<html><head><meta http-equiv=Content-Type content="text/html; charset=utf-8"><META name="Author" content="Novell GroupWise WebAccess"></head><body style='font-family: Tahoma, sans-serif; font-size: 13px; '><DIV>
<P class=pageHeadline>Quelle: <A href="http://www.bmz.de/de/presse/reden/Sts_Beerfeltz/2010/Maerz/20100318_rede.html">http://www.bmz.de/de/presse/reden/Sts_Beerfeltz/2010/Maerz/20100318_rede.html</A></P>
<P class=pageHeadline> </P>
<P class=pageHeadline>Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung</P>
<P class=pageHeadline>Internationale Medienkonferenz "Am Wendepunkt: Mit Community Medien in die Zukunft" - Wie gemeinsamer Journalismus Neues schafft</P>
<P class=pageHeadline>Internationales Institut für Journalismus von InWEnt & Frankfurter Allgemeine Zeitung</P>
<P class=pageHeadline>Berlin, 18. März 2010</P>
<P class=pageHeadline>Es gilt das gesprochene Wort</P>
<P class=pageHeadline>Sehr geehrter Herr <ABBR title=Doktor>Dr.</ABBR> Roland Gerschermann, sehr geehrter Herr Werner D’Inka, sehr geehrter Herr <ABBR title=Doktor>Dr.</ABBR> Sebastian Paust, sehr geehrte Frau Astrid Kohl, sehr geehrte Damen und Herren, Ich freue mich, Sie heute zur dritten Medienkonferenz der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und des Internationalen Instituts für Journalismus begrüßen zu dürfen.</P>
<P>Ich bin Ihrer Einladung sehr gern gefolgt – denn genau wie bei dieser Veranstaltung, so stelle ich mir erfolgreiche Kooperation zwischen dem Privatsektor und der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit vor: Eine Zeitung, also ein privates Medienunternehmen und eine staatliche Organisation fördern gemeinsam freie Medien in Entwicklungs- und Schwellenländern.</P>
<P>Besonders gefallen hat mir das Thema Ihrer Veranstaltung: Wer mich kennt, weiß, wie sehr ich mich für die Chancen und Möglichkeiten neuer Medien begeistern kann. Denn die neuen Medien machen individuelle Meinungsbildung immer unabhängiger von der Deutungshoheit der Massenmedien. Die neuen Medien sind eine große Chance für die Freiheit des Einzelnen!</P>
<P>Aber abgesehen von meiner liberalen Leidenschaft für die neuen Medien gilt: Freie Medien sind Voraussetzung für eine lebendige Zivilgesellschaft. Eine kritische, wachsame Zivilgesellschaft wiederum ist eine wichtige Voraussetzung für gute Regierungsführung. Das <ABBR title="Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung">BMZ</ABBR> will zivilgesellschaftliches Engagement und gute Regierungsführung fördern. Das sind entwicklungspolitische Schwerpunkte der neuen Bundesregierung – und dazu gehört auch die Förderung freier Medien.</P>
<P>Das Internationale Institut für Journalismus bei <ABBR title="Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbH">InWEnt</ABBR> ist ein sehr wichtiges Instrument unserer Entwicklungszusammenarbeit. Durch die Ausbildung von Printjournalisten und Online-Journalisten, stärken wir die Meinungs- und Pressefreiheit in unseren Partnerländern.</P>
<P>Die Frankfurter Allgemeine Zeitung als eine bedeutendsten Tageszeitungen in Deutschland und der Welt beweist unternehmerische gesellschaftliche Verantwortung, indem sie sich dieses Themas annimmt. Oder anders gesagt: Ihr Engagement beweist: Die klugen Köpfe stecken nicht nur hinter Ihrer Zeitung. Sie sind vor allem auch in den Redaktionsräumen und bei der <ABBR title="Frankfurter Allgemeine Zeitung">FAZ</ABBR>-Leitung zu finden.</P>
<H3>Medienförderung als Demokratieförderung</H3>
