[Gen-Info] Pomologen: Obstzuechtungs-Institut in Dresden-Pillnitz verharmlost Gentechnik-Risiken

Klaus Schramm 078222664-0001 at t-online.de
Fr Dez 28 23:01:23 CET 2007


Gentechnikforschung in Ostdeutschland

Wie die Wissenschaftler am Institut für Obstzüchtung Dresden-Pillnitz die 
Risiken der Gentechnik im Obstbau "kleinreden"

Von Hans-Joachim Bannier, Pomologen-Verein e.V.

Die Gentechnik steht nun auch in der Obstzüchtung vor der Tür. Im Institut für 
Züchtungsforschung in Dresden-Pillnitz wird schon seit einigen Jahren -  von der 
Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet -  schwerpunktmäßig zu Fragen des 
Entwicklung gentechnisch veränderter Obstsorten geforscht. In Pillnitz sowie 
auch in Bad Lauchstädt bei Halle stehen bereits gentechnisch veränderte 
Apfelsorten in sogenannten "Freilandkäfigen".

Wie sehr sich Pillnitz in der Gentechnik-Forschung profilieren möchte, wird 
daran deutlich, dass das Obst-Institut vom 1.-5. September 2008 einen 
internationalen Kongress unter dem Titel "First International Symposium on 
Biotechnology of Fruit Species" zum Thema Gentechnik im Obstbau  ausrichtet 
(Informationen dazu sind bereist jetzt unter der Internet-Seite 
www.biotechfruit2008.bafz.de einzusehen).

2003 hatte Frau Prof. Hanke (Pillnitz) bereits einen Antrag auf Aussetzung von 
Obstgehölzen in Pillnitz gestellt. Dieser wurde allerdings - nach zahlreichen 
Einsprüchen dagegen, u.a. auch vom Pomologen-Verein e.V. - vom Bundesministerium 
für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (unter Ministerin Künast) 
seinerzeit zunächst abgelehnt.

Die Forschungen zur Gentechnik gingen jedoch dessen ungeachtet in Pillnitz 
weiter. Ihre Zwischenergebnisse sind inzwischen in der Publikation 
"Forschungsreport 1/2006" des Bundesministeriums für Forschung und Technologie 
unter dem Titel "Welche Risiken sind beim Anbau von gentechnisch veränderten 
Apfelbäumen zu erwarten" erschienen. Autoren des Berichts sind Frau Prof. Dr. 
Viola Hanke sowie Dr. Henryk Flachowsky.

Pillnitzer Risiko-Betrachtungen

Zwar wird immer wieder betont, dass bei den Forschungen zur Gentechnik auch 
Sicherheitsfragen bzw. Fragen bezüglich der Risiken der Gentechnik erforscht 
würden. Verfolgt man allerdings die bisherigen öffentlichen Äußerungen von Prof. 
Viola Hanke und Dr. Henryk Flachowsky und insbesondere ihre Schlussfolgerungen 
bezüglich der Risiken des Einsatzes von GVO in der Obstzüchtung, so zeugen diese 
von einer beängstigend eingeengten wissenschaftlichen Blickwinkel, wenn es um 
die strittige Frage geht, inwieweit sich eine unkontrollierte Ausbreitung von 
GVO bei einem Anbau gentechnisch veränderter Apfelbäume verhindern lässt.

In ihrer Auffassung, dass der Aufwuchs von GVO-Samen innerhalb bewirtschafteter 
Erwerbsobst-Anlagen eher unwahrscheinlich ist, kann man den Pillnitzer 
Wissenschaftlern noch folgen. Schließlich werden die Grünstreifen zwischen den 
Baumreihen regelmäßig gemäht, sodass hier gentechnisch verändertes Erbgut in 
Form von Samen wohl nur selten zu (später blühenden) Pflanzen heranwachsen wird.

