[IMI-List] [0501] IMI-Kongress / Saudi Arabien / PESCO / Zentralasien

IMI-JW imi at imi-online.de
Di Nov 7 15:04:02 CET 2017



----------------------------------------------------------
Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0501 .......... 20. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jürgen Wagner / Christoph Marischka
Abo (kostenlos).. https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/imi-list
Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste.php3
----------------------------------------------------------

Liebe Freundinnen und Freunde,

in dieser IMI-List findet sich

1.) die neuesten Informationen zum IMI-Kongress „Krieg im 
Informationsraum“ am 18./19. November 2017 in Tübingen 
(Auftaktveranstaltung am Freitag 17.11);

2.) eine neue IMI-Studie zur Situation in Tadschikistan und Kirgisistan;

3.) zwei neue IMI-Texte zur „Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit“ 
(PESCO) und zur Lage in Saudi Arabien.



1.) IMI-Kongress „Krieg im Informationsraum“ am 18./19. November 2017 in 
Tübingen (Auftaktveranstaltung am Freitag 17.11);

Übernächstes Wochenende findet der IMI-Kongress zum Thema „Krieg im 
Informationsraum“ statt (Schlatterhaus, Österbergstr. 2, Tübingen).

Alles Infos zum Kongress finden sich  hier:
http://www.imi-online.de/2017/09/20/krieg-im-informationsraum-2/

Wir bemühen uns, Übernachtungsplätze zu organisieren (mit Schlafsack und
Isomatte) – bei Bedarf bitte ans IMI-Büro wenden: 07071-49154 /
imi at imi-online.de

Herzlich einladen möchten wir Euch auch zur Auftaktveranstaltung am 
Freitag den 17. November, die im lockeren Rahmen zunächst mit VoKü (ab 
19h) und dann mit einem kleinen und teils eher witzigen Programm rund um 
die Themen Rüstung und Informationsraum (ab 20h) gemütlich auf den 
Kongress einstimmen soll.


2.) Texte: Zentralasien & Saudi Arabien

Neben dem Text zur Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (siehe unten) 
sind heute zwei weitere Artikel erschienen: Eine Studie über die Lage in 
Kirgisien und Tadschikistan sowie ein Beitrag zur Berichterstattung über 
die schweren Konflikte in und um Saudi Arabien:

IMI-Standpunkt 2017/035
Der externalisierte saudische Bürgerkrieg auf Tagesschau.de
http://www.imi-online.de/2017/11/07/der-externalisierte-saudische-buergerkrieg-auf-tagesschau-de/ 

Bernhard Klaus (7. November 2017)


IMI-Studie 2017/14
Kirgisistan und Tadschikistan
Konflikte und Konfliktpotenziale in der zentralasiatischen 
post-sowjetischen Peripherie
http://www.imi-online.de/2017/11/07/8298/
David X. Noack (7. November 2017)

INHALTSVERZEICHNIS
Einleitung – 1
Komplexe Gemengelage – 2
Tadschikistan: Vom Bürgerkrieg zur Diktatur des Sicherheitsapparates – 2
Kirgisistan: Neoliberales Vorzeigeland im Chaos von Farbrevolutionen – 3
Grenzkonflikte, der „Islamische Staat“ und Separatismus in 
Mittelturkestan – 6
Kirgisistan und Tadschikistan in der EaU und auf dem Weg in die EaU – 7
Schlussbetrachtung – 8
Anmerkungen – 9
Kasten: Nicht nur Moskau oder der Westen: Nicht-westliche Akteure – 4



3.) Artikel: „Ständige Strukturierten Zusammenarbeit (PESCO)


IMI-Standpunkt 2017/034
PESCO ist kein Fisch
Die (un)aufhaltsame Formation des undemokratischen und militaristischen 
Kerneuropa
http://www.imi-online.de/2017/11/07/pesco-ist-kein-fisch/
Claudia Haydt (7. November 2017)

Am 18. Oktober 2017, mehr als drei Wochen nach den Bundestagswahlen, 
traf die bereits abgewählte Bundesregierung eine politisch und 
finanziell  weitreichende Entscheidung. Auf Basis einer Vorlage von 
Ursula von der Leyen und Sigmar Gabriel wurde die Teilnahme an einem 
hochgerüsteten und potentiell aggressiven  militärischen Kerneuropa 
beschlossen.
Konkret geht es um die Schaffung einer so genannten Ständigen 
Strukturierten Zusammenarbeit (SSZ, englisch PESCO) und damit einer 
Verteidigungsunion aus ausgewählten EU-Mitgliedsstaaten - korrekter wäre 
wohl die Bezeichnung Interventions- oder Angriffsunion. Die Möglichkeit 
ein hochgerüstetes Kerneuropa zu schaffen ist umstritten, nicht nur das 
scheidende Großbritannien und mehrere kleinere EU-Staaten, sondern auch 
Länder wie Polen oder Schweden befürchten ein Auseinanderdriften der EU 
und schlussendlich einen nicht nur ökonomisch, sondern auch militärisch 
weiter steigenden Einfluss Deutschlands

PESCO-Fahrplan

Die Diskussion um dieses militärische Kerneuropa ist nicht neu, sie hat 
aber nach der britischen Brexit-Entscheidung und der Wahl Trumps 
deutlich an Fahrt gewonnen. Nun geht es um die formelle Meldung der 
Bereitschaft Deutschlands an einem solchen militärischen Kerneuropa 
teilzunehmen. Diese soll am Rande des Rates für Auswärtige Beziehungen 
am 13. November 2017 erfolgen. Die abschließende Entscheidung zur 
Gründung einer SSZ soll dann an der darauffolgenden Ratssitzung am 11. 
Dezember 2017 mit qualifizierter Mehrheit erfolgen. Eine Ablehnung 
einzelner Staaten kann dieses Projekt nicht aufhalten, was 
gleichbedeutend mit der Aushebelung des bisher im EU-Militärbereich 
kategorisch geltenden Konsensprinzips ist.

