[IMI-List] [0555] Bericht IMI-Kongress / Ausdruck (Dezember 2019)
IMI-JW
imi at imi-online.de
Mo Dez 9 16:19:00 CET 2019
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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0555 .......... 22. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jürgen Wagner / Martin Kirsch
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Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste.php3
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Liebe Freundinnen und Freunde,
in dieser IMI-List findet sich
1.) einige Ankündigungen zum geplanten Relaunch des IMI-Magazins
Ausdruck anlässlich der anstehenden 100. Ausgabe;
2.) das Inhaltsverzeichnis der aktuellen Ausdruck-Ausgabe vom Dezember 2019;
3.) Der Bericht zum IMI-Kongress „Rüstung Digital – Neue Technologien
für neue Großmachtkonflikte“.
1.) AUSDRUCK – Das IMI-Magazin: Relaunch zur 100. Ausgabe
Liebe Freundinnen und Freunde der IMI,
gleich zu Beginn des kommenden Jahres steht die mittlerweile dann 100.
Ausgabe des IMI-Magazins AUSDRUCK an. Wir haben diesen an sich
erfreulichen Anlass genutzt, um im Vorfeld ein wenig am Konzept des
Magazins zu feilen. Über einige der Ergebnisse wollen wir hier schon
einmal vorab informieren, damit alle Interessierten dann 2020 im Bilde sind.
Maßgeblich für den Relaunch waren zwei Entwicklungen: Einmal die extrem
ärgerliche Tatsache, dass unser Vertriebsweg, die Post, in immer
dreisterer Art und Weise die Preise derart erhöht, dass es immer
schwieriger wird, den Ausdruck ohne deutliche Preiserhöhungen (von denen
dann nur die Post profitiert) in der bisherigen Form zu verbreiten. Zum
Zweiten wollen wir zukünftig die Erstellung des Ausdrucks auf eine
dezentral arbeitende Redaktion verteilen, um damit mehr gute Ideen von
außerhalb Tübingens einzubinden.
Vor diesem Hintergrund haben wir uns entschlossen, eine festere
Redaktionsstruktur mit einer – für einen Teil des Heftes –
langfristigeren Heftplanung als bislang anzupeilen. Wir wollen künftig
in jedem Heft ein Schwerpunktthema mit mindestens vier oder fünf
Artikeln intensiv behandeln. Daneben wird es weiter wie gewohnt Beiträge
zu aktuellen Themen geben. Auch aufgrund der gestiegenen Portokosten
haben wir uns außerdem entschlossen, künftig nur noch vier Ausgaben im
Jahr zu publizieren – diese sollen aber dafür mit einem großzügigeren
Layout und einem noch höheren Umfang daherkommen. Die erste Ausgabe im
Jahr 2020 wird deshalb erst im März mit dem Schwerpunkt „Rüstung
digital!“, also den Beiträgen des IMI-Kongresses erscheinen!
Wir hoffen, die Überlegungen, die wir da angestellt haben, sind
nachvollziehbar und treffen auf Zustimmung, wir sind selber gespannt,
wie sich das dann im neuen Heft schlussendlich alles übersetzt, sind
aber optimistisch, damit eine gute Lösung und Antwort auf mehrere
Herausforderungen gefunden zu haben.
2.) AUSDRUCK – Das IMI-Magazin (Dezember 2019)
Die Dezember-Ausgabe des AUSDRUCK wird die letzte im „alten“ Gewand
sein, insofern freut es uns besonders, dass es uns gelungen ist, darin
eine ganze Reihe von Artikeln zu brandaktuellen Themen zu versammeln.
Enthalten sind etwa zwei ausführliche Beiträge zu den schwer
nachgefragten Zusammenhängen von Umwelt, Klima und Krieg oder auch zwei
Artikel zur Situation in Nordsyrien. Ebenfalls zu finden ist eine
Auswertung von Annegret Kramp-Karrenbauers Besorgnis erregend
militaristischer Grundsatzrede Anfang November in München und viele
Artikel mehr.
Mitglieder der IMI erhalten den AUSDRUCK kostenlos – wir nutzen an
dieser Stelle auch gleich die Gelegenheit, die neuen Unterstützerinnen
und Unterstützer zu begrüßen, die im Zuge unserer Mittgliederkampagne
neu hinzugekommen sind (mehr dazu in der nächsten IMI-List zum
Jahresabschluss).