Was aber passiert, wenn Bienen die Apfelbäume in der Umgebung von 
GVO-Obstanlagen mit dem Pollen der gentechnisch manipulierten Apfelsorten 
befruchten oder wenn Vögel die mit den Früchten in der Anlage anfallenden 
GVO-Samen in die Umgebung tragen?

Spekulation statt Wissenschaft

Zwar konstatieren Hanke und Flachowsky, dass eine Ausbreitung von GVO-Pollen 
(durch Bienen) aus der bewirtschafteten Obstanlage heraus in benachbarte 
Obstbestände durch Mantelpflanzungen um die Obstanlage lediglich verringert, 
aber nie ganz verhindert werden könne. Sie räumen auch ein, dass Vögel die Samen 
gentechnisch veränderter Apfelbäume (und damit gentechnisch manipuliertes 
Erbgut) in die Streuobstbestände der Umgebung tragen können.

Dennoch erklären sie anschließend das damit verbundene Ausbreitungsrisiko von 
GVO-Samen für vernachlässigbar: Denn aus den durch Befruchtung entstehenden 
(bzw. den durch Vögel verbreiteten) Samen - so Hanke und Flachowsky - könnten 
keine neuen Apfelbäume entstehen, weil "Apfelbäume in unserer genutzten 
Kulturlandschaft kaum Aufwuchsmöglichkeiten haben".

Hier haben Hanke und Flachowski das Feld wissenschaftlicher Untersuchung 
verlassen und üben sich in reiner Spekulation. Denn ihre Behauptung, "in unserer 
genutzten Kulturlandschaft" hätten "Apfelbäume keine Aufwuchsmöglichkeit", ist 
vollkommen realitäts- und lebensfremd.  Wie realitätsfremd, davon kann sich 
jeder überzeugen, der sich in den deutschen Obstanbaugebieten zur Zeit der 
Obstblüte in unserer "genutzten Kulturlandschaft" umsieht: An Böschungen, 
Straßenrändern und sonstigen nicht intensiv genutzten Flächen findet man in 
großer Zahl diese unkontrolliert aufgewachsenen Apfel-Zufallssämlinge. Auch 
private Gärtner haben zu allen Zeiten gelegentlich die Zufallsprodukte 
befruchteter Apfelsamen in ihren Gärten aufwachsen lassen (so sind seit 
Jahrhunderten neue Apfelsorten entstanden).

Die Obstsortenkenner des Pomologen-Vereins können ein Lied davon singen, wenn 
sie auf Apfeltagen und ähnlichen Veranstaltungen solche Zufallssämlinge zur 
Sortenbestimmung vorgelegt bekommen. Häufig ergibt sich erst aus entsprechenden 
Nachfragen, dass es sich bei den nicht bestimmbaren Proben um Früchte von 
solchen unveredelten, in der offenen Feldflur gefundenen Obstgebüschen handelt. 
Für das geübte Auge ist nicht selten auch die aus dem Plantagenanbau stammende 
Muttersorte (etwa Golden Delicious, Gala, Jonagold o.a.) aus der mitgebrachten 
Apfelprobe noch zu erahnen.
Künftig könnten solche Zufalls-Sämlinge dann immer öfter mit GVO verseucht sein.

Frau Prof. Hanke dagegen erklärt öffentlich: "Die Entstehung von Sämlingen in 
bewirtschafteten Obstanlagen und Kleingärten (!) kommt nicht vor." (Hanke, 2003)

Einfach "vergessen": Das Ausbreitungs-Risiko von GVO-Erbgut durch die Samen der 
für den Markt produzierten Äpfel.

Noch viel gravierender - und im Sinne gründlicher wissenschaftlicher Methodik 
geradezu skandalös - ist der Umstand, dass Frau Dr. Hanke und Herr Flachowsky 
bei der Beurteilung des Ausbreitungsrisikos von GVO im Obstbau ihren Focus 
ausschließlich auf die bewirtschaftete Obstanlage richten.

