[IMI-List] [0495] Neue Artikel: KSK / Afghanistan / Sentinelle

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Do Aug 31 11:04:01 CEST 2017


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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0495 .......... 20. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jürgen Wagner / Christoph Marischka
Abo (kostenlos).. https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/imi-list
Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste.php3
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Liebe Freundinnen und Freunde,

leider ist auch zum diesjährigen Antikriegstag wieder allerhand los.

Angesichts der aktuellen Konflikte zwischen den USA und Nordkorea 
möchten wir nochmal auf die jüngst erschienene IMI-Analyse hinweisen, 
die sich mit der Situation auf der koreanischen Halbinsel beschäftigt: 
http://www.imi-online.de/2017/06/02/globale-konfrontation-um-korea/

Ganz frische erschienen ist ein Text zur „neuen“ Afghanistan-Strategie 
der US-Regierung sowie über die rechten „Vorkommnissen“ beim Kommando 
Spezialkräfte.

Im Anschluss an die Links zu diesen beiden Texten findet sich eine neue 
IMI-Analyse zur Operation Sentinelle und der Militarisierung der 
französischen Innenpolitik.


IMI-Standpunkt 2017/027
Afghanistan: Am Scheideweg der US-Kriegspolitik
http://www.imi-online.de/2017/08/22/afghanistan-am-scheideweg-der-us-kriegspolitik/ 

Jürgen Wagner (22. August 2017)

IMI-Standpunkt 2017/026 (Update: 21.8.2017)
Braune Nostalgie beim KSK – keine Überraschung!
http://www.imi-online.de/2017/08/18/braune-nostalgie-beim-ksk-keine-ueberraschung/ 

Alexander Kleiß (18. August 2017)



IMI-Analyse 2017/36
Opération Sentinelle
Wie Frankreichs Anti-Terror-Krieg nach Hause kommt
http://www.imi-online.de/2017/08/30/wie-frankreichs-anti-terror-krieg-nach-hause-kommt/
http://www.imi-online.de/download/IMI-Analyse2017-36-Frankreich-web.pdf
Sven Wachowiak (30. August 2017)


I. Die „Opération Sentinelle“ im Visier

Seit Januar 2015 läuft in Frankreich der inländische Anti-Terror-Einsatz 
„Opération Sentinelle“ (zu Deutsch: Wache bzw. Wachposten). Zwischen 
7.000 und 10.000 Soldaten, je nach Gefährdungslage, sollen potentielle 
Anschlagsziele und Risikozonen im städtischen Raum schützen; dabei soll 
ihre alleinige Präsenz gemäß der vom Verteidigungsministerium 
ausgegebenen Devise „Protéger, dissuader, rassurer“ (Schützen, 
abschrecken, beruhigen) zur Stärkung des allgemeinen Sicherheitsgefühls 
beitragen.

Ein solcher Inlandseinsatz ist in Frankreich kein Novum. Bereits 
zwischen 1986 und 1987 fand ein ähnlicher Einsatz statt, die Operation 
„Garde aux frontières“, in deren Rahmen 2.000 Soldaten für die Dauer von 
drei Monaten zum Schutz der Grenzen beordert wurden. Angeordnet wurde 
der Einsatz im September 1986 vom damaligen Präsidenten Francois 
Mitterand auf dem Höhepunkt einer Anschlagsserie – 13 Attacken zwischen 
Februar 1985 und September 1986 – die mit dem Bombenanschlag in der Rue 
de Rennes, bei dem sieben Menschen getötet und 55 verletzt wurden, ihren 
Höhepunkt fand.

