[Gen-Info] Gen-Kartoffel Amfora darf verfüttert werden
Klaus Schramm
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Di Feb 19 23:43:01 CET 2008
19.02.2008
Gen-Kartoffel Amfora
darf verfüttert werden
Teilerfolg für BASF
Die Agrarminister der Europäischen Union haben gestern (Montag)
mehrheitlich zugestimmt, daß Abfälle der umstrittenen Gen-Kartoffel
Amflora als Futtermittel in der Tierhaltung eingesetzt werden dürfen.
Außerdem werden künftig bis zu 0,9 Prozent der bislang nicht
zugelassenen Sorte auch als Inhalt in Lebensmitteln toleriert. Für die
vom deutschen Konzern BASF beantragte Freigabe kam im EU-Agrarrat
allerdings keine Mehrheit zustande. Überraschend hatte sich der
deutsche Landwirtschaftsminister Horst Seehofer - die
Bundesregierung hatte sich bis Freitag noch nicht festlegen wollen - auf
die Seite der Gegner-Staaten geschlagen.
Nach diesem Patt unter den 27 Mitgliedsstaaten liegt die
Freigabe-Entscheidung wieder wie in vielen anderen Fällen zuvor bei
der Europäischen Kommission. BASF sieht dieser Entscheidung laut
einer am Montagabend verbreiteten Erklärung "positiv entgegen". Die
Kommission ist für ihre Pro-Gentech-Entscheidungen berüchtigt.
Angeblich muß sie sich für die Freigabe von Amflora entscheiden, weil
sie an ein Urteil ihrer Lebensmittelbehörde EFSA gebunden sei. Diese
mit der Gentech-Industrie verfilzte Behörde hatte sich im April 2007
selbst von einer negativen Stellungnahme der Europäischen
Arzneimittelagentur (EMEA) nicht von ihrem Votum abbringen.[1]
So war es kaum verwunderlich, daß die EFSA nicht nur die
Gen-Kartoffel Amflora, sondern auch die Produktionsreste, die als
"Pulpe" in Futtermitteln Einsatz finden soll, für unbedenklich erklärte.
Blockierte die EU-Kommission nun trotz des positiven EFSA-Votums
den Anbau der Gen-Kartoffel weiterhin, riskierte sie eine Klage der
BASF mit hohem finanziellen Risiko. Im vergangenen Jahr war BASF
noch damit gescheitert, die Zulassung von Amflora durchzusetzen. Der
Konzern zeigte sich davon jedoch unbeeindruckt und erklärte 160
Hektar Anbaufläche zu "Versuchsfeldern". Dies waren sogar 10 Hektar
mehr als BASF zu Beginn des Jahres für den kommerziellen Anbau
hatte eintragen lassen.
Auf Mißtrauen stießen die vehementen Versuche des deutschen
Agrar-Ministers Seehofer (CSU), eine Vermischung der Kartoffel mit
Futtermitteln zu vermeiden. Hier wird ein Zusammenhang mit der
kürzlich am Widerstand der bayerischen Bauernschaft und der
Stärke-Industrie gescheiterten Markteinführung der Gen-Kartoffel
Gen-Walli vermutet, die seit über rund zehn Jahre hinweg von der
bayerischen Landesregierung protegiert worden war.[2]
Eine positive Rolle spielt Umweltkommissar Stavros Dimas, der
zumindest bisher die EU-Kommission bremste und mit generellen
Bedenken gegen die Zulassungspraxis von genmanipulierten Pflanzen
das weitere Genehmigungsverfahren blockierte.
Amflora wurde von BASF speziell für die Bedürfnisse der
Stärke-Industrie gentechnisch designt. Sie enthält nur eine der sonst
bei Kartoffeln vorkommenden zwei Stärke-Varianten und soll so die
Verarbeitung erheblich erleichtern. Daher ist sie eigentlich nicht für den
Anbau als Futtermittel oder für den menschlichen Verzehr vorgesehen.
Als Abnehmer für die keineswegs wohlschmeckende Knolle gilt
vielmehr die Industrie, etwa die Papierbranche. Dort wird die Stärke bei
der Papier-Produktion eingestezt. Beim Pressen der Pflanze bleibt die
sogenannte Pulpe übrig, die die Unternehmen dann wiederum an
Viehzüchter verkaufen. Kartoffel-Pulpe wird zum Beispiel gerne bei der
Bullenmast verfüttert.
Laut Greenpeace haben die EU-Agrar-Minister in einer "entscheidenden
Abstimmung" versagt, indem sie die Entscheidung über Amflora der
Kommission überließen. Auch in zwei anderen Fällen wird die
EU-Behörde entscheiden, weil der Agrarrat sich nicht einigen konnte. In
diesen Fällen allerdings hatte Deutschlands Agrar-Minister Seehofer
sich der Stimme enthalten. Es ing um die genmanipulierten Maissorten
des US-Biotech-Konzerns Monsanto sowie des Schweizer Konzerns
Syngenta.
Wie wenig ernst nach wie vor die Gefahren, die von den
genmanipulierten Pflanzen ausgehen, und daher auch die Vorschriften
genommen werden, zeigt nach ähnlichen Vorfällen mir Gen-Walli ein
aktueller Fund auf einem Acker in Hohenmocker (Kreis Demmin).
Mitglieder der Umweltorganisation BUND haben dort erneut lose
herumliegende Amflora-Kartoffeln aus dem Vorjahr gefunden. Eine
Analyse zeigte, daß sie ein Antibiotika-Resistenzgen als sogenannten
Marker enthalten. Werden die herumliegenden Gen-Kartoffeln von
Rehen und Wildschweinen gefressen, kann die genetische Information
durch die Tiere verbreitet werden und somit in die Nahrungskette
gelangen.
Bereits im vergangenen November hatte der BUND auf Kartoffeln auf
diesem Acker aufmerksam gemacht. Der Fund widerspricht den
offiziellen Auflagen, wonach Kartoffeln, die nach der Ernte liegen
bleiben, "unschädlich zu entsorgen" seien. Die immer wieder
beschworene Sicherheit von Feldversuchen ist offenbar nicht
gewährleistet.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
1 Siehe auch unseren Artikel:
Gen-Kartoffel von BASF wird von EU-Bürokratie verharmlost
Kritik der Europäischen Arzneimittelagentur beiseite gewischt
(18.04.07)
2 Siehe auch unseren Artikel:
Bauern akzeptieren keine Gen-Kartoffel
"Gen-Walli" floppt (24.01.08)
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