Völlig außen vor bleibt in ihren Risiko-Betrachtungen die Tatsache, dass die 
gentechnisch veränderten Äpfel selbst in viel größerem und völlig 
unkontrollierbarem Ausmaß das GVO- Erbgut in die Welt tragen werden, wenn sie 
denn jemals für den Markt produziert werden sollten, d.h. im Supermarkt und in 
unserer Küche landen (aber genau dafür wird ja alle Grundlagenforschung zur 
Gentechnik betrieben).

Sind die gentechnisch veränderten Apfelsorten erst einmal auf dem Markt, haben 
wir Milliarden von gentechnisch veränderten Samen, die von den Käufern der Äpfel 
nach dem Verzehr des Apfels auf den Kompost, an den Straßenrand oder sonstwohin 
ausgespuckt oder weggeworfen werden. Weitere Milliarden von GVO-Samen werden 
(mit den von den Plantagenbesitzern an die Mostereien gelieferten 
B-Waren-Äpfeln) im Trester der Mostereien landen, der wiederum in die Landschaft 
gekippt, ans Vieh verfüttert, zur Anzucht vermeintlicher "Wildapfel"-Mischungen 
herangezogen wird etc.

Schon heute stehen an Autobahn-Parkplätzen, an Landstraßen und Wegen ungezählte 
solcher "wild" aufgelaufenen - aus weggeworfenen Äpfeln bzw. ausgespuckten 
Kernen entstandenen -  Zufallssämlinge. Allein auf einem Streckenabschnitt von 
rund 50 Kilometern an den Autobahnen A7 und A 44 im Raum Kassel / Paderborn habe 
ich im Frühjahr 2007 - zur Zeit der Obstblüte - auf Anhieb rund 25-30 solcher 
Apfelgebüsche gezählt. Ähnliches ist an Landstraßen und Eisenbahnlinien, an 
Wanderwegen und touristischen Attraktionen heute jederzeit dokumentierbar (an 
der Burgruine Hohenstaufen bei Göppingen/Baden-Württemberg zählte ich im 
Frühsommer allein fünf solcher Apfelgebüsche). In Zukunft würden solche - aus 
weggespuckten Kernen entstandenen - Apfelgebüsche dann gentechnisch verändertes 
Erbgut enthalten und dieses über die Bestäubung weiter verbreiten.

Zu den hier geschilderten Ausbreitungswegen kommen weitere: Zu allen Zeiten 
haben sich Obstliebhaber in den Obstanlagen der Institute interessante neue 
Sorten als Reis mit nach Hause genommen, sei es erlaubterweise, sei es "unter 
der Hand".

Das gleiche kommt auch vor in den Obstanlagen der Erwerbsobstbauern: Dort nehmen 
sich nicht nur Besucher Reiser mit, sondern auch die zahlreichen Erntehelfer aus 
Polen, Rumänien, der Slowakei oder anderen sogenannten Billiglohnländern. Die 
tragen dann das transgene Erbgut (oftmals ohne es zu wissen) in alle Welt; da 
gibt es dann keine 100-Meter-Abstände und "Schutzpflanzungen" mehr um den 
gentechnisch veränderten Apfelbäume.

Will man - wenn solche Apfelsorten erst auf dem Markt sind - eine 
unkontrollierte Ausbreitung des Erbguts dann noch verhindern, bräuchte man den 
totalen Überwachungsstaat (was nicht ernsthaft zu wünschen ist). In der Praxis 
würde es eher darauf hinauslaufen, dass alle am Ende resignieren, weil eine 
Ausbreitung der GVOs ohnehin nicht mehr verhindert werden könne.

Alle die hier genannten Ausbreitungswege der GVO-Organismen sind in den 
öffentlichen Risiko-Betrachtungen von Frau Prof. Hanke und Herrn Flachowsky 
schlicht nicht existent.

