabei für die letzten Kilometer zwischen 
dem Gefechtsstand im Feld und der unmittelbar umkämpften Front, die mit 
einem engmaschigen Kommunikations- und Datennetz überzogen werden sollen.

Einen Schritt weiter ist die Bundeswehr bereits damit, die Verwaltung, 
Logistik und den Grundbetrieb in Deutschland – die sogenannte weiße 
(nicht-militärische) IT – auf den neuesten Stand zu bringen. Dieses 
Großprojekt mit dem Namen „Herkules“ wurde von der eigens dafür 
geschaffenen BWI GmbH umgesetzt. Zwischen 2006 und 2016 wurden deutlich 
über 7 Mrd. Euro in die Modernisierung aller Computer, Telefone, 
Netzwerke, Server und Rechenzentren der Bundeswehr in Deutschland 
gesteckt und ein eigenes Glasfasernetz aufgebaut.[2] Seitdem der 
Netzaufbau abgeschlossen ist und die Industriepartner Siemens und IBM 
wieder aus der Tochtergesellschaft des Bundes ausgestiegen sind, mausert 
sich diese nach eigener Darstellung zu einem „führenden IT-Systemhaus“. 
Dabei beschränkt sich die BWI mittlerweile nicht mehr auf die weiße IT, 
für die sie ursprünglich eingerichtet wurde, sondern steigt seit 2018 
verstärkt in die unmittelbar militärische (grüne) IT ein. Beispielhaft 
dafür stehen die Übernahme der Kommunikationsstruktur für den Einsatz 
der Bundeswehr im Kosovo 2018, die eigenständige Entwicklung von 
5G-Anwendungen für die Kampftruppe und der Einstieg in die 
„Systempflege“ der Führungsinformationssysteme der Bundeswehr – 
inklusive der deutschen Anteile am „Afghanistan Mission Network“ – seit 
Januar 2020.[3]

Eine Personalie, die dieses Zusammenwachsen von BWI und der 
Digitalisierung der Landstreitkräfte verkörpert, ist der ehemalige 
Dreisternegeneral Frank Leidenberger. In seiner letzten Verwendung bei 
der Bundeswehr bis Mitte 2018 maßgeblich an der Entwicklung des Projekts 
„Digitalisierung Landbasierter Operationen“ (D-LBO) beteiligt, ist er 
mittlerweile Chief Strategy Officer (CSO) und Mitglied der vierköpfigen 
Geschäftsleitung der BWI GmbH.[4]

General Leidenberger – Von Afghanistan zum „Mister Digitalisierung“

Frank Leidenberger begann seine Karriere in der Bundeswehr in den 1980er 
Jahren und studierte im Rahmen seiner Offiziersausbildung Wirtschafts- 
und Organisationswissenschaften an der Bundeswehruni in München. Nach 
einem Umweg über den Auslandsgeheimdienst BND nahm er leitende 
Funktionen in nationalen und multinationalen Führungsstäben ein, bevor 
er 2008 in den Generalsrang befördert wurde. Im Rahmen seiner 
Bundeswehrkarriere absolvierte er zwischen 1998 und 2016 einen 
Auslandseinsatz in Bosnien und drei Einsätze in Afghanistan, in denen er 
jeweils Führungsfunktionen übernahm.[5]

Der wohl wichtigste Einsatz für Leidenberger war seine Verwendung als 
Kommandeur des deutschen Einsatzkontingents in Afghanistan und 
Regionalkommandeur Nord der ISAF-Truppen in den Jahren 2009 und 2010. 
Hier führte Leidenberger monatelange gemeinsame Kampfeinsätze von 
afghanischer Armee und NATO-Truppen und war an der Umstellung der 
Bundeswehrmission auf das Paradigma der Aufstandsbekämpfung beteiligt. 
Hier lernte er den Krieg aus der Nähe kennen.

Ausgehend von diesen Erfahrungen wurde er Teil der sogenannten 
„Afghanistan-Connection“[6], einem Netzwerk aus rund 30 
Afghanistanoffizieren, die sich in den Einsätzen kennengelernt hatten 
und es sich zur Aufgabe machten, Handlungsfähigkeit vor Vorschriften zu 
stellen. Geprägt von den Einsatzerfahrungen hielten sich die Beteiligten 
des Netzwerks nicht nur in Afghanistan, sondern auch bei der Besetzung 
von Posten in Deutschland gegenseitig den Rücken frei.

