[Gen-Info] Afrikas Angst (DIE ZEIT, 19.08.04, GeNPost) (fwd)

Klaus Schramm 078222664-0001 at t-online.de
Do Aug 19 14:42:36 CEST 2004


Hallo Leute!

Schön, daß einige Argumente gegen die Grüne Gen-Technik nun auch in der
'Zeit' zu finden sind. Über die Versuche der USA, mit Hilfe von Nahrungs-
mittel-Lieferungen in Hungergebiete die Anbaugebiete in Afrika für
Gen-Pflanzen zu öffnen, berichteten wir hier bereits am
9.11.03
'Afrikanische Priester kritisieren Gen-Konferenz des Vatikan'
und am
24.05.04
'Ist die Gentechnik am Ende?'

Über den Pferdefuß von Hybrid-Sorten und genmanipulierten Nahrungspflanzen
für Entwicklungsländer (am Beispiel Indiens) am
31.07.04
'Selbstmorde auf dem Bauernhof'

Schade allerdings, daß der Artikel der 'Zeit' mit einem resignativen Satz
endet...

Ciao
   Klaus Schramm
   klaus.schramm at bund.net


GeNPost schrieb:

DIE ZEIT

35/2004 

Afrikas Angst

Amerika spendete Gen-Mais, den in Sambia trotz des Hungers keiner wollte

Von Bartholomäus Grill

Der Aufschrei war groß, als die Menschen in zehn Staaten des südlichen Afrika im 
Herbst 2002 erfuhren, dass sie mit gentechnisch verändertem Mais abgespeist 
werden sollten. Was sie besonders empörte, war, dass sie eigentlich keine Wahl 
hatten, denn knapp 13 Millionen Menschen waren vom Hunger bedroht. Das 
Welternährungsprogramm WFP arbeitete auf Hochtouren, da entschieden die 
Regierungen von Mosambik, Simbabwe und Sambia, dass sie die Nahrungsmittelhilfe 
nicht mehr wollen - nicht einmal geschenkt.

In Sambia verbot der Präsident die Verteilung der gentechnisch veränderten 
Nahrung, denn: Was geschieht, wenn sich der geschenkte Gen-Mais irgendwann mit 
den heimischen Sorten kreuzt? Auch hatte der Präsident Sorge, für immer den 
Anschluss an die Märkte jener Länder zu verlieren, die der Gentechnik kritisch 
gegenüberstanden.

Die Bevölkerung war zutiefst verunsichert, denn die Not nahm Tag für Tag zu, 
während nebenan die Getreidesilos mit dem Mais der UN bis oben gefüllt waren. 
Viele fürchteten sich vor dem Gen-Mais, weil sie glaubten, von den 
internationalen Konzernen als Versuchskaninchen missbraucht zu werden. Ängste, 
die nicht vollkommen aus der Luft gegriffen waren, wenn man sich die wilden 
Feldversuche von Pharmaforschern in Afrika vor Augen hält.

Schon im 16. Jahrhundert wurde der Mais von portugiesischen Seefahrern nach 
Afrika gebracht. Er eroberte den gesamten Kontinent, die Ernährungsgewohnheiten 
veränderten sich dramatisch. Noch immer ist Mais die Ackerfrucht mit der 
schnellsten Ausbreitung. Allein in Westafrika nahm nach Schätzungen des 
International Institute of Tropical Agriculture in Nigeria die Produktion in den 
Jahren von 1981 bis 1996 um 259 Prozent zu.

Die Vorteile sind sofort zu spüren: der hohe Ertrag, den der Mais bietet, seine 
gute Lagerfähigkeit. Die Nachteile zeigen sich erst später: dass Mais Wasser und 
Kunstdünger braucht, dass die Bauern die Samen für die ergiebigen Hybridsorten 
jedes Frühjahr neu kaufen müssen. Weil sich all das kein Subsistenzbauer leisten 
kann, hat der Mais die Böden in manchen Regionen über Jahrzehnte ausgelaugt und 
ist für Schädlinge und Krankheiten extrem anfällig.

Vor allem verträgt Mais keine Dürre. In trockenen und wüstenhaften Zonen wie dem 
Sahel wirkt sich verheerend aus, dass die Menschen ihre traditionellen, 
klimaangepassten Getreidesorten und Feldfrüchte wie Fingerhirse, Bataten oder 
Sorghum ganz vergessen haben. An der Entwicklung dürreresistenter Maissorten 
wird gearbeitet. Internationale Bio-Tech- und Züchterfirmen werben damit für die 
Unersetzbarkeit der Gentechnologie. Doch die erste dürreresistente Sorte, die 
erprobt wird, ist am internationalen Maisforschungsinstitut in Simbabwe ganz 
konventionell gezüchtet worden.

Während der Versorgungskrise im südlichen Afrika lieferten die Amerikaner den 
größten Anteil der Nahrungsmittel. Nicht nur aus Barmherzigkeit. Andere Länder 
hatten sich längst darauf verständigt, Geld für Getreideaufkäufe in der Region 
zur Verfügung zu stellen. Die WTO-Verhandlungen drängen nun auch die 
amerikanische Regierung in diese Richtung. Aber die besteht darauf, dass ihre 
Hilfe made in USA ist. Eine versteckte Agrar-Subvention: Der Staat kauft 
heimische Überschüsse auf und verteilt sie in alle Welt - dagegen kann kein 
regionaler Anbieter konkurrieren.

Auch das Welternährungsprogramm WFP ist ein Kanal, die Welt an Gen-Food zu 
gewöhnen. Die USA sind der mit Abstand wichtigste Spender. So verwundert es 
nicht, dass der WFP-Chef James Morris eine entsprechend Gen-Food-freundliche 
Hilfsphilosophie vertritt. Auch für Afrika hatte man am Ende eine 
einvernehmliche Lösung gefunden: Der genetisch veränderte Mais darf nur als Mehl 
verteilt werden, damit er nicht mehr aussaatfähig ist. Die Ironie der 
Geschichte: Sambier und Simbabwer verzehren vermutlich seit Jahren genveränderte 
Nahrungsmittel - importiert aus Südafrika, der riesigen Kornkammer im Süden des 
Kontinents.




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