Naivität? Fahrlässigkeit? Oder vielleicht die Hoffnung, dass auf diesem Wege 
immer noch weitere Forschungsgelder für das Institut herausspringen?

Forscher liefern gewünschte Ergebnisse - ein verhängnisvoller Kreislauf

Zu befürchten ist, dass auf diese Weise ein verhängnisvoller selbsterfüllender 
Kreislauf entsteht, der so skizziert werden kann:

1. Die Politik signalisiert den Forschern, dass es für Forschungen der 
"Zukunftsbranche Gentechnik" jederzeit Forschungsgelder gibt (während der Staat 
für die klassische Züchtung - z.B. um verbesserte Pflanzenresistenzen im Obstbau 
zu erzielen - immer weniger Geld zur Verfügung stellt).
2. Die Wissenschaftler forschen zur Gentechnik, stellen aber alle kritischen 
Punkte, welche die Gentechnik infrage stellen würden, nur sehr vage dar ("nach 
menschlichem Ermessen", "nach heutigem Wissensstand", "unwahrscheinlich", 
"nahezu ausgeschlossen", o.ä.).
3. Bis diese Aussagen der Wissenschaftler dann wieder bei den beschließenden 
Politikern ankommen (die letztlich nur hören wollen, was am Ende herauskommt: 
also ein 'Ja' oder ein 'Nein'), haben sie vorher die Schreibtische von 
Ministerialbeamten durchlaufen, wo aus den 'Vielleichts' ein 'Wahrscheinlich', 
aus dem 'Nahezu ausgeschlossen' ein 'Ausgeschlossen' wurde. [Als ich vor einigen 
Monaten den Bielefelder SPD-Abgeordneten Dr. Rainer Wend, wirtschaftspolitischer 
Sprecher der SPD-Fraktion, auf einer Veranstaltung fragte, warum er sich 
öffentlich für "mehr Forschungsfreiheit für die Gentechnik" eingesetzt habe, 
erklärte er, seine Informanten aus den Ministerien hätten ihm klar signalisiert, 
dass mit der Gentechnik keine Gefahren verbunden seien. Er - Wend - müsse sich 
"auf die Fachleute verlassen". Auf Nachfrage verstand Dr. Wend nicht einmal 
etwas von Bienenflug und Bestäubung.]

So schließt sich der Kreis: Die Politiker - überzeugt, dass "wir" in Deutschland 
die "Zukunftsbranche Gentechnik" nicht allein den Amerikanern überlassen dürfen 
- beschließen Forschungsgelder zur Gentechnik, und die beteiligten Forscher 
liefern die Ergebnisse, die ihnen (zumindest für kurze Zeit) wieder neue 
Forschungsaufträge bringen sollen.

Brauchen wir Gentechnik im Obstbau?

Die Gentechnik-Forschungen in Sachen Obst sind eigentlich überflüssig, da die 
verschiedenen Züchtungsziele auch mit konventioneller Züchtung erreicht werden 
könnten. Die Züchtungen auf Schorfresistenz in Dresden-Pillnitz und in aller 
Welt machen es vor (auch wenn sich diese Züchtungen unter dem Blickwinkel der 
biologischen Vielfalt ebenfalls als einseitig kritisieren lassen).

Auch gegen Feuerbrand resistente Sorten gibt es bereits, sowohl bei den 
Pillnitzer Neuzüchtungen als auch in alten Streuobstbeständen. Die Beobachtungen 
in baden-württembergischen Streuobstbeständen, in denen Feuerbrand-Infektionen 
nicht bekämpft wurden, haben gezeigt, dass sich die Bäume mancher Sorten nach 
einer unbehandelten Infektion von selbst wieder regeneriert haben. Hier könnte 
sich die Züchtungsforschung die Vorteile der - noch vorhandenen - Biodiversität 
des Streuobstanbaus zunutze machen.