Um schnell an gewünschte Waffen und Ausrüstungsgegenstände für die 
Einsätze zu kommen, nutzte das Netzwerk den sogenannten 
„Einsatzbedingten Sofortbedarf“.[7] Kleine Mengen an Material, 
Fahrzeugen und Waffen wurden am regulären Beschaffungsprozess vorbei 
gekauft, um sie direkt im Einsatz zu testen. Hatten sich diese bewährt, 
wurde dann mit dem Argument, das Material hätte im Einsatz bereits Leben 
gerettet, politischer Druck ausgeübt, um die für gut befundene 
Ausrüstung in größeren Mengen zu beschaffen.

Zwischen den späteren Auslandseinsätzen war Leidenberger auf 
verschiedenen Posten in Ministerium und Bundeswehrführung mit Aufgaben 
rund um Transformation und Organisationsentwicklung betraut. Im 
September 2016, kurz nachdem im Weißbuch der Bundeswehr die Landes- und 
Bündnisverteidigung neben den Auslandseinsätzen wieder zur strategischen 
Priorität erklärt wurde, übernahm Leidenberger, mittlerweile im Rang 
eines Dreisternegenerals, den Posten als Kommandeur der deutschen 
Anteile der Multinationalen Korps und für die militärische 
Grundorganisation im Kommando Heer. In dieser Funktion war er für alle 
Aufgaben vom Grundbetrieb über Beschaffung und Ausbildung, bis zur 
Landes- und Bündnisverteidigung zuständig, die nicht unmittelbar mit den 
Auslandseinsätzen zusammenhängen. Auf diesem Posten leitete er eine 
Arbeitsgruppe zur Zukunft der Landstreitkräfte und zeichnete für drei 
Thesenpapiere verantwortlich.

Aufgrund der Thesenpapiere und weiterer Aussagen Leidenbergers, die die 
politische Führung um von der Leyen teils frontal angriffen, zog er sich 
im Spätsommer 2018, ohne Chancen auf Beförderung und mit drohender 
Entlassung, aus der Bundeswehr zurück.[8] Bei seiner offiziellen 
Verabschiedung wurde er vom damaligen Inspekteur des Heeres, Jörg 
Vollmer, als „Mister Digitalisierung“ der Bundeswehr bezeichnet.[9] 
Diese Rolle füllt Leidenberger, mittlerweile von seinem neuen Posten als 
Spitzenmanager bei der BWI, weiter aus.

Thesenpapiere aus dem Heer (I und II) – (Digitaler) Krieg der Zukunft

Zwischen Herbst 2017 und Frühjahr 2018 wurden im Kommando Heer unter der 
Führung von General Leidenberger drei Thesenpapiere erarbeitet, welche 
die Zukunft der Landstreitkräfte, deren Entwicklung, Ausrichtung und 
Digitalisierung in den letzten Jahren geprägt haben und weiterhin prägen.

Das erste der drei Papiere nimmt unter dem Titel „Wie kämpfen 
Landstreitkräfte künftig?“ „den Kampf gegen einen gleichwertigen Gegner 
als Grundstein der Überlegungen.“[10] Diesem Gedanken folgend wird ein 
Feind angenommen, der über Artillerie und Luftwaffe sowie Drohnen und 
Fähigkeiten zur Cyber- und Informationskriegführung verfügt und dem man 
auf einem digitalisierten, gläsernen Gefechtsfeld begegnet. Zudem 
beinhaltet das Papier ein fiktives Szenario „Zielbild Landstreitkräfte 
2026+“,[11] das ausgehend von der Alarmierung der Schnellen 
Eingreiftruppe der NATO (Very High Readiness Joint Task Force, VJTF) 
unter deutscher Führung ein Kriegsszenario gegen Russland durchspielt. 
Darin „kommt es nach einer Phase von Desinformation, separatistischen 
Aktivitäten, lokalen Angriffen von Separatisten und verdeckt 
operierenden Special Operation Forces zum Angriff der gegnerischen 
Hauptkräfte.“[12] Eine Schlussfolgerung, die das Papier daraus zieht, 
ist die Relevanz der sogenannten „Golden Hour“ (goldene Stunde), in der 
in einer Kombination aus schneller Bewegung auf dem Gefechtsfeld, 
Cyberangriffen und Informationsoperationen ein entscheidender 
Angriffsvorteil gegenüber dem Gegner erzielt werden könne.

Um auf diese Bedingungen vorbereitet zu sein, versucht das zweite 
Thesenpapier bereits im Titel einen Teil der Antwort zu finden – die 
„Digitalisierung von Landoperationen“.