<P>"Medien sind Motoren der Willensbildung in Staat und Gesellschaft", hat Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Verleihung des deutschen Medienpreises in Berlin vor einigen Wochen gesagt. Unabhängige Medien informieren, sie fragen nach, sie decken auf. Damit machen sie Regierungshandeln transparenter. Vor allem benachteiligte Bevölkerungsgruppen können sich durch unabhängige Medien Gehör und politische Teilhabe verschaffen. Deshalb fördert das Bundesentwicklungsministerium unabhängige Medien und Informationsfreiheit in unseren Partnerländern. Damit unterstützen wir eine freie, demokratische Bürgergesellschaft. Denn: "Die Presse ist die Artillerie der Freiheit", wie Hans-Dietrich Genscher es einmal ziemlich martialisch ausdrückte. Der Erfolg gibt uns Recht: Im Dezember 2008 wurde zum Beispiel einer jungen kirgisischen Journalistin bei einem Bürgerradio der Menschenrechtspreis der Vereinten Nationen verliehen. Sie hatte über den Tod eines Kirgisen berichtet, der unter sklavenähnlichen Bedingungen in Kasachstan arbeiten musste. Deutsche Entwicklungszusammenarbeit hat das unabhängige Bürgerradio unterstützt, bei dem diese Journalistin arbeitet.</P>
<H3>Digitale Medien als Chance für Politische Teilhabe?</H3>
<P>Neue Medien wie Internet oder Mobilfunk eröffnen qualitativ und quantitativ neue Chancen – hier in Deutschland, aber vor allem auch in Entwicklungsländern. Dank <SPAN lang=en xml:lang="en">Twitter</SPAN> und <SPAN lang=en xml:lang="en">Youtube</SPAN> kann sich nicht mehr nur derjenige öffentlich äußern, der Zugang zu einer etablierten Redaktion hat. Es genügt entsprechende Bildung und Zugang zu einem Internetcafé, die eigene Meinung zu veröffentlichen – lokal, national und global. Ein Beispiel, das uns alle sehr beeindruckt hat, war sicher die Berichterstattung durch neue Medien über die politische Lage im Iran. Twitter wurde zu der entscheidenden Informationsquelle. Einzelne Iraner hatten bei Twitter über 20.000 "Zuhörer" aus der ganzen Welt. Durch neue Medien kann Zensur umgangen und Proteste gegen autoritäre Regime mobilisiert werden. So gelangen Informationen in die ganze Welt, die uns ohne die neuen Medien nicht erreichen würden. "Neue Medien" fördern zweifellos Partizipation, Transparenz und Demokratie. </P>
<P>Doch Vorsicht vor zuviel Euphorie. Es gibt immer auch eine zweite Seite der Medaille. So führen die neue Medien zugleich auch zu einer wahren Informationsflut. Jeder Einzelne steht vor der Herausforderung, die für ihn wertvollen Informationen aus dieser Flut herauszufiltern. Die Menschen brauchen Rettungsringe in der Info-Flut. Ein solcher Rettungsring ist individuelle Medienkompetenz, die wir besser fördern müssen. Das war mir schon in meiner Zeit als Vizepräsident der Bundeszentrale für politische Bildung ein ganz wichtiges Anliegen. Mit den neuen Medien wird es noch wichtiger, dass aus Information Wissen entsteht – und aus Wissen bessere eigene Urteilskraft. Transparenz und Partizipation werden natürlich vor allem durch solche neuen Medien befördert, die qualitativ hochwertige Inhalte transportieren. Deshalb ist Weiterbildung so wichtig. Weiterbildung vermittelt Nutzern journalistisches Handwerkszeug und hilft somit journalistische Qualitätsstandards zu beachten.</P>
<P>In den Entwicklungsländern stellen sich weitere Fragen, wenn es um die Nutzung neuer Medien geht. Zum einen hat "Reporter ohne Grenzen" erst letzte Woche mitgeteilt, dass derzeit 60 Staaten das Internet zensieren. Im letzten Jahr wurden 120 missliebige <SPAN lang=en xml:lang="en">Blogger</SPAN> und Internetdissidenten verhaftet – ein trauriger neuer Höchststand. Gerade deshalb sollten auch wir in Deutschland sehr vorsichtig sein mit Beschränkungen der Freiheit des Netzes. Das ist ein hohes Gut. Und wir dürfen uns nicht selbst durch Zensurbestrebungen zum weiteren weltweit schlechten Beispiel machen. Den Schund, den es gibt, müssen wir in den Köpfen bekämpfen – und nicht in den Geräten. Wir sollten also dem guten Beispiel anderer Staaten folgen, die dem Grundrechtsschutz für die Informationsfreiheit erweitert haben. Ich persönlich spreche mich in Deutschland deshalb aus für ein Grundrecht auf freien Internetzugang.</P>