Die aktuelle „Opération Sentinelle“ ist im Grunde genommen die 
Ausweitung eines ständigen Einsatzes im Rahmen des französischen 
Anti-Terror-Plans „Vigipirate“, welcher seit 1991[1] offiziell zum Ziel 
hat, die Sicherheitskräfte des Innenministeriums beim Schutz als 
gefahrenanfällig eingestufter Zonen und Orte zu unterstützen. Die 
Dimension des Sentinelle-Einsatzes ist jedoch eine völlig andere, da das 
Kontingent innerhalb von nur wenigen Tagen von durchschnittlich 750 
Soldat_innen auf 10.000 auf dem gesamten Staatsgebiet hochgesetzt wurde 
– eine bereits im Weißbuch 2008 für entsprechende Fälle vorgesehene 
Maximalzahl, welche 10% der Gesamttruppenstärke des französischen Heeres 
bzw. 15% ihrer Einsatzkräfte entspricht; zum ersten Mal seit Ende des 
Kalten Krieges übersteigt damit die Gesamtzahl der im Inland 
eingesetzten Heereskräfte die Zahl jener im Auslandseinsatz. Die oftmals 
gezogene Parallele zum Algerienkrieg erschöpft sich nicht allein in der 
numerischen Dimension dieses Einsatzes. So wurden auch die gesetzlichen 
Rahmenbedingungen für den seit 2015 andauernden Ausnahmezustand erst zu 
Beginn des Algerienkriegs 1955 geschaffen. Auch in der Fünften Republik 
blieb die außerordentliche Maßnahme ihrer kolonialen Provenienz fest 
verhaftet: 1985 beim Unabhängigkeitsaufstand in Neukaledonien, 2005 
erstmals in den Banlieues des französischen Mutterlandes, seit 2015 im 
innerstädtischen Krieg gegen den islamistischen Terrorismus. Flankiert 
wird die Maßnahme von einer zunehmenden Militarisierung, die in der 
„Opération Sentinelle“ ihren vorläufigen Höhepunkt findet.

Soldaten als Zielscheiben

„Mit der Operation Sentinelle sind die Soldaten zu Terroristenmagneten 
geworden.“ (Bénédicte Chéron)[2]

„Protéger, dissuader, rassurer“ – legt man diese selbstgesetzten 
Maßstäbe an, muss der Einsatz als Misserfolg auf ganzer Linie bewertet 
werden. Schützen? Bisher wurde kein geplantes Attentat bekannt, das 
nachweislich durch die Operation verhindert werden konnte. Stattdessen 
erwies sich die Maßnahme bei dem Anschlag im Thalys-Zug von Amsterdam 
nach Paris und bei den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris 
als völlig wirkungslos. Abschrecken? Das genaue Gegenteil scheint 
erreicht, Soldat_innen sind als symbolhafte Verkörperung der 
republikanischen Staatsgewalt mittlerweile zum bevorzugten Ziel von 
Anschlägen avanciert. Beruhigen? Es braucht keine antimilitaristische 
Grundhaltung – und Antimilitarist_innen sind rar gesät in Frankreich –,  
um den behaupteten balsamischen Effekt von Maschinengewehren auf 
Weihnachtsmärkten oder Einkaufsmeilen in Zweifel zu ziehen. Trotzdem 
befürworteten laut einer vom Verteidigungsministerium in Auftrag 
gegebenen Erhebung des Umfrageinstituts IFOP im November 2015 79% der 
Befragten den Einsatz, im März 2017 waren es noch immer 77%. Eine 
IFOP-Erhebung vom Oktober 2016, „Welchem der folgenden Akteure vertrauen 
Sie am meisten bei der Terrorismusbekämpfung?“, (sechs mögliche 
Nennungen) ergab, dass 69% der Befragten ihr Vertrauen in die Polizei 
setzten (Platz 1), nur 38% der Befragten hingegen die Soldat_innen der 
Operation Sentinelle angaben (Platz 3). Angesichts dieser Diskrepanz 
zwischen objektiver Einschätzung des Nutzens und Befürwortung des 
Einsatzes in der Bevölkerung steht zu vermuten, dass der Effekt von 
vielen zwar als rein psychologischer durchschaut, als solcher aber 
durchaus willkommen geheißen wird. Mag die mehrheitliche Zustimmung 
unter der Bevölkerung auch ungebrochen sein, so sind vor allem nach der 
Zunahme von Attacken auf Soldat_innen im August dieses Jahres vermehrt 
Stimmen aus dem militärischen Umfeld zu vernehmen, die die 
Sinnhaftigkeit des Einsatzes in Frage stellen bzw. nicht länger als 
„Zielscheiben“, oder, wie es der ehemalige General Vincent Desportes 
beschreibt, als „Blitzableiter“[3] herhalten wollen. Von Anfang an 
geriet die Mission immer wieder selbst ins Visier verbaler oder 
tätlicher Angriffe, laut dem Politikwissenschaftler Élie Tenenbaum 
durchschnittlich fünfmal pro Tag.[4] Mit den jüngsten Vorfällen stieg 
auch die Zahl der versuchten oder geglückten Anschläge auf 
Sentinelle-Soldat_innen auf insgesamt sieben, allein drei davon im 
August dieses Jahres:

Am 3. Februar 2015 wurden in Nizza drei Wachsoldat_innen vor einem 
jüdischen Gemeindezentrum mit einem Messer angegriffen. Am 1. Januar 
2016 lenkte ein Autofahrer seinen Wagen vorsätzlich in eine Gruppe von 
vier Soldat_innen, die vor der Großen Moschee in Valence Wache standen. 
Am 3. Februar 2017 wurde eine Patrouille von vier Soldat_innen in der 
Pariser Einkaufspassage „Carrousel du Louvre“ mit einer Machete 
angegriffen, wobei der Angreifer „Allahu Akbar“ gerufen haben soll. Am 
18. März 2017 wurde ein 39-Jähriger am Flughafen Orly-Sud erschossen, 
nachdem er eine Patrouille attackiert hatte. Am 19. Juni 2017 wurde ein 
Polizeitransporter vorsätzlich mit einem Auto gerammt, welches mit 
Waffen und Gasflaschen beladen war. Am 5. August 2017 wurde ein 
19-Jähriger überwältigt, bevor er einen Sicherheitsmann vor dem 
Eiffelturm mit einem Messer angreifen konnte. Er soll „Allahu Akbar“ 
gerufen haben und gab später an, dass er es gezielt auf Soldat_innen 
abgesehen habe.[5] Am frühen Morgen des 9. August fuhr ein Einzeltäter 
in der nordwestlich von Paris gelegenen Gemeinde Levallois-Perret im 
Département Hauts-de-Seine eine Gruppe von Soldat_innen mit einem Auto 
an und verletzte dabei sechs Personen.[6] Und erst am Abend des 23. 
August versuchte ein 50-Jähriger in Lyon, der bereits in der 
Vergangenheit an psychischen Problemen gelitten haben soll, eine 
Wachsoldatin zu erwürgen.[7]

Doch nicht nur wegen des Risikos, dem die Soldat_innen tagtäglich 
ausgesetzt sind, steht der Einsatz in der Kritik. Ebenfalls bemängelt 
wurden bereits die Unterbringung der Soldaten in der Anfangszeit des 
Einsatzes, die Kosten (circa eine Million Euro pro Tag), die Überdehnung 
des französischen Heeres auf Kosten der Übersee-Einsätze, die 
Vernachlässigung des Trainings der Soldaten (im Schnitt nur noch 70 
statt der im Verteidigungsfinanzierungsprogramm vorgesehenen 90 
Trainingstage/Jahr)[8] usw.. Eine kritische Auseinandersetzung mit der 
Tatsache, dass hier seit über zwei Jahren fast widerstandslos der Umbau 
einer Zivil- zu einer Kriegsgesellschaft vorangetrieben wird, findet 
hingegen kaum statt.

II. Krieg im Äußeren wie im Inneren

Der Ausnahmezustand und das „Kontinuum Verteidigung - Sicherheit“

„Wir werden diesen Krieg gewinnen.“ (Manuel Valls)[9]

Die französische Verteidigungsdoktrin fußt seit zehn Jahren auf der 
Doktrin des Kontinuums Verteidigung – Sicherheit (continuum défense – 
sécurité), dessen dubiosen Werdegang die Rechtswissenschaftlerin 
Roseline Letteron einmal nachvollzogen hat: Das Konzept erscheint 
erstmals im „Weißbuch über die Verteidigung und die Nationale 
Sicherheit“ von 2008. Zusammenfassen lässt es sich mit den einleitenden 
Worten von Nicolas Sarkozy als „ein neues Konzept: Das einer nationalen 
Sicherheitsstrategie, die, ohne sie miteinander zu vermengen, 
Verteidigungspolitik, innere Sicherheit, Außenpolitik und die 
Wirtschaftspolitik miteinander verbindet.“ Ein Jahr später spricht der 
Kriminologe Alain Bauer, der die Regierung seit langem in 
Sicherheitsfragen berät, vor der Militärakademie IHEDN (Institut des 
hautes études de défense nationale) von einem „Konzept der ‚globalen 
Sicherheit‘, das es noch zu präzisieren gilt, welches die 
Landesverteidigung, öffentliche Sicherheit, Schutz von Unternehmen oder 
Umweltsicherheit [sécurité environnementale] miteinander verbinden 
soll“. Das diffuse Konzept ist zwar auch seitdem nicht genauer definiert 
worden, taucht aber regelmäßig als Schlagwort zur Rechtfertigung u.a. 
der massiven Militärpräsenz und flächendeckenden Videoüberwachung in den 
französischen Innenstädten auf.[10] So schreibt die Konfliktforscherin 
Bénédicte Chéron, es gehe bei der Operation Sentinelle darum, „Krieg zu 
führen. Krieg? Nicht in den Straßen Frankreichs natürlich, aber das 
berühmte Kontinuum zwischen den Auslandseinsätzen im 
Sahel-Sahara-Streifen (Operation Barkhane) oder im Mittleren Osten 
(Operation Chammal) und der Operation Sentinelle wird regelmäßig 
bekräftigt.“[11] Auf den Punkt bringt es die von Premierminister Manuel 
Valls nach dem Bataclan-Attentat im November 2015 ausgegebene Parole: 
„Wir sind im Krieg“ – bei der man bereits nicht mehr wissen konnte, ob 
nun der Sahel-Streifen, Syrien oder die Île-de-France gemeint war, was 
auch letztlich keine Rolle spielte. Man könnte mit Fug und Recht sagen, 
dass das „Kontinuum Verteidigung – Sicherheit“ eine Konvergenz 
beschreibt, deren vorläufige Vollendung im ständigen Ausnahmezustand 
erreicht ist.