Wenn hier jedoch nur noch auf die Gentechnik zur Lösung unserer obstbaulichen 
Probleme gesetzt wird, dann vor allem deshalb, weil die internationalen (und vor 
allem US-amerikanischen) Gentechnik-Konzerne vor der Tür stehen und lautstark 
mit den Hufen scharren. Deren Traum ist es, z.B. aus der heute 
krankheitsanfälligen Apfelsorte Elstar auf kürzestem Wege (ohne den Umweg 
konventioneller Züchtung) den "Terminator-Elstar" zu basteln, der dann den 
Weltmarkt beherrscht (und wegen der Patentrechte einer Gelddruckmaschine 
gleichkommt). [Wie schrieb Frau Prof. Hanke im Zuge ihres Antrages auf 
Freisetzung von GVO-Apfelbäumen in Dresden-Pillnitz bereits 2003: "Die 
Bestrebungen der auf dem Gebiet der Gentechnik arbeitenden nationalen Gruppen 
richten sich ... eher auf die Verbesserung einer Weltmarktsorte. Dazu muss man 
wissen, dass lediglich vier Apfelsorten die Weltproduktion bestimmen" (Hanke, 
2003).].

Was allerdings passiert, wenn - wie bereits bei anderen gentechnisch veränderten 
Pflanzenarten geschehen - die "eingebauten" Schädlingsresistenzen von 
Schädlingen ihrerseits wieder geknackt werden, diese Probleme überlassen 
Forscher und Gentechnik-Firmen dann den nachfolgenden Generationen (um an den 
Lösungen der aufgetretenen Probleme dann erneut zu verdienen).

Und die Politiker, die über Fördermittel in der Forschung entscheiden, haben 
zwar zumeist von Obstbau, konventioneller Obstzüchtung und Biodiversität so 
wenig Ahnung wie der Bock vom Gärtnern, verfallen jedoch in kollektiver Hysterie 
und argumentieren, wir würden von der Weltentwicklung abgehängt und in die 
Steinzeit zurückversetzt, wenn wir nicht sofort auf den Zug der Gentechnik 
aufsprängen.

In Deutschland gibt es nach Umfragen seit Jahren eine stabile 
Dreiviertel-Mehrheit, die keine Gentechnik in der Ernährung wünscht. In anderen 
europäischen Ländern ist es nicht viel anders. Damit könnte die Diskussion 
eigentlich schon beendet sein (zumal die Wissenschaft immer davon spricht, dass 
sie sich in den Dienst der Menschen stellt). Und doch ist es ganz im Gegenteil 
so, dass eine kleine Minderheit von Konzernen, Lobby-Politikern und auch 
Wissenschaftlern, die ihrerseits von staatlichen oder privaten Forschungsmitteln 
abhängen, sich lediglich die Frage stellt, wie die "public acceptance" der 
Gentechnik verbessert werden könne.

Pillnitzer Gentechnik-Forschung: Wo nachzulesen?

Nachzulesen sind die Ausführungen von Frau Prof. Hanke und Dr. Henryk Flachowsky 
übrigens im Internet unter www.bmelv-forschung.de, dort weiter Publikationen, 
Forschungsreport, Ausgabe 1/2006 anklicken (oder einfach z.B. bei Google 
'Forschungsreport' eingeben). Auch auf der (gentechnikfreundlich orientierten) 
Internetseite www.biosicherheit.de können diverse Ausführungen von Frau Prof. 
Hanke (u.a. aus dem Jahr 2003) öffentlich eingesehen werden. Über den 
Gentechnik-Kongress 2008 in Dresden-Pillnitz informieren auch die 
Internet-Seiten www.bafz.de bzw. www.biotechfruit2008.bafz.de.

Genbank und Gentechnik-Forschung: Wie passt das zusammen?

Sollte sich das Institut für Obstzüchtung in Dresden-Pillnitz künftig vor allem 
zu einer Forschungsanstalt für Gentechnik im Obstbau weiterentwickeln, dann muss 
man allerdings auch die Frage stellen, welche die Rolle der Genbank in der 
Züchtung und der staatlichen Forschungsförderung zukommt.

