[Gen-Info] Gen-Mais NK 603 als Tierfutter

Klaus Schramm 078222664-0001 at t-online.de
Do Jul 22 02:09:54 CEST 2004


Hallo Leute!

Mal wieder eine schlechte Nachricht. Aber bitte nicht den Überbringer
prügeln...

Ciao
   Klaus Schramm
   klaus.schramm at bund.net

21.07.04

EU erteilt Zulassung für Gen-Mais als Tierfutter

Nach der Zulassung der genmanipulierten Süßmais-Sorte Bt-11 am 19. 
Mai<sup>1</sup> ist mit der Zulassung des Gen-Mais NK 603 als Futtermittel eine 
weitere Bresche in das seit 1998 bestehende europäische Gen-Moratorium 
geschlagen. Die EU-Kommission hat sich immerhin noch nicht getaut, den gegen das 
Total-Herbizid Roundup per Genmanipulation resistent gemachten Mais für den 
Anbau in Europa zuzulassen. Auch als Nahrungsmittel wurde er nicht zugelassen. 
Monsanto beabsichtigt, NK 603 im Doppelpack zusammen mit Roundup, dem 
"Rundumschlag", auch in Europa auf den Markt zu bringen. Doch der Konzern wartet 
ab, da er die Stategie der Durchbrüche auf niederem Niveau, die offensichtlich 
von der EU-Kommission verfolgt wird, für erfolgversprechend hält.<sup>2</sup> 
Doch im Kern besteht das Gen-Moratorium weiterhin: Noch ist der großflächige 
Anbau in Europa und damit die unkontrollierbare Verbreitung von genmanipulierter 
DNA nicht möglich.

Und mit dem öffentlichkeitswirksamen Kampf von Greenpeace gegen den Einsatz von 
genmanipulierten Futtermitteln und gegen Müller-Milch wird der Druck, den 
Landwirten gen-freie Futtermittel anzubieten immer stärker. Die üblen 
Machenschaften der Bunge GmbH in Mannheim und anderer Futtermittelanbieter, die 
gentechnikfreie Futtermittel als Gen-Futter deklarierten, um die Landwirte zur 
Abnahme des unerwünschten Gen-Futters zu zwingen, haben den Ruf dieser Brache 
schwer beschädigt und das Mißtrauen der Landwirte verstärkt. So steht die 
Entscheidung um der Erhalt des Gen-Moratoriums weiterhin auf der Kippe.

Die EU-Zulassung ist zunächst auf zehn Jahre beschränkt. Die NK-603-Linie, die 
nicht nur für Mais, sondern auch für Weizen ausgebrütet wurde, dient allein dem 
Zweck, Glyphosat, die Wirksubstanz in "Roundup" in den Markt drücken zu können. 
Die gentechnischen Veränderungen erlauben der Mais- oder Weizen-Pflanze die 
ansonsten tödliche Dosis Glyphosat zu überleben.

Interessant wird allerdings sein, zu beobachten, wie praxistauglich sich die am 
18. April in Kraft getretenen Richtlinien zu Kennzeichnung und 
Rückverfolgbarkeit genmanipulierter Pflanzen erweisen. Die vorsätzliche 
Falschdeklaration bei den Futtermittel-Anbietern und vorsätzliche Vermischungen 
von genmanipulierten mit genfreien Chargen. Nichts Gutes läßt auch die immer 
wieder verkündete Falsch-Meldung erahnen, es seien nicht genügend genfreie 
Futtermittel auf dem Weltmarkt verfügbar. 

Die EU-"Umwelt"-Kommissarin Margot Wallstrom erklärte: "NK 603 war Objekt einer 
rigorosen Risiko-Analyse vor der Markteinführung. Von der Europäischen Behörde 
für Nahrungsmittelsicherheit wurde ihm attestiert, so sicher zu sein wie nur 
irgend ein anderer konventioneller Mais. Seine Sicherheit steht daher außer 
Frage ebensowenig wie die Wahlfreiheit der Nutzer oder Konsumenten."

