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<TITLE>Blühende Gen-Landschaften in den neuen EU-Staaten (taz)</TITLE>
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<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">taz Nr. 7370 vom 29.5.2004, Seite 4, 190 Zeilen (TAZ-Bericht), GABRIELE LESSER,</FONT></SPAN>

<BR><SPAN LANG="de"><B><FONT COLOR="#008000" SIZE=4 FACE="Arial">BLÜHENDE GEN-LANDSCHAFTEN</FONT></B></SPAN>
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<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">Polen, Tschechien, Bulgarien und Rumänien sind Einfallstore für  genmanipulierte Pflanzen. Gesetze werden nicht eingehalten,  kommerzieller Anbau wird als Versuch getarnt, und es fehlt an Labors, die  Genspuren nachweisen können. Vor allem US-Genkonzerne haben bereits  Investiert. In Polen gelten die EU-Gesetze gegen Gentech. Kein Handel ohne Kennzeichnung, kein Anbau. Aber überprüft wird das nicht. Und eingehalten auch nicht.             </FONT></SPAN></P>

<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">Polen könnte das größte Ökoland Europas sein. Wenn es nur wollte. Denn da die meisten Bauern viel zu arm sind, um sich teuren Kunstdünger oder Insektenvernichtungsmittel zu leisten, versprühen sie wesentlich weniger Gift als ihre Kollegen in Westeuropa. Die Folge: Tomaten schmecken noch wie Tomaten, Äpfel wie Äpfel, und auch das Fleisch schmurgelt in der Pfanne nicht zu einem Winzsteak zusammen. Doch die Not der Bauern macht sie auch offen für Erfindungen. Statt auf Bio setzen sie lieber auf Gentechnik. Kurz hintereinander schlugen jetzt mehrere Öko-Organisationen Alarm: Genmanipulierte Lebensmittel sind auch in Polen auf dem Vormarsch.</FONT></SPAN></P>

<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">Im Februar rüttelte ein Artikel des Londoner Guardian die polnische Öffentlichkeit auf. Das britische Blatt zitierte Geert Ritsema von den Aktivisten Friends of the Earth mit den Worten: "Polen hat den Anbau von GMO-Soya [GMO - genmanipulierte Organismen] erlaubt [&hellip;]. Leute können diese Sachen kaufen und verkaufen, können kontaminierte Saat ausbringen, ohne dass sie Angst vor Verfolgung oder Entdeckung haben müssten."</FONT></SPAN></P>

<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">Diese Narrenfreiheit liegt allerdings nicht daran, dass Anbau von Genmais oder Handel mit Genweizen ohne Kennzeichnung erlaubt wäre. Schon vor dem Beitritt Polens zur EU Anfang Mai mussten alle Lebensmittel, die mehr als 1 Prozent GMO enthalten, entsprechend gekennzeichnet werden. Da es aber kein Labor gab, das Lebensmittel systematisch auf gentechnische Veränderungen hin hätte untersuchen können, gehörte die Regelung zu den berüchtigten Papiertigern, von den es Polen eine ganze Reihe gibt. Genaue Zahlen über das Ausmaß fehlen. Die Regierung stellt sich taub. Doch es gibt eine Menge Indizien dafür, dass in Polen großflächig gentechnisch veränderte Organismen auf dem Acker und im Regal stehen. Experten sprechen von Gentech-Experimente auf freiem Feld, Gen-Saatgut im Handel, keine funktionierende staatliche Kontrolle und offenbar überall GMO-Lebensmittel und Futtermittel im Handel.</FONT></SPAN></P>

<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">Schon 2001 hatte Professor Jan Szopa-Skorkowski auf einer seiner Radtouren rund um Wroclaw (Breslau) ein Maisfeld erspäht, das anders aussah, als die benachbarten Felder. Er brach ein paar Maiskolben ab, untersuchte sie in seinem Labor und sah seinen Verdacht bestätigt: das Mais war genmanipuliert. Der Biologe, der selbst gentechnische Experimente durchführt und die Gefahr der Wind- oder Bienenbestäubung von Naturmais durch GMO-Mais kennt, informierte sofort das nächste Bezirksamt und schrieb sogar direkt an den Wojewoden von Breslau. Aber es waren Wahlen, und so verlief die Sache im Sand.</FONT></SPAN></P>