Dazu heißt es: „Die Digitalisierung wirkt auf allen Ebenen und ist mit 
der einhergehenden Automatisierung und Autonomisierung einer der 
Megatrends der Zukunftsentwicklung.“[13] Daher solle „das Heer eine 
konsequente digitale Vernetzung von LandSK [Streitkräften] und somit die 
Gestaltung der Digitalisierung der Streitkräfte vorantreiben.“ 
Leidenberger und sein Team argumentieren, dass digitale Landstreitkräfte 
„effizienter und effektiver“ agieren und langfristig Geld und Personal 
sparen würden. Den üblichen Managementsprechblasen, die in Politik und 
Wirtschaft zum Thema Digitalisierung geprägt werden, wird hier ein 
weiteres Argument hinzugefügt, das seit langem bei der Einführung neuer 
Waffensysteme zu hören ist. So wird behauptet, die „Digitalisierung 
fördert die Präzision“ und erhöhe das „operative Tempo“. Zudem 
ermögliche die Digitalisierung eine „Just-in-Time Wirkung“[14] – wobei 
sich hinter dem Begriff der Wirkung die Zerstörung durch Waffenanwendung 
verbirgt.

Als Herausforderungen der Digitalisierung werden u.a. die 
„Identifizierung von neuartigen Anwendungsoptionen der 
Informationstechnologie“, der „Mut zum Bruch mit bewährter Technik“, 
sowie der „Mut zum Erschließen disruptiver Innovationen“ gesehen. 
Außerdem sei die „Beherrschbarkeit digitaler Systeme unter 
Gefechtsstress“ sicherzustellen.[15]

Thesenpapiere aus dem Heer (III) – Rüstungswesen für den digitalisierten 
Krieg

Das dritte Thesenpapier – „Rüstung digitalisierter Landstreitkräfte“ – 
wurde auch in den Medien aufgegriffen[16] und kostete Leidenberger 
vermutlich seine militärische Karriere. An zentraler Stelle erhebt er 
darin folgenden Vorwurf: „Die Verfahren für Planung, Beschaffung und den 
Haushaltsvollzug sind regelmäßig zu langsam und gefährden so die äußere 
Sicherheit Deutschlands.“[17] Unter der Kapitelüberschrift „The Need for 
Speed!“ werden dann klare politische Forderungen gestellt, wie sich das 
Heer einen ihm genehmen Rüstungsprozess in Zukunft vorstellt: „Selbst 
auferlegte und weitgehend auf zivilen Vorgaben beruhende nationale 
Regelungen verhindern, dass die Landstreitkräfte mit der technologischen 
Entwicklung Schritt halten. Diese Regelungen und Bestimmungen können und 
müssen angepasst werden. Sie stehen dem Ziel der konsequenten Erneuerung 
der Landstreitkräfte entgegen.“[18] Damit wird der Kern der Probleme im 
zivilen Bereich verortet, der für die digitale Aufrüstung zunehmend 
unter militärisches Kommando genommen werden soll. Hier schlägt die 
Arroganz des Einsatzoffiziers Leidenberger voll durch, der gefälligst 
Beinfreiheit von zivilen Vorgaben und Einflussnahmen verlangt, um die 
Bundeswehr kriegsfähig machen zu können.

Während sich Zivilist*innen aus der konkreten Beschaffung weitgehend 
heraushalten sollen, wird der zivilen Forschung und Wirtschaft eine umso 
höhere Bedeutung zugeschrieben. So habe der Technologiesprung vom ersten 
internetfähigen Handy zum ersten Smartphone keine zehn Jahre gedauert, 
während die Bundeswehr in Teilen bis in die 2030er Jahre die letzte 
Generation der Analogfunktechnik aus den 1980er Jahren nutze – ein 
Innovationszyklus von über 40 Jahren. Aktuell seien Innovationen aus der 
zivilen Wirtschaft, wie Big Data, Künstliche Intelligenz und Advanced 
Analytics von großer Bedeutung: „Ein Großteil dieser Entwicklungen hat 
militärische Relevanz, sowohl als wachsendes Bedrohungspotenzial auf 
gegnerischer Seite, wie auch als militärischer Fähigkeitszuwachs eigener 
Streitkräfte.“[19] Um diese militärischen Potentiale zu realisieren, 
fordert das dritte Thesenpapier die Umsetzung vier konkreter Vorschläge, 
die den Rüstungsprozess der deutschen Nachkriegszeit grundlegend 
umkrempeln sollen, um dem digitalisierten Krieg der Zukunft gerecht zu 
werden.