Es fragt sich, ob die Genbank von den Verantwortlichen eines Tages in erster 
Linie als Selbstbedienungsladen für Gentechniker gesehen wird. Das hätte 
zwangsläufig auch Folgen für die Zusammenarbeit zwischen der Genbank 
Dresden-Pillnitz und all denen, die sich für die Erhaltung der genetischen 
Vielfalt im Obstbau engagieren. Auch die Frage, ob der Pomologen-Verein e.V. die 
Genbank ideell - oder durch das Zur-Verfügung-Stellen von Reisern historischer 
Sorten - unterstützen oder sich lieber um den Aufbau einer privaten (und ggf. 
durch Stiftungen finanzierten) Genbank kümmern sollte, kann von den 
Entwicklungen innerhalb des Instituts für Obstzüchtung in Pillnitz nicht 
unberührt bleiben.

Dass die These vom "Selbstbedienungsladen für Gentechniker" nicht nur 
realitätsfremde Spekulation ist, kann der "Blick über den Gartenzaun" auf die 
Genbank für Kulturpflanzen in Gatersleben bei Magdeburg aktuell bezeugen (die 
beiden Genbanken -  die in Gatersleben  ebenso wie die Obstgenbank in Pillnitz - 
 sind Abteilungen des Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung 
IPK).

Die Genbank in Gatersleben ist eine der größten Genbanken für alte Getreide- und 
Gemüsesorten in Europa und damit nicht nur nationales, sondern eigentlich 
europäisches oder gar "Welt-Kulturgut". Viele der hier erhaltenen Kultursorten 
sind nirgendwo anders mehr aufbewahrt. Ungeachtet dieser Tatsache führen die 
verantwortlichen Forscher dort seit dem vergangenen Jahr ausgerechnet auf dem 
Gelände der Genbank und  in unmittelbarer Nähe der Bestände alter Weizensorten - 
Versuche mit gentechnisch verändertem Weizen durch. In diesem Jahr folgten 
Versuche mit GVO-Erbsen, wieder direkt auf dem Gelände der Genbank.

Die Versuche wurden von der Bundesregierung bzw. den ihr nachgeordneten Behörden 
genehmigt, und die zahlreichen Einwände gegen diese Versuche (allein 75 000 
gegen den Erbsenversuch) wurden von den Gerichten mit der Begründung verworfen, 
dass die Verantwortlichen der Genbank im Falle einer Kontamination ihrer alten 
Kultursorten ja nur "sich selbst schädigen" würden. (Die Gerichte betrachteten 
die Genbank somit gewissermaßen als eine Privatsache ihres Personals und nicht 
als ein nationales oder gar internationales Kulturerbe).

In Gatersleben haben sich inzwischen zahlreiche Gentechnik-Firmen angesiedelt, 
mit denen die Forscher dort gemeinsame Projekte initiieren.

Was tun?

Es ist unschwer vorstellbar, dass solche Entwicklungen auch für das Institut für 
Obstzüchtung in Pillnitz bzw. für die dortige Genbank Obst nicht auszuschließen 
sind. Für die diversen Erhaltungs-Initiativen in Deutschland dürfte die 
Konsequenz über kurz oder lang die sein, sich eigene - von den staatlichen 
Stellen unabhängige - Genbanken aufzubauen. Daneben gilt es allerdings auch, 
wachsam zu bleiben und Widerstand zu leisten gegen fragwürdige Forschungen mit 
völlig unkontrollierbaren Risiken einer ungehemmten Ausbreitung von gentechnisch 
manipulierten Obstgehölzen.

Weitere Informationen:
www.bmelv-forschung.de
www.bafz.de
www.biotechfruit2008.bafz.de




Mehr Informationen über die Mailingliste Gen-Info