Und Brett Begemann, Vizepräsident bei Monsanto und für den internationalen 
Handel zuständig, zeigte sich erfreut: "Wir hoffen, daß dies ein Signal ist, daß 
die EU und ihre Mitgliedsstaaten das Gen-Moratorium nun ernsthaft beenden." 

Weiter behauptete Wallstrom, über NK 603, der weithin in anderen Teilen der Welt 
genutzt werde, gebe es "keine wissenschaftlichen Berichte über ungünstige 
Auswirkungen auf Gesundheit oder Umwelt." Der genmanipulierte Mais sei bereits 
als Nahrungsmittel für den Menschen in Australien, Kanada und Japan, in 
Südafrika und den USA, und als Tierfutter auf den Philippinen zugelassen.

Letzte Woche erteilte die argentinische Regierung die Zulassung für Monsantos NK 
603 zum Anbau in diesem Land. Die vorab veröffentlichten Verkaufszahlen von 
Monsanto suggerieren eine Zunahme der Flächen in den USA, auf denen 
Roundup-Ready-Getreide angebaut wird. Monsanto erwarte eine Zunahme der 
Anbauflächen im siebten Jahr in Folge und schätzt, daß diese Zunahme 30 Prozent 
betrage.

Friends of the Earth (FOE), die europäische Dachorganisation des BUND, erklärt 
hingegen, daß keineswegs ausreichende Untersuchungen zu NK 603 vorgenommen 
worden seien. "Es wurden lediglich Untersuchungen zu kurzfristigen Auswirkungen 
auf die menschliche und tierische Gesundheit durchgeführt. Hingegen wurden keine 
Langzeitstudien oder Studien über die gesundheit sensibler Konsumenten 
angestellt." FOE warnt davor, daß eine Zulassung ohne solche Untersuchungen eine 
Verletzung europäischen Rechts darstellen würde.

Weiterhin heißt es in der Stellungnahme von FOE, daß nur unzureichende 
Untersuchungen über das allergene Potential der genmanipulierten Getreidesorten 
vorgenommen wurden. "Es ist nicht akzptabel, daß die Europäische Behörde für 
Nahrungsmittelsicherheit (EFSA) die berechtigten Bedenken mehrerer 
Mitgliedsstaaten mißachtet hat, die die Brauchbarkeit des Ansatzes in Zweifel 
zogen, nach dem die Allergie-Tests vorgenommen wurden. FOE weist darauf hin, daß 
die EFSA einen erst kürzlich veröffentlichten Bericht überging, in dem die OECD 
die Auslösung allergischer Reaktion durch Gen-Mais aufzeigte.

FOE und andere kritische Organisationen wie Greenpeace fürchten, daß Kühe, die 
mit Gen-Futter gefüttert wurden, Milch produzieren, die Allergien auslöst oder 
andere schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit hat.

Christian Semmler





<sup>1</sup>genbund040519.htmlBUND gegen Ende des Gen-Moratoriums

<sup>2</sup>Verwirrend mag es erscheinen, daß am Montag zugleich ein Antrag des 
EU-Kommission beim EU-Agrarministerrat scheiterte. Es handelte sich um den 
Antrag, den Import von NK 603 auch als Nahrungsmittel zuzulassen. Diese 
Inszenierung in verteilten Rollen hat allerdings den alleinigen Zweck, die 
nationalen Agrar-MinisterInnen als souverän erscheinen zu lassen. Wer hingegen 
die Entscheidungen des EU-Agrarministerrat über einen Zeitraum von mehreren 
Jahren betrachtet, erkennt, daß zumindest die Mehrheit inclusive der deutschen 
Ministerin Renate Künast die Vorgaben der Gen-Konzerne exekutiert, soweit dies 
von der Bevölkerung gerade eben noch hingenommen wird.




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