Defence Innovation Hub

Ausgangspunkt der Überlegung ist das bereits seit 2017 existierende 
Cyber Innovation Hub (CIH) der Bundeswehr. Es ist dafür zuständig, in 
enger Zusammenarbeit mit Startups und Entwickler*innenszene neue 
Technologien für die Cybertruppe der Bundeswehr zu identifizieren. Folgt 
man den Plänen des dritten Thesenpapiers, soll diese Funktion auf die 
gesamte Truppe und damit auch auf die Landstreitkräfte übertragen 
werden.[20]

Ein künftiges Defence Innovation Hub (DIH) solle permanent einen Blick 
auf die Entstehung neuer Technologien werfen, um Forschung und 
Entwicklung auf militärisch wertvolle Ansätze und Ergebnisse zu 
durchleuchten. Hier sollen einerseits neue Technologien identifiziert 
werden, die bisher im Militär gar nicht bekannt waren und andererseits 
Probleme in der militärischen Entwicklung in der Startup- und 
Entwickler*innenszene bekannt gemacht werden, um deren Ideen anzuregen 
und sie, wenn brauchbar, für das Militär verwertbar zu machen.

Test- und Versuchsverband 4.0

Während das Defence Inovation Hub proaktiv nach neuen Entwicklungen 
suchen soll, rückt das nächste Vorhaben näher an den tatsächlichen 
Beschaffungsprozess der Bundeswehr heran: Mit einer kleinen Anzahl an 
Waffensystemen, Fahrzeugen, Soldat*innen und Techniker*innen soll mit 
dem Test- und Versuchsverband eine Truppe geschaffen werden, die in der 
Lage ist, Gefechtssituationen realitätsnah zu simulieren, um in dieser 
Umgebung die Brauchbarkeit bereits existierender Produkte für die Truppe 
zu überprüfen. „In künftigen Test- und Versuchsstrukturen wird 
idealerweise im Wettbewerb gegeneinander erprobt. Nutzernahe Validierung 
einerseits und die Vereinfachung möglicher Beschaffungen andererseits 
sind das Ziel.“[21] Das schnelle, intensive und gleichzeitige Testen 
mehrerer Optionen erlaube, nach der Logik des Thesenpapiers, auch zehn 
Systeme für gescheitert zu erklären. Wenn aber das elfte die 
Anforderungen erfülle, sei das relevante System gefunden. Solange ein 
hoher Durchsatz und eine gewisse Streuung beim Suchen vorhanden sei, 
würden gefundene Fehler zum Teil des Auswahlprozesses – ein Test- bzw. 
Investitionsmuster, das dem Vorgehen von Risikokapitalgebern für 
Startups sehr nah kommt.

Zudem solle das als Gewinner aus dem Test hervorgegangene Produkt dann 
ohne weitere große Hürden zeitnah beschafft werden. Ein Prozedere, das 
Beschaffungsbehörden, Materialprüfung und politisch-administrative 
Verfahren in den Hintergrund stellt, um auf schnellem Wege das zu 
beschaffen, was die Truppe für brauchbar hält.

„System Brigade“ im „Spiralmodell“

Um die im DIH oder nach Tests gefundenen Produkte schnell und funktional 
in die Truppe zu bringen, ist weiterhin vorgesehen, alle 
Entwicklungsschritte in Netzwerken und Großsystemen zu denken. Während 
in der bisherigen Projektrüstung ein Wunschzettel für einen neuen Panzer 
geschrieben wurde, dieser dann an die Industrie ausgeschrieben und z.T. 
in jahrzehntelanger Entwicklungsarbeit neu konzipiert wurde, um dann 
über lange Jahre vom Prototyp bis zum modifizierten Endprodukt in der 
Breite in die Truppe eingeführt zu werden, soll die Systemrüstung einen 
grundlegend anderen Ansatz verfolgen.[22]

