[Gen-Info] Artikel der 'Zeit' zu Gen-Honig
Klaus Schramm
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Di Nov 28 23:37:53 CET 2006
Hallo Leute!
Hier eine Stellungnahme zum 'Zeit'-Artikel v. 2.11.06, der über etliche
Mailinglisten verbreitet wurde. Dieser Artikel von Bettina Gartner
erweckt den Anschein, kritisch das Problem der Gen-Kontamination
von Honig zu beleuchten. Walter Haefeker vom Vorstand des
Berufs- und Erwerbsimkerbundes ist da anderer Ansicht.
(Im Anschluß an die Stellungnahme Haefekers ist der Original-Artikel
einkopiert.]
Ciao
Klaus Schramm
klaus.schramm at bund.net
Betreff: Leserbrief zum Artikel "Dreck im Stock" vom 2.11.2006 Nr. 45
Eigentlich war ich froh, dass das Thema "Imkerei und Gentechnik" von der Zeit
aufgegriffen wurde. Leider stellte sich meine Freude verfrüht heraus, denn Frau
Bettina Gartner war wohl mit der Komplexität der Zusammenhänge etwas
überfordert.
Nachdem sich Minister Seehofer vor wenigen Wochen mit Mitarbeitern seines
Ministeriums die Position der Imkerverbände genau angehört hatte,
attestierte er uns, daß es sich hier nicht um "Fundamentalopposition" handele,
sondern unsere Bedenken sachlich wohl begründet zu seinen scheinen.
Frau Gartner scheint bei Ihren Recherchen zu einem anderen Schluss gekommen zu
sein. [...] So schließt sie, dass wegen der wenigen Anbauflächen kein
Handlungsbedarf vorliege. Nun gehen wir davon aus, dass das Gentechnikgesetz
nicht gemacht wird, um den gelegentlichen Erprobungsanbau zu regeln, sondern um
einen großflächigen kommerziellen Anbau zu ermöglichen.
Die EU versprach dem Erzeuger Koexistenz und dem Verbraucher Wahlfreiheit. Ohne
Honigkennzeichnung gibt es keine Wahlfreiheit für unsere Kunden und als Erzeuger
sind wir vogelfrei.
Als Imkerverbände können wir jedoch keine Honig-Kennzeichnung fordern, solange
wir mit den bei unseren Produkten besonders hohen Analysekosten allein gelassen
werden. Das Versprechen von Wahlfreiheit und Koexistenz war die Grundlage für
die Aufhebung des Gentechnik-Moratoriums. Warum wird es aber im Falle des Honigs
nicht eingelöst und warum sollen die Nichtanwender auf den Kosten sitzen
bleiben?
Andere Bienenprodukte wie z.B. Pollen unterliegen bereits der
Kennzeichnungspflicht. Die Analysekosten übersteigen hier schon heute den
Wert einer Charge.
Mit einer einfachen Google-Recherche hätte Frau Gartner leicht herausfinden
können, dass die Geschichte mit Maispollen als "Medizinbällen" zwar anschaulich
klingt, aber sachlich falsch ist. Nach einer aktuellen Studie der
schweizerischen Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ist der Maispollen
der von den Bienen meistgesammelte Pollen in unserer Kulturlandschaft.
Die Ausführungen über den geringen Pollenanteil im Honig sind ebenso schlecht
recherchiert. Pollen ist ein wesentlicher Bestandteil des Honigs. Wenn er fehlt,
darf das Produkt nicht als Honig gehandelt werden. Viele der gesundheitlichen
Vorteile des Honigs lassen sich auf den Pollenanteil zurückführen. Für
Gentechnikanalysen spielt nur der Pollen eine Rolle, da der Nektaranteil des
Honigs keine Gene enthält.
Für unsere Existenz ist relevant, dass der Lebensmittelhandel im Gegensatz zur
Politik die Wünsche der Verbraucher berücksichtigt und daher Zertifikate der
Gentechnikfreiheit von uns Imkern verlangt.
Die Aufforderung der Autorin, man könne ja mit Hilfe des Standortregisters vor
der Gentechnik flüchten, ist unbedacht und kurzsichtig. Wenn wir Imker diesen
Vorschlag umsetzen würden, hätten die Nachbarn des Gen-Landwirts in einem weiten
Umkreis keine Bestäubung ihrer Kulturen mehr.
