[Gen-Info] Wales schützt das britische Gen-Moratorium

Klaus Schramm 078222664-0001 at t-online.de
Fr Apr 2 11:35:57 CEST 2004


Hallo Leute !

Ich mußte gerade feststellen, daß auch mein Artikel v. 26.03.
>Wales schützt das britische Gen-Moratorium<
durch irgendwelche technischen Probleme auf meiner Seite
nicht auf den Mailing-Listen gelandet ist.
Hier jetzt nachgeliefert.

Ciao
   Klaus
   klaus.schramm at bund.net


26.03.2004 

Wales schützt  das britische Gen-Moratorium 

Am gestrigen Donnerstag, 25. März, lehnte der
Umweltminister von Wales, Carwyn Jones,
einen Antrag auf Zulassung der genmanipulierten
Mais-Sorte 'Chardon LL' ab. Da Wales ein
Veto-Recht bei der Genehmigung neuer Sorten
besitzt, wird dadurch der Anbau von Gen-Mais in
ganz Großbritannien blockiert. Und damit bleibt -
vorläufig - das Gen-Moratorium in Großbritannien
bestehen. 

Seit Tony Blair letzten Oktober das britische
Gen-Moratorium vergeblich zu kippen versuchte(1), gab es
einiges Hin und Her: Nach der spektakulären
Veröffentlichung einer von der britischen Regierung an
die Royal Society vergebenen Studie, die immerhin 8,6
Millionen Euro teuer war, wurde das Gen-Moratorium in
GB zunächst auf unbestimmte Zeit verlängert. Der
Koordinator der Studie, Les Firbank, hatte gegenüber
BBC erklärte, daß angesichts der Ergebnisse das
Gen-Moratorium erhalten bleiben solle. 

Da jedoch die Ergebnisse der Studie im Falle von
Gen-Mais nicht so eindeutig negativ wie bei Gen-Raps
und Gen-Zuckerrüben ausgefallen waren, versuchte
Blair, das Gen-Moratorium durch die Zulassung von
Gen-Mais zu sprengen. Eine genmanipulierte Mais-Sorte
des Bayer-Konzerns, 'Chardon LL', sollte auf britischen
Feldern sprießen dürfen. Dies verhinderte wiederum
Anfang März der Umweltausschuß des britischen
Parlaments(2). Doch nur vorübergehend: Blairs Kabinett
setzte sich darüber hinweg und sprach die
Genehmigung dennoch aus. Diesmal hatte Blair die
Rechnung ohne Wales gemacht, das nunmehr die
Notbremse zog. Der Ausgang dieses für die gesamte
Natur Europas entscheidenden Spiels bleibt also
weiterhin offen. Blair ist bekannt für seine Zähigkeit, die
er im Falle der Kelly-Affaire und bei der Aufdeckung der
Irakkriegs-Lügen beeindruckend unter Beweis gestellt
hat. 

"Nach und nach gelangen immer mehr Risiken von
'Chardon LL' in die Öffentlichkeit", berichtet Brian John
von der Waliser Umweltorganisation 'GM Free Cymru'.
"Die Wissenschaftler, die die Zulassung von 'Chardon
LL' vorangetrieben haben, kann man nur als korrumpiert
bezeichnen." Nach Angaben von 'GM Free Cymru' folgt
aus der Entscheidung von Carwyn Jones, daß der
Anbau von Gen-Mais mindestens bis zum Oktober 2006
verboten bleibt. 

Die Entscheidung gilt als Schuß vor den Bug der
Regierung. Blairs Kabinett sei uneingeschränkt den
Wünschen der Gentech-Lobby gefolgt, als es die
Zulassung von 'Chardon LL' gegen das Votum des
Umweltausschusses erteilte, kritisierten
Gentech-GegnerInnen. Bereits im Februar lehnte die
belgische Regierung die Zulassung von
genmanipuliertem Raps von 'Bayer' ab(3). Die
Entscheidungen in Wales und Belgien setzen auch die
deutsche "grüne" Ministerin Renate Künast unter
Zugzwang. Ihr liegen mehrere Anträge von 'Bayer' auf
Anbau genmanipulierter Pflanzen vor. Nach Ansicht von
Umweltverbänden schützt der Gesetzentwurf von
Künast die Produkte der konventionellen und
ökologischen Landwirtschaft nicht ausreichend vor
Verunreinigungen durch Gen-Pflanzen. 

Tritt aber das Gentechnik-Gesetz, das zur Zeit im
Bundesrat behandelt und von den Länder-Vertetern
weiter verwässert wird, in Kraft, werden die vorliegenden
Anträge von Künast positiv beschieden. "Koexistenz"
wird dann nur auf dem Papier existieren, da längst
bewiesen ist, daß ein Nebeneinander zwischen
Gen-Landwirtschaft und konventioneller Landwirtschaft
weder in den USA noch in Kanada möglich war. Gerade
im Falle der kleinräumigen europäischen Landwirtschaft
ist Koexistenz nicht realisierbar. Pollenflug und
Auskreuzungen lassen sich auch mit noch so strengen
gesetzlichen Auflagen nicht verhindern. Über
Entschädigungen wegen Gen-Kontamination wird
erfahrungsgemäß jahrelang vor den Gerichten gestritten
werden, denn die Gen-Konzerne verfügen über
Heerscharen von Hausjuristen. Bevor die ersten Gelder
fließen würden, hätten Biolandwirte längst ihre
finanziellen Reserven aufgebraucht. 

Entscheidend dafür, ob es zum Gen-GAU in Europa
kommt, wird also auch sein, ob in Deutschland
eine breiten Front für den Erhalt des Gen-Moratoriums
aufgebaut werden kann. Voraussetzung wäre allerdings, daß die
großen deutschen Umweltverbände ihre Illusionen in
Hinblick auf ein sicheres Gentechnik-Gesetz endlich über
Bord werfen. 

               
Klaus Schramm 

               
Anmerkungen: 

1 Siehe auch unseren Artikel 
   'Erfolg der Gentech-GegnerInnen in Großbritannien:
     Gen-Moratorium bis 2004 verlängert' v. 29.10.03 

2 Siehe auch unseren Artikel 
   'Britisches Parlament gegen Gen-Mais' v. 10.03.04 

3 Siehe auch unseren Artikel 
   'EU-weiter Anbau von Gen-Raps von Belgien gestoppt' v. 2.02.04




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