Um diese Systemlogik im praktischen Prozess umsetzen zu können, 
orientiert sich Leidenberger am Spiralmodell aus der 
Softwareentwicklung. Dieses Modell durchläuft keine lineare 
Schrittfolge, um zu einem zuvor definierten Ziel zu gelangen. Vielmehr 
werden Teilschritte einer Spiralbewegung definiert, die zu einem 
nächsten Plateau führen, wo die Spiralbewegung von Neuem beginnt. In der 
Softwareentwicklung lauten diese Schritte: Zielbestimmung, 
Risikoanalyse, Programmieren und Testen. Übertragen auf den 
Rüstungsprozess einer Brigade (5.000 Soldat*innen samt Gerät) sieht das 
modifizierte Spiralmodell nach Leidenberger dann so aus: Innovationen 
beobachten, Anwendungen testen und in die aktuell älteste Brigade 
einrüsten. Eine Brigade als Gesamtsystem soll in diesem Durchgang auf 
den neuesten Stand gerüstet werden, um voll einsatzbereit zu sein. 
Währenddessen finden Weiterentwicklungen im Defence Innovation Hub und 
im Test-und Versuchsverband statt. Die nächste, jetzt älteste Brigade 
wird dann bereits auf den nächsthöheren Stand gerüstet, bis die 
perspektivisch zehnte und letzte Brigade dieses System durchlaufen hat. 
Zu diesem Zeitpunkt ist die erste Brigade bereits so veraltet, dass sie 
wieder in das System eingespeist wird. So entsteht eine permanente 
Aufrüstungsspirale, um immer eine Brigade auf das jeweils neuste 
technische Niveau zu bringen und sie aus der Sicht der Militärs erst 
damit einsatzbereit zu machen. Dieses Rüstungsmodell braucht allerdings 
auch eine spezifische Infrastruktur.

Werft fürs Heer – Systemzentrum Digitalisierung

Das „System Brigade“, das von Leidenberger in einer Rede 2018 in seiner 
Gesamtheit mit einer Fregatte, also einem Kriegsschiff, verglichen wird, 
brauche in dieser Analogie eine „Werft fürs Heer“.[23] Hinter diesem 
Bild verbirgt sich eine riesige Aufrüstungsfabrik, die das Material 
einer gesamten Brigade aufnehmen und auf den nächsten Stand rüsten kann.

In einem „Systemzentrum Digitalisierung Land“,[24] wie die Werft im 
Bundeswehrsprech heißen soll, würden Planer*innen, Beschaffer*innen, 
Truppe und ausgewählte Industriepartner zusammenarbeiten. In der 
Führungsetage solle ein sogenanntes „Lifecycle Program Management“ 
durchgeführt werden. Es wäre dafür verantwortlich, die Planung der 
jeweiligen Aufrüstungsschritte zu überblicken und mögliche Brüche in 
Systemkomponenten der bestehenden Brigaden zu identifizieren, die 
womöglich parallel ausgebessert werden müssten, um eine fehlende 
Kompatibilität mit neuen Systemen zu vermeiden. Mit dieser Werft in den 
Händen des Heeres würde, neben der dort betriebenen 
Aufrüstungsmaschinerie, auch der gesamte Rüstungsprozess vom 
Identifizieren neuer Technologien über das Testen bis zum endgültigen 
Einrüsten in bestehende Systeme, deutlich näher an die Truppe rücken und 
der Einfluss der Militärs auf diesen Bereich erheblich steigen.

2019 – Jahr der Umsetzung

Während General Leidenberger sich 2018 aus der Bundeswehr zurückgezogen 
hat, funktionieren seine Netzwerke weiter. So wurde er in der Umsetzung 
des Megaprojekts „Digitalisierung Landbasierter Operationen“ (D-LBO) von 
seinem vorherigen Vorgesetzten und Afghanistan-Buddy Jörg Vollmer 
flankiert. Vollmer erklärte in einem Newsletter des Förderkreises 
Deutsches Heer e.V. (FDH) das Jahr 2018 zum „Jahr der Wahrheit“[25] mit 
Blick auf die künftige Vollausstattung der Bundeswehr und die 
Digitalisierung der Landstreitkräfte. Im Dezember 2018 konnte er dann, 
zumindest für den Bereich der Digitalisierung, Vollzug melden. In der 
Offiziersschule des Heeres in Dresden wurde das Großprojekt D-LBO in 
einer Zeremonie offiziell vorgestellt und als erster konkreter Schritt 
die Einrichtung des geforderten Test- und Versuchsverbandes in Munster 
bekanntgegeben. Zudem legte das Kommando Heer einen „Plan Heer“ vor,[26] 
laut dem die von der Bundeswehr geführte NATO-Speerspitze (VJTF) 2023 
als erste Systembrigade ausgestattet werden soll, um in weiteren 
Schritten bis 2032 das voll digitalisierte „Heer 4.0“ zu erreichen.