Schade, dass Frau Gartner sich nicht die Zeit genommen hat, die Problematik
wirklich zu verstehen. Schade auch, daß Wissenschaftler und Behördenvertreter
sich wider besseres Wissen am Kleinreden des Problems beteiligen.
Walter Haefeker
Mitglied des Vorstandes
Deutscher Berufs und Erwerbsimkerbund e.V
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DIE ZEIT, 02.11.2006 Nr. 45
Dreck im Stock
Auf deutschen Äckern wachsen die ersten Gentech-Pflanzen. Bienen sammeln Pollen
mit verändertem Erbgut. Imker fürchten um die Reinheit ihres Honigs.
Von Bettina Gartner
Die Biene ist ein friedliches Tier. Heißt es. Steht man allerdings nichtsahnend
in ihrer Flugbahn und versperrt ihr den Weg oder grapscht gierig nach ihrem
Honig, reagiert sie ganz schön gereizt.
Die deutschen Imker gleichen ihren Schützlingen derzeit mehr denn je. Ähnliche
Reaktionen sind bei ihnen zu beobachten. Sie fühlen sich in ihrer Arbeit
beeinträchtigt, in ihrer Existenz bedroht und reagieren heftig. Sie trommeln
»Befreiungstrupps« zusammen und trampeln Maisfelder nieder, auf denen
gentechnisch veränderte Pflanzen wachsen. In Königswinter hat jemand eine
Bannmaske mit den Gesichtszügen von Horst Seehofer an einen Bienenkasten
gehängt, um das Böse von den Tieren abzuwehren - etwas, was der
Landwirtschaftsminister zu tun versäume. Und die Imker stimmen ganz ihrem
Präsidenten Manfred Hederer zu, wenn er erklärt: »Ich will keinen Dreck in
meinem Honig!«
Dreck im Honig? Im »reinen«, »echten«, »erlesenen« Naturprodukt? Im altbewährten
Haus- und Heilmittel, mit dem sich schon die Olympioniken der Antike
aufputschten, das die Oma in die heiße Milch rührt und die Ärzte neuerdings zur
Wundbehandlung einsetzen? Die Zusammensetzung von Honig ist längst bekannt. Er
besteht zum größten Teil aus Traubenzucker, Fruchtzucker und Wasser. Er enthält
Enzyme, Aminosäuren, Mineralstoffe, Spurenelemente, organische Säuren,
Aromastoffe, Farbstoffe und Pollen. Alles sauber soweit.
Doch die Imker sagen: Es gibt Honig, der Dreck enthält. Gen-Dreck, genauer
gesagt. Bei den 36. Berufs- und Erwerbsimkertagen in Donaueschingen am
vergangenen Wochenende präsentierten sie entsprechende Analyseergebnisse: In
sechs kanadischen Raps-Honigen waren Spuren von gentechnisch verändertem Erbgut
gefunden worden.
Solche Befunde bescheren dem Honig nicht nur ein kurzfristiges Imageproblem; ihm
droht scheinbar der Abstieg in die Zweitklassigkeit. Und während die Imker
Umsatzeinbußen prophezeien, weil solche Produkte niemand haben wolle, zieht
schon das nächste Schreckgespenst über die Felder: Pharma-Pflanzen, die
gentechnisch so eingestellt sind, dass sie Impfstoffe gegen Cholera oder
Tollwut, Antikörper gegen Karies oder Grippe, Blutgerinnungshemmer oder Hormone
produzieren. Wenn der Mensch anfängt, seine Arzneien auf dem Acker zu
produzieren, landen diese Wirkstoffe dann nicht automatisch auch im Honig?
Schuld an allem ist die grüne Gentechnik. »Agro-Gentechnik«, sagen die Imker, um
der Sache den natürlichen Beigeschmack zu nehmen. In das Erbgut von
Kulturpflanzen wie Mais, Raps, Soja oder Tabak werden Gene fremder Organismen
eingebaut. Sie machen die Pflanzen nährstoffreich, fit für schlechte
Wachstumsbedingungen und resistent gegen Schädlinge und
Unkrautvernichtungsmittel.