Das Hexagon als Kriegsgebiet

Valls‘ Befund deckt sich mit der Einschätzung des amtierenden 
Generalstabschefs Jean-Pierre Bosser, wenn dieser  in einem in der 
„Revue National de la Défense“ erschienen Artikel schreibt, „am Abend 
des 13. November [seien] ‚Inneres‘ und ‚Äußeres‘ erneut miteinander in 
Resonanz getreten, dieses Mal bis zum Punkt der Verschmelzung“ und sich 
zwar keine Einschätzung darüber erlauben möchte, ob Frankreich im Krieg 
sei, aber konstatiert, dass der Krieg nun in Frankreich angekommen sei 
und aus der Analogie der Lage, eine Analogie der Mittel ableitet. Von 
dieser Prämisse ausgehend forderte der General vier Prinzipien, die dem 
Inlandseinsatz der Armee künftig zugrunde liegen sollten, im Grunde eine 
Zusammenfassung der Änderungen, die bereits im Plan zur Reorganisation 
der Armee „Au contact“, veröffentlicht im Mai 2015, gefordert worden 
waren: Effizienzsteigerung durch die Bündelung der Oberkommandos, was 
letztlich, wie schon im Reformplan gefordert, auf die Schaffung einer 
eigenen Kommandobehörde für das Staatsgebiet nach Vorbild der „Défense 
opérationnelle du Territoire“ (DOT) aus Zeiten des Kalten Krieges 
hinausliefe.[12] Es wird gefordert, man müsse seinerseits „Ungewissheit 
schaffen indem man den Feind eine unvorhersehbare und omnipräsente 
Bedrohung spüren lässt“. Die starre „Maginot-Linie“, die nach dem 7. 
Januar errichtet wurde, sei umgangen worden, und müsse durch 
dynamischere Vorgehensweisen ersetzt werden. Dies setze auch „die 
Bereitstellung komplementärer Mittel“ voraus: „Störsender, Nano-Drohnen, 
Helikopter, ABC-, Hunde- und Antisprengstoffeinheiten, leichte 
Panzerfahrzeuge – um Verletzte unter Beschuss zu evakuieren – 
Cyberkapazitäten, Aufklärung…“[13]

Koloniale Techniken: Der Krieg kommt heim

  „Der Waffengang im Äußeren war, selbst wenn die französische 
Bevölkerung davon unberührt bleibt, schon immer begleitet von nationalem 
Zusammenschluss im Inneren und Zwangsmaßnahmen gegen jene, die sich 
nicht fügen wollten. Diese Korrelation zwischen Krieg im Äußeren und 
außerordentlichem Zustand im Inneren hat es in unterschiedlichen 
Ausprägungen schon immer gegeben, mal mehr, mal weniger extrem und 
gewalttätig.“ (Claude Serfadi)[14]

Bereits Michel Foucault hat in einer seiner Vorlesungen am Collège de 
France auf die geschichtliche Konstante “einer Art Rückwirkung der 
Kolonialpraxis auf die rechtlich-politischen Strukturen des Abendlands“ 
hingewiesen. „Man sollte nicht vergessen, dass die Kolonisation mit 
ihren Techniken und ihren politischen und rechtlichen Waffen europäische 
Modelle auf andere Kontinente übertragen, dass sie aber auch zahlreiche 
Rückwirkungen auf die Machtmechanismen, die Apparate, die Institutionen 
und Machttechniken im Abendland gehabt hat. Es gab eine ganze Serie von 
kolonialen Modellen, die ins Abendland zurückgebracht wurden und bewirkt 
haben, dass das Abendland an sich selbst so etwas wie eine 
Kolonisierung, einen internen Kolonialismus, durchgeführt hat.“[15]