<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">Iza Kruszewska, die seit Jahren für Greenpeace und die Northern Alliance of Sustainability (Anped) forscht, befürchtet, dass diese Lücke im System ausgenützt wird. Gentech-Konzerne haben die EU-Neumitglieder und hier insbesondere Polen als Hintertür entdeckt, um genmanipulierte Lebensmittel in den Wirtschaftskreislauf der EU einzuschleusen, so Kruszewska.</FONT></SPAN></P>

<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">Tony Combes von der britischen Firma Monsanto, die in den letzten Jahren in Polens Biotech-Forschung investiert hat und auch - wie aus der Monsanto-Website hervorgeht - Versuchsfelder in Polen angelegt hat, wies den Vorwurf zurück, die osteuropäischen EU-Mitgliedstaaten als trojanischen Pferd missbraucht zu haben. "Jedes Beitrittsland muss alle EU-Regelungen voll übernehmen und erfüllen. Dies schließt auch die Kennzeichnungspflicht von Produkten in jeder Industrie ein."</FONT></SPAN></P>

<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">Den polnischen Öko-Organisationen ging sofort die Brisanz dieses Satzes auf. Sollten die ersten systematischen Kontrollen den Verdacht bestätigen, dass in Polen mit nicht gekennzeichneten GMO-Lebensmitteln gehandelt wird, würde dies nicht nur für Polens Verbraucher eine Katastrophe bedeuten. Es wäre auch eine große Gefahr für Polens Agrarexporte in die westlichen EU-Staaten.</FONT></SPAN></P>

<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">Polens Landwirte und die ganze Lebensmittelindustrie leben vom Export nach Westen. Dort aber wollen über 70 Prozent der Verbraucher keine gentechnisch manipulierten Lebensmittel essen, und viele Produzenten und Lebensmittelketten haben sich verpflichtet, keine GMO-Produkte zu verarbeiten.</FONT></SPAN></P>

<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">Tage nach der Veröffentlichung des Guardian-Artikels flatterte Umweltminister Czeslaw Sleziak der "Genetische Albtraum" auf den Tisch. Den offenen Brief hatten 24 Öko-Organisationen und Parteien unterschrieben. "Seit wann werden in Polen genetisch manipulierte Pflanzen angebaut? Wo? In welchen Mengen?" Und: "Woher sollen die Bauern wissen, ob der Samen, den sie guten Glaubens erwerben, von GMO-Pflanzen stammt? Wer zahlt ihnen Entschädigung, wenn sich bei einer Kontrolle herausstellt, dass auf dem Acker GMO-Pflanzen wachsen?"</FONT></SPAN></P>

<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">Der Minister ließ sich knapp einen Monat Zeit und antwortete dann, dass es in Polen Gesetze und Verordnungen gebe, die das ganze Problem im Sinne größtmöglicher Sicherheit für die Verbraucher regelten. Es sei also alles in bester Ordnung. Für die Umsetzung des Rechts in die Praxis sei er nicht zuständig. Kontrollen würde die Haupt-Sanitär-Inspektion durchführen. Fazit des Ministers: "In Polen wird kein genetisch veränderter Mais oder Soja angebaut."</FONT></SPAN></P>

<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">Nicht die Haupt-Sanitär-Inspektion, sondern die Inspektion der Handelsqualität von landwirtschaftlichen Produkten, sorgte dann allerdings für eine Überraschung. Sie veröffentlichte Anfang März das Ergebnis ihrer Stichprobenkontolle bei 85 Unternehmen, die Soja oder Mais einführen und verarbeiten - im letzten Jahr rund 170.000 Tonnen. Davon waren bei der Ankunft in Polen 99 Prozent als GMO gekennzeichnet. Zwar gaben zahlreiche Firmen diese Information an die Konsumenten weiter, allerdings oft missverständlich. 34 der untersuchten 85 Unternehmen verkauften ihre Ware als GMO-freie Produkte.</FONT></SPAN></P>