In Deutschland ist den Bauern derzeit nur der Anbau von so genanntem Bt-Mais
erlaubt. Bt steht für das Bodenbakterium Bacillus thuringiensis. Es produziert
ein Toxin, das für den Maiszünsler tödlich ist. Durch den Gen-Transfer vom
Bakterium in den Mais ist die Pflanze in der Lage, das Killerprotein zu bilden.
Fallen die Larven des Maiszünslers über den Bt-Mais her, gelangt dieses Toxin in
ihre Mägen, dockt dort an Rezeptoren an und beginnt zu wirken.
Das angebliche Teufelszeug Bt-Mais wird auf 950 Hektar angebaut - gerade mal
0,05 Prozent der gesamten Maisanbaufläche. In einem vom Bundesamt für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit angelegten Standortregister können
die Imker sehen, wo die entsprechenden Felder liegen und ihnen problemlos
ausweichen. Ihre Angst hat in Deutschland derzeit keinen realen Hintergrund.
Bei der Waldhonigernte nuckelt die Biene an den Hintern der Läuse
Doch wenn - wie in Kanada, den USA und Argentinien - gentechnisch veränderte
Pflanzen auf ausgedehnten Flächen wachsen, kommen die Bienen unweigerlich mit
ihnen in Kontakt, sobald sie ausfliegen, um Stoff für ihren Honig zu sammeln.
Laut Tierseuchengesetz gilt die Biene zwar als Haustier, sie ist aber alles
andere als ein Stubenhocker und tummelt sich normalerweise in einem Radius von
drei Kilometern. Dabei besucht sie nicht nur Blüten, um dort Nektar zu tanken.
Für die Tannen- und Waldhonigernte sammelt sie fleißig Ausscheidungen von Läusen
und Zikaden: Sie nuckelt an deren Hinterteil, an dem der Honigtau klebt,
unverdaut ausgeschiedener Pflanzensaft.
Den aufgesaugten süßen Saft bunkert die Biene in ihrer Honigblase. Im Stock
angekommen, würgt sie die Fracht heraus und übergibt die Kotze an die
Arbeiterbienen im Innendienst. Tagelang saugen diese das Labsal auf, vermischen
es mit Speichel, würgen es wieder heraus, entziehen ihm durch heftiges
Flügelschlagen Wasser und lagern den fertigen Honig schließlich in Waben ein.
Pflanzliches Erbmaterial ist weder in Nektar noch Honigtau enthalten. Folglich
kann dadurch auch kein »Gen-Dreck« in den Honig gelangen. Erbgut findet sich
aber im Blütenstaub, dem Pollen, mit dem sich die Biene zwangsläufig bepudert,
wenn sie sich am Nektar gütlich tut. Die Biene trägt ihn von Blüte zu Blüte und
betätigt sich dadurch als Bestäubungshelferin.
Wenn sie den Pollen mit ihren Hinterbeinen zu Klumpen formt und nach Hause
transportiert, handelt sie ganz eigennützig. Die Körner sind nämlich nahrhafte
Eiweißbomben und ein hervorragendes Futter für Larven und junge Arbeiterinnen.
Für die Herstellung von Honig verwendet die Biene den Pollen indes nicht.
Trotzdem kann man ihn darin finden. Wenn die Biene Nektar tankt, schluckt sie
immer auch ein paar Pollen. Und die Körner, die sie an den Hinterbeinen in den
Stock trägt, liegen dort herum wie Hausstaub.
Der Anteil von Pollen im Honig - und damit der mögliche »Gen-Dreck« - ist
allerdings gering. Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg geht von
0,01 Prozent aus. »Maispollen kommen darin nur vereinzelt vor«, sagt Josef
Herrmann vom Fachzentrum Analytik an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau
und Gartenbau. Das liegt daran, dass Mais bei Bienen nicht begehrt ist - er
produziert keinen Nektar. Außerdem ist sein Pollen sehr groß und für die Bienen
schwierig zu transportieren. »Das ist, als müssten wir Medizinbälle schleppen«,
sagt Hans-Hinrich Kaatz, Professor für Zoologie an der Universität Halle.