Auch der Stadtforscher Stephen Graham schreibt in seinem Standardwerk 
über die Militarisierung der Städte, Techniken und Technologien 
kolonialer urbaner Kriegsführung und Repression hätten schon immer ihren 
Weg von den Kolonien zurück in die Herzkammern der europäischen 
Gesellschaften gefunden.[16] Eine ähnliche Dynamik lässt sich heute auch 
in Frankreich beobachten. So erklärte der damalige Chef des 
französischen Generalstabs, Pierre de Villiers, bei seiner Anhörung vor 
der Kommission der Nationalen Verteidigung und der Streitkräfte am 15. 
Oktober 2015: „Womöglich wurde es nicht ausreichend erklärt? Sentinelle 
ist alles andere als eine Neuauflage von Vigipirate, sondern entspricht 
vielmehr einem strategischen Umdenken: Nach unserem Dafürhalten […] 
benötigen die inneren Sicherheitskräfte eine substantielle und 
dauerhafte Unterstützung durch die Streitkräfte der Armee. Anstatt aber 
die Sicherheitskräfte zu vertreten, sollen die Streitkräfte ein 
ergänzendes Know-How beisteuern. […] Um die Regierung zu beraten, bemühe 
ich mich vorauszublickend zu denken und komme zu folgender Einschätzung: 
Da wir es mit denselben Terroristen zu tun haben, müssen wir 
gegebenenfalls im Inneren auf Methoden zurückgreifen, die an diejenigen 
angelehnt sind, die außerhalb des Staatsgebietes Anwendung finden.“[17] 
So werden auch Menschen mitten in Europa aus der staatlichen 
Rechtsordnung ausgebürgert und zu Kombattanten im Krieg gegen den Terror 
erklärt.


Anmerkungen

[1] Anlass für die erste Aktivierung des Plans im Jahr 1991 war der 
Beginn des Zweiten Golfkrieges unter französischer Beteiligung.

[2] Bastié, Eugénie: Interview mit Bénédicte Chéron, Le Figaro, 03. 
Februar 2017.

[3] „Il faut que le président Macron ait le courage d'arrêter 
l'opération Sentinelle", L’Obs, 10. August 2017.

[4] Tenenbaum, Elie: La sentinelle égarée? L’armée de Terre face au 
terrorisme, Focus stratégique n°68 (Paris: IFRI, June 2016).

[5] Sicherheitskräfte am Pariser Eiffelturm verhindern Messerattacke auf 
Soldaten, Die Welt, 06. August 2017.

[6] Auto fährt in Soldatengruppe - mehrere Verletzte, Spiegel Online, 
09. August 2017.

[7] Lyon : un déséquilibré s'attaque à une militaire de l'opération 
Sentinelle, Le Parisien, 23. August 2017.

[8] „Sentinelle“, une opération militaire de 7 000 soldats sur le 
territoire national, Le Monde, 03. Februar 2017.

[9] Amar, Cécile: Interview mit Manuel Valls, Le journal du dimanche, 
17. Juli 2016.

[10] Vgl. Letteron, Roseline: Terrorisme : l'échec du continuum défense 
sécurité, http://libertescheries.blogspot.de.

[11] Chéron, Bénédicte: L'opération Sentinelle est un beau récit piégé, 
Slate.fr, 29. Juni 2016.

[12] Leymarie, Philippe: L’armée dans la ville: amie ou ennemie?, 
blog.mondediplo.net, 13. Juli 2015.

[13] Bosser, Jean-Pierre: L’Armée de terre, le territoire national et 
l’année 2015, in Revue de la défense Nationale, Januar 2016.

[14] Interview mit Claude Serfadi, bastamag.net, 16. Mai 2017.

[15] Foucault, Michel: In Verteidigung der Gesellschaft, Vorlesungen am 
Collège de France (1975-1976), Vorlesung vom 4. Februar 1976, S.126.

[16] Graham, Stephen: Cities under Siege: The new military urbanism, p.12.

[17] Commission de la défense nationale et des forces armées, 15. 
Oktober 2015, compte rendu n°11.



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