Auf diesen ersten Teilerfolg aufbauend ließ es sich Vollmer nicht 
nehmen, das Jahr 2019 zum „Jahr der Umsetzung!“[27] zu erklären. Im 
Laufe des Jahres hat der Test- und Versuchsverband ein „Battle 
Management System“, eine Führungssoftware für die digitalisierte Truppe, 
getestet, das für die VJTF 2023 angeschafft und dort erstmals im großen 
Maßstab angewendet werden soll. Damit ist das Heer auf dem besten Weg, 
die Funktionsweise des „einsatzbedingten Sofortbedarfs“ aus Afghanistan 
im Kontext der Landes- und Bündnisverteidigung und der regelmäßigen 
selbstgewählten NATO-Verpflichtungen (z.B. VJTF) zum Dauerzustand zu 
machen. Außerdem scheinen sich auch die Pläne für eine „Werft fürs Heer“ 
zu konkretisieren. In der „Roadmap Digitale Bundeswehr“ als Teil des 
„Ersten Berichts zur Digitalen Transformation“[28] des 
Verteidigungsministeriums aus dem Oktober 2019 wird die „Fortführung der 
Test- und Versuchsstrukturen, Experimentierfähigkeit und Erarbeitung der 
Grundlagen zum Aufbau eines bundeswehr- und streitkräftegemeinsamen 
‚Systemzentrums Digitalisierung Land‘ am Standort Munster“ als eines von 
sechs aktuell zu erarbeitenden Projekten gelistet. Die vor zwei Jahren 
noch als offensive These vorgetragenen Pläne scheinen also konkret zu 
werden. Im Zuge der Vorstellung ihrer „Initiative Einsatzbereitschaft“ 
im Februar 2020 hat Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer zudem klar 
gemacht, dass sie hinter der Idee steht, die regelmäßigen 
NATO-Verpflichtungen (VJTF) als Testrahmen für künftige 
Beschaffungsprozesse zu nutzen.[29] Damit ebnet sie den Weg, um das 
System des „einsatzbedingten Sofortbedarfs“ zum permanenten 
Rüstungsinstrument zu machen.

Unklar ist allerdings noch die Realisierung des „Defence Innovation 
Hub“. Das Cyber Innovation Hub als aktuelles Vorbild macht momentan eher 
durch Skandale auf sich aufmerksam[30] und eignet sich damit wenig als 
Werbung für weitere Vorstöße in diese Richtung. Momentan scheinen sich 
allerdings sowohl das in Planung befindliche Systemzentrum in Munster 
als auch Leidenbergers aktueller Arbeitgeber BWI auf den Weg zu machen, 
die Rolle des DIH zumindest in Teilen auszufüllen. Wofür das Cyber 
Innovation Hub allerdings bereits gut zu sein scheint, ist der pompöse 
Auftritt, mit dem die Bundeswehr an den ‚Spirit‘ der Startup-Szene 
anknüpfen und diese für sich gewinnen will. Ein Werbebanner des CIH 
nutzt das ehemalige interne Firmenmotto von Facebook und macht damit 
eine ‚Innovation‘ aus der zivilen Wirtschaft für das Militär nutzbar: 
Vor dem Bild eines schießenden Panzers prangt der Schriftzug: „Move fast 
and break things“ (Beweg dich schnell und zerstöre Dinge).[31] Mit 
diesem Sinnspruch, der ohne einen Funken von Zurückhaltung als 
Werbebotschaft genutzt wird, zeigt sich, welche gefährliche und 
hochgradig zerstörerische Mischung entsteht, wenn Digitalisierung, 
Startups und disruptive Technologie, bzw. Ideologie, auf Militär und 
Rüstungswirtschaft treffen, um einen militärisch-industriellen 
Technologiesprung herbeizusehnen.

Weg in die (Tech)Aufrüstungsspirale

Auf der „Land Warfare Conference“ 2018 in London[32] sprach Leidenberger 
vor den versammelten Generälen und Militärplanern verbündeter 
Streitkräfte, ausgehend von den Auseinandersetzungen in der Ukraine und 
einem Russland zugeschriebenen, bisher nicht aufgeklärten Cyberangriff 
auf den Bundestag, von einem „lauwarmen Krieg“, der bereits begonnen 
habe. Nimmt man diese Aussage, die Vorbereitung auf einen potenziellen 
Krieg gegen einen „gleichwertigen Gegner“ und die hier beschriebenen 
Aufrüstungspläne ernst, kann es hilfreich sein nach historischen 
Vorbildern dieser aktuell anlaufenden Rüstungsmaschine zu fragen.