Wie immer kann das Magazin aber auch gratis heruntergeladen werden:
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck-99-Dezember2019-Web.pdf
AUSDRUCK – Das IMI-Magazin (Dezember 2019)
INHALTSVERZEICHNIS
NORDSYRIEN
-- Der türkische Angriffskrieg in Nordsyrien (Luca Heyer)
https://www.imi-online.de/download/LH-Nordsyrien.pdf
-- Deutsche Waffen beim türkischen Militär (Jacqueline Andres)
https://www.imi-online.de/download/JA-WaffenTuerkei.pdf
UMWELT, KLIMA & KRIEG
-- Das US-Militär: Auf Kriegsfuß mit dem Klima (Marc Werner)
[Langfassung:
http://www.imi-online.de/2019/11/04/das-us-militaer-auf-kriegsfuss-mit-dem-klima]
https://www.imi-online.de/download/MW-US-Klima.pdf
-- Nachhaltige Bundeswehr? Die Nachhaltigkeitsberichte des BMVg in
Zeiten des Klimawandels (Karl-Heinz Peil) [Langfassung:
https://www.imi-online.de/download/IMI-Studie2019-8-Nachhaltig-Web.pdf]
https://www.imi-online.de/download/KP-Nachhaltig.pdf
DEUTSCHLAND UND DIE BUNDESWEHR
-- Erneuter Alleingang oder Münchner Konsens 2.0? Kramp-Karrenbauers
Grundsatzrede und ihre Visionen für Deutschland als globale Militärmacht
(Martin Kirsch)
https://www.imi-online.de/download/MK-AKK.pdf
-- BWTEX: Anti-Terror-Übung „katastrophischen Ausmaßes“? Normalisierung
von Bundeswehreinsätzen im Inland (Martin Kirsch)
https://www.imi-online.de/download/MK-BWTEX.pdf
NATO
-- Die Militarisierung der Ostsee. Die NATO und das Marinekommando in
Rostock (Merle Weber)
https://www.imi-online.de/download/MW-Ostsee.pdf
-- Defender 2020: Europäisches Mega-Militärmanöver mit starker deutscher
Beteiligung (Claudia Haydt)
https://www.imi-online.de/download/CH-Defender.pdf
EU
-- „Värnkraft“ 2021-2025: Die Neuausrichtung des schwedischen Militärs
(Christina Boger)
https://www.imi-online.de/download/CB-Schweden.pdf
-- (Diese) Industriepolitik ist Rüstungspolitik: Mit Thierry Breton zum
KI-Airbus (Christoph Marischka)
https://www.imi-online.de/download/CM-Breton.pdf
-- Beschleunigte Rüstungsgroßprojekte. Deutsch-Französischer Ministerrat
konkretisiert Kampfpanzer und Kampfflugzeug (Jürgen Wagner)
https://www.imi-online.de/download/JW-FCAS.pdf
3. Kongressbericht: „Rüstung Digital – Neue Technologien für neue
Großmachtkonflikte“.
IMI-Mitteilung
Rüstung Digital – Neue Technologien für neue Großmachtkonflikte
Bericht vom 23. Kongress der Informationsstelle Militarisierung
http://www.imi-online.de/2019/12/09/ruestung-digital-neue-technologien-fuer-neue-grossmachtkonflikte/
IMI (9. Dezember 2019)
Schlagworte wie „Digitalisierung“ oder „Künstliche Intelligenz“ spielen
in der öffentlichen Debatte eine immer größere Rolle, weshalb der
diesjährige Kongress der Informationsstelle Militarisierung diese Fragen
ins Zentrum rückte. Unter dem Titel „Rüstung Digital! Neue Technologien
für neue Großmachtkonflikte“ beschäftigten sich in der Spitze über 120
Menschen mit verschiedenen Fragen rund um die Digitalisierung des
Krieges und seine Auswirkungen.
Der Kongress begann am 30. November 2019 mit einer Veranstaltung in der
Hausbar des Wohnprojektes Schellingstrasse, bei der in verschiedenen
Formen (Lesung, Quiz…) ein eher humoriger Einstieg ins Thema gesucht
wurde. Der Samstag startete mit dem Panel „Geostrategie digital“.