<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">Greenpeace, das Mitte Mai sein erstes Büro in Polen eröffnete, schob einen weiteren offenen Brief nach: "NEIN gegen die alten GMO-Regelungen im NEUEN EUROPA". Greenpeace sowie zahlreiche andere polnische Öko-Organisationen forderten Umweltminister Sleziak auf, die alten EU-Regelungen für GMO mit einem Moratorium außer Kraft zu setzen. Zunächst sollte eine genaue Bestandsaufnahme von GMO-Anbau und -Handel in Polen gemacht werden. Zudem müsse eine EU-weite Entschädigungsregelung für Bauern gefunden werden, deren Saat durch herumfliegende GMO-Pollen verunreinigt wurde.</FONT></SPAN></P>

<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">Maciej Muskat, der Leiter des Greenpeacebüros in Warschau, übt sich in</FONT></SPAN>

<BR><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">Geduld:</FONT></SPAN>

<BR><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">"Noch warten wir auf die Antwort." Am 2. Mai ist in Polen die Regierung zurückgetreten, und auch die neue führt nur kommissarisch die Geschäfte. Es kann also noch etwas dauern. "Uns interessiert nicht das Recht", sagt Muskat. "Die Gesetze sind eigentlich ganz gut. Uns interessiert die Praxis. Wie sieht es im Land aus? Gibt es illegale GMO-Felder? Werden die Konsumenten korrekt informiert, oder wissen sie gar nicht, was sie essen?" Entscheidend sei der politische Wille: "Wollen wir gesunde Lebensmittel? Oder wollen wir Mais mit eingebautem Insektenvernichtungsmittel?"</FONT></SPAN></P>

<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">________________________________________________________________________</FONT></SPAN>

<BR><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">taz Nr. 7370 vom 29.5.2004, Seite 4, 137 Zeilen (TAZ-Bericht), BERNHARD PÖTTER</FONT></SPAN>

<BR><SPAN LANG="de"><B><FONT COLOR="#008000" SIZE=4 FACE="Arial">In Osteuropa wachsen die Designpflanzen - mit Hilfe von US-Dollars</FONT></B></SPAN>
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<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">Hier eine gentechfreie Zone, dort großflächiger Gen-Anbau: Nicht alle neuen EU-Länder nutzen Gentechnik. Wer es aber tut, der pflanzt in großem Stil - gegen die EU-Regeln</FONT></SPAN></P>

<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">BERLIN taz  Die Zuhörer schwankten zwischen Begeisterung und Skepsis: Ist Slowenien das "gentechfreie Paradies", wie es am 23. April auf der Jahrestagung des Öko-Instituts zur "Umweltpolitik im neuen Europa" hieß? Mira Zupanc-Kos vom slowenischen Ministerium für Landwirtschaft erklärte: Es gebe "genfreie Regionen", in denen der Anbau von Gentech verboten sei und eine Haftungsregel, wonach der "Verschmutzer zahlt".</FONT></SPAN></P>

<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">Solche strengen Regeln konnte sich Slowenien bis zum EU-Beitritt erlauben. Doch staatlich verordnete "gentechfreie Zonen" sind in der EU verboten. Das ist einer der vielen Punkte beim Thema Gentechnik, die nun nach der EU-Osterweiterung geklärt werden müssen - zum Teil vor den Gerichten. Denn die Haltung der osteuropäischen EU-Beitrittsländer zur grünen Gentech ist je nach Land sehr unterschiedlich.</FONT></SPAN></P>