In den Thesenpapieren wird ein Weg vorgezeichnet, das Rüstungswesen, das 
sich im Deutschland der Nachkriegszeit gebildet hatte, grundlegend 
umzustrukturieren und den Militärs darin mehr Einfluss zu verschaffen. 
Angestrebt ist das permanenten Scannen ziviler Forschung und Entwicklung 
auf militärische Verwertbarkeit, der Wille zur eigenständigen 
Weiterentwicklung durch das Militär, in enger Kooperation mit der 
wehrtechnischen Industrie, sowie das Testen der in Frage kommenden 
(Waffen)Systeme durch Kampftruppen. Darauf folgen soll die 
flächendeckende Aufrüstung am Fließband, um einen Angriffsvorteil und 
„Wirkungsüberlegenheit“ durch Technologie zu erlangen. Diese Strukturen 
für das schnelle nutzbar machen neuer Technologien sind nicht neu!

Nach einem ähnlichen Muster arbeiteten bereits die 
Heeresversuchsanstalten der Wehrmacht. Neben der bekanntesten 
Einrichtung in Peenemünde zur Erforschung von Raketentechnik (V2)[33] 
wurde in Hillersleben in Sachsen-Anhalt an Artillerie und Riesenkanonen 
(Dora) und in Kummersdorf-Gut in Brandenburg neben Panzern und Raketen 
auch an Atomenergie geforscht und gemeinsam mit der Industrie 
entwickelt.[34] Ein weiterer Standort war die Heeresversuchsstelle 
Munster-Nord in der Lüneburger Heide. Dort, wo das „Systemzentrum 
Digitalisierung Land“ der Bundeswehr eingerichtet werden soll, wurde 
bereits ab 1935 an Gasmunition für den bevorstehenden Zweiten Weltkrieg 
gearbeitet.[35] Neben Entwicklungen, die ihren Weg in die Kampftruppe 
fanden, überhoben sich die Heeresversuchsanstalten in ihrem Größenwahn, 
losgelöst von jeglichen zivilen Rückbindungen, allerdings auch an 
diversen Megaprojekten.

Ein Vorbild für das bisher nur auf dem Papier erdachte Defence 
Innovation Hub der Bundeswehr findet sich wiederum im 
militärisch-industriellen Komplex der US-Armee im Kalten Krieg. Die 
Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) wurde 1958 vom 
Pentagon gegründet, um den US-Streitkräften einen Technologievorsprung 
zu sichern. Das Beste aus Wissenschaft, Industrie und Militär sollte – 
und soll noch heute – hier zusammenkommen um, gefördert mit 
Milliardensummen, an der Zukunft des Krieges zu arbeiten. Aktuell wird 
dort u.a. an (teil)autonomen Kampf- und Logistikrobotern und 
Exoskeletten geforscht und versucht herausfinden, “wie Maschinen 
menschenähnliche Kommunikations- und Denkfähigkeiten”[36] erlangen können.

Die Bundeswehr ist, neben einer anderen politischen Ausgangslage, auch 
in puncto Personenstärke, Material- und Haushaltsumfang mit ihrem 
historischen Vorgänger, der Wehrmacht, und der US-Armee nicht zu 
vergleichen. Das hält sie aber nicht davon ab, immer aktiver nach 
(digitalen) Technologiesprüngen zu suchen, die eine 
„Wirkungsüberlegenheit“ im Kriegsfall ermöglichen sollen. Ein 
brandgefährliches Unterfangen, um in der Liga der Militärmächte 
mitspielen zu können. Aktuell entstehen in der Bundeswehr die 
Grundsteine einer (auf-)rüstungswirtschaftlichen Maschinerie, gebaut auf 
den Thesen des lauwarmen Kriegers Leidenberger, die sich mit einem 
bitterbösen Wort zusammenfassen lassen – Vorkriegszeit.

Ein Scheitern, wie das diverser Megaprojekte, wäre auch für die 
Digitalisierung der Bundeswehr wünschenswert. Diese Hoffnung ersetzt 
allerdings nicht die Notwendigkeit eines klaren Widerspruchs aus der 
Gesellschaft, gegen steigende Militärausgaben, Forderungen der Loslösung 
des Militärs von zivilen Vorgaben und die anlaufende 
Aufrüstungsmaschinerie in immer engerem Verbund mit (Tech-)Industrie und 
Wissenschaft.
Anmerkungen