<P>Zum anderen ist Internetnutzung in Entwicklungsländern sehr unterschiedlich verbreitet. In Südafrika beispielsweise nutzen breite Bevölkerungsschichten neue Medien. Dagegen hatten nach Schätzung der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) in Subsahara-Afrika insgesamt im Jahr 2007 rund 55 Prozent der ländlichen Bevölkerung keinen Zugang zu jeglichen Telekommunikationsdiensten. Ein weiteres Beispiel: Ein <ABBR title="Digitaler Teilnehmeranschluss">DSL</ABBR>-Anschluss in Deutschland kostet ungefähr 30 Euro pro Monat, in Nigeria hingegen kostet ein vergleichbarer Anschluss ungefähr 600 Euro. Das entspricht 890 Prozent des Pro-Kopf-Einkommens in Nigeria. So stellt sich die Frage, ob nicht gerade hier die "Digitale Revolution" auch ausgrenzt. Die Mehrheit der Menschen kann aufgrund ihrer finanziellen Situation, ihrer gesellschaftlichen Stellung oder geographischen Lage bislang nicht über neue Medien an gesellschaftlichen Diskussionen teilhaben.</P>
<P>Das Bundesentwicklungsministerium unterstützt daher seine Partnerländer insbesondere in Subsahara-Afrika darin, armen und benachteiligten Bevölkerungsgruppen den Zugang zu neuen Medien möglich zu machen. Ein Beispiel: In Kooperation mit der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) fördern wir die Staaten der <SPAN lang=en xml:lang="en">Southern African Development Community</SPAN> (<ABBR title="Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrikas">SADC</ABBR>) bei Regulierungsmaßnahmen, um ländliche Gebiete mit Informationstechnologie zu versorgen. Solche Maßnahmen reichen von Subventionen bis hin zu Lizenzauflagen für Netzbetreiber. Sie sind nötig, da die Netzbetreiber sich sonst nur auf die gewinnbringenden städtischen Räume konzentrieren.</P>
<H3>Digitale Medien als Herausforderung für die klassischen Medien</H3>
<P>Die digitalen Medien fordern mittlerweile die klassischen Medien heraus. Diese haben heute ihr Nachrichtenmonopol verloren. Wie reagieren die Medienhäuser auf die wachsende Herausforderung des "Bürgerjournalismus"? Wie sieht die Medienwelt in zehn Jahren aus? Ist eine Art "kooperativer Journalismus" der klassischen Medien mit dem Bürgerjournalismus möglich?</P>
<P>Ich denke: Ja.</P>
<P>Wir sehen es an der großartigen Arbeit, die uns eine ganze Reihe hervorragender Journalistinnen und Journalisten aus aller Welt während der heutigen Konferenz vorstellen werden. Wir sehen dies auch an guten Beispielen im Rahmen unserer Medienentwicklungszusammenarbeit, die in Deutschland zu einem großen Teil auch über die deutschen politischen Stiftungen erfolgt. Diese setzen in ihrer Arbeit längst nicht mehr nur auf die Förderung der klassischen Medienarbeit. So werden in Medienprogrammen beispielsweise auch <SPAN lang=en xml:lang="en">Blogger</SPAN> als Trainer eingesetzt. In der Nutzung der neuen Technologien werden sowohl Teilnehmende an Medienprogrammen als auch Politikerinnen und Politiker geschult.</P>
<P>Neue Medien öffnen die Tür für partizipativen Journalismus. Neue Medien geben denen eine Stimme, die wir bisher nicht hören konnten. Neue Medien helfen uns, Dinge zu sehen, die bisher im Verborgenen bleiben mussten. Wir sehen: Das Potenzial der neuen Medien ist riesig. Nun müssen wir Wege finden, um es auszuschöpfen und dabei unsere Ansprüche an journalistische Standards nicht zu verlieren. Wir wollen Brücken schlagen zwischen Zivilgesellschaft und Staat, zwischen klassischen und neuen Medien. Dazu soll diese Konferenz dienen.</P>
<P>Ich freue mich nun auf die Beiträge unserer Gäste aus aller Welt und die anschließende Diskussion.</P></DIV></body></html>