Und wie sieht es aus, wenn Bienen auch auf gentechnisch veränderten Maisfeldern
Pollen sammeln? »Dann sind die entsprechenden Spuren im Honig verschwindend
gering - wenn man sie überhaupt findet«, sagt Experte Herrmann und vergleicht:
»Wenn man bedenkt, dass der Mensch pro Jahr über Nahrung und Staub ein bis
anderthalb Kilo Erdpartikel aufnimmt, dann kann man sich ausrechnen, dass wir
die DNA des Bodenbakteriums Bacillus thuringiensis schon öfter aufgenommen
haben, als wir es durch Honig je tun können.«
»Hier handelt es sich nicht um ein wissenschaftliches, sondern um ein
politisches und marktwirtschaftliches Problem«, sagt Zoologie-Professor Kaatz.
Tatsächlich geht es den Imkern ums Prinzip - und um das Image ihres Produkts.
Doch gerade weil die Herstellung von Honig ein natürlicher Vorgang und keine
sterile Veranstaltung ist, gerät manchmal hinein, was nicht edel ist.
Clostridium botulinum zum Beispiel. Das Bakterium kommt in Wasser, Boden und
Pflanzen vor, kann von der Biene aufgegabelt werden und wie der Pollen in den
Honig gelangen. Eigentlich ist es ungefährlich, weil der menschliche Magen ihm
Saures gibt. Im sensiblen Verdauungstrakt von Babys allerdings kann es aktiv
werden und Botulinumtoxin bilden - ein Nervengift, das sich faltenmüde Menschen
unter die Haut spritzen. Dieses Gift blockiert den Darm der Säuglinge, lähmt die
Schluckmuskeln und führt im schlimmsten Fall zum Tod. Deshalb sollten Babys im
ersten Lebensjahr keinen Honig essen. Nach einem solchen Hinweis sucht man auf
vielen Etiketten allerdings vergeblich.
Stattdessen pochen die Imker darauf, Honig künftig auf seinen Gentechnik-Gehalt
hin zu kennzeichnen - obwohl der Gesetzgeber dies nicht vorsieht. Der geht mit
dem Honig milde ins Gericht. Er gilt als tierisches Produkt, ist deshalb per se
nicht kennzeichnungspflichtig. Die Deklarierung garantiere dem Kunden
Wahlfreiheit, heißt es. Letztlich zeigt die Forderung aber vor allem eines: dass
die deutschen Imker momentan von bösen Genen wenig zu befürchten haben. Weil
hier kaum grüne Gen-Tech-Flora gedeiht, können sie die Qualität des »echten
deutschen Honigs« unterstreichen und ausländische Produkte wie kanadischen
Raps-Honig brandmarken. Die Analysekosten für den Gen-Check wollen die Imker
allerdings dann doch nicht übernehmen.
Imker drohen mit Bestäubungsstreik und prophezeien Ernteeinbußen
Am einfachsten wäre es freilich, den Pollen - und damit alles Erbmaterial - aus
dem Honig herauszufiltern. Das ist neuerdings erlaubt, doch die deutschen Imker
sind dagegen. Schließlich lassen sich anhand der Pollen die Herkunft und die
Zusammensetzung des Honigs erkennen. Das ist wichtig, um seine Qualität und
Sorte zu bestimmen.
Also machen die Imker Druck, um die Verbreitung gentechnisch veränderter
Pflanzen in Deutschland aufzuhalten. Sie drohen mit Bestäubungsstreik und
prophezeien den Bauern Ernteeinbußen von 10 bis 30 Prozent. Sie rechnen vor, wie
viel es kosten würde, wenn sie ihre Bienen nur noch gegen Entgelt auf Wiesen und
Äcker losließen.
Dabei wissen sie, dass sie damit ihre Unabhängigkeit riskieren. Im Gegenzug
könnten die Bauern den Imkern verbieten, die Bienenstöcke auf den Feldern
aufzustellen - aus Angst, deren Viecher trügen gentechnisch veränderten Pollen
auf ihre Äcker. Oder Gen-Pollen von ihrem Acker auf des Nachbars Feld, was auch
Scherereien verursachen könnte. Schließlich lässt sich nicht kontrollieren, wo
Bienen ihre Nahrung sammeln: auf Öko-Stauden oder Trans-Blüten. Der Mais
allerdings verlässt sich in Sachen Bestäubung sowieso lieber auf den Wind. Die
männlichen und weiblichen Blütenteile liegen so weit auseinander, dass die Biene
in der Regel nicht mit beiden in Berührung kommt.