Hochtechnologien, von denen sowohl ökonomische als auch militärische
Quantensprünge erwartet werden, sogenannte „disruptive Innovationen“,
würden bei den ohnehin beobachtbaren Blockbildungstendenzen eine
zentrale Rolle spielen, so Christoph Marischka: „Disruptive Innovationen
vereinigen die ökonomische Perspektive des Wettbewerbsstaates mit der
geopolitischen Perspektive der Vorherrschaft und suggerieren die
existenzielle Notwendigkeit eines Kampfes um Technologieführerschaft.“
Anschließend wurde anhand des Weltraums von Jürgen Wagner dargestellt,
wie Digitalisierung und Militarisierung Hand in Hand gehen würden: „Eine
Militarisierung des Weltraums hat schon längste stattgefunden, nun
stehen wir aber an der Schwelle zur aktiven Bewaffnung (zB durch
französische Forderungen nach im All platzierten Laserwaffen).“ Claudia
Haydt erörterte daraufhin die Perspektiven einer möglichen Einhegung
digitalisierter Kriegstechnologien: "Ein Wettrüsten im Bereich Autonomer
Systeme und beim militärischen Einsatz künstlicher Intelligenz ist nicht
unausweichlich. Es gibt die aktive Bereitschaft zahlreicher Staaten,
sich hier verbindlichen Regeln und Verbotsverträgen zu unterwerfen."
Michael Schulze von Glaser und Marius Pletsch näherten sich im Panel
„Gefechtsfeld Digital“ dem Thema von zwei unterschiedlichen Zugängen:
Michael Schulze von Glaser beschäftigte sich mit Videospielen und
Gefechtssimulatoren. Gefechtssimulatoren würden häufig von Unternehmen
angeboten, die auch in der Videospiel-Branche tätig sind. Die Szenarien
zahlreicher Videospiele, wie z.B. Call of Duty, ähnelten außerdem
auffällig oft den Kriegsszenarien, die von der NATO aufgemacht würden –
auch was die Gegner, die Waffen und die Kriegsführung der Zukunft
anbelange. Die Hersteller würden sich an Feindbildern orientieren, die
von der Politik vorgegeben werden. Marius Pletsch beschäftigte sich mit
dem Mensch-Maschine-Zusammenspiel teilautonomer Waffensysteme, die
gerade entwickelt würden. Wichtigstes Beispiel in Europa sei das Future
Combat Air System, dessen Entwicklung momentan anlaufe. Ziel sei es,
einen Kampfjet zu entwickeln, der im Verbund mit mehreren Drohnen
agieren soll – ein Milliardengrab.
Am Samstagnachmittag ging Martin Kirsch unter dem Titel „Rüstung
Digital“ auf die Verschiebungen im Rüstungswesen der Bundeswehr unter
den Bedingungen der Digitalisierung ein. Als Ausgangspunkt dienten die
Thesenpapiere des Drei-Sterne-Generals Leidenberger von 2017 und 2018.
Darin würde eine grundlegende Umstrukturierung des Beschaffungswesens
gefordert, um die Landstreitkräfte der Bundeswehr für einen Krieg der
Zukunft zu rüsten. Von der permanenten Beobachtung ziviler Forschung
über die entwicklungsnahe Erprobung bis zur permanenten Einrüstung
neuester Technik in Großverbände in einer Aufrüstungsfabrik („Werft fürs
Heer“) würde eine Aufrüstungsspirale in Gang gesetzt, die an
Vorgehensweisen der Kriegswirtschaft erinnere. „Sollten die Vorschläge
aus den Thesenpapieren Realität werden, wäre dies ein Bruch mit dem
Beschaffungswesen der Nachkriegszeit. Nach dem Vorbild des Spiralmodells
aus der Softwareentwicklung sollen Strukturen entstehen, die einem
militärisch-ökonomischen Primat unterliegen und damit Politik und
Bürokratie weiter entmachten.“ Kirsch weiter: „Ziel ist es, zivile
Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung militärisch nutzbar zu
machen und dadurch einen Angriffsvorteil gegen ebenbürtige Gegner – also
Russland – zu erlangen.“
Mit „Kontroverse: Digitalisierung als Chance?“ schloss der Samstagabend
in einer für den IMI-Kongress etwas ungewohnten Veranstaltungsform mit
einer Diskussionsrunde, der drei kurze Inputs vorausgingen. Der erste
Beitrag kam von Rainer Rehak (FIFF), welcher digitale Möglichkeiten für
soziale Projekte hervorhob (von Crowd-Funding bis zu
Demonstrationsaufrufen). Rehak argumentierte, dass die Möglichkeiten der
digitalen Interaktion „überhaupt erst den desolaten Zustand unserer
Demokratie sichtbar gemacht“ hätten. Der zweite Beitrag von Thomas
(Antikriegscafé, Google Campus verhindern) leitete den ethischen und
antikapitalistischen Diskurs ein. Überall würden neue Daten erhoben:
„Daten sind das neue Gold.“ Das handelnde Subjekt würde in Kategorien
eingeteilt, könne dadurch gesteuert und somit entmündigt werden. Google
sei dabei ein wesentlicher Akteur. Zuletzt wurde die Position der
Akzelerationalisten vorgetragen, die – kurz gesagt – die linke Bewegung
auffordern würden in der Digitalisierung mitzuwirken, um
Richtungsentscheide beeinflussen zu können. Jetzige Widerstandsformen
glichen Strohfeuern, die nicht über lokale und temporäre Grenzen
hinausgingen.
