[Gen-Info] Gentehnik am Ende?

Klaus Schramm 078222664-0001 at t-online.de
Di Mai 25 07:50:48 CEST 2004


Hallo Leute!

Hier ein Artikel von Christian Semmler, der einen Überblick über
die internationale Entwicklung bietet.

Ciao
   Klaus
   klaus.schramm


24.05.2004 

                       Ist die Gentechnik
                              am Ende? 

             Eine ganze Reihe von Erfolgen deutet darauf hin, daß es
             nach einem langen Sturm endlich aufklart. Der
             Agro-Konzern 'Bayer' gab den Anbau von Gen-Mais in
             Großbritannien auf1, nur wenige Wochen nachdem die
             Regierung noch nach langem Hin und Her die Freigabe
             erteilt hatte und nachdem
             Pro-Gentech-WissenschaftlerInnen schamlos
             Wissenschaft und wissenschaftliche Beweisführung
             umgebogen hatten. Bayer bezeichnete nunmehr die von
             der britischen Umweltministerin Margaret Beckett
             angeordneten Auflagen als Ursache dafür, daß der
             Anbau des Gen-Mais "ökonomisch nicht lebensfähig"
             sei. 

             'Bayer' ist nicht allein. Auch 'Novartis' hat der britischen
             Regierung erklärt, dieses Jahr kein Gen-Getreide
             anbauen zu wollen. Tatsächlich sind alle bis auf ein
             einziges Gen-Versuchsfeld aufgegeben worden. Auf
             diesem Versuchsfeld bei John Innes Center, Norwich,
             wird eine genmanipulierte Erbsensorte in Hinblick auf
             Dürrefestigkeit getestet. Dies spiegelt eine Situation
             wieder, die von beschleunigten Abnahme der Zahl der
             Gentech-Versuche geprägt ist: Nach einem Maximum
             von 159 Versuchsfeldern im Jahr 2001, 140 im Jahr 2002
             und 42 im Jahr 2003. 

             Andernorts war die Entwicklung ähnlich dramatisch.
             Gerade erst Ende März haben vier australische
             Bundesstaaten den großflächigen Anbau von
             Gen-Getreide gesetzlich verboten: West-Australien, der
             größte Getreideproduzent der Nation, machte den
             Anfang, indem er in uneingeschränktes Gen-Moratorium
             verkündete.2 Am darauffolgenden Tag stimmte auch
             Tasmanien für ein Gen-Moratorium. Und Victoria,
             Südost-Australien, folgte zwei Tage später, indem es sein
             Gen-Moratorium um vier Jahre verlängerte. New South
             Wales verbot einige Tage später den auf 3.000 Hektar
             vorgesehenen Anbau von genmanipuliertem
             Ölsaat-Raps. Und Süd-Australien erließ ein Gesetz, das
             den Anbau von Gen-Getreide für die nächsten drei Jahre
             - mit Ausnahme unter strengen Bedingungen - verbietet.
             Damit sind die australischen Pläne zum Anbau von
             Gen-Getreide effektiv "auf unbestimmte Dauer"
             verschoben. 

             Gleichzeitig hat eine Basisbewegung in den USA Auftrieb
             erhalten, dem weltführenden Anbauer und Exporteur von
             Gen-Getreide. Im März wurde in Mendocino County in
             Kalifornien ein Gen-Moratorium verabschiedet. Einen
             Monat später stoppte das kalifornische Landesamt für
             Ernährung und Landwirtschaft den Anbau einer
             genmanipulierten Reis-Sorte, die gefährliche
             Pharmazeutika produziert. Dann schrieb Vermont
             Geschichte, indem es der erste Staat der USA wurde, der
             die Kennzeichnung von Gen-Saatgut anordnete. Und
             Nord-Dakota startete eine Volksabstimmung, mit der
             Gen-Getreide von Monsanto blockiert werden soll. 

             Am 21. April verkündete der venezolanische Präsident
             Chavez3 ein Moratorium gegen das Gen-Soja des
             Monsanto-Konzerns zugunsten des einheimischen
             Yucca. Dem folgte auf den Fersen die Zurückweisung
             von US-Hilfslieferungen durch Angola, da diese aus
             Gen-Mais bestanden. Angola verbündete sich mit vier
             weiteren afrikanischen Ländern - Sambia, Zimbabwe,
             Mozambique und Malawi - , die bereits den Import von
             Gen-Maiskörnern verboten haben. Sambia hatte vor zwei
             Jahren Schlagzeilen in aller Welt gemacht, als es
             US-amerikanische Gen-Mais-Lieferungen auch
             angesichts eines prognostizierten Hungers
             zurückgewiesen hatte. Es entschied sich dafür, statt
             dessen Nahrungsmittelüberschüsse aus den
             Nachbarländern zu kaufen. Sambia hat sich inzwischen
             so gut erholt, daß es Maisüberschüsse nach Angola
             exportieren kann. 

             Dies sind überwältigende Erfolge für Demokratie und
             Wissenschaft. Mitglieder der US-amerikanischen
             Vereinigung unabhängiger Wissenschaftler (ISP,
             Independant Science Panel) haben unermüdlich korrupte
             Wissenschaftler aufgedeckt, die die Gentechnik-Blase
             gefördert hatten und finanziellen und ökologischen Ruin
             über Familienfarmen in Nordamerika, Argentinien und
             anderen Ländern gebracht haben. Der Kampf gegen
             Gentechnik ist noch keinesfalls beendet. Immer mehr
             Gen-Getreide wird in Indien zum Anbau zugelassen,
             obwohl niederschmetternde Gegenbeweise vorliegen.
             Die Philippinen, Indonesien, Kenia und andere
             afrikanische Länder stehen noch unter hohem Druck. Die
             USA brachten eine Anklage gegen die EU vor der
             Welthandelsorganisation WTO vor. Sie verlangen, daß
             die EU das bestehende Gen-Moratorium aufhebt und
             mindestens 1,6 Milliarden US-Dollar als Entschädigung
             für entgangene Exporte während den vergangenen
             sechs Jahren bezahlt. 

             Weitere Hinweise auf mögliche Gesundheitsrisiken durch
             genmanipulierte Pflanzen sind in Dörfern auf den
             Philippinen zu Tage gekommen, wo DorfbewohnerInnen
             Immunkörper gegen Pollen von Gen-Pflanzen bildeten,
             die in der Nähe während der letzten Wachstumsperiode
             angebaut wurden. Die französische Tageszeitung 'Le
             Monde' hatte Einblick in geheime Dokumente, die
             gesundheitliche Auswirkungen der Gen-Maissorte Mon
             863 von 'Monsanto' aufzeigen. Dabei hatte Mon 863 eben
             erst eine positive Bescheinigung der Europäischen
             Behörde für Lebensmittelsicherheit erhalten. In diesem
             Geheimdokument waren Mißbildungen der Niere und
             Zunahme weißer Blutzellen bei männlichen Ratten,
             Erhöhung der Blutzuckerwerte und Abnahme von
             Retikulo-Zellen (unreifen roten Blutkörperchen) bei
             weiblichen Ratten festgestellt worden. 

             Der frühere britische Umweltminister Michael Meacher
             nahm Kontakt mit dem ISP auf, da es dringend nötig sei,
             eine vergleichende Studie über die Sicherheit von
             Gen-Food in Auftrag zu geben. Es müsse endlich Schluß
             damit sein, daß WissenschaftlerInnen erheblichen
             Nachteilen ausgesetzt sind, wenn ihre
             wissenschaftlichen Ergebnisse der Industrie nicht
             "passend" erscheinen. 

             Christian Semmler 




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