[1] Dorothee Frank, Europäische Sicherheit & Technik, Deutschland und 
Niederlande beschließen gemeinsame Digitalisierung der Landstreitkräfte, 
26. Juni 2019, esut.de
[2] Spiegel, Bundeswehr-Modernisierung - Milliardenauftrag für Siemens 
und IBM, 13.12.2006, spiegel.de
[3] BWI, Einsatznahe IT: BWI übernimmt Betreuung von HaFIS für die 
Bundeswehr, 31.01.2020, bwi.de
[4] BWI, Unser Management-Team, bwi.de
[5] Assosiation of the United States Army, Lt. Gen. Frank Leidenberger - 
Commander, DEU Elements Multnational Corps and Basic Military 
Organization - German Army, ausa.org
[6] Tagesspiegel und Magazin FAKT(MDR) - Die Afghanistan-Connection, 
afghanistan-connection.de
[7] FAZ, Bundeswehr kauft Gewehre für Millionen - weil sie gerade zu 
haben sind , 27.09.2015, faz.net
[8] Spiegel, Leyen-kritischer General verlässt die Truppe, 03.08.2018, 
spiegel.de
[9] Presse- und Informationszentrum des Heeres, Amtswechsel im Kommando 
Heer: "Mister Digitalisierung" meldet sich ab, 03.09.2018, presseportal.de
[10] Kommando Heer, Autorenteam, Thesenpapier I - Wie kämpfen 
Landstreitkräfte künftig?, S.5, via augengeradeaus.net
[11] KdoH, Thesen I, S. 17ff
[12] KdoH, Thesen I, S. 18
[13] Kommando Heer, Autorenteam, Thesenpapier II - Digitalisierung von 
Landoperationen, S. 4, via augengeradeaus.net
[14] KdoH, Thesen II, S. 6
[15] KdoH, Thesen II, S. 8f
[16] Thorsten Jungholt, Welt, Alarmruf aus der Kommandozentrale des 
Heeres, 02.04.2018, welt.de
[17] Kommando Heer, Autorenteam, Thesenpapier I - Rüstung 
digitalisierter Landstreitkräfte, S. 7,  via augengeradeaus.net
[18] KdoH, Thesen III, S. 5
[19] KdoH, Thesen III, S. 8
[20] KdoH, Thesen III, S. 10
[21] KdoH, Thesen III, S. 11
[22] KdoH, Thesen III, S. 8ff
[23] Lt Gen Frank Leidenberger - How Allies Will Manoeuvre Beyond 2025: 
RUSILWC18, via youtube.com
[24] KdoH, Thesen III, S. 10
[25] Generalleutnant Jörg Vollmer, Inspekteur des Heeres, 2018 – Das 
Jahr der Wahrheit!, in: Infobrief Heer, Publikationsorgan des 
Förderkreises Deutsches Heer e.V. (FKH), Nr.1 Februar 2018, 22. 
Jahrgang, S. 1, fkhev.de
[26] Kommando Heer, Daniel Rasch, Die Umsetzung des Plans Heer beginnt, 
06.12.18, deutschesheer.de, als PDF via augengeradeaus.net
[27] Generalleutnant Jörg Vollmer, Inspekteur des Heeres, 2019 – Das 
Jahr der Umsetzung!, in: Infobrief Heer, Publikationsorgan des 
Förderkreises Deutsches Heer e.V. (FKH), Nr.1 Februar 2019, 23. 
Jahrgang, S. 1, fkhev.de
[28] Bundesministerium der Verteidigung, Erster Bericht zur Digitalen 
Transformation des  Geschäftsbereichs des Bundesministeriums der 
Verteidigung, Berlin, Oktober 2019, S. 29, bmvg.de
[29] BMVg, Rede von Kramp-Karrenbauer: „Bundeswehr fit machen für die 
Zukunft“, 06.02.2020, bmvg.de
[30] Uli Hauck, Tagesschau, Cyber-Innovationszentrum - Kritik an teurem 
Bundeswehr-Startup, 21.01.2020, tagesschau.de
[31] Cyber Innovation Hub der Bundeswehr, über den offiziellen Auftritt 
bei flickr.com
[32] Lt Gen Frank Leidenberger - How Allies Will Manoeuvre Beyond 2025: 
RUSILWC18, via youtube.com
[33] Günther Jikeli (Hrsg.): Raketen und Zwangsarbeit in Peenemünde. Die 
Verantwortung der Erinnerung. Friedrich-Ebert-Stiftung, Schwerin 2014, 
library.fes.de
[34] Solveig Grothe, Spiegel, Schießplatz Kummersdorf - Deutschlands 
gefährlichstes Denkmal, spiegel.de
[35] Michael Grube, Kampfstoff in Munster-Nord - Heeresversuchsstelle 
Raubkammer, geschichtsspuren.de
[36] Oliver Bünte, Heise, US-Verteidigungsministerium will 2 Milliarden 
US-Dollar in KI investieren, heise.de




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