[Gen-Info] "Panne" mit Gen-Kartoffel Amflora

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Do Sep 9 11:27:10 CEST 2010


Hallo Leute!

Hier ein Artikel aus der 'Linkszeitung' zum
Verwertungsverbot für Amflora.

Ciao
   Klaus Schramm


8.09.2010

"Panne" mit Gen-Kartoffel Amflora
Backhaus stoppt BASF

Gen-Kartoffel Der Gentech-Konzern BASF darf vorerst die in 
Mecklenburg-Vorpommern geernteten Gen-Kartoffeln der Sorte Amflora 
nicht verwenden. Landes-"Umwelt"-Minister Till Backhaus war 
gezwungen, dieses Verwertungs-Verbot auszusprechen, weil die 
Vermischung zweier Gen-Kartoffel-Sorten auf BASF-Feldern in Schweden 
und Tschechien entdeckt worden war. Dies nur durch Zufall, weil die 
Gen-Konstrukte sich in der Blütenfarbe unterscheiden.

Beim Anbau in Schweden unterlief BASF offenbar eine "Panne". Auf dem 
Feld, auf dem ausschließlich die genmanipulierte Kartoffel-Sorte 
Amflora angebaut werden sollte, fanden sich zugleich Kartoffeln der 
nicht zugelassene Gen-Sorte Amadea. Wie bereits anderen Orts 
nachgewiesen, handhabt BASF die Trennung des Saatguts allzu lax. Nun 
kam auch Backhaus nicht länger darum herum zu konstatieren: "Mein 
Vertrauen in das Qualitätssicherungssystem der BASF ist stark 
erschüttert." Backhaus mußte gestern das Verbot aussprechen, die bei 
Zepkow (Müritzkreis) angebauten Gen-Kartoffeln in den Verkehr zu 
bringen. Die nach dem Gentechnik-Gesetz verordnete Sperre gelte 
solange, bis BASF zweifelsfrei belegen könne, daß die in Zepkow 
angebaute Gen-Kartoffel Amflora nicht mit der Sorte Amadea vermischt 
sei. Falls das mit einer Untersuchung von Proben betraute das 
Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei 
eine Vermischung feststellt, muß die gesamte Ernte vernichtet werden.

Erst am Dienstag vergangener Woche hatte sich 
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle höchstpersönlich mit 
Gumminstiefeln und dunkelblauem Anzug auf den Acker in Mecklenburg-
Vorpommern begeben, um zusammen mit BASF-Führungskräften die Ernte 
der genmanipulierten Amflora-Kartoffeln zu feiern. Dabei gibt es 
längst konventionelle Kartoffel-Züchtungen, die spezielle 
Anforderungen der Industrie bei der Papier-, Beton- und 
Klebstoffproduktion ebenso gut wie Amflora erfüllen - und zudem ohne 
Risiko sind. Die verarbeitende Industrie hat schon vor Monaten 
signalisiert, daß sie - nicht zuletzt wegen der Ablehnung durch die 
Kundschaft - kein Interesse an der genmanipulierten Kartoffel Amflora 
hat. Dennoch versucht BASF seine Gen-Kartoffel, für die der Konzern 
bereits 1997 die Zulassung beantragte, diese nun mit prominenter 
Unterstützung populär zu machen.

UmweltschützerInnen befürchten, daß es ebenso wie in Schweden auch in 
Deutschland bereits zu einem Anbau der nicht zugelassenen 
genmanipulierten Amadea-Kartoffel gekommen ist. Auf einem Feld in 
Zepkow wurde auch Saatgut aus Schweden verwendet. Greenpeace zeigt 
sich in seinem Mißtrauen in die Zuverlässigkeit des Gentech-Konzerns 
BASF bestätigt.

BASF versucht dagegen die Vermischung herunterzuspielen. Die Gen-
Kartoffeln der Sorte Amadea seien auf dem Feld in Schweden entfernt 
worden. Laut BASF hat die Verunreinigung weniger als 0,01 Prozent 
betragen. Zwischen 680.000 Amflora-Pflanzen seien gerade einmal 47 
der Sorte Amadea gefunden worden. Nach Angaben des schwedischen 
Zentralamtes für Landwirtschaft war eine Fläche von mehreren 100 
Hektar von der Vermischung betroffen.

Auch die EU-Kommission zeigt sich besorgt und verlangt zusammen mit 
den schwedischen Behörden von BASF bis 20. September Informationen, 
wie es zu der "Panne" kommen konnte. "Offensichtlich ist irgendwo ein 
Fehler gemacht worden", sagte ein Kommissionssprecher. Die Kommission 
wolle sicherstellen, "daß so etwas nicht noch einmal anderswo 
passieren kann." Am heutigen Mittwoch treffen sich VertreterInnen der 
Anbauländer und der EU-Kommission mit VertreterInnen der BASF-Tochter 
Plant Science. "Wir müssen unser Qualitätsmanagement in diesem Punkt 
verbessern", sagt Plant-Science-Sprecherin Mette Johansson. Der 
Chemiekonzern arbeite "mit Hochdruck" daran herauszufinden, warum 
sich das Amadea- und das Amflora-Saatgut vermischen konnten. Außerdem 
will BASF nach eigenen Angaben prüfen, ob die genmanipulierte 
Kartoffel-Sorte Amadea für den menschlichen Verzehr geeignet sei. Mit 
einer Markteinführung der Amadea rechnet das Unternehmen nach eigenen 
Angaben frühestens 2013/14.

KritikerInnen befürchten Gesundheitsrisiken, weil die Kartoffel auch 
Gene für Antibiotikaresistenzen enthält. Der Anbau stellt nach 
Ansicht von Greenpeace einen Verstoß gegen die EU-
Freisetzungsrichtlinie dar. Seit 2004 dürfen keine Gen-Pflanzen mit 
gesundheitsgefährdenden Antibiotika-Resistenzgenen in Umlauf gebracht 
werden. Auch die mangelhafte Prüfung von ökologischen Risiken 
widerspricht der Richtlinie. Dennoch hat die EU-Kommission Amflora 
Anfang März für den Anbau und die Verwertung sowie für die 
Tierfütterung und - bis zu einem Verschmutzungsgrad von 0,9 Prozent - 
für Lebensmittel zugelassen. Rund um Bütow war Amflora über Jahre 
hinweg angeblich zu "Testzwecken" angebaut worden. 2009 war es - 
begleitet von heftigen Protesten - der einzige Anbaustandort 
bundesweit.

Immer wieder war es bereits in der Vergangenheit beim sogenannten 
Versuchs-Anbau der Gen-Kartoffel zu Unregelmäßigkeiten gekommen. Auf 
abgeernteten Versuchs-Feldern in Bayern wurden herumliegende 
Kartoffeln genmanipulierter Sorten entdeckt. Die unkontrollierten 
Verbreitung der Sorte Amadea in Schweden bestätigt das Argument von 
KritikerInnen, daß eine Koexistenz beim Anbau von genmanipulierten 
Pflanzen nicht zu gewährleisten sei.

Laut einer Umfrage des Emnid-Instituts vom Januar 2010 lehnen 77 
Prozent der Deutschen den Anbau von Amflora ab.


LINKSZEITUNG


Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

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      US-Gericht stoppt Gen-Zuckerrübe (17.08.10)

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      Illegale Verbreitung von Gen-Baumwolle
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