[Gen-Info] Raiffeisens Rolle

Klaus Schramm 078222664-0001 at t-online.de
Mi Aug 17 11:02:48 CEST 2005


Hallo Leute!

Bisher wurde bereits allenthalben bekannt, welche Rolle die Raiffeisen-
Zentrale als verlängerter Arm von Monsanto & Co. spielt. Hier ein
überraschend kritischer Artikel aus der 'Frankfurter Rundschau'.

Ciao
   Klaus Schramm
   klaus.schramm at bund.net



Für das gute Futter wird nicht geworben

Hanauer Raiffeisen-Lager sitzt auf gentechnikfreiem Sojaschrot, aber hessische 
Landwirte wissen nichts davon / RWZ-Zentrale in Köln mauert

VON STEPHAN BÖRNECKE

Frankfurt · 4. August
Klaus Renner ist Landwirt auf dem Falkenhof bei Pfungstadt. Als Direktvermarkter 
mit Hofladen und Marktständen war er einer der ersten Bauern im Land, die am 
Qualitätsprogramm der Marketinggesellschaft Gutes aus Hessen teilnahmen. Um 
seinen Kunden zu beweisen, dass Wurst und Fleisch aus seiner Hof-Metzgerei top 
sind, und um dem Verbraucher "größtmögliche Sicherheit und Vertrauen in unsere 
Produkte zu geben", entschloss sich Renner, an der Marke "Geprüfte Qualität 
Hessen" zu partizipieren.

Dieses Siegel beinhaltet nicht nur einen lückenlosen Nachweis von der Geburt der 
Rinder und Schweine über die Fütterung und Haltung bis hin zur Schlachtung. 
Sondern es verlangt auch gentechnikfreies Futter. Das ist heute vor allem 
Sojaschrot, das neben hofeigenem Getreide mit einem Anteil von 17 Prozent im 
Schweinetrog benötigt wird. 50 bis 60 Kilo Sojaschrot frisst ein Schwein in 
seinem kurzen, etwa ein halbes Jahr dauernden Leben.

Die gentechnikfreie Sojaschrot-Qualität zu bekommen, war zunächst kein Problem, 
sagt Renner. Doch als vor einem Jahr die als gentechnikfrei zertifizierte Ware 
auf seinem Hof ankam, stutzte der Bauer: Der Lieferschein der RWZ relativierte, 
was das Zertifikat eines externen Gutachters noch behauptete; obwohl die Ware 
laut Gutachten frei von gentechnisch veränderten Partikeln sein sollte, stand 
auf dem RWZ-Lieferschein genau das Gegenteil.

Renner, der seinen Kunden den bei der Regionalmarke vorgeschriebenen Verzicht 
auf Gentechnik beweisen muss ("Die Verbraucher fragen danach"), setzte mit 
seiner Forderung nach Transparenz eine Lawine in Gang. An deren Ende stand eine 
Abmachung zwischen den örtlichen RWZ-Managern und der Marketinggesellschaft 
Gutes aus Hessen. Im April sicherten die örtlichen RWZ-Manager zu, das Lager 
Hanau zu einem "zentralen Umschlagplatz" für gentechnikfreies Sojaschrot 
aufzubauen. Das Ziel: "Die RWZ sieht ein wachsendes Marktpotenzial" für diese 
Futtermittel und wolle sich diese Wachstumschancen erschließen.

Hessische Bauern sollen profitieren 

Vor allem hessische Landwirte sollten von der Kontraktmenge profitieren, die mit 
150 000 Tonnen die hundertfache Menge des jetzt gelagerten Schrots umfasst. 
Allein die jetzt gelagerte Menge von 1500 Tonnen reicht für die Mast von 30 000 
Schweinen.

Dietmar Groß, Aufsichtsratsmitglied der Marketinggesellschaft: "Wir waren froh, 
dass die RWZ uns ein lückenloses Konzept mit Kontrollen an allen Übergängen und 
getrennter Lagerung vorstellte." Es verlangt Angaben über die Produktion in der 
Kooperative Campo Morao über die Verladung im brasilianischen Hafen Parangua, 
den Seetransport nach Europa bis zum Silo im Hanauer Hafen. Sogar die 
Binnenschiffer sind zertifiziert und müssen dafür sorgen, dass die 
gentechnikfreie Ware nicht mit gentechnisch veränderten Partikeln aus früheren 
Transporten in Berührung kommt. Ein perfektes Konzept, so scheint es.

Doch bis heute hält die Kölner RWZ-Zentrale das Projekt unter der Decke, rührt 
keine Werbetrommel, um hessische Bauern für das heute so besondere Futter zu 
interessieren, kritisiert Groß. Als Mutterunternehmen der Hanauer Umschlag- und 
Lager- GmbH müsste die RWZ doch ein Interesse daran haben, Kunden zu locken, 
wundert sich Landwirt Groß. Doch offenbar, vermutet er, betreibe das RWZ das 
Lager nur als Umschlagplatz für den Weitertransport nach Österreich, Italien 
oder Slowenien.