<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">Vor dem EU-Beitritt der Länder im Osten haben vor allem die US-Genkonzerne versucht, dort Fuß zu fassen. Im Herbst 2000 bewilligte der US-Senat 30 Millionen Dollar, um die US-Konzerne bei der Einführung von Gentech in den Ländern Osteuropas zu unterstützen. Die ersten Freisetzungsversuche fanden Anfang der 90er-Jahre in Bulgarien statt, ohne dass es eine gesetzliche Grundlage dafür gab.</FONT></SPAN></P>

<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">Inzwischen sind überall Gesetze erlassen worden, doch manche Staaten haben nicht einmal zertifizierte Labors, die untersuchen können, ob Gentech in Futter- und Lebensmitteln enthalten ist. "Problematisch bleibt die Kontrolle", bilanziert ein Gutachten des Freiburger Öko-Instituts zur "Agrogentechnik in den EU-Beitrittsländern". In welchem Ausmaß Genfood, Genfutter und Gensaaten zirkulierten, sei "weitgehend unbekannt" - und die Information der Öffentlichkeit über die grüne Gentechnik sei "in einigen Beitrittsstaaten noch mangelhaft".</FONT></SPAN></P>

<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">In Ungarn wurden seit 1996 noch vor einer gesetzlichen Regelung die ersten Freisetzungsversuche unternommen. Kartoffeln, Mais, Raps, Tabak, Tomaten und Luzerne wurden angebaut. Staatliche Labors überwachen das Saatgut auf Gentechnik</FONT></SPAN></P>

<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">- schließlich wollen die Ungarn nicht den Markt für gentechfreien Mais in der EU verlieren.</FONT></SPAN>
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<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">Auch in Tschechien hat es nach dem Gutachten des Öko-Instituts zwischen 1997 und 2000 viele Freisetzungen gegeben - vor allem von Mais, Raps und Zuckerrüben. Gentechnisch veränderte Nahrungsmittel sind in Tschechien auf dem Markt - über große Lebensmittelkonzerne wie Nestle, Danone, Unilever oder Tesco.</FONT></SPAN></P>

<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">Slowenien und die Slowakei betreiben offiziell eine restriktive Politik gegenüber der Gentechnik. In Slowenien ist der Import verboten, doch bei Stichproben wurden Genspuren in Lebensmitteln gefunden. Das gleiche gilt für Proben in Estland. Die baltischen Staaten bauen gerade ein gemeinsames Testlabor für die Lebensmittelsicherheit auf, denn in welchem Maß die Kennzeichnungspflicht eingehalten wird, ist gänzlich unbekannt.</FONT></SPAN></P>

<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">Rumänien und Bulgarien schließlich sind mit Blick auf die Gentechnik der wilde Osten der EU. In Rumänien wurden großflächig mit Mais und Kartoffeln experimentiert, die Unterlagen dazu sind geheim. Seit 1999 werden transgene Sojabohnen kommerziell angebaut. Rumänien besitzt die drittgrößte Anbaufläche für Soja in Europa - mehr als die Hälfte davon ist nach Informationen der "Northern Alliance for Sustainability" (Anped) mit Gensoja bepflanzt.</FONT></SPAN></P>

<P><SPAN LANG="de"><FONT SIZE=2 FACE="Arial">Bulgarien dagegen baut großflächig auf 20.000 Hektar transgenen Mais - und nennt das Versuchsanbau. Da der Mais aber kommerziell angeboten wird, vermutet das Öko-Institut, dass es sich "trotz der Behauptungen der Behörden um einen kommerziellen Anbau handelt". Die Genpflanzen gelangen in die Nahrungskette, weil sie verfüttert werden. Ein Expertengremium zur Genehmigung von Gen-Versuchen ist mit Wissenschaftlern besetzt, die teilweise selbst an diesen Versuchen beteiligt sind. Die Politik Bulgariens verstößt unter anderem gegen das Cartagena-Protokoll zur Biosicherheit, das strenge Regeln für den Import und Export von Gen-Organismen festlegt - obwohl Bulgarien das erste Land der Welt war, das das Cartagena-Protokoll ratifizierte. </FONT></SPAN></P>

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