Den Sonntag eröffnete Tobias Pflüger, der zum Thema „Lobbyismus Digital“
argumentierte, dass die neuen europäischen Rüstungsbudgets auf Vorlagen
der Rüstungslobby basieren würden. Außerdem würden sie eine starke
Schwerpunktsetzung auf die Digitalisierung der Kriegsführung legen. Beim
Europäischen Verteidigungsfonds (EVF), für den 2021-2027 13 Mrd. aus dem
EU-Haushalt vorgesehen seien, sollten zum Beispiel direkt mindestens
vier und bis zu acht Prozent der Gelder in „disruptive Technologien“
fließen. „Symptomatisch ist, dass Thierry Breton, der als
Industriekommissar den Fonds verwalten wird, zuvor Chef von Atos war,
eines der größten EU-IT-Unternehmen mit engen Verbindungen zur
Rüstungsindustrie. Dementsprechend liegt auch der Schwerpunkt der
bevorzugt über den EVF zu finanzierenden Projekte der „Ständigen
Strukturierten Zusammenarbeit“ (PESCO) auf Vorhaben im
Hochtechnologiebereich.“
Weiter ging es mit einem Panel zu den „Profiteuren der digitalen
Rüstung“. Thomas Haschke erzählte etwas über den Thales-Konzern, dessen
Portfolio die Bereiche Verteidigung, Sicherheit, Luftfahrt und Raumfahrt
umfasse. Thales und dessen Vorgängerorganisation seien seit 50 Jahren
Partner der Bundeswehr. Seine Technologien würden bei jedem
Auslandseinsatz der Bundeswehr eingesetzt – beispielsweise
Flugsimulatoren, Helme mit integriertem Informationsdisplay oder
Wärmebildkameras. Lothar Höfer berichtete vom Konzern Airbus, der in
allen Bereichen der zivilen und militärischen Luftfahrt tätig sei. Im
Wehrbereich sei Airbus in den Feldern Militärsysteme, Raumfahrt,
Kommunikationssysteme und Sicherheitstechnologien aktiv. Airbus gehöre
mit Thales zu den weltweit größten Rüstungsunternehmen. Christoph
Marischkas Beitrag ging um den Atos-Konzern. Atos sei in Deutschland für
das Projekt HaFIS (Harmonisierung der automatischen Führungs- und
Informationssysteme) zuständig. In der Praxis sei dies das Cloud
Computing der Bundeswehr. Atos fusionierte unter anderem mit dem
Hardware-Hersteller Bull, der in Frankreich das Battle Management System
der französischen Streitkräfte zur Verfügung stellte, mit der die Luft-
und Bodentruppen miteinander vernetzt wären. Da der EU-Kommissar für
Binnenmarkt und Dienstleistungen, Thierry Breton, als früher Atos-Chef
Fusionen, vor allem im Bereich Rüstung, vorangetrieben habe, sei deshalb
in Zukunft zu erwarten, dass noch mehr Fusionen stattfinden würden, um
die deutsch-französische Rüstungsindustrie auszubauen.
Beim abschließenden Podium wurden dann gewerkschaftliche Positionen
erörtert sowie der Frage nachgegangen, inwieweit Proteste gegen
Digitalunternehmen andere Protestformen erfordern, als dies früher gegen
klassische Rüstungsunternehmen der Fall war. Als eine mögliche
Zusammenführung von Protesten gegen digitale und analoge Aufrüstung
wurde schließlich das für April und Mai 2020 anstehende Großmanöver
„Defender 2020“ identifiziert bei dem beide Seiten der Kriegsmedaille
eingeübt würden.
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