[Gen-Info] EU-Zulassung für Gen-Kartoffel Amflora

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Do Mär 4 12:32:11 CET 2010


2.03.2010

EU-Zulassung für Gen-Kartoffel Amflora

Resistenz-Gen: nicht berücksichtigt
Alternativen aus konventioneller Züchtung: nicht berücksichtigt

Gen-Kartoffel Die umstrittene vom deutschen Chemie-Konzern BASF 
entwickelte genmanipulierte Kartoffel-Sorte Amflora wurde heute von 
der EU-Kommission für die industrielle Anwendungen und als 
Futtermittel zugelassen. Damit genehmigt sie erstmals seit 1998 
wieder den Anbau einer genmanipulierten Pflanze in der EU und bricht 
ein de facto mehr als zehn Jahre bestehendes Moratorium. Amflora 
enthält ein Antibiotika-Resistenz-Gen und birgt somit das Risiko, daß 
ein Antibiotikum gegen Tuberkulose unwirksam wird. In einer EU-
Richtlinie von Ende 2004 war ausdrücklich festgelegt worden, daß in 
der EU keine genveränderten Pflanzen mehr angebaut werden dürfen, die 
gesundheitsbedenkliche Antibiotika-Resistenz-Gene enthalten.

Der BASF-Konzern bemühte sich bereits seit 13 Jahren um eine 
Zulassung für seine Industriekartoffel. Amflora produziert im 
Gegensatz zu herkömmlichen Kartoffelsorten kein Stärke-Gemisch, 
sondern ausschließlich Stärke in Form von Amylopektin. Diese Substanz 
wird als Rohstoff für technische Produkte wie Kleister oder Papier 
benötigt. Da eine Verunreinigung von normalen Lebens- und 
Futtermitteln mit Gen-Pflanzen niemals auszuschließen ist, hat das 
Unternehmen dafür die Zulassung gleich mitbeantragt. Es ist 
ausdrücklich vorgesehen, daß Abfallprodukte aus der Stärkegewinnung 
als Futtermittel verwertet werden.

Sowohl die Weltgesundheitsorganisation WHO als auch die Europäische 
Arzneimittelbehörde EFSA hatten das Risiko erkannt, daß Amflora die 
Wirksamkeit bestimmter Medikamente einschränken könnte, die gegen 
Tuberkulose eingesetzt werden. Zwei Gutachter der EFSA hatten im 
vergangenen Sommer vor den gesundheitlichen Risiken gewarnt.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisiert die 
Zulassung der Gen-Kartoffel Amflora durch die Brüsseler EU-Kommission 
in scharfer Form. BUND-Vorsitzender Hubert Weiger sprach von einem 
"politischen Kniefall vor der BASF". Der BUND hatte bereits in der 
Vergangenheit nachgewiesen, daß es infolge unsachgemäßer - aber wohl 
so beabsichtigter - Freilandversuche mit Amflora in Deutschland 
bereits Vermischungen mit normalen Kartoffeln gegeben hat. So habe 
ein die Amflora anbauender Landwirt in Mecklenburg-Vorpommern 
Aussaatflächen verwechselt. Daraufhin habe die BASF auf 20 Hektar 
Fläche die Knollen vernichten müssen. Nachgewiesen ist jedoch 
ebenfalls, daß es bereits mehrfach zu "Durchwuchs" kam. Dies 
bedeutet, daß auf abgeernteten Feldern trotz anderweitigem Anbau im 
Folgejahr erneut und entgegen den Behauptungen der Gentech-
PropagandistInnen Knollen der Kartoffel-Sorte Amflora vorgefunden 
wurden.

"Vor den Risiken schließen sowohl die gentechnikverliebte 
Bundeskanzlerin als auch Agrarministerin Ilse Aigner die Augen", 
erklärte der Umweltschutz-Verband. "Die BASF-Manager haben ein Ziel 
erreicht. Für sie ist das ein Schritt zur Abschaffung der 
Gentechnikfreiheit in der Landwirtschaft. Wir setzen jetzt auf die 
Vernunft der Stärkeindustrie und der Bauern, Amflora nicht zu 
akzeptieren, zumal es konventionelle Alternativen gibt."

Für den BUND-Vorsitzenden Hubert Weiger hat vor allem der neue EU-
Kommissar John Dalli versagt: "Der für den Schutz der Gesundheit und 
der Verbraucher zuständige EU-Kommissar Dalli hat mit seiner ersten 
Amtshandlung einen schweren Fehler begangen. Der Weg der Gentech-
Kartoffel vom Feld auf die Teller der europäischen Verbraucher ist 
viel zu kurz und die Risiken sind viel zu groß. Ein EU-Kommissar, der 
den Gesundheit- und Verbraucherschutz ernst nimmt, hätte gegen die 
Zulassung der Amflora stimmen müssen."