Trotzdem fürchten Imker schon die Anwälte, die mit Schadensklagen aufmarschieren
und sie zur Verantwortung ziehen wollen. Sie übersehen, dass das
Gentechnikgesetz nicht sie bedroht, sondern von der »Haftung des Betreibers«
spricht. Gemeint ist der Bauer: Wer gentechnisch veränderte Pflanzen anbaut,
muss etwaige Einbußen seines Nachbarn ausgleichen.
Entschädigungen können auch die Imker vom Bauern verlangen, wenn sich der
»verseuchte« Honig nicht mehr verkaufen lässt. Derzeit wird das Gentechnikgesetz
neu diskutiert. Nicht wegen der Imker, sondern wegen der Landwirte, die nicht
zum Sündenbock gemacht werden wollen, nur weil sie den erlaubten Bt-Mais
anpflanzen.
Diese Gelegenheit wollen die Imker nicht verpassen und bei der Neuformulierung
des Gesetzes mitreden. »Wir verlangen eine Haftungsfreistellung«, sagt Manfred
Hederer. »Wir wollen, dass explizit festgehalten wird, dass die Bienen wie der
Wind sind und sich nicht kontrollieren lassen.«
In dubio pro ape also. Das hat Tradition - zumindest dann, wenn die Biene etwas
fallen lässt. Wenn sie nämlich im Frühjahr ihre Winterruhe beendet, sich aus dem
Stock wagt und beim Reinigungsflug ihre Kotblase entleert, werden mitunter
Nachbars Auto, aufgehängte Wäsche und Fensterscheiben beschmutzt. Schadensersatz
für diese Verdreckung gibt es nicht, sagen diverse Gerichtsurteile. Warum sollte
es bei den Pollen anders sein?
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Pollen-Allergie
Bienenvölker in Gefahr
Berufsimker haben es nicht leicht. Ihre Bienen leiden seit Jahrzehnten an der
Milbe Varroa destructor, einem parasitären Blutsauger. Pestizide machen den
Tierchen massenweise den Garaus, auf eintönigen Wiesen werden sie nicht richtig
satt, und pro Hektar werden bis zu 80000 Tiere von schnellen Kreiselmähern
zerhackt. Vor wenigen Jahrzehnten gab es in Deutschland fast drei Millionen
Bienenvölker, heute sind es noch 600000.
Kein Wunder, dass sich die Imker auch angesichts gentechnisch veränderter
Pflanzen um die Gesundheit ihrer Bienen sorgen. Die Wissenschaft gibt allerdings
Entwarnung. Auch mit gentechnisch verändertem Maispollen voll gestopft und mit
Bt-Toxin überschüttet, fressen Bienen munter weiter, haben weder Sammelhemmungen
noch Nachwuchsprobleme und keine Opfer zu beklagen.
Aufhorchen lässt jedoch eine Studie des Instituts für Zoologie der Universität
Halle. In einem Flugzelt eingesperrte Bienen wurden sechs Wochen lang mit hoch
konzentriertem Genmais-Pollen-Müsli gefüttert. Als die Tiere zufällig an einem
Parasiten erkrankten, waren die Verluste bei den Versuchstieren wesentlich höher
als bei der Kontrollgruppe mit herkömmlicher Kost. »Wir wissen nicht genau,
woran das liegt«, sagt Versuchsleiter Hans-Hinrich Kaatz. »Es könnte sein, dass
das Bt-Toxin an die Epithelzellen im Darm andockt, zu wirken beginnt und dadurch
die Biene derart schwächt, dass sie dem Parasiten schutzlos ausgeliefert ist.«
Aber auch der umgekehrte Fall sei möglich: Erst der Parasitenbefall schwächt die
Biene so, dass das Toxin wirken kann. Kaatz gibt aber zu bedenken, dass die
Bienen im Versuch eine zehnmal höhere Dosis an Bt-Toxin erhielten, als im Pollen
normalerweise vorhanden ist. GAR
© DIE ZEIT, 02.11.2006 Nr. 45
http://www.zeit.de/2006/45/N-Honig
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