Das SSZ-Kerneuropa wird auf Grundlage des Vertrages von Lissabon (Art. 
42) und des entsprechenden Protokollvermerks 10 als offizielle 
EU-Struktur eingerichtet. An den Sitzungen sollen zukünftig alle 
EU-Staaten teilnehmen können. Stimmrecht werden dort aber nur diejenigen 
haben, die bereit sind, sich auf höhere Rüstungsausgaben und eine 
ausgeweitete militärische Außenpolitik zu verpflichten. Es ist unklar, 
wie viele Staaten tatsächlich mitmachen werden. Ein an den neuen 
Parlamentspräsidenten Schäuble adressiertes Schreiben spricht von zwei 
Drittel der Mitgliedsstaaten, die sich förmlich oder informell positiv 
zu einer Teilnahme geäußert hätten. Da aber nach wie vor nicht bekannt 
ist, wie hoch die finanziellen und politischen Anforderungen an die  
teilnehmenden Staaten sein werden, ist diese Angabe mit Vorsicht zu 
genießen. In jedem Fall wird die Einrichtung der SSZ die EU weiter 
spalten und die Zentrifugalkräfte stärken. Denn eines ist absehbar: Es 
werden nicht alle Staaten mitmachen - sei es aus finanziellen oder 
politischen Erwägungen.

Demokratische Kontrolle? Fehlanzeige!

Obwohl es bei der Entscheidung für die Schaffung eines militärischen 
Kerneuropas um eine Reihe von bindenden Verpflichtungen für die 
teilnehmenden Nationalstaaten geht, ist eine Beteiligung des Bundestages 
an dem Entscheidungsprozess bis jetzt nicht vorgesehen. Im Rahmen der 
SSZ werden zum Beispiel  Vorgaben gemacht, die  die Ausrichtung der 
Bundeswehr, den Einsatz von Soldat*innen, die Kooperation bei Forschung 
und Aufrüstung, die Transportkapazitäten in Militäreinsätze und vor 
allem die Finanzierung dieser Ambitionen betreffen. Die militärischen 
Ambitionen sollen bis Dezember in einer Liste zusammengefasst werden und 
dann von einem eigens eingerichteten Mechanismus jährlich auf ihre 
Erfüllung überprüft werden. Dies hätte massive Auswirkungen auf den 
Entscheidungsspielraum der nationalen Parlamente bei deren 
Haushaltsberatungen.

Angesichts der Tragweite der Entscheidung ist es mit demokratischen 
Ansprüchen schwer zu vereinbaren, dass die bereits abgewählte 
Bundesregierung am 18. Oktober Festlegungen für die neue Regierung 
getroffen hat.

Zudem wurde die SSZ zwar gelegentlich in der letzten Legislaturperiode 
im Verteidigungsausschuss angesprochen, ein neuer Verteidigungsausschuss 
wurde aber trotz eines entsprechenden Antrags der Fraktion DIE LINKE 
bisher nicht eingerichtet und er kann somit auch keine fachliche oder 
gar kritische Begleitung des Entscheidungsprozesses  leisten. So soll 
die Bundesregierung bis zur Ratsentscheidung im Dezember einen 
nationalen Umsetzungsplan für die entsprechenden militärischen 
Verpflichtungen vorlegen. All dies wird, so sieht es im Moment aus, ohne 
eine Entscheidung durch den am 24. September neu gewählten Bundestag 
über die Bühne gehen.  Allein schon wegen der umfangreichen finanziellen 
Implikationen sollte ein Beitritt zur SSZ vom gesamten Bundestag und den 
relevanten Gremien diskutiert und beschlossen werden.

Es ist zu befürchten, dass das Vorgehen der kommissarischen 
Bundesregierung programmatisch ist für den weiteren Weg in Richtung 
EU-Armee. Eine demokratische Beteiligung ist weder bei der Einrichtung 
des militärischen Kerneuropas noch bei seiner weiteren Ausgestaltung 
gewünscht. Eine öffentliche Diskussion wird auf diesem Wege ebenfalls 
vermieden.

Die Frage, ob ein noch stärker militarisierter Kern im EU-Europa 
etabliert wird oder nicht ist keineswegs eine  Nebensache, sondern 
bestimmt wesentlich den Charakter der zukünftigen EU-Außen- und 
Militärpolitik. Das wird auch diejenigen Länder betreffen, die 
(vorläufig noch) nicht mitmachen.



Mehr Informationen über die Mailingliste IMI-List