"Es ist schockierend, daß die neue Kommission mit dieser Entscheidung 
die erheblichen ökologischen und gesundheitlichen Risiken der 
umstrittenen Gen-Kartoffel ignoriert", kommentiert Martin Hofstetter 
von Greenpeace. Der Agrarökonom fürchtet, daß die Kommmission gegen 
den Willen einer breiten Öffentlichkeit und gegen alle guten 
Argumente einen neuen Pro-Gentechnikkurs einleiten will.

BASF-Vorstandsmitglied Stefan Marcinowski erklärte: "Wir hoffen, daß 
diese Entscheidung einen Meilenstein für weitere Innovationen zu 
Gunsten einer wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Landwirtschaft in 
Europa darstellt." Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner hat 
angekündigt, nichts gegen die Zulassung zu unternehmen. Bereits in 
ihrer Koalitionsvereinbarung hatte die "schwarz-gelbe" Regierung 
entgegen den früheren Beteuerungen des "CS"U-Ministerpräsidenten 
Horst Seehofer die Zulassung der Gen-Kartoffel Amflora unterstützt: " 
In der Landwirtschaftspolitik dominiert trotz der Bekenntnisse von 
Union und "F"DP zum ökologischen Landbau und zur Nachhaltigkeit eine 
industriefreundliche Politik. "Schwarz-Gelb" unterscheidet sich damit 
in keiner Weise von den vorangegangenen Regierungen in "schwarz-rot" 
und in "rot-grün".

Ebenso wenig wie das Resistenz-Risiko wurde von der EU-Kommission 
berücksichtigt, daß es mittlerweile zwei Kartoffel-Sorten aus 
konventioneller Züchtung gibt, die dieselben Anforderungen der 
Industrie erfüllen. Auch diese Kartoffel-Sorten enthalten 
ausschließlich die Stärke Amylopektin. Die Entscheidung der EU-
Kommission ist also allein vor dem Hintergrund der politischen Macht 
des BASF-Konzerns erklärbar.

Das Meinungsforschungsinstitut Emnid hat im Auftrag von Greenpeace im 
Januar 2010 eine Umfrage durchgeführt, ob Ministerin Aigner den Anbau 
der Gen-Kartoffel Amflora verbieten sollte. 77 Prozent antworteten 
mit "ja", 17 Prozent mit "nein", 5 Prozent machten keine Angaben. Die 
'Frankfurter Allgemeine Zeitung' empfiehlt daher dem BASF-Konzern, 
"die erst vor kurzem begonnene Akzeptanz-Kampagne für die grüne 
Gentechnik zu verstärken."


REGENBOGEN NACHRICHTEN


Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Konkurrenz für Gen-Kartoffel Amflora
      aus konventioneller Züchtung (25.11.09)

      Gentechnik erhöht Pestizidverbrauch in den USA
      US-Landwirtschaft benötigte 145.000 Tonnen mehr (18.11.09)

      Verfilzung von EU und Gentech-Industrie
      Führende EFSA-Mitarbeiterin wechselt zu Syngenta (10.11.09)

      Bauernpräsident Sonnleitner als Gentech-Lobbyist
      Sonnleitner fordert Erleichterungen für Gen-Futtermittel 
(20.10.09)

      Gentech-Gegner im Elsaß vor Gericht
      Versuch mit Gen-Reben war illegal (8.10.09)

      Gentech-Gegner muß ins Gefängnis
      Zwei Wochen Haft wegen 195 Euro Strafe (22.09.09)

      Verunreinigungen mit Gen-Mais immer häufiger
      EU-weit verdreifachten sich die negativen Ergebnisse (15.08.09)

      Gen-Weizen Gatersleben
      Streit um Feldbefreiung geht in die nächste Instanz (3.08.09)

      Gen-Mais NK603 verunreinigt 170 Hektar
      Behörden spielen auf Zeit (24.07.09)

      Saatgut mit Gen-Mais NK603 kontaminiert
      Laxe Auflagen bei der Beseitigung (13.05.09)

      Aigner genehmigt Anbau
      von Gen-Kartoffel Amflora
      Gefahren nicht zu leugnen (27.04.09)

      Plötzliches Verbot von Gen-Mais
      Droht Wiederholung der Seehofer-Farce? (14.04.09)

      Sozialistischer Gen-Mais?
      Feldversuche auf Kuba gestartet (11.03.09)

      Braunschweiger Gericht mag Gen-Honig
      Imker verliert Klage gegen BVL (12.02.09)

      CSU für und gegen Gen-Mais
      Anbau in Bayern nur im Glashaus (11.02.09)

      Lageplan zu Gen-Mais 2009
      von Greenpeace veröffentlicht (4.02.09)

      Öko-Landbau in Deutschland weiterhin gebremst
      Einseitig Subventionen für Agro-Gentechnik und Agro-Chemie
      (29.01.09)

      Neue Widerstandsform gegen Agro-Gentechnik
      "Gegensaat-Aktion" im April geplant (9.01.09) 



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