Auch die Sprecherin der Vereinigung Ökologischer Landbau, Liliane Schmitt, 
bemängelt die "fehlende Werbung" für das Produkt. Schmitt: "Die RWZ sitzt auf 
dem gentechnikfreien Soja, publiziert das aber nicht." Wie aber, fragt sich die 
Öko-Fachfrau, soll sich die Existenz der aufwändig aus Brasilien 
herbeigeschafften Ware unter konventionellen Schweinemästern, Geflügelzüchtern 
und Milchviehhaltern herumsprechen? Für Schmitt drängt sich der Eindruck auf, 
dass die RWZ auf jeden Fall "Werbung für gentechnikfreie Produkte vermeiden 
will".

Die RWZ-Zentrale in Köln gibt sich zugeknöpft. Eine erste Anfrage der FR vom Mai 
wurde trotz mehrfachen Nachhakens nie beantwortet. Bei einer weiteren Anfrage im 
Juli verweist RWZ-Sprecher Friedrich-Karl Velder auf "unsere Pressemitteilung", 
die im Hessenbauer, dem Organ des hessischen Bauernverbands, abgedruckt war. 
Weitere Fragen beantwortet Velder nicht. Allerdings: Die recht knappe 
Pressemitteilung stammt nicht von der in Köln ansässigen RWZ, sondern sie wurde 
vom Aufsichtsratsmitglied der Marketinggesellschaft Gutes aus Hessen, Dietmar 
Groß, geschrieben und an den Hessenbauer gegeben.

Bauer Groß hatte die kurze Darstellung des zwischen RWZ und der 
Marketinggesellschaft ausgehandelten Projekts an den Hessenbauer gegeben, 
nachdem die RWZ entgegen der Absprache "sich geweigert hatte, auf das Angebot 
öffentlich hinzuweisen". Titel der Mitteilung: "Den Markt testen".

Doch davon scheint die RWZ, deren Vorstandsvorsitzender bis vor wenigen Wochen 
der hessische Bauernpräsident Heinz-Christian Bär war, weit entfernt. Denn im 
Gegensatz zu den Hanauer Gesprächspartnern, sagt Groß, hätten die 
Leitungsgremien der RWZ aus Gründen, über die man nur spekulieren könne, die 
Absicht, "die Produktlinie klein zu halten". Groß: "Das ist nicht im Interesse 
der Bauern."

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http://www.fr-aktuell.de/ressorts/frankfurt_und_hessen/frankfurt_und_hessen/?cnt
=707666

KOMMENTAR

Qualität

VON STEPHAN BÖRNECKE

Eigentlich sollte es kein Problem sein, Milchvieh, Schweine und Geflügel mit 
Futter zu versorgen, dass aus gentechnikfreier Produktion stammt. Immer noch 
sind 60 Prozent der weltweiten Soja-Produktion ohne Hilfe der Gentechnik 
angebaut. Es gibt die Kanäle, Sojaschrot, wichtiges Eiweißfutter und eigentlich 
ein Abfallprodukt der Öl-Herstellung, nach Deutschland zu schaffen.

Allerdings ist der Aufwand gewaltig, den die neue Technologie der alten 
aufzwingt. Denn es muss an jedem Ort, vom Acker, über Silo, Verarbeitung, den 
Umschlag in den See- und Binnenhäfen bis zur Auslieferung eine komplette 
Separation, eine Zweiteilung des Warenstroms garantiert bleiben. Hier ein nicht 
gereinigtes Schiff, dort eine schlampig gesäuberte Förderschnecke - und schon 
ist die unzulässige, vermeidbare Verunreinigung da.

Wir kennen die Gründe nicht, warum die Raiffeisen-Waren-Zentrale Rhein-Main auf 
ihre Vermarktungsschiene für gentechnikfreies Sojaschrot und das Hanauer 
Zentrallager kaum aufmerksam macht. Es ist unklar, ob globale, von der 
internationalen Saatgut-Industrie gelenkte Interessen dahinter stecken oder nur 
eine nachlässige Konzern-Politik in der Kölner Zentrale.

Hessische Bauern und die hessische Marketinggesellschaft Gutes aus Hessen aber 
wollen die Ware, um ihren Kunden innerhalb der Markenfleischprogramme höchste 
Qualität liefern zu können. Und je größer die Nachfrage, desto besser auch die 
Chancen, in Brasilien noch auf Dauer eine gentechnikfreie Soja-Produktion am 
Leben zu erhalten.

Auch wenn es mehr kostet: pro Doppelzentner Schrot drei bis vier Euro, weniger 
als ein Euro je gefüttertem Schwein. Das sollte Bauern und Kunden der Aufwand 
Wert sein.


http://www.fr-aktuell.de/ressorts/frankfurt_und_hessen/frankfurt_und_hessen/?cnt
=707640

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