[Gen-Info] Vatikan in der Kritik
Klaus Schramm
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Mi Nov 19 13:34:36 CET 2003
Hallo Leute !
Obwohl diese Konferenz offenbar weltweit sehr großes Interesse weckte,
war in den deutschen Massenmedien kaum etwas darüber zu erfahren...
Ciao
Klaus
klaus.schramm at bund.net
19.11.2003
Afrikanische Prister
kritisieren Gen-Konferenz
des Vatikan
Aus den eigenen Reihen der katholischen Kirche geriet
eine Anfang dieses Monats abgehaltene Gen-Konferenz
des Vatikan in heftige Kritik. Insbesondere afrikanische
Priester brandmarkten den offensichtlichen Mangel an
kritischen Wissenschaftlern und Kirchenmitgliedern bei
der Konferenz.
Die Konferenz, die von Experten aus den USA, Europa,
Asien und Afrika ausgerichtet wurde, sollte dem Vatikan
bei der Entscheidungsfindung helfen. Rückendeckung
für den Anbau genmanipulierter Pflanzen hätte in
Hinblick auf die Millionen von Katholiken weltweit ein
bedeutendes Gewicht. Die Zusammenkunft, die bis 11.
November andauerte, war bereits zu Beginn in die Kritik
geraten. Zwei Redner wiesen auf die einseitige Auswahl
von Wissenschaftlern hin, die für ihre Unterstützung der
"Grünen Gentechnik" bekannt seien. Zudem seien sie
beunruhigt, daß bestimmte Kirchenführer aus
verschiedenen Teilen der Welt in der Konferenzleitung
nicht repräsentiert seien, so die beiden den Jesuiten
zugehörigen Priester, die ihre Kritik in einer gemeinsam
schriftlichen Stellungnahme einbrachten.
Bei den beiden Kritikern handelt es sich um Roland
Lesseps, emeritierter Wissenschaftler an der
landwirtschaftlichen Hochschule in Lusaka, Sambia, und
Peter Henriot, Direktor eines jesuitischen Instituts in
Lusaka. Explizit wiesen sie auf Kirchenführer aus den
Philippinen, Brasilien und Südafrika hin, die "auf Grund
praktischer Erfahrungen schweren Bedenken" gegen die
Einführung genmanipulierter Pflanzen erheben. Diese
Bedenken seien auf der Vatikan-Konferenz nicht zur
Sprache gekommen.
In ihrer Stellungnahme zitierten die beiden Priester Papst
Johannes Paul II, der gesagt habe, die Welt sei nicht
bereit, den Weg biologischer Störungen fortzusetzen,
welche der Papst als "skrupellose Entwicklungen neuer
pflanzlicher und tierischer Lebensformen" bezeichnet
hatte. Noch einen Tag zuvor, am Montag war von der
EU-Kommission eine Entscheidung über den Import
einer genmanipulierten Maissorte vertagt worden.
Entsprechend einigen Presseberichten sei diese
Entscheidung eine Probe auf den Bestand des seit 1998
de facto eingehaltenen Gen-Moratoriums.
Die beiden Priester äußerten sich auch zur Bedrohung
von bäuerlichen Familienbetrieben. Das gegenwärtige
Design der kommerziell angebotenen Gen-Pflanzen
basiere auf dem Modell einer industriellen
Landwirtschaft. Es bevorzuge daher große
landwirtschaftliche Betriebe auf Kosten bäuerlicher
Familienbetriebe. Sie warnten vor der "Einführung einer
schwerwiegenden Abhängigkeit der kleinräumig
anbauenden und überwiegend armen Landwirte von den
großen multinationalen Konzernen, die das Saatgut und
weitere notwendige Produkte anbieten, auf die die
Landwirte dann angewiesen sind".
Zudem warnten sie vor den Risiken für jede andere Form
von Landwirtschaft wie beispielsweise biologischen
Landbau, die durch den Anbau von genmanipulierten
Pflanzen ernsthaft eingeschränkt würde und den Risiken
für die Traditionen in vielen Entwicklungsländern, wo
jedes Jahr ein Teil der Ernte zurück behalten werde, um
sie als Saatgut im folgenden Jahr verwenden zu können.
Die Vatikan-Konferenz mit 67 Wissenschaftlern,
Pflanzenzucht-Experten und Vertretern der katholischen
Kirche war vom vatikanischen Rat für Friedens- und
Rechtsangelegenheiten organisiert worden, der sich
zugleich mit entwicklungspolitischen Aufgaben befaßt.
Sie wurde sehr aufmerksam von politischen,
wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Gruppierungen
beobachtet, da die Position des Vatikan gegenüber
genmanipulierten Pflanzen die Einstellung von Millionen
Katholiken weltweit beeinflussen könnte.
Auch Doreen Stabinsky, die als Vertreterin von
Greenpeace Kritik an der Veranstaltung anmeldete, wies
auf "die überwältigende Präsenz von
Gentech-Lobbyisten" hin. "Aus unserer Sicht wird hier
weder die Problematik von Gen-Pflanzen noch eine
Lösung des weltweiten Hungers adäquat behandelt". Die
im Titel der Veranstaltung gestellte Frage >GVOs:
Hoffnung oder Bedrohung ?< werde hier nicht
beantwortet. Von Seiten der Organisatoren aus dem
Vatikan und beteiligter Wissenschaftler wurden die
Vorwürfe, die Veranstaltung sei nicht ausgewogen
besetzt gewesen, zurückgewiesen. Beide Seiten würden
bei den Beratungen berücksichtigt, wenn die
Stellungnahme des Vatikan zu genmanipulieren Pflanzen
schließlich ausgearbeitet werde.
Adriana Ascoli
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