[Gen-Streitfall] Fw: Irak: Neues Gesetz sichert Gentech-Multis neue Absatzm ärkte zu Lasten der Bauern

Anke Auler anke.auler at bund.net
Di Nov 23 11:33:54 CET 2004


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Patente US-Patente für den Irak?
Brigitte Zarzer 18.11.2004

Ein neues Gesetz sichert Gentech-Multis neue Absatzmärkte zu Lasten 
der 
heimischen Bauern

Während sich der Blick der Öffentlichkeit auf den täglichen 
Nachkriegshorror im Irak konzentriert, werden im Hintergrund 
ausgesprochen wirtschaftsfreundliche Gesetze vorbereitet. So sieht das 
künftige Patentrecht vor, dass Bauern kein Saatgut von der letzten 
Ernte zurückbehalten dürfen, wie dies eigentlich der Tradition 
entspricht.

Als der von Georg W. Bush ernannte Zivilverwalter für den Irak, Paul 
Bremer, im Juni 2004 Bagdad verließ, hinterließ er der irakischen 
Übergangsregierung auch zahlreiche neue Verordnungen und 
Gesetzesentwürfe. Darunter befindet sich die Order 81 [1], die 
künftig 
das 1970 erlassene irakische Patentrecht, ersetzen soll. Das berichtet 
die Non-Government-Organisation Grain [2]. Die Organisation engagiert 
sich für die Erhaltung bzw. Förderung von Biodiversität und 
möglichst 
eigenständige Landwirtschaft. 

Beide Ansätze landwirtschaftlicher und ökologischer Kultur sind mit 
der 
Order 81 schwer gefährdet. Das neue Patentgesetz würde den 
irakischen 
Landwirten "den Krieg erklären", wettert Grain deshalb. Generationen 
von kleinen Bauern im Irak hätten in einem unregulierten, quasi 
informellen System ausgesät. Pflanzen wurden ohne gesetzliche 
Einschränkungen gezüchtet und oftmals auch zwischen den Bauern 
ausgetauscht. Unter dem neuen Gesetz würde das praktisch verboten, 
kritisiert die Organisation. Das Gesetz sichert nämlich die 
Patentrechte von GVOs oder anderem patentierten Saatgut streng ab:

--Farmers shall be prohibited from re-using seeds of protected 
varieties or any variety mentioned in items 1 and 2 of paragraph (C) of 
Article 14 of this Chapter.-- Order 81

Wer nun meint, bei GVOs sei das ohnehin üblich und man würde nur das 

irakische Recht auf internationalen Standard bringen, greift zu kurz. 
Zum einen ist anzunehmen, dass gerade über Hilfslieferungen auch 
GV-Saatgut ins Land gelangt, gleichzeitig aber keine strengen Auflagen 
zu Koexistenz und Haftungsfragen bestehen. Die Bauern, sollte sich 
GV-Saatgut einmal ausgekreuzt haben, wären den Patentinhabern - im 
Reglefall Biotech-Multis wie Monsanto oder Syngenta  - ausgeliefert und 
müssten später vielleicht Lizenzgebühren für etwas zahlen, das 
sie nie 
haben wollten. Das Gesetz würde auch explizit die Förderung von GVOs 

vorsehen, kritisiert Grain. 

Die Organisation sieht aber auch die Gefahr bei ganz konventionell 
gezüchtetem Getreide. Grain spricht davon, dass künftig primär PVP 

(Plant Variety Protection)-zertifizierte Pflanzen für den Markt 
zugelassen werden sollen. Diese Einstufung wäre aber wiederum an die 
sogenannte UPOV-Convention [3] gebunden. Das Internationale 
Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV) wurde 1961 
unterzeichnet und trat 1968 in Kraft. Ziel der UPOV ist es, Züchtern 
exklusive Eigentumsrechte zuzusprechen. Die letzte Änderung von 1991 
basierte vor allem auf der immer stärker voranschreitenden 
Patentierung 
von genetischen Ressourcen durch die Gentechnik. Nach Art. 14ff. UPOV 
91 ist die Zustimmung der Züchter zur Erzeugung oder Vermehrung, zum 
Aufbereiten, Lagern, Feilhalten und Vertreiben sowie zum Import und 
Export von Vermehrungsmaterial ihrer Sorten erforderlich. 

Allerdings ließ UPOV bezüglich des Saatguts zwei Ausnahmen zu: Zum 
einen das Landwirteprivileg: Hierdurch wird Landwirten das Recht auf 
Wiederaussaat von sortenrechtlich geschütztem Saatgut zugestanden. Zum 

anderen gilt das Züchterprivileg: Es erlaubt den Züchtern 
geschützte 
Sorten als Grundlage für neue Sortenzüchtungen zu verwenden, ohne 
dafür 
Lizenzgebühren zu zahlen . In UPOV 91 wurde allerdings die generelle 
Möglichkeit des kostenlosen Nachbaus wieder eingeschränkt. 
Gentechnisch 
veränderte Sorten fallen nun nicht mehr ohne weiteres unter das 
Züchterprivileg. 

Entscheidend für die Entwicklung im Irak ist aber, dass die Order 81 
eben genau die Wiederaussaat verbietet und somit das im UPOV 
ursprünglich vorgesehene Landwirteprivileg aushebelt. Produktion, 
Reproduktion, Verkauf, Export und Import wären in letzter Konsequenz 
großen Pflanzenzüchtern vorbehalten::

--Farmers' seeds cannot meet these criteria (Anm. UPOV-Kriterien), 
making PVP-protected seeds the exclusive domain of corporations. The 
rights granted to plant breeders in this scheme include the exclusive 
right to produce, reproduce, sell, export, import and store the 
protected varieties. These rights extend to harvested material, 
including whole plants and parts of plants obtained from the use of a 
protected variety. This kind of PVP system is often the first step 
towards allowing the full-fledged patenting of life forms.-- 

Das De-facto-Monopol würde für Getreidesorten 20 Jahre, für Wein 
und 
Bäume 25 Jahre gelten, berichtet Grain. Von der neuen Gesetzeslage im 
Irak würden nur Konzerne wie Monsanto, Syngent, Bayer und Dow Chemical 

profitieren, die dann die Kontrolle über die irakische Landwirtschaft 
inne hätten, kritisiert die Umweltorganisation:

--What it will actually do is facilitate the penetration of Iraqi 
agriculture by the likes of Monsanto, Syngenta, Bayer and Dow Chemical 
- the corporate giants that control seed trade across the globe. 
Eliminating competition from farmers is a prerequisite for these 
companies to open up operations in Iraq, which the new law has 
achieved. Taking over the first step in the food chain is their next 
move.-- 

LINKS

[1] 
http://www.iraqcoalition.org/regulations/20040426_CPAORD_81_Patents_Law.p
df
[2] http://www.grain.org/articles/?id=6
[3] http://www.upov.org


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Anke Auler * Dipl. Betriebswirtin 
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